BT-Drucksache 14/9355

Die nachhaltige Stadt- und Wohnungspolitik weiter vorantreiben

Vom 11. Juni 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/9355
14. Wahlperiode 11. 06. 2002

Antrag
der Abgeordneten Wolfgang Spanier, Hans-Günter Bruckmann, Dr. Peter
Danckert, Annette Faße, Norbert Formanski, Klaus Hagemann, Klaus Hasenfratz,
Gustav Herzog, Reinhold Hiller (Lübeck), Gabriele Iwersen, Konrad Kunick,
Dr. Christine Lucyga, Dieter Maaß (Herne), Lothar Mark, HeideMattischeck, Günter
Oesinghaus, Karin Rehbock-Zureich,WilhelmSchmidt (Salzgitter),WielandSorge,
Dr. Margrit Spielmann, Rita Streb-Hesse, Reinhold Strobl (Amberg), ReinhardWeis
(Stendal), Dr. Margrit Wetzel, Dr. Peter Struck und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig, Albert Schmidt (Hitzhofen),
Helmut Wilhelm (Amberg), Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die nachhaltige Stadt- und Wohnungspolitik weiter vorantreiben

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die Bilanz der Städtebau- und Wohnungspolitik der Bundesregierung der
14. Legislaturperiode ist rundum positiv. Der Reformstau ist aufgelöst, drin-
gend notwendige Reformen sind umgesetzt: Verbesserung des Wohngeldes,
Modernisierung des Mietrechtes, das Gesetz zur sozialen Wohnraumförderung.
Die Integration von Städtebau- und Wohnungspolitik ist eingeleitet. Die neuen
Programme „Die Soziale Stadt“ und „Stadtumbauprogramm Ost“, aber auch
die Neugestaltung der sozialen Wohnraumförderung, sind richtungsweisend für
neue Konzepte der Stadtentwicklung.
Die nachhaltige Stadtentwicklung ist das Leitbild der Neuorientierung in der
Städtebau- und Wohnungspolitik. Viele Städte müssen sich allerdings auf die
rückläufige Bevölkerungsentwicklung, die Veränderung der Altersstruktur und
den Umgang mit Zuwanderung einstellen. Auch werden die sich verändernden
Qualitätsansprüche an das Wohnen und das Wohnumfeld größere Bedeutung
bekommen.
Es gibt in großen Teilen Deutschlands einen entspannten Wohnungsmarkt, so-
gar Leerstände. Der Wohnungsmarkt hat sich weiter differenziert. Wir haben
Regionen mit großem Wohnungsüberhang und Regionen mit ausgeglichenem
Wohnungsmarkt, aber auch Ballungszentren mit großer Wohnungsnachfrage.
Die Rekordzahlen im Wohnungsbau Anfang der neunziger Jahre waren auf den
Nachholbedarf in den neuen Ländern und die starke Zuwanderung nach
Deutschland zurückzuführen. In den kommenden Jahren wird Neubau auf
niedrigerem Niveau erfolgen, abhängig von der Bevölkerungsentwicklung und
Binnenwanderung. Die Nachfrage nach selbst genutztem Wohneigentum wird
konstant bleiben.

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Die Förderung des selbst genutzten Wohneigentums hat gesellschaftspolitisch
einen hohen Stellenwert. Sie dient der Vermögensbildung und der Altersvor-
sorge breiter Schichten der Bevölkerung. Wir messen der Eigenheimzulage ei-
nen hohen Stellenwert zu. Für die Förderung des selbst genutzten Wohneigen-
tums werden in diesem Jahr insgesamt 10 257 Mio. Euro angesetzt, davon beim
Bund 4 361 Mio. Euro. Hinzu kommen 500 Mio. Euro für die Wohnungsbau-
prämien, das Sonderprogramm „Wohneigentumsbildung in innerstädtischen
Altbauquartieren“ im Rahmen des Stadtumbau Ost und die Mittel zur Eigen-
tumsbildung über die soziale Wohnraumförderung.
Neben der Quantität rückt die Qualität des Bauens immer mehr in den Mittel-
punkt. Für künftige Stadtentwicklung hat der Bestand an Gebäuden und Woh-
nungen eine wesentliche Bedeutung. Die Pflege und weitere Nutzung des Be-
standes ist ökologisch sinnvoll undwirtschaftlich erforderlich. Bereits heute sind
die Förderinstrumente intensiv auf die nachhaltige Nutzung undModernisierung
desWohnungsbestandes ausgerichtet. Dies spiegelt sich insbesondere in den Ge-
setzen zum Mietrecht, zur sozialen Wohnraumförderung und in dem Programm
„Stadtumbau Ost“ wider. Das zeigt sich auch in dem Sanierungsprogramm zur
CO2-Minderung und der finanziellen Ausstattung des „KfW-Wohnraummoder-nisierungsprogrammes II“, dem „100 000-Dächer-Programm“ und der Energie-
einsparverordnung. Mit all diesen Programmen wird das nachhaltige Bauen ge-
fördert, denn die Bauaufgaben der Zukunft erfordern ganzheitliches Handeln.
Die Bundesregierung hat die Grundlagen für Qualitätssteigerung, geringere Um-
weltbelastung und Kosteneinsparung bei Bau, Modernisierung und Nutzung von
Wohngebäuden geschaffen. Eine konsequente Modernisierung des Wohnungs-
bestandes bei Verstetigung des Neubaus auf einem ausgewogenen Niveau gibt
den Städten und Gemeinden die notwendige soziale und wirtschaftliche Stabili-
tät, garantiert eine nachhaltige Stadtentwicklung und schafft Verlässlichkeit für
das Handwerk und die regionale Bauwirtschaft.
Wir müssen die Innenstadt als Wohnort wieder neu entdecken. Eine Initiative für
aktive,wirtschaftlichundkulturell attraktive Innenstädte erfordert dieZusammen-
arbeit aller Akteure. Auch Familien mit Kindern sollen wieder gerne im Innenbe-
reich unserer Städte leben und arbeiten. Dazumüssen die Kernbereiche innerstäd-
tischen Lebens gestärkt werden: Wohnen in der Innenstadt; Nahversorgung mit
Gütern des täglichen Bedarfs; Verbesserung der Infrastruktur, Architektur und
Baukultur; Gestaltung des öffentlichen Raums; Kooperation zwischen Bürgern,
Wirtschaft und Verwaltung. „City 21 – das Bündnis für lebendige Innenstädte“,
eine Initiative des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen,
zeigt an ausgewählten Modellprojekten, welche Wege einzelne Städte bereits
heute gehen, um die Attraktivität ihrer Innenstädte zu erhöhen.
II. Der Deutsche Bundestag begrüßt,
– dass sich die Städtebauförderung des Bundes zu einem erfolgreichen Instru-

