BT-Drucksache 15/1025

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Waltraud Wolff (Wolmirstedt), Matthias Weisheit, Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Ulrike Höfken, Volker Beck (Köln), Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -15/462- EU-Agrarreform mutig angehen und ausgewogen gestalten 2. zu dem Antrag der Abgeordneten Peter H. Carstensen (Nordstrand), Gerda Hasselfeldt, Dr. Wolfgang Schäuble, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU -15/422- Mit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik die Landwirtschaft und die ländlichen Räume in der EU stärken 3. zu dem Antrag der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, Ulrich Heinrich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -15/435- Marktwirtschaftliches Modell einer flächengebundenen Kulturlandschaftsprämie verwirklichen

Vom 21. Mai 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1025
15. Wahlperiode 21. 05. 2003

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft
(10. Ausschuss)

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Waltraud Wolff (Wolmirstedt), Matthias
Weisheit, Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Ulrike Höfken, Volker Beck (Köln), Cornelia Behm,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 15/462 –
EU-Agrarreform mutig angehen und ausgewogen gestalten

2. zu dem Antrag der Abgeordneten Peter H. Carstensen (Nordstrand), Gerda
Hasselfeldt, Dr. Wolfgang Schäuble, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
– Drucksache 15/422 –
Mit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik die Landwirtschaft
und die ländlichen Räume in der EU stärken

3. zudemAntragderAbgeordnetenHans-MichaelGoldmann,Dr. Christel Happach-
Kasan, Ulrich Heinrich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 15/435 –
Marktwirtschaftliches Modell einer flächengebundenen Kulturlandschafts-
prämie verwirklichen

A. Problem
Die Beschlüsse zur Agenda 2000, die auf dem Europäischen Gipfeltreffen 1999
in Berlin festgeschrieben wurden, legen den Finanzrahmen der Gemeinsamen
Agrarpolitik (GAP) bis zum Jahr 2006 fest. Für die Folgejahre bis 2013 gilt für
die dann ost-erweiterte EU die im Oktober letzten Jahres vom Europäischen
Rat festgelegte Ausgabenobergrenze.
Auf diesen Beschlüssen basieren die am 22. Januar 2003 von der EU-Kommis-
sion im Rahmen der Halbzeitbewertung der Agenda 2000 vorgelegten Legisla-

Drucksache 15/1025 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

tivvorschläge für eine Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, die sich stärker
an den Prinzipien der Nachhaltigkeit und der Marktwirtschaft orientieren.
Die wesentlichen Merkmale dieser Reform sind – neben diversen Änderungen
der einzelnen Marktordnungen – eine Entkoppelung der Direktzahlungen von
der Produktion, eine stärkere Orientierung der Direktzahlungen an Verbrau-
cher- und Umweltschutz, progressive Kürzungen der Direktzahlungen ab 2006
sowie die Umschichtung von Mitteln der so genannten 1. Säule in die 2. Säule
zugunsten der ländlichen Entwicklung.
Die Reformvorschläge werden von den Antragstellern grundsätzlich begrüßt,
insbesondere, was ihre Zielsetzung betrifft. Hinsichtlich der vorgesehenen
Maßnahmen zur Umsetzung der Ziele wird jedoch noch Änderungsbedarf mit
unterschiedlicher Gewichtung gesehen.

B. Lösung
Zu Nummer 1
Annahme mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
Zu Nummer 2
Ablehnung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen
der Fraktion der CDU/CSU bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP
Zu Nummer 3
Ablehnung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen
der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU

C. Alternativen
Ablehnung des Antrags auf Drucksache 15/462 sowie Annahme der Anträge
auf den Drucksachen 15/422 und 15/435.

D. Kosten der öffentlichen Haushalte
Kosten wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/1025

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen:
1. den Antrag auf Drucksache 15/462 anzunehmen,
2. den Antrag auf Drucksache 15/422 abzulehnen,
3. den Antrag auf Drucksache 15/435 abzulehnen.

Berlin, den 9. April 2003

Der Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Vorsitzende

Waltraud Wolff (Wolmirstedt)
Berichterstatterin

Albert Deß
Berichterstatter

Friedrich Ostendorff
Berichterstatter

Hans-Michael Goldmann
Berichterstatter

Drucksache 15/1025 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Waltraud Wolff (Wolmirstedt), Albert Deß, Friedrich
Ostendorff und Hans-Michael Goldmann

