BT-Drucksache 14/9484

zu dem Antrag der Abgeordneten Hermann Gröhe, Monika Brudlewsky, Dr. Heiner Geißler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU -14/8483- Lage der Menschen- und Minterheitenrechte in Vietnam

Vom 13. Juni 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/9484
14. Wahlperiode 13. 06. 2002

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
(18. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Hermann Gröhe, Monika Brudlewsky,
Dr. Heiner Geißler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
– Drucksache 14/8483 –

Lage der Menschen- und Minderheitenrechte in Vietnam

A. Problem
Trotz der Ratifizierung der elementaren Menschenrechtsabkommen durch die
Sozialistische Republik Vietnam sind die Grund- und Menschenrechte in Viet-
nam nach wie vor stark eingeschränkt. Vor allem die Religionsfreiheit und die
Meinungsfreiheit werden, obwohl sie in der vietnamesischen Verfassung von
1992 garantiert sind, weitgehend behindert. Die von den Vereinten Nationen als
indigenes Volk anerkannten Montagnards werden seit 1975 zunehmend unter-
drückt und ihre Lebensgrundlagen systematisch eingeschränkt. Dies hat zu ei-
ner Massenflucht nach Kambodscha geführt. Auch ethnische Vietnamesen wer-
den verfolgt, wenn sie das Recht auf freie Meinungsäußerung für sich in An-
spruch nehmen. Vor allem den Gläubigen nicht staatlich anerkannter Kirchen
wird die Ausübung ihrer Religion mit teilweise brutalen Mitteln verwehrt. Ge-
fangene berichten auch über Folter durch Polizeiangehörige. Die Todesstrafe
kann für insgesamt 29 Vergehen verhängt werden. Im Jahr 2000 sind 112 To-
desurteile und 12 Hinrichtungen bekannt geworden; die tatsächlichen Zahlen
liegen vermutlich höher.
Mit dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert werden, sich dafür ein-
zusetzen, dass die Sozialistische Republik Vietnam die von ihr selbst ratifizier-
ten Menschenrechtsabkommen einhält und insbesondere das Zweite Fakultativ-
protokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur
Abschaffung der Todesstrafe sowie die Konvention gegen Folter und andere
grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe unter-
zeichnet. Die Bundesregierung soll auf der Grundlage des Kooperationsabkom-
mens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Vietnam sowie beim
nächsten ASEM-Gipfeltreffen im September 2002 das Thema Menschenrechte
immer wieder zur Sprache bringen.

B. Lösung
Einstimmige Annahme des Antrags in geänderter interfraktioneller Fas-
sung

Drucksache 14/9484 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/9484

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag – Drucksache 14/8483 – mit folgenden Änderungen, im Übrigen
unverändert anzunehmen:
1. Der letzte Satz des vierten Absatzes wird wie folgt gefasst:

„Nach vereinbarungswidrigen Versuchen Vietnams, auf die Montagnards
Druck auszuüben, damit sie ihre Rückkehr beschleunigen, hat sich der
UNHCR aus der Vereinbarung zurückgezogen. Inzwischen wurde den
Flüchtlingen die Umsiedlung in die USA angeboten. Die Flüchtlingslager
wurden Mitte April 2002 aufgelöst.“

2. Der vierte bis siebente Satz des siebenten Absatzes werden wie folgt gefasst:
„Vor allem den Gläubigen nicht staatlich anerkannter Kirchen wird die Aus-
übung ihrer Religion teilweise mit brutalen Mitteln verwehrt. Versammlun-
gen evangelischer Hausgemeinden, besonders auch in den Siedlungsgebie-
ten der Montagnards, wurden gewaltsam aufgelöst, Teilnehmer geschlagen,
mit Geldstrafen belegt oder in Polizeigewahrsam genommen, Demonstratio-
nen für religiöse Anliegen wurden von Polizei und Militär sofort gewaltsam
beendet. Sogar soziales und humanitäres Engagement der Kirchen ist nur
mit staatlicher Genehmigung möglich. Prominente Wortführer wurden in-
haftiert oder stehen unter Hausarrest.“

3. Bei Nummer 5 der Forderungen werden die Worte „und zu ratifizieren“ an-
gefügt.

4. Nummer 6 der Forderungen wird wie folgt gefasst:
„sich dafür einzusetzen, dass dem UNHCR der ungehinderte Zugang zum
Zentralen Hochland gestattet wird;“

5. Nummer 7 der Forderungen wird wie folgt gefasst:
„dafür einzutreten, dass die Lebensbedingungen der Montagnards nachhal-
tig verbessert, ihre Grund- und Menschenrechte einschließlich der Reli-
gionsfreiheit gewahrt sowie die internationalen Standards des Minderheiten-
schutzes beachtet werden;“

6. Nummer 8 der Forderungen ist zu streichen.

Berlin, den 5. Juni 2002

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
Christa Nickels
Vorsitzende und Berichterstatterin

Rolf Stöckel
Berichterstatter

Hermann Gröhe
Berichterstatter

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Berichterstatterin

Carsten Hübner
Berichterstatter

Drucksache 14/9484 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Rolf Stöckel, Hermann Gröhe, Christa Nickels,
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Carsten Hübner

