BT-Drucksache 15/1298

Änderung des Informationsangebots in Gorleben und Konrad

Vom 24. Juni 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1298
15. Wahlperiode 24. 06. 2003

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Kurt-Dieter Grill, Dr. Peter Paziorek, Dr. Rolf Bietmann,
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), Jochen-Konrad Fromme, Albrecht Feibel,
Cajus Caesar, Marie-Luise Dött, Dr. Maria Flachsbarth, Georg Girisch,
Tanja Gönner, Josef Göppel, Kristina Köhler (Wiesbaden), Doris Meyer (Tapfheim),
Franz Obermeier, Ulrich Petzold, Werner Wittlich und der Fraktion der CDU/CSU

Änderung des Informationsangebots in Gorleben und Konrad

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat die Deutsche Gesellschaft zum
Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH (DBE) mit Schreiben
vom 4. Dezember 2002 und 21. März 2003 aufgefordert, die Öffentlichkeits-
arbeit in den Endlagerprojekten Gorleben und Konrad drastisch einzuschrän-
ken. Statt der bisher durchgeführten arbeitstäglichen untertägigen Befahrungen
mit interessierten Besuchern, sind diese in Zukunft auf einmal pro Woche zu
beschränken.
Obwohl für diese untertägigen Exkursionen keine Werbung betrieben wird, ist
das Interesse der Öffentlichkeit so groß, dass auch bei täglichen Befahrungen
bereits eine mehrmonatige Warteliste besteht. Darüber hinaus haben die Ener-
gieversorgungsunternehmen zugesagt, die von diesen Maßnahmen verursach-
ten Kosten als notwendigen Aufwand dem BfS zu erstatten. Der Vorsitzende
der Kerntechnischen Gesellschaft e. V. (KTG), Dr. Ralf Güldner, und der Vor-
sitzende der KTG-Fachgruppe „Chemie und Entsorgung“, Professor Dr. Klaus
Kühn, haben den Präsidenten des BfS, Wolfram König, zudem in einem offe-
nen Brief am 27. Mai 2003 um Rücknahme der Anordnung zur Beschränkung
der Öffentlichkeitsarbeit an den Standorten ersucht. Obwohl die notwendigen
finanziellen Mittel zur Verfügung stünden, hat der Präsident des BfS dieses Er-
suchen, ebenfalls mittels eines offenen Briefes, am 10. Juni 2003 u. a. mit fol-
gender Begründung abgelehnt: „Die weitaus meisten Besucher sind primär an
der kostenlosen Besichtigung eines Bergwerkes interessiert und haben häufig
wenig oder gar kein Interesse an Fragen der Endlagerung atomarer Abfälle.“
Eine solche pauschale Abqualifizierung bzw. Verneinung des öffentlichen Inte-
resses an dem Stand der Frage der deutschen Endlagerung nuklearer Abfälle
entspricht nicht den Tatsachen und ist insofern nicht akzeptabel. Vor diesem
Hintergrund ist dafür zu sorgen, dass sich die Informationspolitik des BfS nicht
in Richtung einer Art staatlicher Zensur bewegt.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Warum soll der an dem schwierigen Thema interessierten Öffentlichkeit

künftig die Möglichkeit verwehrt werden, sich vor Ort ausreichend und
qualifiziert zu informieren?

Drucksache 15/1298 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
2. Ist der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit,
Jürgen Trittin, über diese Akzeptanz mindernde Maßnahme einer nachge-
ordneten Behörde vorab informiert worden und hat er ihr zugestimmt?
Wenn ja, in welcher Form ist er informiert worden?

3. Wie begründet die Bundesregierung das Maß der Reduzierung der Öffent-
lichkeitsarbeit von täglichen Befahrungen auf nur eine wöchentliche Be-
fahrung?

4. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung des Präsidenten des BfS, Besu-
cher der Standorte Gorleben und Konrad wären zumeist nicht an Fragen
der Endlagerung interessiert?
Wenn nein, mit welcher Begründung?

5. Wie verträgt sich die Einschätzung des Präsidenten des BfS, Besucher der
Standorte Gorleben und Konrad wären zumeist nicht an Fragen der End-
lagerung interessiert, mit den Äußerungen der Bundesregierung, die
Öffentlichkeit in möglichst großem Umfang in die Endlagersuche mit ein-
zubeziehen?

6. In welcher Weise unterstützt die Bundesregierung künftig die Öffentlich-
keitsarbeit an den Standorten Gorleben und Salzgitter?

7. Plant die Bundesregierung eine weitere Reduzierung oder gar eine voll-
ständige Einstellung der Öffentlichkeitsarbeit in Gorleben und Konrad?
Wenn ja, in welchem Zeitraum?

8. Ist die Verhinderung einer bis dato äußerst erfolgreichen Öffentlichkeits-
arbeit der erste Schritt, die Projekte Gorleben und Konrad aufzugeben?
Wenn nein, wie wird die Bundesregierung mit diesen Projekten weiter ver-
fahren?

9. Wie bewertet die Bundesregierung die Einschränkung der Öffentlichkeits-
arbeit vor dem Hintergrund des Vertrages zwischen Bundesregierung und
Energieversorgungsunternehmen vom 14. Juni 2000, und ist diese Maß-
nahme mit dem Vertrag vereinbar?

10. Warum wird in einem, auch auf Betreiben der Bundesregierung, genehmig-
ten Endlager Konrad die Information der Öffentlichkeit eingeschränkt?

11. Wie kann nach Ansicht der Bundesregierung beurteilt werden, ob Besucher
überwiegend oder ausschließlich an Fragen der Endlagerung interessiert
bzw. nicht interessiert sind?

12. Wird die Bundesregierung als Kompensation für die Einschränkung der In-
formationsmöglichkeiten andere öffentlichkeitswirksame Vorhaben initiie-
ren, und wenn ja, welche?

13. Gibt es eine nach Anreiseentfernung gestaffelte Statistik über die Besucher
der Standorte Gorleben und Konrad, und wenn ja, aus welchen Gegenden
reisen sie überwiegend an (aufgegliedert nach Stadt/Gemeinde/Landkreis,
Bundesland, Bund, Ausland)?

14. Auf welche Weise hat die Bundesregierung bisher und wird sie zukünftig
auf die jeweiligen Besuchsmöglichkeiten der Standorte hinweisen?

Berlin, den 18. Juni 2003
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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