BT-Drucksache 15/1375

Chancen der EU-Osterweiterung für Wirtschaft und Arbeit

Vom 1. Juli 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1375
15. Wahlperiode 01. 07. 2003

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Klaus Hofbauer, Albert Rupprecht (Weiden), Peter Hintze,
Peter Altmaier, Veronika Bellmann, Klaus Brähmig, Georg Girisch, Kurt-Dieter
Grill, Olav Gutting, Volker Kauder, Jürgen Klimke, Gunther Krichbaum, Patricia
Lips, Dr. Gerd Müller, Dr. Georg Nüßlein, Thomas Silberhorn, Michael Stübgen,
Matthias Wissmann und der Fraktion der CDU/CSU

Chancen der EU-Osterweiterung für Wirtschaft und Arbeit

Die Osterweiterung der Europäischen Union wird Auswirkungen auf fast alle
Lebensbereiche in der EU, in der Bundesrepublik Deutschland und in den Bei-
trittsländern haben. Die zentralen Herausforderungen ergeben sich jedoch für
die Bereiche Wirtschaft und Arbeit. Durch die gegenseitige Marktöffnung erge-
ben sich sowohl für die bisherigen Mitgliedstaaten als auch für die Beitritt-
staaten große Chancen. Diese Chancen sind nur effektiv zu nutzen, wenn sie
vor, in und nach der Beitrittsphase transparent dargestellt werden. Gleichzeitig
ist es notwendig, mögliche Risiken konsequent zu begrenzen.
Durch das geringere Lohn-, Sozialkosten-, Steuer- und Wohlstandsniveau der
osteuropäischen Beitrittstaaten stehen viele deutsche Unternehmen, insbeson-
dere im Dienstleistungsbereich, vor völlig neuen Voraussetzungen. Gerade mit-
telständische Unternehmen und auch die Landwirtschaft müssen sich auf eine
veränderte Konkurrenzsituation einrichten. Daher ist es notwendig, dass der
Beitrittsprozess aktiv gestaltet wird und durch eine abgestimmte Struktur- be-
ziehungsweise Regionalförderung Begleitung erfährt. Die EU-Osterweiterung
kann nur gelingen, wenn die positiven Impulse in der Wirtschaft und auf dem
Arbeitsmarkt gestärkt und die auftretenden Risiken minimiert werden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie schätzt die Bundesregierung die wirtschaftlichen Konsequenzen der

EU-Osterweiterung für Deutschland ein?
2. Welche Auswirkung auf die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt in Deutsch-

land erwartet die Bundesregierung aufgrund des bestehendes Preis-, Lohn-
und Sozialkostengefälles zu den EU-Beitrittsländern?

3. Welche Übergangsfristen wird es im Bereich Wirtschaft und Arbeit geben,
und lassen sich diese unter Umständen verlängern?

4. Unterliegen die Unternehmen in den EU-Beitrittsländern sofort nach der
Osterweiterung dem gleichen EU-Umweltschutzmaßstäben wie die Unter-
nehmen in den EU-Altmitgliedstaaten?

5. Erachtet die Bundesregierung die Sicherheit der Atomkraftwerke in der
Tschechischen Republik, insbesondere die Sicherheit des Atomkraftwerkes
Temelin, als ausreichend?

Drucksache 15/1375 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

6. In welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen können Hand-
werksbetriebe aus den EU-Beitrittsländern nach der EU-Osterweiterung in
Deutschland tätig werden?

7. Werden Anbieter aus den EU-Beitrittsländern sofort nach der EU-Ost-
erweiterung in öffentliche Vergabeverfahren einbezogen, und wenn ja,
welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung, um eine Chancen-
gleichheit der deutschen Unternehmen sicherzustellen?

8. Haben deutsche Unternehmen unmittelbar nach der EU-Osterweiterung die
Möglichkeit, in den Beitrittsländern Aufträge anzunehmen, und wenn ja,
unter welchen Voraussetzungen?

9. In welchem Umfang erwartet die Bundesregierung eine Standortverlage-
rung von Unternehmen aus Deutschland in die EU-Beitrittsländer?

10. Kann ein deutscher Unternehmer in Tschechien oder Polen einen Betrieb
haben und die Mitarbeiter beziehungsweise Geräte, Anlagen oder Fahr-
zeuge beliebig in den EU-Beitrittsländern und in Deutschland einsetzen?

11. In welchem Umfang erwartet die Bundesregierung einen Wegfall von
Arbeitsplätzen im Baugewerbe durch die EU-Osterweiterung, und beab-
sichtigt die Bundesregierung für dort wegfallende Arbeitsplätze einen
Ausgleich zu schaffen?

12. Beabsichtigt die Bundesregierung spezielle Förderungen des Baugewerbes
in den deutschen Grenzregionen zu den EU-Beitrittsländern?

13. Beabsichtigt die Bundesregierung eine flexiblere Gestaltung der Grenzgän-
gerregelung in branchen- und regionalspezifischer Hinsicht?