I. Verfahrensablauf
Der Deutsche Bundestag hat in seiner 29. Sitzung am
21. Februar 2003 den Antrag auf Drucksache 15/462 an den
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirt-
schaft zur federführenden Beratung sowie an den Ausschuss
für Wirtschaft und Arbeit, den Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit, den Ausschuss für die
Angelegenheiten der Europäischen Union und den Haus-
haltsausschuss zur Mitberatung überwiesen und die Anträge
auf den Drucksachen 15/422 und 15/435 an den Ausschuss
für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft zur
federführenden Beratung sowie an den Ausschuss für die
Angelegenheiten der Europäischen Union zur Mitberatung
überwiesen.
Der federführende Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernäh-
rung und Landwirtschaft hat die Vorlagen in seiner 11. Sit-
zung am 9. April 2003 abschließend behandelt.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen
Zu Nummer 1
Die Koalitionsfraktionen fordern in ihrem Antrag die Bun-
desregierung auf, sich u. a. für die zügige Beratung und den
baldigen Abschluss der Verhandlungen bezüglich der bevor-
stehenden Agrarreformen einzusetzen. Die Bundesregie-
rung solle sich für die Ausarbeitung eines ökonomisch aus-
gewogenen Preis- und Beihilfesystems in der 1. Säule der
Agrarpolitik einsetzen, bei dem Ungleichgewichte zwischen
Acker- und Grünlandstandorten abgebaut, die Bewirtschaf-
tung von Grünlandstandorten durch schrittweise Entkopp-
lung in Richtung Flächenprämien besser gefördert und
abrupte Umverteilungen und Strukturbrüche vermieden
werden sollen.
Des Weiteren solle die Bundesregierung darauf hinwirken,
dass Direktzahlungen an die Erfüllung bestimmter in den
EU-Mitgliedstaaten einheitlicher (Mindest-)Standards ge-
bunden werden, insbesondere in den Bereichen Tier- und
Umweltschutz sowie Lebensmittelsicherheit.
Außerdem fordern die Koalitionsfraktionen die obligato-
rische Einführung der Modulation bis spätestens 2006,
wobei die Mittel für die so genannte 2. Säule aus Mitteln der
1. Säule aufgestockt werden sollen. Die dafür vorgesehen
Modulationsmittel sollen nach Ansicht der Koalitionsfrak-
tionen in dem Mitgliedstaat verbleiben, in dem sie aufge-
bracht werden.
Die Regierung solle sich für eine Reform der Marktordnung
Milch einsetzen, die den Milcherzeugern eine arbeitsplat-
zerhaltende und wirtschaftlich tragfähige Perspektive er-
öffne und auch in den anderen Marktordnungen zu einer
stärkeren Marktorientierung führe, ohne unangemessene
einseitige Belastungen zu verursachen.
Im Ganzen solle eine möglichst unbürokratische und einfa-
che Handhabung der einzelnen Maßnahmenpakete erreicht
werden.

Zu Nummer 2
Die Fraktion der CDU/CSU fordert die Bundesregierung in
ihrem Antrag u. a. dazu auf, bei den laufenden Verhandlun-
gen über die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik darauf
hinzuwirken, dass mit Blick auf die zunehmende Interna-
tionalisierung der Landwirtschaft die Stärkung der Wettbe-
werbsfähigkeit der Unternehmen und die Verbesserung der
Marktorientierung als Reformleitlinien Beachtung finden.
Den Landwirten müsse bei nachhaltiger Wirtschaftsweise
die Erwirtschaftung eines angemessenen Einkommens er-
möglicht werden. Außerdem müssten die Gemeinwohlleis-
tungen einer nachhaltigen und multifunktionalen Landwirt-
schaft honoriert werden.
Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Regelungen
sollten in verschiedenen Punkten geändert werden. So wird
u. a. gefordert, dass das neue Beihilfesystem WTO-konform
ist und auch künftig Beihilfen nur den wirtschaftenden Be-
trieben zur Verfügung gestellt werden. Des Weiteren sei die
vorgesehene Neuverteilung der Modulationsmittel auf der
Grundlage so genannter objektiver Kriterien abzulehnen, da
Deutschland hierdurch erhebliche Mittel verlöre. Der Stär-
kung der 2. Säule durch Umschichtungen aus der 1. Säule
dürfe nur zugestimmt werden, wenn die anfallenden Kür-
zungsmittel in den jeweiligenMitgliedstaaten verblieben und
die Mittel zur Stärkung der betrieblichen Wirtschaftskraft
Verwendung fänden.
Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Eingriffe in
verschiedene Marktordnungen vor dem Ablauf der Agenda
2000 seien aus Gründen der Planungssicherheit für die
Landwirte abzulehnen. An dem Ziel, die Biomassenutzung
im Energie- und Industriebereich auszubauen und die
Verwendung heimischer Bioenergie zu fördern, müsse im
Interesse des Klimaschutzes festgehalten werden.
Zu Nummer 3
Die Fraktion der FDP fordert in ihrem Antrag u. a. bei den
Beratungen der Legislativvorschläge der EU-Kommission
die Versorgung der Verbraucher mit qualitativ hochwertigen
Lebensmitteln sowie den Erhalt und die Pflege der Kultur-
landschaft in den Mittelpunkt zu rücken. Dabei solle die
Bundesregierung für eine Stärkung einer unternehmerischen
Landwirtschaft und des ländlichen Raumes eintreten sowie
für die Landwirte, die vor- und nachgelagerten Bereiche und
die Ernährungswirtschaft verlässliche Rahmenbedingungen
sowie Planungssicherheit schaffen.
Um die europäische Agrarpolitik zukünftig stärker an den
Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft und der Nachhaltig-
keit zu orientieren, fordert die Fraktion der FDP, die Direkt-
zahlungen von der Produktion zu entkoppeln und an die Be-
wirtschaftung der Flächen zu binden, die bürokratischen
Regelungen zu verringern und die gesamtgesellschaftlichen
Leistungen einer multifunktionalen Landwirtschaft zu ho-
norieren. Die Zahlung einer Kulturlandschaftsprämie für die
Dienstleistungen der Landwirte zur Pflege und Erhaltung
der Kulturlandschaft unter Einbeziehung des Grünlandes sei
dazu geeignet.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/1025

