BT-Drucksache 15/1543

Errichtung von Personal-Service-Agenturen (PSA)

Vom 8. September 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1543
15. Wahlperiode 08. 09. 2003

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hartmut Schauerte, Karl-Josef Laumann, Dagmar Wöhrl,
Veronika Bellmann, Dr. Rolf Bietmann, Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Alexander
Dobrindt, Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof), Erich G. Fritz, Dr. Michael Fuchs,
Dr. Reinhard Göhner, Kurt-Dieter Grill, Robert Hochbaum, Ernst Hinsken, Volker
Kauder, Dr. Martina Krogmann, Dr. HermannKues,WolfgangMeckelburg, Friedrich
Merz,LaurenzMeyer (Hamm),Dr. JoachimPfeiffer,Hans-PeterRepnik,FranzRomer,
Johannes Singhammer, Max Straubinger und der Fraktion der CDU/CSU

Errichtung von Personal-Service-Agenturen (PSA)

Nach dem Ersten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt soll
zur Mobilisierung von Beschäftigungsreserven die vermittlungsorientierte Zeit-
arbeit wesentlich stärker als bislang genutzt werden. Dazu sieht das Gesetz die
flächendeckende Einrichtung von so genannten Personal-Service-Agenturen
(PSA) vor. Jedes Arbeitsamt ist verpflichtet, mindestens eine PSA einzurichten.
Dies soll durch Vertrag zwischen dem Arbeitsamt und bereits tätigen Verleih-
unternehmen erfolgen. Nur in Regionen, wo derartige Verträge nicht zustande
kommen, hat das Arbeitsamt auch die Möglichkeit, sich an Verleihunternehmen
zu beteiligen oder selbst eine PSA zu gründen. Anfang dieses Jahres haben
Maßnahmen der Arbeitsämter zur Errichtung von PSA begonnen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Bis zu welchem Zeitpunkt sind die PSAen zu errichten und wie ist diese

zeitliche Vorgabe begründet?
2. Haben die Bundesregierung oder die Bundesanstalt für Arbeit (BA) Richt-

linien oder Verwaltungsanweisungen für die Durchführung der wettbewerb-
lichen Vergabeverfahren erlassen oder obliegt es jedem Arbeitsamt in eige-
ner Verantwortung, die Übereinstimmung mit den geltenden Vergabevor-
schriften sicherzustellen?

3. Wie läuft ein solches wettbewerbliches Vergabeverfahren für PSAen
üblicherweise ab?

4. Liegen der Bundesregierung, der Arbeitsverwaltung oder den Wettbewerbs-
behörden Erkenntnisse über Beschwerden von Beteiligten im Hinblick auf
die PSA-Vergabeverfahren vor?

5. Ist das Bundeskartellamt als vergaberechtliche Aufsichtsbehörde im Vorfeld
oder im Verlauf der Vergabeverfahren für die Bundesregierung oder die
Arbeitsverwaltung beratend tätig gewesen?

6. Wie viele, bereits langjährig am Markt etablierte, erlaubt tätige Verleihunter-
nehmern und wie viele für diesen Zweck geschaffene Neugründungen neh-
men durchschnittlich an einem PSA-Vergabeverfahren teil?

Drucksache 15/1543 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

7. Nach welchen Kriterien wird der Zuschlag in einem PSA-Vergabeverfah-
ren erteilt?
Gab es bislang schon Beschwerden oder formelle Rechtsmittel nicht be-
rücksichtigter Bewerber gegen die Vergabeentscheidungen?

8. Ist es zutreffend, dass die niederländische Firma maatwerk überproportio-
nal oft (bei rund 30 % aller Ausschreibungen) bei der Vergabe zum Zuge
gekommen ist?
Wie viele PSAen werden insgesamt von maatwerk betrieben werden?
Wurde seitens der BA geprüft, ob die Firma für eine derartige Vielzahl von
PSAen die notwendige finanzielle, personelle und organisatorische Kapazi-
tät besitzt?
Welches Verfahren würde eingreifen, wenn sich im Laufe der Zeit heraus-
stellte, dass die Firma – oder auch jeder andere Anbieter, der den Zuschlag
für eine PSA bekommen hat – mit der Aufgabe überfordert ist?