ment zur Erneuerung und Entwicklung unserer Städte entwickelt hat. Die
Städtebauförderung trägt dazu bei, die Bewohnbarkeit der Städte zu sichern
und zu verbessern. Sie verknüpft verschiedene Politikfelder in neuen, inte-
grativen Ansätzen;

– dass die ostdeutschen Städte durch das neue Programm „Stadtumbau Ost“
gestärkt werden. Kommunen mit einem städtebaulichen Entwicklungs-
konzept erhalten finanzielle Hilfen für die notwendige städtebauliche Ent-
wicklung. Die Wohnungswirtschaft bekommt Hilfen zur Beseitigung des
Leerstands und zur Aufwertung von Wohnquartieren. Investitionen in Alt-
bauwohnungen und die Bildung von Wohneigentum in innerstädtischen und
innenstadtnahen Lagen werden zusätzlich gefördert;

– dass der Stadtumbau in den alten Bundesländern erstmals in das For-
schungsprogramm des Bundes aufgenommen worden ist;

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/9355

– dass das Programm „Soziale Stadt“ gesichert ist. Es verbessert die Lebens-
und Wohnsituation in städtischen Problemlagen und stärkt den sozialen Zu-
sammenhalt durch eine aktive, integrative und ressortübergreifende Stadt-
entwicklungspolitik. Es geht damit über die traditionelle Städtebauförderung
hinaus;

– dass die Bundesregierung eine Kommission zur Neuordnung der Gemeinde-
finanzen eingesetzt hat;

– dass die Bundesregierung – zusammen mit den Ländern und Kommunen –
mit der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie das Ziel verfolgt, den täglichen
Flächenverbrauch von 129 ha zu reduzieren und bis 2020 auf maximal 30 ha
pro Tag zu begrenzen.

III. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
– das Programm „Die soziale Stadt“ zu verstetigen und weiterzuentwickeln,

um der sozialen Erosion betroffener Wohnsiedlungen zu begegnen. Die Be-
mühungen zur Bündelung und Vernetzung der ressortübergreifenden Aktivi-
täten auf Bund-, Länder- und Gemeindeebene sollen weiter ausgebaut wer-
den; dazu zählt auch die Vernetzung mit Mitteln der EU;

– die deutlich verstärkte Städtebauförderung mit Blick auf neue Entwicklun-
gen weiter zu gestalten;

– das Programm „Stadtumbau Ost“ im Dialog mit den Ländern, Kommunen,
der Wohnungs- und der Kreditwirtschaft fortzuführen und problemgerecht
weiterzuentwickeln, um den Städten und Gemeinden in den neuen Ländern
zu helfen, Leerstand abzubauen und neues kommunales Selbstbewusstsein
zu entwickeln;

– neue Ansätze zur Stärkung der Innenstädte als Wohnort und Standort von
Einzelhandel, Dienstleistung und Gewerbe zu unterstützen;

– den Dialog mit den gesellschaftlichen Akteuren weiterzuführen, um die
Bau- und Stadtqualität zu erhöhen. Mit der Initiative „Architektur und Bau-
kultur“ wurden bereits erste Zeichen gesetzt;

– den Flächenverbrauch zu reduzieren, auch durch qualitative Aufwertung
brachliegender Siedlungsflächen;

– mit der anstehenden Novelle des Bauplanungsrechts und der Reform der
Grundsteuer Anreize für einen sparsamen Umgang mit der Ressource Boden
zu geben und das Bauen im Siedlungsbestand zu befördern;

– weiterhin das kostengünstige und qualitätsbewusste Bauen zu stärken, die
Verbraucherrechte beim Wohneigentum zu stärken und die Anwendung um-
welt- und gesundheitsverträglicher Baumaterialien in Wohn- und Nicht-
wohngebäuden mit geeigneten Instrumenten zu befördern;

– die Förderung des selbst genutzten Wohneigentums fortzusetzen und dabei
stärker als bisher auf die Bestandsförderung auszurichten;

– die Rahmenbedingungen für das genossenschaftliche Wohnen zu verbes-
sern;

– die Modernisierung des Wohnungsbestandes zur weiteren CO2-Minderungfortzuführen.

Berlin, den 11. Juni 2002
Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

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