BT-Drucksache 14/9242

Die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur als regelgebundenes Fördersystem erhalten

Vom 5. Juni 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/9242
14. Wahlperiode 05. 06. 2002

Antrag
der Abgeordneten Christian Müller (Zittau), Dr. Rainer Wend, Dr. Axel Berg,
Rolf Hempelmann, Hubertus Heil, Jelena Hoffmann (Chemnitz), Dr. Uwe Jens,
Volker Jung (Düsseldorf), Dr. Uwe Küster, Werner Labsch, Christian Lange,
Manfred Opel, Birgit Roth (Speyer), Thomas Sauer, Wilhelm Schmidt (Salzgitter),
Bodo Seidenthal, Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk, Wolfgang Weiermann,
Dr. Margrit Wetzel, Dr. Norbert Wieczorek, Klaus Wiesehügel, Engelbert Wistuba,
Dr. Peter Struck und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Werner Schulz, Ulrike Höfken, Kerstin Müller (Köln),
Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur
als regelgebundenes Fördersystem erhalten

Der Bundestag wolle beschließen:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Ziel der Gemeinschaftsaufgabe (GA) ist es, regionale Entwicklungsunterschiede
abbauen zu helfen und dauerhaft wettbewerbsfähige Arbeitsplätze zu schaffen
oder zu erhalten. Ihr entwickeltes Regelwerk stellt ein modernes und leistungs-
fähiges Instrument derWirtschaftsförderung dar: Es bietet denLändern einen fle-
xiblen Handlungsrahmen zur Bewältigung regionaler Probleme mit dem Vorzug
einer systematischen und regelgebundenen Handlungsweise. Die GA bündelt
und koordiniert die regionalpolitischen Interessen der Länder gegenüber der EU.
Sie ist ein bundeseinheitlicher Ordnungsrahmen für die regionale Wirtschafts-
förderung der Länder, der die Gleichbehandlung von strukturschwachen Regio-
nen im Standortwettbewerb sichert und einen unproduktiven Subventionswett-
lauf um überregionale Ansiedlungen verhindert. Dabei erfolgt die Verteilung der
Bundesmittel in der GA nach objektiver Bewertung der Strukturschwäche.
Besonders für die neuen Bundesländer wurde die GA zu einem zentralen Instru-
ment der gezielten Investitionsförderung für denUmstrukturierungsprozess. Sie ist
einmöglicherKoordinierungsrahmenfürdie raumwirksamenPolitikendesBundes
und der Länder, wie Mittelstandspolitik, Forschungspolitik und Arbeitsmarktpoli-
tik, Verkehrspolitik und Stadtentwicklung, Agrarstrukturpolitik, Berufsbildungs-
politik und Innovationsförderung sowie Altlastensanierung und Stadtumbau.
Die bevorstehende EU-Osterweiterung bietet erhebliche Chancen, vom wach-
senden Handelsbilanzüberschuss im Außenhandel mit den Beitrittsländern zu
profitieren. Der sich verschärfende Wettbewerb wird aber auch eine stärkere in-
ternationale und interregionale Arbeitsteilung mit sich bringen, die dazu führen
wird, dass nicht alleRegionen in gleicherWeise davon betroffen seinwerden.Die
EU-Osterweiterungwird besonders diejenigenRegionenunterAnpassungsdruck
setzen, deren Produktpalette größereAnteile von Produkten oder Leistungen auf-
weist, die imPreiswettbewerb stehen.Dies sind in allerRegelRegionen, die heute
Fördergebiete der Gemeinschaftsaufgabe sind. Es ist zu erwarten, dass weitere

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Regionen, insbesondere im ländlichen Raum, hinzukommen. Hierzu gehören
auch die Regionen entlang der Außengrenzen zu den Beitrittsstaaten. Insgesamt
wächst also der regionalpolitische Handlungsbedarf, wobei der Bund alle not-
wendigenSchritte gegenüber der EUunternehmenmuss, umauch nach demAus-
laufen der gegenwärtigen Förderperiode im Jahr 2006 strukturpolitisch hand-
lungsfähig zu bleiben.
Bund und Länder sollten den betroffenen Regionen aktiv Hilfe zur Anpassung an
die neuenBedingungen anbieten. Hierzu verfügen beide über ein breit angelegtes
und bewährtes strukturpolitisches Instrumentarium, die Bund-Länder-Gemein-
schaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GA).
Demgegenüber haben die Ministerpräsidenten der Länder auf ihrer Sonderkon-
ferenz vom 21. bis 23. Juni 2001 Beschlüsse zur Neuordnung der Finanzbezie-
hungen zwischen Bund und Ländern gefasst, die auch die GA betreffen. Bis zum
Abschluss der Europäischen Regierungskonferenz im Jahr 2004 soll mit dem
Bund die Entflechtung von Gemeinschaftsaufgaben und Mischfinanzierungen
vereinbart werden. Betroffen wäre auch die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesse-
rung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“, ohne die die Umsetzung einer
reformierten EU-Agrarpolitik kaum realisierbar wäre. Zunehmendes Ausein-
anderklaffen der Entwicklung der Regionen und der Lebensverhältnisse sowie
erhebliche Wettbewerbsverzerrungen wären die Konsequenz aus dem Verlust
dieses Koordinierungsinstruments.
II. Der Deutsche Bundestag fordert deshalb die Bundesregierung auf,
1. zu prüfen,wie dieBund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der re-

gionalen Wirtschaftsstruktur“ als unverzichtbares regelgebundenes System
undKoordinierungsrahmen einer gemeinsamenRegionalförderung vonBund
und Ländern auch nach dem Jahr 2004 erhalten bleiben kann. Sie ist neben der
Investitionszulage das wichtigste Instrument für die Förderung von gewerb-
lichen Investitionen und damit für betriebliche Anpassungsmaßnahmen zur
Bewältigung des strukturellen Wandels und der erweiterungsbedingten
Herausforderungen in strukturschwachen Regionen;

2. darauf hinzuwirken, dass Bund und Länder die Wirksamkeit ihrer struktur-
politischen Aktivitäten verstärken, indem sie ihre Maßnahmen stärker und
besser aufeinander abstimmen, sowohl auf der Programm- als auch auf der
Projektebene. Komplexe Strukturprobleme lassen sich durch einen isolierten
Einsatz einzelner strukturpolitischer Instrumente nicht mehr lösen. Hierzu be-
darf es vielmehr einer engen Abstimmung zwischen Eigenanstrengungen der
betroffenen Regionen, den Fördermaßnahmen von Bund und Ländern sowie
einer engen Verzahnung der Aktivitäten verschiedener Politikbereiche im
Sinne von integrierten Ansätzen;

3. daraufhinzuwirken, dassBundundLänder inZukunft sehr viel stärker als bisher
die Rolle als Initiator, Moderator und Mediator im regionalen Strukturwandel
suchen und übernehmen. Sicher kann die Anpassung an neue Herausforderun-
gen nur gelingen, wenn der erforderliche Strukturwandel von den betroffenen
Regionenselbstgetragenwird.AberBundundLänderkönnendenRegionenda-
bei helfen, indemsie ihnen die erforderlichen Informationen zurVerfügung stel-
len sowie regionale Konsensbildungsprozesse anstoßen und begleiten.

Berlin, den 5. Juni 2002
Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

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