BT-Drucksache 15/1304

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Willi Brase, Jörg Tauss, Doris Barnett, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Grietje Bettin, Dr. Thea Dückert, Volker Beck (Köln) weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -15/1090- Lasten gerecht verteilen - Mehr Unternehmen für Ausbildung gewinnen 2. zu dem Antrag Antrag der Abgeordneten Katherina Reiche, Thomas Rachel, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU -15/925- Ausblildungsplatzabagabe zerstört Ausbildungsmotivation 3. zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Christoph Hartmann (Homburg), Ulrike Flach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -15/1130- Ausbildung belohnen statt bestrafen - Ausbildungsplätze in Betrieben schaffen statt Warteschleifen finanzieren

Vom 1. Juli 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1304
15. Wahlperiode 01. 07. 2003

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
(17. Ausschuss)

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Willi Brase, Jörg Tauss, Doris Barnett,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Grietje Bettin, Dr. Thea Dückert, Volker Beck (Köln),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 15/1090 –

Lasten gerecht verteilen – Mehr Unternehmen für Ausbildung gewinnen

2. zu dem Antrag der Abgeordneten Katherina Reiche, Thomas Rachel,
Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
– Drucksache 15/925 –

Ausbildungsplatzabgabe zerstört Ausbildungsmotivation

3. zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Christoph Hartmann
(Homburg), Ulrike Flach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 15/1130 –

Ausbildung belohnen statt bestrafen – Ausbildungsplätze in Betrieben schaf-
fen statt Warteschleifen finanzieren

A. Problem
Die Bundesregierung und die Regierungsfraktionen im Deutschen Bundestag
planen unter bestimmten Bedingungen gesetzliche Regelungen einzuführen, die
die Kosten der Berufsausbildung zwischen ausbildenden und nicht ausbil-
denden Betrieben gerecht verteilen und neue betriebliche Ausbildungsplätze
schaffen sollen. Die Oppositionsfraktionen im Deutschen Bundestag lehnen
dagegen eine Ausbildungsplatzabgabe durch nicht ausbildende Betriebe ab.

Drucksache 15/1304 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

B. Lösung
1. Annahme des Antrags auf Drucksache 15/1090 mit den Stimmen der

Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP

2. Ablehnung des Antrags auf Drucksache 15/925 mit den Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP

3. Ablehnung des Antrags auf Drucksache 15/1130 mit den Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktion der FDP bei Enthaltung der Stimmen der Fraktion der
CDU/CSU

C. Alternativen
Annahme des Antrags der Fraktion der CDU/CSU – Drucksache 15/925 – und/
oder des Antrags der Fraktion der FDP – Drucksache 15/1130.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/1304

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
1. den Antrag auf Drucksache 15/1090 anzunehmen;
2. den Antrag auf Drucksache 15/925 abzulehnen;
3. den Antrag auf Drucksache 15/1130 abzulehnen.

Berlin, den 25. Juni 2003

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
Ulrike Flach
Vorsitzende

Ernst Küchler
Berichterstatter

Werner Lensing
Berichterstatter

Grietje Bettin
Berichterstatterin

Cornelia Pieper
Berichterstatterin

Drucksache 15/1304 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Ernst Küchler, Werner Lensing, Grietje Bettin und
Cornelia Pieper

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat alle drei Vorlagen in seiner
48. Sitzung am 5. Juni 2003 beraten und an den Ausschuss
für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zur
federführenden Beratung und an die Ausschüsse für Wirt-
schaft und Arbeit sowie für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend zur Mitberatung überwiesen. Die Anträge auf
Drucksachen 15/925 und 15/1130 wurden außerdem an den
Ausschuss für Tourismus zur Mitberatung überwiesen.

II.Wesentlicher Inhalt der Vorlagen
1. Die Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

stellen in ihrem Antrag – Drucksache 15/1090 – fest,
dass die Verantwortung für die berufliche Bildung vor
allem bei den Unternehmen der Wirtschaft liegt. Es sei
aber ein Trend zur Verlagerung der Verantwortung und
der Kosten für die Berufsausbildung von den Unterneh-
men auf den Staat festzustellen. Diese Entwicklung
unterhöhle das duale System. An die Wirtschaft wird
appelliert, mehr Unternehmen für die Ausbildung junger
Menschen zu gewinnen und einen fairen Kostenaus-
gleich zwischen ausbildenden und nicht ausbildenden
Betrieben zu organisieren. Für den Fall, dass es der Wirt-
schaft nicht gelingen sollte, eine freiwillige und verbind-
liche Regelung zu treffen, würde der Gesetzgeber in der
Pflicht stehen, umgehend eine gesetzliche Regelung in
Kraft zu setzen, die darauf ziele, die Lasten gerecht zu
verteilen und neue betriebliche Ausbildungsplätze zu
schaffen.