Weiterhin sei die europäische Agrarpolitik marktwirtschaft-
lich weiterzuentwickeln und zur Sicherung der Wettbe-
werbsfähigkeit der heimischen Agrar- und Ernährungswirt-
schaft sollten nationale Sonderwege überprüft werden.
III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Zu Nummer 1
Die mitberatenden Ausschüsse haben die Anträge in ihren
Sitzungen am 12. März 2003 und 2. April 2003 behandelt
und empfehlen jeweils mit den Stimmen der Koalitionsfrak-
tionen gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP, die Vorlage anzunehmen.
Zu Nummer 2
Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union empfiehlt mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
und der Fraktion der FDP gegen die Stimmen der Fraktion
der CDU/CSU die Vorlage abzulehnen.
Zu Nummer 3
Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union empfiehlt mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
gegen die Stimmen der Fraktion der FDP bei Stimmenthal-
tung der Fraktion der CDU/CSU, die Vorlage abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im 10. Ausschuss

Seitens der Koalitionsfraktionen wurde hervorgehoben,
dass die Anforderungen der EU-Osterweiterung und der
WTO-Verhandlungen es erforderlich machten, Vorschläge
zur EU-Agrarreform jetzt zu erörtern und entsprechende
Beschlüsse zu fassen, gerade auch im Hinblick auf die not-
wendige Planungssicherheit der Landwirtschaft. Für eine
Zukunft der ländlichen Räume sei eine verstärkte Förderung
der so genannten 2. Säule unerlässlich, um damit Arbeits-
plätze zu schaffen und die Wirtschaftsentwicklung voranzu-
treiben.
Die Vorschläge der EU-Kommission gingen insgesamt in
die richtige Richtung, erforderten allerdings noch einige
Korrekturen. So sollte die Entkoppelung der EU-Direktzah-
lungen von der Produktion schrittweise in Richtung einer
Flächenprämie erfolgen. Auch müsse die Cross-Compli-
ance-Regelung praxisgerecht und unbürokratisch ausgestal-

tet sein und zu möglichst einheitlichen Mindeststandards
führen. Schließlich seien die Regelungen für nachwach-
sende Rohstoffe bei weitem nicht ausreichend.
Von der Fraktion der CDU/CSU wurde gefordert, im Hin-
blick auf den Vertrauensschutz zur Planungssicherheit der
deutschen Landwirtschaft an der Verbindlichkeit der Be-
schlüsse zur Agenda 2000 bis zum Jahre 2006 festzuhalten.
Die Reformvorschläge der EU-Kommission enthielten nur
wenige gute Lösungsansätze, die darüber hinaus durch die
Umsetzungsmodalitäten in ihr Gegenteil verkehrt würden.
Festzuhalten sei an den Mengenregulierungen zur Stabili-
sierung der Märkte, insbesondere bei Milch und Zucker.
Eine vollständige Entkoppelung der Direktzahlungen werde
abgelehnt. Vorstellbar sei ein dreistufiges Prämienmodell
für die Honorierung gesamtgesellschaftlicher Leistungen
der Landwirtschaft.
Schließlich seien die landwirtschaftlichen Flächen für nach-
wachsende Rohstoffe stärker zu nutzen, wozu auch der An-
bau von Stilllegungsflächen gehöre.
Seitens der Fraktion der FDP wurde unterstrichen, dass
die Landwirtschaft Planungssicherheit und faire Wettbe-
werbsbedingungen benötige. Reformen der EU-Agrarpoli-
tik seien notwendig. Hierzu gehöre insbesondere die Ent-
koppelung der Direktzahlungen, die an die Bewirtschaftung
der Fläche zu binden sei, was aber erst ab 2007 schrittweise
umgesetzt werden sollte.
Eine weitere wichtige Forderung sei die Einführung einer
produktunabhängigen Kulturlandschaftsprämie, womit die
Dienstleistungen der Landwirtschaft zur Pflege und Erhal-
tung der Kulturlandschaft honoriert werden sollen.
Der Antrag auf Drucksache 15/462 wurde mit den Stim-
men der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP angenommen.
Der Antrag auf Drucksache 15/422 wurde mit den Stim-
men der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Frak-
tion der CDU/CSU bei Stimmenthaltung der Fraktion der
FDP abgelehnt.
Der Antrag auf Drucksache 15/435 wurde mit den Stim-
men der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Frak-
tion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/
CSU abgelehnt.

Berlin, den 9. April 2003
Waltraud Wolff (Wolmirstedt)
Berichterstatterin

Albert Deß
Berichterstatter

Friedrich Ostendorff
Berichterstatter

Hans-Michael Goldmann
Berichterstatter

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