BT-Drucksache 14/9269

Natioaler Bildungsbericht und Einrichtung eines gemeinsamen Sachverständigenrates von Bund und Ländern

Vom 5. Juni 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/9269
14. Wahlperiode 05. 06. 2002

Antrag
der Abgeordneten Jörg Tauss, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Hans-Peter Bartels,
Klaus Barthel (Starnberg), Hans-Werner Bertl, Anni Brandt-Elsweier, Willi Brase,
Ulla Burchardt, Dieter Dzewas, Dr. Peter Eckardt, Lothar Fischer (Homburg),
Hans Forster, Arne Fuhrmann, Renate Gradistanac, Angelika Graf (Rosenheim),
Kerstin Griese, Klaus Hagemann, Christel Humme, Ulrich Kasparick, Siegrun
Klemmer, Horst Kubatschka, Ernst Küchler, Dr. Uwe Küster, Christine Lehder,
Lothar Mark, Dietmar Nietan, Günter Oesinghaus, Manfred Opel, Dr. Edelbert
Richter, Christel Riemann-Hanewinckel, René Röspel, Marlene Rupprecht,
Siegfried Scheffler, Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Heinz Schmitt (Berg),
Dr. Angelica Schwall-Düren, Bodo Seidenthal, Rolf Stöckel, Brigitte Wimmer
(Karlsruhe), Hanna Wolf (München), Dr. Peter Struck und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Dr. Reinhard Loske, Hans-Josef Fell, Christian Simmert,
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Nationaler Bildungsbericht und Einrichtung eines gemeinsamen Sachverständigen-
rates von Bund und Ländern

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Bildungsreform ist eine permanente Aufgabe: Sie muss durch handlungsorien-
tierte Forschung begleitet und unterstützt werden. Sie muss sich auf eine gute
Datenlage stützen können, die Tendenzen und Fehlentwicklungen rechtzeitig
erkennen lässt, Auswirkungen von Reformen dokumentiert und den Vergleich
mit anderen Staaten in Europa und darüber hinaus ermöglicht.
In Deutschland gibt es bisher noch keine übergreifende und kontinuierliche Be-
richterstattung zur Entwicklung des Bildungswesens. Es gibt eine Reihe von
einzelnen Berichten auf Bundes- und Landesebene zu Teilbereichen des Bil-
dungssystems im jeweiligen Zuständigkeitsbereich. Diese Berichte können
kein Bild des gesamten Bildungswesens vermitteln.
Umfassende Darstellungen von Zahlen und Entwicklungen sind in beschränk-
tem Maße in der jährlichen OECD-Publikation „Bildung auf einen Blick“ zu
finden, die bei Erscheinen jeweils Ad hoc auf Aussagen zum nationalen Bil-
dungswesen in Deutschland interpretiert wird. Das Fehlen einer übergreifenden
Bildungsberichterstattung beeinträchtigt auch die Vorbereitung und Durchfüh-
rung des gemeinsamen Reformprozesses zu Bildungsfragen auf EU-Ebene, wie
er mit den Beschlüssen der Staats- und Regierungschefs von März 2000 in
Lissabon eingeleitet worden ist.
Angesichts dieses Defizits wurde in den letzten Jahren von unterschiedlicher
Seite der Vorschlag einer regelmäßigen Berichterstattung über die Entwicklung

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des Bildungswesens in Deutschland gemacht. Diese liegt im gemeinsamen In-
teresse von Bund, Ländern und Kommunen in Deutschland. Auch entsprechend
Artikel 91b Grundgesetz sollen Bund und Länder in der Bildungsplanung zu-
sammenwirken.
Bildung ist von zentraler Bedeutung für unsere Zukunft. Daher sollte das Bil-
dungssystem ebenso sorgfältig wissenschaftlich begleitet werden wie die wirt-
schaftliche Entwicklung. Als Vorbild kann der bereits 1963 eingerichtete Sach-
verständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
dienen. Er soll die anspruchsvollen Entscheidungen der Wirtschaftspolitik im
kontinuierlichen und fruchtbaren Dialog zwischen Wissenschaft und Politik er-
örtern.
Nicht zuletzt hat auch das gemeinsame Forum Bildung, in dem Bundes- und
Landesvertreter hervorragend zusammengearbeitet haben, in seinem Ab-
schlussbericht sowohl den Ländern als auch dem Bund empfohlen, eine solche
Bildungsberichterstattung in Auftrag zu geben. Die Mitglieder des Forums hal-
ten eine regelmäßige, umfassende und integrierte Berichterstattung über Bil-
dung in Deutschland für dringend erforderlich.
Der Deutsche Bundestag begrüßt nachdrücklich diese intensive Arbeit des Fo-
rums Bildung und die konstruktiven Empfehlungen die gemeinsam beschlossen
worden sind. Gerade auch im Zeichen der kürzlich vorgelegten internationalen
Bildungsstudie PISA der OECD wird von verschiedener Seite, von der Wissen-
schaft, den Gewerkschaften, den Arbeitgeberverbänden bis hin zu zahlreichen
politischen Kräften, Bund, Ländern und Kommunen die Forderung nach einem
nationalen Bildungsbericht unterstützt. Es werden konkrete Anstrengungen
auch im Rahmen der Kultusministerkonferenz zu einer Verbesserung der Bil-
dungsberichterstattung unternommen.
Der Deutsche Bundestag fordert deshalb die Bundesregierung auf,
mit den Ländern eine Verständigung über die Erarbeitung eines nationalen Bil-
dungsberichts und die mögliche Einrichtung eines nationalen Sachverstän-
digenrates zur Berichterstattung und Begutachtung über die Entwicklung des
Bildungswesens in Deutschland herbeizuführen. Hierzu sind von der Bundes-
regierung in Verhandlung mit den Ländern insbesondere
– die Bedingungen und Voraussetzungen für den Aufbau einer umfassenden