2. Die Fraktion der CDU/CSU lehnt in ihrem Antrag
– Drucksache 15/925 – eine Ausbildungsplatzabgabe ab.
Das duale Berufsausbildungssystem würde dadurch un-
terhöhlt, und es entstünden letztendlich vor allem außer-
betriebliche Lehrstellen. Die Bundesregierung wird auf-
gefordert, verschiedene Maßnahmen durchzuführen, um
günstigere Bedingungen für die Bereitstellung betriebli-
cher Ausbildungsplätze zu schaffen, z. B. Ausbildungs-
hemmnisse abzubauen, die Ausbildungsordnungen zu
modernisieren, die Lohnnebenkosten zu senken und eine
wachstumsorientierte Steuer- und Finanzpolitik zu betrei-
ben.

3. DieFraktionderFDPbezeichnet in ihremAntrag–Druck-
sache 15/1130 – die derzeitige dramatische Lage auf dem
Ausbildungsmarkt als das Ergebnis einer verfehlten
Wirtschafts-, Konjunktur- und Ausbildungspolitik der
Bundesregierung. Der von der Bundesregierung geplan-
ten Zwangsabgabe der Unternehmen, die nicht ausbilden,
wird eine klare Absage erteilt. Diese Unternehmen han-
delten in der Regel nicht aus bösemWillen, sondern stän-
den in einer wirtschaftlichen Situation, die ihnen keine
Ausbildung erlaube und die evtl. auch keine zusätzliche
Belastung durch eine Ausbildungsplatzabgabe ertragen
könnten. Die Bundesregierungwird aufgefordert, u. a. ein
Sofortprogramm„NeueAusbildungsplätze in kleinen und
mittleren Betrieben“ aufzulegen und darin zusätzliche

Ausbildungsplätze mit einer Prämie von 3 500 Euro zu
vergüten, deren Gegenfinanzierung ausschließlich durch
ein entsprechendes Zurückfahren des Jump-Programms
erfolgen sollte.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Zu Nummer 1
Die beiden mitberatenden Ausschüsse haben jeweils mit
den Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP empfohlen, den Antrag anzunehmen.
Zu Nummer 2
In den mitberatenden Ausschüssen haben jeweils die Frak-
tionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für und die
Fraktion der CDU/CSU gegen die Ablehnung der Vorlage
votiert. Die Fraktion der FDP hat sich in den Ausschüssen
für Wirtschaft und Arbeit sowie für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend der Stimme enthalten und im Ausschuss
für Tourismus gegen die Ablehnung des Antrags gestimmt.
Zu Nummer 3
Die Ausschüsse für Wirtschaft und Arbeit sowie für Touris-
mus haben jeweils mit den Stimmen der Fraktionen SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion der FDP und bei Stimmenthaltung der Fraktion der
CDU/CSU empfohlen, die Vorlage abzulehnen. Im Aus-
schuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat sich
die Fraktion der CDU/CSU nicht der Stimme enthalten,
sondern für die Annahme des Antrags gestimmt, die übrigen
Fraktionen haben wie in den beiden anderen mitberatenden
Ausschüssen votiert.

IV. Beratungsverlauf und -ergebnisse im
federführenden Ausschuss

1. Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzunghat denAntragderFraktionenSPDund
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 15/1090 – in
seiner 14. Sitzung am 25. Juni 2003 beraten und empfiehlt
dessen Annahme mit den Stimmen der Fraktionen SPD
undBÜNDNIS 90/DIEGRÜNENgegen die Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP.

2. Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung hat den Antrag der Fraktion der
CDU/CSU – Drucksache 15/925 – in seiner 14. Sitzung
am 25. Juni 2003 beraten und empfiehlt dessen Ableh-
nung mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP.

3. Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung hat den Antrag der Fraktion der FDP

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/1304

– Drucksache 15/1130 – in seiner 14. Sitzung am
25. Juni 2003 beraten und empfiehlt dessen Ablehnung
mit den Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der
FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU.