14. Welche Steuern werden im Rahmen der Osterweiterung harmonisiert, und
welche sollten nach Auffassung der Bundesregierung noch harmonisiert
werden?

15. Welche Anstrengung unternimmt die Bundesregierung, um das Preisgefälle
zu den EU-Beitrittsländern bei Benzin und Diesel zu harmonisieren?

16. Wird angesichts der Osterweiterung eine Harmonisierung der Mehrwert-
steuersätze angestrebt?

17. Welche Auswirkung auf den grenzüberschreitenden Handel mit den EU-
Beitrittsländern sieht die Bundesregierung nach der Osterweiterung?

18. Welche Veränderung bei den Export- und Importpreisen in bzw. aus den
EU-Beitrittsländern erwartet die Bundesregierung nach der EU-Osterweite-
rung?

19. Wird es im Zeitpunkt des EU-Beitritts der osteuropäischen Staaten eine
sofortige Abschaffung der Ein- und Ausfuhrzölle geben, und wenn nein,
welche Übergangsregelungen sind vereinbart?

20. Erwartet die Bundesregierung auf Grund der günstigeren Preise für Güter
des täglichen Bedarfes in den Beitrittsländern einen Lebensmitteltourismus
nach Polen und Tschechien, und wenn ja, welche Auswirkungen sieht die
Bundesregierung dadurch auf die deutschen Einzelhändler?

21. Werden dieMöglichkeiten des zollfreien Einkaufs bzw. der Duty-free Shops
an der deutschen Grenze zu den EU-Beitrittsländern bestehen bleiben?

22. Wird es eine Harmonisierung bei den Ladenschlussvorschriften zwischen
der Bundesrepublik Deutschland und den angrenzenden EU-Beitrittslän-
dern Polen und Tschechien geben?

23. Wird sich nach Auffassung der Bundesregierung nach der EU-Osterwei-
terung die Durchsetzung der Produkthaftung in den EU-Beitrittsländern
erleichtern?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/1375

24. Welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung, um faire Produk-
tions- und Wettbewerbsbedingungen für die deutsche Landwirtschaft
gegenüber der Landwirtschaft in den EU-Beitrittsländern zu erreichen?

25. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um die deutsche Land-
wirtschaft vor Billigimporten aus der Tschechischen Republik und aus
Polen zu schützen?

26. Werden für deutsche Landwirte in den Grenzgebieten gepachtete oder
erworbene Flächen in den EU-Beitrittsländern bei der Zahlung von staat-
lichen Prämien angerechnet?

27. Kann ein deutscher Landwirt ohne Einschränkungen Gülle, Klärschlamm
und andere Düngemittel in Polen oder Tschechien ausbringen, und wenn ja,
könnte dies auch eine deutsche Kommune?

28. Wird es nach der EU-Osterweiterung eine effektive Kontrolle von Lebens-
mitteln geben, die aus den EU-Beitrittsländern in die Bundesrepublik
Deutschland eingeführt werden?

29. Welche wirtschaftliche Auswirkung speziell für die deutschen Grenzregio-
nen zu den EU-Beitrittsländern sieht die Bundesregierung durch die EU-
Osterweiterung?

30. Erwartet die Bundesregierung ein Ansteigen der Arbeitslosigkeit in den
Grenzregionen zu den EU-Beitrittsländern, und wenn ja, welche Maßnah-
men wird sie dagegen ergreifen?

31. Welche Auswirkung des zu erwartenden Fördergefälles zwischen den deut-
schen Grenzregionen und den EU-Beitrittsländern sieht die Bundesre-
gierung?

32. Welche Förderprogramme wurden durch die Europäische Union aufgelegt,
um die tschechischen, polnischen und deutschen Grenzregionen im Bei-
trittsprozess zu unterstützen?

33. Ist die Bundesregierung bereit, ein Grenzlandförderprogramm für die
deutschen Grenzregionen zu den EU-Beitrittsländern aufzulegen?

34. Welche Maßnahmen muss nach Auffassung der Bundesregierung die
Europäische Strukturförderung für die deutschen Grenzregionen zu den
EU-Beitrittsländern ergreifen?

35. In welchem Umfang erwartet die Bundesregierung Arbeitsplatzverluste im
Bereich der Grenz- und Zollkontrollen, der Grenzpolizei sowie des Grenz-
schutzes in den deutschen Grenzregionen zu den EU-Beitrittsländern nach
der EU-Osterweiterung?

36. Beabsichtigt die Bundesregierung die Schaffung von alternativen Arbeits-
plätzen für wegfallende Arbeitsplätze bei den deutschen Grenzspediteuren?

37. Wird nach Auffassung der Bundesregierung die EU-Osterweiterung Aus-
wirkungen auf den Friedhofszwang und die Krematoriumsbenutzung in
den Grenzregionen zu den EU-Beitrittsländern haben?

38. Werden nach der EU-Osterweiterung in der Tschechischen Republik durch
die EU touristische Einrichtungen gefördert, und wenn ja, in welchem
Umfang?

Berlin, den 30. Juni 2003
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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