BT-Drucksache 14/9704

zu dem Gesetzentwurf der Abg. Dr. Dieter Thomae, Detlef Parr, Dr. Irmgard Schwaetzer, weiterer Abg. und der Fraktion der FDP -14/8400- Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung einer angemessenen Vergütung psychotherapeutischer Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung

Vom 3. Juli 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/9704
14. Wahlperiode 03. 07. 2002

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Dr. Dieter Thomae, Detlef Parr,
Dr. Irmgard Schwaetzer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 14/8400 –

Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung einer angemessenen Vergütung
psychotherapeutischer Leistungen im Rahmen der gesetzlichen
Krankenversicherung

A. Problem
Die finanzielle Situation der Psychotherapeutischen Praxen ist nach wie vor
unbefriedigend. Zwar hat das Bundessozialgericht den Psychotherapeuten einen
Rechtsanspruch auf eine Vergütung mit einem festen Punktwert im Bereich von
0,10 DM zuerkannt. Dieser Punktwert wird aus dem mit dem GKV-Solidaritäts-
stärkungsgesetz zunächst befristet eingeführten, durch das GKV-Reformgesetz
2000 dauerhaft fortgeschriebenen und auf Haus- und Fachärzte aufgeteilten
Honorarbudget der fachärztlichen Versorgung gezahlt und führt damit zur
Absenkung des aus diesem – ohnehin durch die Aufteilung extrem belasteten –
fachärztlichen Budgetanteil zahlbaren Punktwerts mit Nachzahlungsbeträgen in
der Größenordnung von 300 bis 500 Mio. DM. Diese Entwicklung resultiert aus
dem Zusammenspiel diverser Regelungen des Psychotherapeutengesetzes, des
GKV-Solidaritätsstärkungsgesetzes sowie der Fortschreibung der Deckelung
durch die GKV-Gesundheitsreform 2000 und belastet die Integration der psy-
chologischen Psychotherapeuten und Jugendlichen-Therapeuten in die vertrags-
ärztliche Versorgung.

B. Lösung
Die Vergütung genehmigungspflichtiger psychotherapeutischer Leistungen und
der probatorischen Sitzungen einschließlich des Berichts an den Gutachter soll
ab 1. Januar 2002 im Rahmen einer Einzelleistungsvergütung mit festen, durch
die Vertragspartner der Gesamtverträge vereinbarten Punktwerten erfolgen. Zur
Gegenfinanzierung wird eine Selbstbeteiligung von 5 Euro pro Therapiestunde
für Erwachsene eingeführt. Härtefall- und Überforderungsregelungen sorgen
dafür, dass kein Patient wegen zu geringen Einkommens auf psychotherapeuti-
sche Hilfe verzichten muss.

Drucksache 14/9704 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Ablehnung des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS gegen die Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP

C. Alternativen
Annahme des Gesetzentwurfs.

D. Kosten
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/9704

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Gesetzentwurf – Drucksache 14/8400 – abzulehnen.

Berlin, den 3. Juli 2002

Der Ausschuss für Gesundheit
Klaus Kirschner
Vorsitzender

Dr. Hans Georg Faust
Berichterstatter

Drucksache 14/9704 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bericht des Abgeordneten Dr. Hans Georg Faust

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat in seiner 230. Sitzung am
18. April 2002 den Antrag auf Drucksache 14/8400 in
1. Lesung beraten, dem Ausschuss für Gesundheit zur feder-
führenden Beratung und dem Ausschuss für Arbeit und
Sozialordnung zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Der Gesetzentwurf sieht vor, für die Vergütung der von Psy-
chotherapeuten erbrachten Leistungen des Kapitels G IV des
Bewertungsmaßstabs künftig feste Punktwerte zwischen den
Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der
Ersatzkassen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen in ei-
ner Höhe zu vereinbaren, die den Psychotherapeuten und den
ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten eine ange-
messenere Vergütung gewährleistet. Hierzu sollen Einzel-
leistungsvergütungen mit festen Punktwerten eingeführt
werden. Gleichzeitig ist eine Selbstbeteiligung für erwach-
sene Patienten von 5 Euro pro Therapiestunde vorgesehen.
Probatorische Sitzungen sind von der Zuzahlung befreit. Der
Gesetzentwurf sieht Möglichkeiten der Befreiung von Zu-
zahlungen vor, sofern ein bestimmtes Einkommen nicht
überschritten wird bzw. im Einzelnen genannte Leistungen
wie z. B. Sozialhilfe oder Arbeitslosenhilfe bezogen werden.
Weiterhin wird durch den Gesetzentwurf eine eigenständige
Überforderungsklausel geschaffen.

