BT-Drucksache 15/1208

50 Jahre Deutsche Welle - Perspektiven für die Zukunft

Vom 24. Juni 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1208
15. Wahlperiode 24. 06. 2003

Antrag
der Abgeordneten Bernd Neumann (Bremen), Günter Nooke, Renate Blank,
Dr. Peter Gauweiler, Vera Lengsfeld, Heinrich-Wilhelm Ronsöhr, Erika Steinbach,
Steffen Kampeter, Volker Kauder, Dr. Günter Krings, Dr. Martina Krogmann,
Dr. Norbert Lammert, Dorothee Mantel, Melanie Oßwald, Christian Freiherr von
Stetten, Edeltraut Töpfer, Wolfgang Zeitlmann und der Fraktion der CDU/CSU

50 Jahre Deutsche Welle – Perspektiven für die Zukunft

Der Bundestag wolle beschließen

Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Seit 50 Jahren vermittelt die Deutsche Welle (DW) weltweit erfolgreich ein
umfassendes Bild Deutschlands. Für die mediale Außenrepräsentanz der Bun-
desrepublik Deutschland ist die Deutsche Welle mit ihren Angeboten in Radio,
Fernsehen und Internet das wichtigste Medium der weltweiten Präsentation
deutscher Politik, Wirtschaft und Kultur. Sie ist deshalb ein unverzichtbarer
Eckpfeiler im Rahmen auswärtiger Kulturpolitik Deutschlands. Die Deutsche
Welle hat ihre Bewährungsprobe auch als „Krisenpräventionssender“ bestan-
den, was bis heute den guten Ruf des Senders als freies Informationsmedium in
Krisen und Konflikten begründet. Beispiele dafür sind das Engagement der
Deutsche Welle in Ruanda, im ehemaligen Jugoslawien, in Afghanistan wie im
Irak.
Die gravierenden politischen und kulturellen Veränderungen bzw. Umbrüche in
Europa und in vielen Teilen der Welt wie auch die Fortschritte in der Kommu-
nikationstechnologie stellen die Deutsche Welle vor neue Herausforderungen
und Aufgaben, die eine Novellierung des Deutsche-Welle-Gesetzes dringlich
machen. Umso mehr bedauert der Deutsche Bundestag, dass die in der Koaliti-
onsvereinbarung von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Jahre 1998 an-
gekündigte und von der Bundesregierung mehrfach zugesagte Neugestaltung
des deutschen Auslandsrundfunks in Verbindung mit einer Novellierung des
Deutsche-Welle-Gesetzes bis heute nicht erfolgt ist. Der Deutsche Bundestag
missbilligt, dass bei der Deutschen Welle ohne jedwedes Konzept und Aufga-
benkritik ein finanzieller Kahlschlag erfolgt, und zwar von 1999 bis 2003 um
mehr als 135 Mio. Euro.

Der Deutsche Bundestag ist der Auffassung:
Bei der bevorstehenden Novellierung des Deutsche-Welle-Gesetzes müssen die
folgenden Kriterien zugrunde gelegt werden:
1. Die Hauptzielsetzung des Auslandsrundfunks ist die Vermittlung eines um-

fassenden Bildes des politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens in
Deutschland in deutscher Sprache sowie Fremdsprachen in Hörfunk, Fernse-
hen und Telemedien (Internet). In Ländern ohne oder mit eingeschränkter

Drucksache 15/1208 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
Informationsfreiheit hat die Deutsche Welle als „Stimme der Freiheit“ eine
weitere wichtige Aufgabe. Die Deutsche Welle bringt sich mit ihren Medien
auch als Instrument der Krisenpräventation ein. Mit ihren Programmen
nimmt die Deutsche Welle am „Dialog der Kulturen“ teil, die dafür ein ent-
sprechendes Forum sein können.

2. Der künftige Auftrag der Deutschen Welle muss deutlich hervorheben
– die Rolle der Deutschen Welle als Mittler des deutschen kulturellen Erbes

und der Werteordnung des Grundgesetzes;
– die Rolle der Deutschen Welle für die auswärtigen Beziehungen Deutsch-

lands in Umsetzung des Verfassungsauftrags der internationalen Verstän-
digung, der Friedenssicherung und europäischen Integration;

– die Förderung der deutschen Sprache und ihre Bedeutung als Vermitt-
lungsinstrument im Hörfunk- und Fernsehprogramm.

3. Die Staatsunabhängigkeit der Rundfunkanstalt Deutschen Welle muss auch
in Zukunft gewährleistet sein. Die Deutsche Welle hat zwar einen gesetzlich
definierten Auftrag im Dienste der Bundesrepublik Deutschland zu erfüllen,
sie ist aber als Mitglied der ARD eine Rundfunkanstalt, bei der der Staats-
einfluss den verfassungsrechtlichen Kriterien genügen muss (Rundfunkfrei-
heit gemäß Artikel 5 Grundgesetz).

4. Die Deutsche Welle soll im Rahmen des vom Gesetzgeber entsprechend in
den Nummern 1 und 2 festgelegten, weit gefassten Programmauftrages Ziel-
gruppen, Zielregionen, Sprachen und Übertragungswege eigenverantwort-
lich formulieren und in einem geregelten Beratungsprozess mit dem Deut-
schen Bundestag und der Bundesregierung abstimmen.

5. Die Selbstregulierung und -evaluation der Deutschen Welle soll ein neues
Instrument zur Effizienzsteigerung der Arbeit des Senders werden. Die
Selbstevaluation von Zielen und Aufgaben soll in regelmäßigen Abständen
in Konsultation mit dem Deutschen Bundestag, der Bundesregierung und
der Öffentlichkeit stattfinden.

6. Die Kooperation mit den Mittlerorganisationen der auswärtigen Kulturpoli-
tik muss intensiviert und verbessert werden; dasselbe gilt für die Zusammen-
arbeit mit ARD, ZDF, Deutschlandradio und europäischen Auslandssendern.

7. Der Fernseh-Auslandskanal „German-TV“ von Deutscher Welle, ARD und
ZDF ist als zusätzliches Angebot neben dem originären Deutsche-Welle-TV-
Programm zu sehen; er trägt dem besonderen Interesse der im Ausland
lebenden Deutschen sowie deutschsprachigen Ausländer an einem Voll-
programm mit Information und Unterhaltung Rechnung. Nach Abfinanzie-
rung der Anlaufkosten muss German-TV sich selbst finanzieren (Pay-TV),
um den originären Auftrag der Deutschen Welle, der durch das bestehende
3-sprachige Fernsehprogramm im Free-TV wahrgenommen wird, finanziell
nicht zu gefährden.

8. So wie die Landesrundfunkanstalten muss auch die Deutsche Welle mittel-
fristige, d. h. mehrjährige Finanzierungs- und Planungssicherheit haben.
Ebenso wie bei den Landesrundfunkanstalten sollte die Finanzierungshöhe
durch eine unabhängige Kommission ermittelt werden; das Ergebnis dient
dem Parlament als Anhaltspunkt für seine Beschlussfassung.

Berlin, den 24. Juni 2003
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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