Von Seiten der Fraktion der SPD wird festgestellt, dass
Einigkeit im Ausschuss bestehe bezüglich der Einschätzung
der Lage auf dem Lehrstellenmarkt, der Beibehaltung des
dualen Ausbildungssystems und der Verantwortung der
Wirtschaft für die berufliche Ausbildung. Die Wirtschaft
würde aber ihrer Verpflichtung derzeit nicht nachkommen,
während der staatliche Finanzierungsanteil an der Ausbil-
dung anwachse. Die Lasten für die betriebliche Ausbildung
würden auf immer weniger Betriebe verteilt. Diese Ent-
wicklung müsse sich ändern. Es wird deshalb erwartet, dass
die Wirtschaft bis Ende September 2003 nachweist, dass sie
die in diesem Jahr notwendige Anzahl von Ausbildungsplät-
zen zur Verfügung stellt. Sollte dies nicht gelingen, würde
die Wirtschaft eine weitere Chance erhalten, nämlich bis
zum Ende des Jahres verbindliche Modelle zu entwickeln,
mit denen ein Ausgleich zwischen den ausbildenden und
nicht ausbildenden Betrieben geschaffen werden könne.
Sollte auch dies nicht gelingen, müssten letztendlich gesetz-
liche Maßnahmen ergriffen werden, um die Verantwortung
der Wirtschaft für die Ausbildungsplätze sicherzustellen
und einen fairen Ausgleich zwischen ausbildenden und
nicht ausbildenden Betrieben zu erreichen.
Von Seiten der Fraktion der CDU/CSU wird erklärt, dass
sie die Argumentation der Regierungsfraktionen für eine
Ausbildungsplatzabgabe nicht für überzeugend halte. Schon
die Androhung einer solchen Abgabe sei vom Grundsatz her
kontraproduktiv. Es bestehe auch die Gefahr, dass sich
finanzstarke Unternehmen durch eine solche Abgabe ganz
aus der Berufsausbildung verabschieden könnten. Auch
sollte berücksichtigt werden, dass sich für Betriebe eine
Ausbildung erst dann lohne, wenn die Ausgebildeten nach
dem Abschluss ihre Ausbildung im eigenen Betrieb einge-
setzt werden können. Dies könnte im Wesentlichen durch
ein größeres Wirtschaftswachstum verwirklicht werden. Der
Vorschlag der Regierungsfraktionen, eine bestimmte Aus-
bildungsquote zum Maßstab für eine Ausbildungsabgabe zu
machen, verlange einen bürokratischen Aufwand, der einen
Großteil des Abgabeaufkommens beanspruchen würde. Im
Übrigen sei in einigen Bereichen die Vergütung der Auszu-
bildenden heute zu hoch, was sich auf die Möglichkeit und
Bereitschaft der Betriebe, Ausbildungsplätze zu schaffen,
negativ auswirke.

Von Seiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
wird darauf hingewiesen, dass von BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN ein Projekt angekündigt worden sei, mit dem be-
triebliche Ausbildungsplätze geschaffen werden könnten.
Durch eine „Stiftung Betriebliche Bildungschance (StiBB)“
sollen die gesellschaftlichen Ressourcen für mehr Ausbil-
dung aktiviert und gebündelt werden. Betriebe, die über ih-
ren Bedarf hinaus ausbilden, sollen durch die Mittel dieser
Stiftung entlastet werden. Alle Unternehmen sollen gleich-
mäßig an den Kosten der betrieblichen Ausbildung beteiligt
werden. Die von der Fraktion der FDP vorgeschlagene Prä-
mie für die Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze würde
nur einen Mitnahmeeffekt bewirken. Der Antrag der Frak-
tion der CDU/CSU gehe von der falschen Definition des Be-
griffs der so genannten Ausbildungsabgabe aus. Die Frak-
tion der CDU/CSU unterstelle, dass durch die Ausbildungs-
abgabe nur außerbetriebliche Ausbildungen finanziert wer-
den. Dies solle gerade mit dem genannten Stiftungsmodell
nicht geschehen. Die Stiftung wolle mit ihren Mitteln ausbil-
dende Betriebe entlasten und die Schaffung weiterer betrieb-
licher Ausbildungsplätze fördern. Ziel sei es, die Lasten der
Ausbildung zwischen den Betrieben gerecht zu verteilen.
Allerdings sollte auch die außerbetriebliche Ausbildung
nicht als zweitklassig angesehen werden. Ein Blick in andere
europäische Länder zeige, dass auch eine außerbetriebliche
Ausbildung gute Erfolge zeigen könnte.
Von Seiten der Fraktion der FDP wird begrüßt, dass die
Bundesregierung die Steuerreform auf das Jahr 2004 vor-
ziehen wolle. Dies sei der richtige Weg um mehr Ausbil-
dungsplätze zu schaffen und die kleinen und mittleren
Unternehmen zu entlasten. Die von BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN vorgeschlagene Stiftung soll durch eine allge-
meine Abgabe der Betriebe in Höhe von 0,3 % der Lohn-
und Gehaltssumme finanziert werden. Dadurch würden die
Lohnnebenkosten erhöht. Die Betriebskosten würden somit
erhöht und nicht – wie erforderlich – gesenkt. Dies sei nicht
der richtige Weg, um Arbeits- und Ausbildungsplätze zu
schaffen. Die Fraktion der FDP schlage alternativ vor, zu-
sätzliche Ausbildungsplätze mit einer Prämie zu vergüten.
Die Aufwendungen für diese Prämie sollen durch ein ent-
sprechendes Zurückfahren des Jump-Programms finanziert
werden.
Von Seiten der Bundesregierung wird der Vorschlag der
Fraktion der FDP kritisiert, der einen neuen Subventions-
tatbestand schaffen würde. Die Forderung der Fraktion der
FDP überrasche, da diese Partei ansonsten stets einen Sub-
ventionsabbau fordere.

Berlin, den 25. Juni 2003
Ernst Küchler
Berichterstatter

Werner Lensing
Berichterstatter

Grietje Bettin
Berichterstatterin

Cornelia Pieper
Berichterstatterin

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.