BT-Drucksache 15/1211

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -15/812, 15/1199- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Siebten Buches Sozialgesetzbuch und des Sozialgerichtsgesetzes

Vom 24. Juni 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1211
15. Wahlperiode 24. 06. 2003

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Gerald Weiß (Groß-Gerau), Andreas Storm, Annette Widmann-
Mauz, Dr. Wolf Bauer, Monika Brüning, Verena Butalikakis, Dr. Hans Georg Faust,
Michael Hennrich, Hubert Hüppe, Volker Kauder, Barbara Lanzinger, Maria
Michalk, Hildegard Müller, Matthias Sehling, Jens Spahn, Matthäus Strebl,
Wolfgang Zöller und der Fraktion der CDU/CSU

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksachen 15/812, 15/1199 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Siebten Buches Sozialgesetzbuch
und des Sozialgerichtsgesetzes

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
1. Der Deutsche Bundestag begrüßt die Zielrichtung des Gesetzentwurfs der

Regierungskoalition, mit dem der Auftrag des Bundesrates aus der ver-
gangenen Legislaturperiode umgesetzt wird, auf der Basis der beim Haupt-
verband der gewerblichen Berufsgenossenschaften geführten Gespräche
baldmöglichst einen Vorschlag vorzulegen, der zu einem wirksamen Las-
tenausgleich zu Gunsten der Bauwirtschaft führt (Bundesratsdrucksache
214/02).
Die Entlastung der Bauwirtschaft bei den Beiträgen zur gesetzlichen
Unfallversicherung muss rasch gewährleistet werden. Deshalb findet das
Konzept des Gesetzentwurfs, die Reform des Lastenausgleichs durch eine
Vereinbarung nach § 173 SGB VII zwischen den gewerblichen Berufsge-
nossenschaften um ein Jahr vorzuziehen, die Zustimmung des Deutschen
Bundestages. Von den Berufsgenossenschaften wird aber auch erwartet,
dass sie der von der Mitgliederversammlung des Hauptverbandes der ge-
werblichen Berufsgenossenschaften Ende November 2002 beschlossenen
Vereinbarung zur Unterstützung der Vereinigung finanziell hoch belasteter
Berufsgenossenschaften auch zustimmen.
Trotz der richtigen Zielrichtung des Gesetzentwurfs der Regierungskoali-
tion bestehen starke Bedenken, ob die vorgesehenen Maßnahmen zur Re-
form des Lastenausgleichs weit genug gehen und zu einer nachhaltigen
Entlastung der Bauwirtschaft und anderer hoch belasteter Wirtschafts-
zweige bei den Unfallversicherungsträgern führen. Es ist zu befürchten,
dass die Bauwirtschaft infolge des Strukturwandels mit dauerhaft sinken-
den oder stagnierenden Lohnsummen längerfristig mit im Vergleich zur

Drucksache 15/1211 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

übrigen Wirtschaft hohen Beiträgen zur Unfallversicherung rechnen muss.
Sofern absehbar ist, dass die Reformmaßnahmen bereits kurz- bis mittel-
fristig nicht ausreichen, die Situation besonders belasteter Branchen dauer-
haft zu verbessern, bedarf das Gesetz einer Nachkorrektur.
So bestehen insbesondere Zweifel, ob die neu eingeführte Altrentenquote,
mit der man sich der seit Jahren als dringend lösungsbedürftig angesehenen
Altlastenproblematik angenommen hat, ihre selbst definierte Aufgabe erfül-
len kann. Denn der Umfang der Entlastung für mit Altrenten hoch belasteten
Berufsgenossenschaften, der sich allein aus einer begrenzten oder wegfal-
lenden Ausgleichspflicht ergibt, ist sehr gering.
Selbst die Mitglieder der Fraktion der SPD haben in den Ausschussberatun-
gen am 17. Juni 2003 die Bundesregierung aufgefordert, den gesetz-
gebenden Körperschaften geeignete Maßnahmen zur weiteren Fortentwick-
lung des Lastenausgleichsverfahrens, z. B. auch durch eine Berücksichti-
gung der Altrentenquote im Rahmen der Ausgleichsberechtigung, vorzu-
schlagen, wenn sich zeige, dass eine nachhaltige Entlastung durch die
Maßnahmen dieses Gesetzes aufgrund der weiteren strukturellen Entwick-
lung bei den hoch belasteten Berufsgenossenschaften nicht in hinreichen-
dem Maße eintrete.