9. Für welchen Zeitraum werden die Verträge abgeschlossen?
10. In welchem Umfang handelt es sich bei teilnehmenden und bei den bereits

ausgewählten Verleihunternehmen um ortsansässige, mittelständische Ver-
leihunternehmen, um überregional bzw. bundesweit tätige Verleiher bzw.
um speziell für PSA-Verfahren errichtete Neugründungen oder um Unter-
nehmen, die in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit bundes-
weit tätigen Weiterbildungseinrichtungen der Tarifpartner, der Spitzen-
organisationen von Wirtschaft und Gewerkschaften oder ihnen selbst
stehen?

11. Wie hoch ist der Anteil nicht berücksichtigter Interessenten im Verhältnis
zur Gesamtheit aller PSA-Bewerber?
Wie viel Prozent von ihnen haben gegen die getroffene PSA-Entscheidung
ein Nachprüfungsverfahren beantragt?
Wie hoch ist deren Erfolgsquote?

12. Nehmen Verleihunternehmen in der Regel nur an einem Vergabeverfahren
in einem Arbeitsamtsbezirk oder an mehreren Vergabeverfahren unter-
schiedlicher Arbeitsamtsbezirke teil?

13. Hat sich die Zahl der der BA bekannten erlaubt tätigen Verleiher seit
Beginn oder Abschluss des in Rede stehenden Gesetzgebungsverfahrens
erkennbar verändert?

14. Sind die Anträge auf Erteilung einer Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Ar-
beitnehmerüberlassung im Zusammenhang mit den PSA-Ausschreibungs-
verfahren angestiegen?
Wenn ja, in welchem Maße und in welchen Regionen?

15. In wie vielen Arbeitsamtsbezirken sind Verträge zwischen Arbeitsamt und
erlaubt tätigen Verleihern im Sinne von § 37c Abs. 2 Drittes Buch Sozial-
gesetzbuch (SGB III) nicht zustande gekommen oder werden bereits jetzt
absehbar nicht zustande kommen?
Worin lagen die Gründe für das Nicht-zustande-Kommen derartiger Ver-
träge bzw. die Ablehnung potentieller PSA-Betreiber?

16. Wann gilt der Tatbestand, dass solche Verträge gemäß § 37c SGB III nicht
zustande gekommen sind, als erfüllt, und welche Stelle prüft abschließend
ob oder legt fest dass, derartige Verträge nicht zustande kommen?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/1543

17. In welchen Arbeitsamtsbezirken beabsichtigen die Arbeitsämter, sich an
Verleihunternehmen zu beteiligen oder namens der BA eigene PSAen zu
gründen oder haben dies bereits getan?

18. Ist eine solche Beteiligung oder eine selbst errichtete PSA zeitlich befris-
tet?

19. Können Verleihunternehmen, an denen Arbeitsämter beteiligt sind, oder
vom Arbeitsamt selbst gegründete PSAen an künftigen PSA-Vergabe-
verfahren im eigenen oder an anderen PSA-Vergabeverfahren in fremden
Arbeitsamtsbezirken teilnehmen?

20. Findet in den Fällen, in denen erstmalig im Rahmen eines PSA-Vergabe-
verfahrens kein Vertrag mit einem Verleihunternehmen zustande gekom-
men ist, künftig kein PSA-Vergabeverfahren mehr statt?

21. Planen Arbeitsämter auch arbeitsamtsbezirkübergreifend die Gründung
eigener PSAen, die die gesetzlichen Aufgaben für mehrere Arbeitsämter
übernehmen?

22. Welche Unternehmen haben an welchen Standorten die Zuschläge für die
ausgeschriebenen Lose erhalten?

23. Um welche Zeitarbeitsunternehmen handelt es sich dabei schwerpunkt-
mäßig – Zeitarbeitsunternehmen, Bildungsträger oder andere?

24. Nach welchem Bewertungsmaßstab oder Punktesystem wurde die Vergabe
entschieden?

25. Waren die Bewertungsmaßstäbe in allen Regionen einheitlich?
26. Durch welche Maßnahmen wurden die Konzepte der Anbieter auf Mach-

barkeit überprüft?
27. Wie entscheidend war im Vergabeverfahren die Höhe des Angebotspreises

für den Grundbetrag?
28. Wer entscheidet seitens des Arbeitsamtes über die Kündigung einer PSA,

und wovon wird eine etwaige Kündigung abhängig gemacht?
29. Inwieweit werden Statistiken zum „Abbruch von PSAen“ geführt und wie

werden diese veröffentlicht?
30. Wie wird künftig bei der Vergabe von PSAen vorgegangen?