I. Überweisung
Der Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache
14/8483 wurde in der 224. Sitzung des Deutschen Bundes-
tages am 14. März 2002 dem Ausschuss für Menschen-
rechte und humanitäre Hilfe zur federführenden Beratung
und dem Auswärtigen Ausschuss sowie dem Ausschuss für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur Mit-
beratung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Die Sozialistische Republik Vietnam hat vor 20 Jahren meh-
rere internationale Menschenrechtskonventionen ratifiziert:
den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische
Rechte, den Internationalen Pakt über wirtschaftlich, soziale
und kulturelle Rechte, das Internationale Übereinkommen
zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung so-
wie das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von
Diskriminierung der Frau. Auch die Konvention über die
Rechte des Kindes wurde inzwischen ratifiziert, ebenso im
Dezember 2001 deren beide Zusatzprotokolle über die Be-
teiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten und über
Kinderhandel, Kinderprostitution und Kinderpornografie.
Trotz der Ratifizierung dieser elementaren Menschenrechts-
abkommen sind die Grund- und Menschenrechte in Vietnam
nach wie vor stark eingeschränkt. Vor allem die Religions-
freiheit und die Meinungsfreiheit werden, obwohl sie in der
vietnamesischen Verfassung von 1992 garantiert sind, weit-
gehend behindert. Ein Regierungserlass schränkt die Presse-
freiheit durch Konfiskationsmöglichkeiten von Pressepubli-
kationen ein. Die von den Vereinten Nationen als indigenes
Volk anerkannten Montagnards werden seit 1975 zuneh-
mend unterdrückt und ihre Lebensgrundlagen systematisch
eingeschränkt. Dies hat zu einer Massenflucht nach Kam-
bodscha geführt. Auch ethnische Vietnamesen werden ver-
folgt, wenn sie das Recht auf freie Meinungsäußerung für
sich in Anspruch nehmen. Vor allem den Gläubigen nicht
staatlich anerkannter Kirchen wird die Ausübung ihrer Reli-
gion mit teilweise brutalen Mitteln verwehrt. Gefangene be-
richten auch über Folter durch Polizeiangehörige. Die To-
desstrafe kann für insgesamt 29 Vergehen verhängt werden.
Im Jahr 2000 sind 112 Todesurteile und 12 Hinrichtungen
bekannt geworden; die tatsächlichen Zahlen liegen vermut-
lich höher.
Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich dafür einzuset-
zen, dass die Sozialistische Republik Vietnam die von ihr
selbst ratifizierten Menschenrechtsabkommen einhält und
insbesondere das Zweite Fakultativprotokoll zu dem Inter-
nationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur
Abschaffung der Todesstrafe sowie die Konvention gegen
Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedri-
gende Behandlung oder Strafe unterzeichnet. Die Bundesre-
gierung soll das Thema Menschenrechte auf der Grundlage
des Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen
Gemeinschaft und Vietnam sowie beim nächsten ASEM-

Gipfeltreffen im September 2002 immer wieder zur Sprache
bringen. Die Bundesregierung soll sich weiter bei den Re-
gierungen von Vietnam und Kambodscha dafür einsetzen,
dass den geflohenen Montagnards eine Rückkehr aus-
schließlich auf freiwilliger Basis ermöglicht wird und dass
das Trilaterale Abkommen zwischen Vietnam, Kambodscha
und dem UNHCR eingehalten und dem UNHCR der unge-
hinderte Zugang zum Zentralen Hochland gestattet wird.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat die Vorlage in seiner
102. Sitzung am 5. Juni 2002 beraten und dem federführen-
den Ausschuss mit den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/
CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Stimmenthal-
tung der Fraktionen der FDP und der PDS, die Annahme
des Antrags in der geänderten interfraktionellen Fassung
empfohlen.
Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat die Vorlage in seiner 79. Sitzung am
17. April 2002 beraten und dem federführenden Ausschuss
mit den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und PDS die Annahme
des Antrags mit der Maßgabe, dass der Ziffer 5 auf Seite 3
des Antrags die Worte „und zu ratifizieren“ angefügt wer-
den, empfohlen.

IV. Beratung im federführenden Ausschuss
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe hat die Vorlage in seiner 88. Sitzung am 5. Juni 2002
beraten. Die Fraktion der SPD schlug eine Reihe von Än-
derungen zum Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf
Drucksache 14/8483 vor, vergleiche Nummer 1 bis 2 sowie
4 bis 6 der Beschlussempfehlung. Sie begrüßte nach Über-
nahme ihrer Änderungsvorschläge durch die Fraktion der
CDU/CSU den so geänderten Antrag.
Die Fraktion der CDU/CSU war der Auffassung, dass
trotz Unterzeichnung zahlreicher Menschenrechts-Abkom-
men die menschenrechtliche Situation in Vietnam, insbe-
sondere die Lage der Bergvölker, nach wie vor Anlass zur
Besorgnis gebe. Dies gelte auch für die massive Unterdrü-
ckung nicht registrierter Religionsgemeinschaften. Hier sei
auch auf die Ausführungen im jüngsten Jahresbericht von
Amnesty International hinzuweisen. Die Fraktion der
CDU/CSU begrüßte im Übrigen die Änderungsvorschläge
der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und
zeigte sich erfreut, dass eine fraktionsübergreifende Bewer-
tung und Beschlussfassung möglich geworden sei.
Auch die Fraktion der PDS begrüßte den Antrag der Frak-
tion der CDU/CSU in der Fassung der Änderungsvor-
schläge der Fraktion der SPD.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/9484

Der Ausschuss übernahm im Übrigen die im Mitberatungs-
votum des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung vorgeschlagene redaktionelle Ergänzung,
vgl. Beschlussempfehlung 3.
Der Antrag der Fraktion der CDU/CSU wurde einstimmig
in der Fassung der Änderungsvorschläge der Fraktion der
SPD und unter Berücksichtigung der Empfehlung des Aus-
schusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-
lung angenommen.

Berlin, den 5. Juni 2002
Rolf Stöckel
Berichterstatter

Hermann Gröhe
Berichterstatter

Christa Nickels
Berichterstatterin

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Berichterstatterin

Carsten Hübner
Berichterstatter

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