2. Neben der erforderlichen Reform des Lastenausgleichs im Bereich der ge-
werblichen Berufsgenossenschaften ist es erforderlich, im Rahmen einer Ge-
samtreform der sozialen Sicherungssysteme auch die gesetzliche Unfallver-
sicherung auf die gewandelten Bedingungen des europäischen Binnenmark-
tes und einer globalisiertenWirtschaft neu auszurichten. Bei der Beibehaltung
der bewährten Branchengliederung der gewerblichen Berufsgenossenschaf-
ten ist zu erwägen, die Organisationsstruktur aufgrund der fortschreitenden
strukturellen Verschiebungen in Anlehnung an die Wirtschaftszweige zu
straffen und an den Erfordernissen der Prävention auszurichten. Dabei wird
im Interesse einer optimalen Aufgabenerfüllung und einer Verbesserung der
Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung sorgfältig zu prüfen sein, ob die
im Gesetzentwurf vorgesehenen Erleichterungen freiwilliger Zusammen-
schlüsse von Berufsgenossenschaften und die Anreize für einen zeitnahen
Zusammenschluss ausreichend sind oder ob weitergehende Regelungen er-
forderlich werden, die Fusionen von Berufsgenossenschaften – ggf. vorberei-
tet durch Verwaltungsgemeinschaften – zum Ziel haben.
Vor dem Hintergrund des Strukturwandels in der Wirtschaft ist nur eine mo-
dernisierte gesetzliche Unfallversicherung in der Lage, den an sie gestellten
vielfältigen Aufgaben in der bewährten Weise nachzukommen. Dies schließt
eine Überprüfung auch des Leistungskatalogs der gesetzlichen Unfallversi-
cherung nicht aus, wie ihn beispielhaft der Bundesrat in seiner Entschlie-
ßung vom 23. Mai 2003 fordert (Bundesratsdrucksache 231/03). Bei Ände-
rungen im Leistungskatalog der gesetzlichen Unfallversicherung sind aller-
dings zugleich auch die Folgewirkungen auf andere Bereiche der sozialen
Sicherung zu beachten, insbesondere auf die gesetzliche Kranken- und Ren-
tenversicherung.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. rechtzeitig zu prüfen, ob die vorgesehenen Maßnahmen zur Reform des

Lastenausgleichs im Bereich der gewerblichen Berufsgenossenschaften weit
genug gehen und zu einer nachhaltigen Entlastung der Bauwirtschaft und
anderer hoch belasteter Wirtschaftszweige führen, und

2. im Rahmen einer Gesamtreform der sozialen Sicherungssysteme auch die
gesetzliche Unfallversicherung auf die gewandelten Bedingungen des euro-
päischen Binnenmarktes und einer globalisierten Wirtschaft neu auszu-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/1211

richten, und dabei insbesondere den Leistungskatalog der gesetzlichen
Unfallversicherung auf seine Berechtigung zu überprüfen.

Berlin, den 24. Juni 2003
Gerald Weiß (Groß-Gerau)
Andreas Storm
Annette Widmann-Mauz
Dr. Wolf Bauer
Monika Brüning
Verena Butalikakis
Dr. Hans Georg Faust
Michael Hennrich
Hubert Hüppe
Volker Kauder
Barbara Lanzinger
Maria Michalk
Hildegard Müller
Matthias Sehling
Jens Spahn
Matthäus Strebl
Wolfgang Zöller
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.