III. Stellungnahme des mitberatenden
Ausschusses

Der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung hat in sei-
ner 134. Sitzung am 26. Juni 2002 empfohlen, den Antrag
abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der federführende Ausschuss für Gesundheit hat die Bera-
tung des Antrags in seiner 139. Sitzung am 24. April 2002
aufgenommen und die Durchführung einer Anhörung von
Sachverständigen beschlossen. Die öffentliche Anhörung
fand in der 152. Sitzung des Ausschusses am 12. Juni 2002
statt. Zu ihr waren der AOK-Bundesverband, der Verband
der Angestellten-Krankenkassen e. V./Arbeiter-Ersatzkas-
sen-Verband e. V., der Bundesverband der Betriebskranken-
kassen, der Bundesverband der Innungskrankenkassen, die
See-Krankenkasse, die Bundesknappschaft, der Bundesver-
band der landwirtschaftlichen Krankenkassen, die Arbeits-
gemeinschaft der Richtlinienverbände, die Allgemeine Ärzt-
liche Gesellschaft für Psychotherapie, der Berufsverband der
Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie
in Deutschland e. V., der Berufsverband Deutscher Nerven-
ärzte e. V., der Berufsverband Deutscher Psychologinnen
und Psychologen e. V., die Bundesarbeitsgemeinschaft der
freien Wohlfahrtspflege e. V., die Bundesarbeitsgemein-
schaft der PatientInnenstellen, der Bundesverband der Ver-
tragspsychotherapeuten, die Deutsche Gesellschaft für Psy-

choanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsy-
chologie e. V., die Deutsche Gesellschaft für Psychothera-
peutische Medizin, die Deutsche Gesellschaft für Verhaltens-
therapie e. V. , der Deutsche Fachverband für Verhaltensthe-
rapie e. V., der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Deutsche
Psychotherapeutenverband e. V./Berufsverband psychologi-
scher Psychotherapeuten, die Gemeinschaft Fachärztlicher
Berufsverbände, der Hartmannbund, die Kassenärztliche
Bundesvereinigung, der NAV-Virchow-Bund, die Ständige
Konferenz ärztlicher psychotherapeutischer Verbände, der
Verein Demokratischer Ärztinnen und Ärzte e. V., die Verei-
nigung Analytischer Kinder- und Jugendlichentherapeuten,
die Vereinigung der Kassenpsychotherapeuten e. V. und die
Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. – Fachbereich Ge-
sundheit/Ernährung –.
Auf das Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung und die
als Ausschussdrucksachen verteilten schriftlichen Stellung-
nahmen der Sachverständigen wird Bezug genommen.
Der Ausschuss für Gesundheit hat die Beratung in seiner
152. Sitzung am 26. Juni 2002 fortgesetzt und abgeschlossen.
Als Ergebnis der Beratung wurden Artikel 1 Nr.1 bis 4 des
Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion der FDP bei Enthaltung der Fraktionen der CDU/CSU
und PDS, und Artikel 1 Nr. 5 sowie Artikel 2a und 2b des
Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS gegen die Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP abgelehnt. Ins-
gesamt wurde der Gesetzentwurf mit den Stimmen der
Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS
gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
abgelehnt.
Die Fraktion der SPD vertrat die Auffassung, dass die teil-
weise schlechte Einkommenssituation der Psychotherapeu-
ten und auch die hierdurch bedingte Unterversorgung der
neuen Bundesländer nicht als Einstieg in eine Selbstbeteili-
gung der Patientinnen und Patienten dienen könnten. Insbe-
sondere bestehe kein sachlicher Grund für eine Benachteili-
gung psychisch Kranker gegenüber somatisch Erkrankten.
Psychisch Kranke könnten sich als Betroffene nur mit
Schwierigkeiten zu erkennen geben, so dass von ihrer Seite
nur wenig Gegenwehr zu erwarten sei. Eine Ungleichbe-
handlung sei daher auch unter dem Gesichtspunkt der Fair-
ness nicht hinnehmbar.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wies auf den
hohen Stellenwert der psychotherapeutischen Versorgung
u. a. bei chronischen Erkrankungen hin. Die Verteilung der
Gelder sei vorwiegend ein Problem der Selbstverwaltung.
Es sei nicht sinnvoll, hier über Zuzahlungen einzugreifen.
Die Fraktion der CDU/CSU machte deutlich, dass die
Frage einer Eigenbeteiligung zurzeit nicht das Entschei-
dende sei. Für regelungsbedüftig hielten sie jedoch die
Honorarsituation der Psychotherapeuten. Sie wiesen darauf
hin, dass über die positiven oder negativen Auswirkungen
einer Zuzahlung bei der Anhörung durchaus unterschied-
liche Auffassungen bestanden.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/9704

Berlin, den 3. Juli 2002
Dr. Hans Georg Faust
Berichterstatter

Die Fraktion der FDP betonte die Wichtigkeit einer Ver-
besserung der finanziellen Situation für Psychotherapeuten,
um eine hochwertige und quantitativ ausreichende Versor-
gung mit psychotherapeutischen Leistungen sicherzustellen.
Sie vertraten die Auffassung, dass die Einführung einer Zu-
zahlung im Hinblick auf das angestrebte Ziel vertretbar sei,
dass jeder GKV-Versicherte, der psychotherapeutische Be-
handlung brauche, diese auch erhalte. Sie wiesen zudem
darauf hin, dass zahlreiche Psychotherapeuten der Auffas-
sung seien, dass eine Selbstbeteiligung, die Ausnahmen für
finanziell Schwache vorsieht, dazu beitragen könne, dass
eine einmal begonnene Therapie auch fortgesetzt werde.
Die Fraktion der PDS führte aus, dass zwar Einigkeit be-
stehe, dass die psychotherapeutische Versorgung – insbe-
sondere auch – in den neuen Bundesländern verbessert wer-
den müsse, jedoch lehnten sie, ebenso wie die Koalitions-
fraktionen, die Einführung der Selbstbeteiligung ab.

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