Erfolgt dasselbe Verfahren wie augenblicklich oder ist geplant, aufgrund
der gewonnenen Erfahrungen gezielt PSAen an Unternehmen zu vergeben,
die sich bewährt haben?

31. Wie beurteilt die Bundesregierung aus wettbewerbsrechtlicher und wirt-
schaftspolitischer Sicht Berichte der Mittelstandsvereinigung Zeitarbeit
e. V. (Pressemitteilung vom 24. April 2003), wonach erste PSAen auf dem
Zeitarbeitsmarkt mit Stundensatzpreisen werben, die weit unter den orts-
üblichen Marktpreisen liegen?

32. Gibt es Anzeichen dafür, dass durch die Tätigkeit der PSAen Arbeitsplätze
bei Zeitarbeitsunternehmen gefährdet werden?
Trifft es zu, dass in einzelnen Fällen die Verrechnungssätze unter den
Lohnkosten der PSA-Beschäftigten liegen und in Extremfällen sogar kos-
tenlos angeboten werden?

33. Liegen Erkenntnisse oder Schätzungen vor, ob der durch die PSAen ge-
wünschte „Klebeeffekt“ (Übergang des Mitarbeiters in ein Arbeitsverhält-
nis beim Kunden) häufiger und nachhaltiger eintritt als bei der privatwirt-
schaftlichen Zeitarbeit?

Drucksache 15/1543 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
34. Wie werden die PSAen bzw. deren Tätigkeiten ertragsteuer- und umsatz-
steuerlich behandelt?

35. Trifft es zu, dass gemäß einer internen Anweisung der BA beim Vergabe-
verfahren eine Gewichtung der Angebote nach Konzept (40 %) und Preis
(60 %) erfolgen soll?
Wie begründet die Bundesregierung diese Gewichtung?
Treffen Aussagen beteiligter Unternehmen zu, die berichten, dass allein der
Preis maßgeblich entscheidend war?

36. Trifft es zu, dass eine Vielzahl von Bildungsträgern einen Wettbewerbsvor-
teil im PSA-Vergabeverfahren dadurch hat, dass diese aufgrund der steuer-
lichen Gemeinnützigkeit ihre Angebote wesentlich günstiger gestalten kön-
nen als private Zeitarbeitsfirmen?
Trifft es zu, dass solche Bildungsträger vor allem aufgrund bestehender
guter Kontakte zu den Arbeitsämtern eher Zuschläge erhalten haben?

37. Trifft es zu, dass die in den Ausschreibungsunterlagen genannten Zielgrup-
pen für PSA-Beschäftigte die arbeitsmarktpolitischen Vorgaben des Geset-
zes in der Mehrzahl der Fälle nicht erfüllen?
Wenn ja, warum?
Wenn ja, was gedenkt die Bundesregierung dagegen zu tun?

38. Trifft es zu, dass die Zielgruppen in den einzelnen Ausschreibungsverfah-
ren sehr unterschiedlich definiert werden?
Wenn ja, warum ist dies so?

39. Teilt die Bundesregierung die Gesamteinschätzung vieler Beteiligten, dass
die PSAen dem Grundgedanken des Hartz-Konzeptes, das Zeitarbeit als
Brückenfunktion nutzen wollte und den Schwerpunkt auf Qualifikation
einsatzfreier Zeiten setzte, nicht entspricht?

40. Von welchen Beschäftigungsquoten geht die Bundesregierung bzw. die
Arbeitsverwaltung bzw. die PSAen derzeit realistischerweise aus?
Wie hoch wird das Risiko der Nichteinsatzzeiten eingeschätzt?

Berlin, den 8. September 2003
Hartmut Schauerte
Karl-Josef Laumann
Dagmar Wöhrl
Veronika Bellmann
Dr. Rolf Bietmann
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Alexander Dobrindt
Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)
Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Dr. Reinhard Göhner
Kurt-Dieter Grill
Robert Hochbaum
Ernst Hinsken

Volker Kauder
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Wolfgang Meckelburg
Friedrich Merz
Laurenz Meyer (Hamm)
Dr. Joachim Pfeiffer
Hans-Peter Repnik
Franz Romer
Johannes Singhammer
Max Straubinger
Dr. Angela Merkel
Michael Glos und Fraktion

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