und integrierten nationalen Bildungsberichterstattung zu den wichtigsten
Handlungsfeldern des Bildungswesens sowie

– das Zusammenwirken von Bund und Ländern an der Einrichtung eines
Sachverständigenrates über die Entwicklung des Bildungswesens in
Deutschland zu klären.

Als Eckpunkte für den Nationalen Bildungsbericht und für die Aufgabenstel-
lung und Konstruktion eines Sachverständigenrates empfiehlt der Bundestag
im Einzelnen:
Aufgaben
Ziel der regelmäßigen Berichterstattung soll sein, die für Bildungspolitik Ver-
antwortlichen und die Öffentlichkeit bei der Beurteilung der Entwicklung des
Bildungswesens in Deutschland zu unterstützen.
Dazu ist ein umfassender nationaler Bildungsbericht aufzubauen, der konti-
nuierlich statistische Daten und Fakten zur Situation der elementaren und vor-
schulischen Bildung, der primären und sekundären Schulbildung, der beruf-
lichen Bildung, der Hochschulbildung sowie der Weiterbildung enthält.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/9269

Der Sachverständigenrat berät die Bundesregierung und die Regierungen der
Länder. Er hat die Aufgabe, Empfehlungen zur inhaltlichen und strukturellen
Entwicklung des Bildungswesens zu erarbeiten. Seine Empfehlungen sollen
mit Überlegungen zu den quantitativen und finanziellen Auswirkungen und ih-
rer Verwirklichung verbunden sein; sie sollen den Erfordernissen des sozialen,
kulturellen und wirtschaftlichen Lebens entsprechen.
Der Sachverständigenrat soll in seinem Bericht die Lage des Bildungswesens in
Deutschland darstellen und analysieren, Entwicklungstendenzen aufzeigen und
Vorschläge zur Verbesserung des Bildungswesens machen.
Neben der kontinuierlichen Aufbereitung von Daten soll der Bericht themati-
sche Schwerpunkte setzen und aktuelle Fragestellungen vertieft darstellen.
Mit seiner Arbeit soll der Rat der Abstimmung von nationaler und internatio-
naler Bildungspolitik Rechnung tragen. Die Berichterstattung soll zugleich
Grundlagen für die Erfüllung von Berichtspflichten in der Europäischen Union
und in internationalen Organisationen legen. Sie soll den Vergleich mit den
Mitgliedstaaten der EU und anderen Staaten ermöglichen.
Mitglieder und Arbeitsweise
Der Sachverständigenrat soll aus einer begrenzten Zahl unabhängiger Mitglie-
der bestehen, die über besondere Kenntnisse des deutschen und internationalen
Bildungswesens verfügen.
Dem Rat sollen keine Vertreterinnen oder Vertreter von Regierungen, von Ver-
bandsinteressen oder Mitglieder von Parlamenten angehören.
Die Mitglieder des Sachverständigenrates sollen jeweils zur Hälfte auf Vor-
schlag der Bundesregierung und des Bundesrates für einen Zeitraum von je
5 Jahren berufen werden.
Der Sachverständigenrat legt alle zwei Jahre einen Bericht zu einem durch
Bundes- und Landesvertreter gemeinsam zu definierenden Themenkanon so-
wie gegebenenfalls zu von ihm selbst ausgewählten Schwerpunkten des Bil-
dungswesens vor.

Berlin, den 5. Juni 2002
Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

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