BT-Drucksache 14/9527

Sicherheit für Minderheiten im Kosovo

Vom 24. Juni 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/9527
14. Wahlperiode 24. 06. 2002

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Sicherheit für Minderheiten im Kosovo

Beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge ist am
26. März 2002 ein informeller Entscheidungsstopp in Asylverfahren von Ange-
hörigen ethnischer Minderheiten aus dem Kosovo aufgehoben worden. In seit-
her ergangenen Bescheiden finden sich nach Angaben von Pro Asyl Textbau-
steine mit dem Tenor, dass zwar die Sicherheitslage für Minderheiten immer
noch schwierig sei, jedoch ein Anspruch auf Asylanerkennung oder Abschie-
bungsschutz wegen drohender politischer Verfolgung nicht bestehe, da die UN-
Verwaltung für den Kosovo (UNMIK) und die Kosovo-Friedenstruppe (KFOR)
im Kosovo die Staats- und Gebietshoheit ausübten und diese grundsätzlich
allen im Kosovo lebenden Bevölkerungsgruppen mit den ihnen zur Verfügung
stehenden Mitteln Schutz gewährten. Gewaltsame Übergriffe hätten allerdings
nicht verhindert werden können. Auch das Bestehen eines Abschiebungshin-
dernisses aus § 53 Abs. 6 Satz 1 Ausländergesetz (AuslG) wird häufig verneint.
Diese Ansicht steht jedoch im Widerspruch zu zahlreichen Ausführungen des
UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge, der UNMIK selbst und vonMenschen-
rechtsorganisationen. In einer Stellungnahme von Amnesty International, der
Gesellschaft für bedrohte Völker, von Pro Asyl und des kirchlichen Raphaels-
Werks an die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder
vom 14. Mai 2002 heißt es ausdrücklich: „Von einer nachhaltigen Verbesserung
der Lage ist nicht auszugehen, so dass sich Angehörige ethnischer Minderheiten
nach unseren Erkenntnissen weiterhin in großer Gefahr für Leib und Leben be-
finden.“

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Über wie viele Asylanträge von Asylsuchenden aus dem Kosovo ist seit

Aufhebung des informellen Entscheidungsstopps durch das Bundesamt für
die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge entschieden worden?

2. Wie viele Entscheidungen betrafen dabei Schutzersuchen von Angehörigen
ethnischer Minderheiten im Kosovo?

3. In wie vielen Fällen wurden Asylsuchende aus dem Kosovo als Asylberech-
tigte nach Artikel 16a Abs. 1 Grundgesetz (GG) anerkannt?
Wie viele davon waren Angehörige ethnischer Minderheiten?

4. In wie vielen Fällen wurden Asylsuchende aus dem Kosovo als politisch
Verfolgte im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG anerkannt?
Wie viele davon waren Angehörige ethnischer Minderheiten?

Drucksache 14/9527 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
5. In wie vielen Fällen erhielten Asylsuchende aus dem Kosovo zwar keine
Anerkennung als politisch Verfolgte, aber Abschiebungsschutz aus § 53
Abs. 4 AuslG i. V. m. mit der Europäischen Menschenrechtskonvention?
Wie viele davon waren Angehörige ethnischer Minderheiten?

6. In wie vielen Fällen erhielten Asylsuchende aus dem Kosovo zwar keine
Anerkennung als politisch Verfolgte, aber Abschiebungsschutz aus § 53
Abs. 6 Satz 1 AuslG?
Wie viele davon waren Angehörige ethnischer Minderheiten?

7. In wie vielen Fällen erhielten Asylsuchende aus dem Kosovo keinen Ab-
schiebungsschutz aus § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG auf Grund der „Sperrwir-
kung“ des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG?
Wie viele davon waren Angehörige ethnischer Minderheiten?

8. Wie beurteilt die Bundesregierung die oben zitierten Aussagen des Bundes-
amtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vor dem Hintergrund,
dass sowohl UNHCR als auch UNMIK und KFOR sowie die in der Ein-
leitung genannten Menschenrechtsorganisationen ausdrücklich vor einer
zwangsweisen „Rückführung“ von Angehörigen ethnischer Minderheiten in
den Kosovo warnen?

9. Ist die Bundesregierung bereit, sich im Zusammenhang mit dem von ihr er-
warteten Inkraftsetzen des Zuwanderungsgesetzes mit den Ländern auf eine
Altfallregelung zu verständigen, die sich auch zugunsten von Angehörigen
ethnischer Minderheiten aus dem Kosovo auswirken würde?
Wenn ja, welche konkreten Schritte werden unternommen?
Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 24. Juni 2002
Ulla Jelpke
Roland Claus und Fraktion

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