BT-Drucksache 14/9217

Deutsche Hochschulen zukunftsfähig gestalten

Vom 4. Juni 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/9217
14. Wahlperiode 04. 06. 2002

Antrag
der Abgeordneten Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen), Thomas Rachel, Ilse Aigner,
Dr. Maria Böhmer, Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land), Detlef Helling, Dr.-Ing. Rainer
Jork, Steffen Kampeter, Werner Lensing, Erich Maaß (Wilhelmshaven),
Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn), Hans-Peter Repnik, Dr.-Ing. Joachim Schmidt
(Halsbrücke), Dr. Erika Schuchardt, Bärbel Sothmann, Angelika Volquartz,
Heinz Wiese (Ehingen) und der Fraktion der CDU/CSU

Deutsche Hochschulen zukunftsfähig gestalten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die Einheit von Forschung und Lehre war die Grundlage für die früheren Spit-
zenleistungen an deutschen Hochschulen. Bei im Durchschnitt nach wie vor ho-
hem Niveau haben diese inzwischen oft den Anschluss an die Spitzenforschung
im Ausland verloren.
Die Steigerung der Effizienz und die Profilierung unserer Hochschulen kann
nur durch mehr Wettbewerb erreicht werden. Mehr Wettbewerb setzt nicht nur
mehr Freiheit voraus, sondern auch zusätzliche Leistungsanreize.
Bereits in der 13. Legislaturperiode hat der Deutsche Bundestag mit der 4. No-
velle des Hochschulrahmengesetzes die Weichen für „mehr Leistung durch
mehr Wettbewerb“ gestellt. Die Länder verteilen die Mittel der Grundfinanzie-
rung der Hochschulen jetzt zunehmend nach Leistungskriterien; auch die Hoch-
schulen selbst haben damit begonnen, bei der Verteilung finanzieller und perso-
neller Ressourcen auf Institute und Lehrstühle die Leistungen in Forschung und
Lehre stärker zu berücksichtigen.
Mit der 4. Novelle hat sich der Bund aus dem Organisationsrecht zurückgezo-
gen, die Länder aber aufgefordert, die so geschaffenen Freiräume nicht durch
eigene, dichte Regelwerke wieder zu beseitigen. Wir wollen nicht nur den Wett-
bewerb zwischen den Hochschulsystemen der Länder, sondern auch zwischen
den Hochschulen selbst.
Die politische Verantwortung der Landesregierungen und das Haushaltsrecht
der Landtage auf der einen Seite und die Autonomie der Hochschulen auf der
anderen Seite müssen neu definiert und voneinander abgegrenzt werden.
Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass sich immer mehr Länder dazu entschlos-
sen haben, den Hochschulen die Mittel weitgehend global zuzuweisen, so dass
sie überwiegend selbst entscheiden können, wie diese Ressourcen optimal zur
Erreichung vorher vereinbarter Ziele eingesetzt werden. Es zeichnet sich auch
zunehmend ab, dass die Erprobung neuer Leitungsstrukturen die Profilierung
erleichtert.

Drucksache 14/9217 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Weitere wichtige Ziele der Hochschulreform bleiben
– die Internationalisierung und
– die Frauenförderung.
Von vornherein war klar: Die Hochschulreform ist nicht mit einer Novelle des
Hochschulrahmengesetzes oder der Hochschulgesetze der Länder abgeschlos-
sen, sondern ein Prozess.
Das leistungsbezogene Dienstrecht sowie die Neuordnung der Qualifizierung
des wissenschaftlichen Nachwuchses in der 5. Novelle waren ein im Grundsatz
richtiger Beitrag des Bundes, die Rahmenbedingungen für Forschung und
Lehre weiter zu verbessern. Diese Reform ist aber teilweise misslungen.
Mit der 6. Novelle hat die Bundesregierung unter Missachtung der Zuständig-
keit der Länder versucht, die in den meisten Parteien kontroverse Diskussion
über die künftige Hochschulfinanzierung zu beenden und Randfragen, wie die
„verfasste Studierendenschaft“ aufgegriffen, für die sich in Deutschland kaum
jemand interessiert.
Viel wichtigere Probleme im Sinne von mehr Wettbewerb – wie mehr Rechte
für die Hochschulen bei der Auswahl der Studierenden – wurden ignoriert.

II. Der Deutsche Bundestag hat deshalb die Absicht, in der nächsten Legislatur-
periode
– neben der Juniorprofessur mit der Möglichkeit, früher selbständig zu for-

schen und zu lehren, auch die Habilitation im Hinblick auf die unterschiedli-
chen Fächerkulturen wieder als eine mögliche Voraussetzung zur Berufung
auf eine Professur zuzulassen;

– bei der stärker leistungsbezogenen Besoldung den Ländern die Möglichkeit
zu gewähren, diese entsprechend ihren eigenen Bedürfnissen zu gestalten,
nachdem die zu niedrigen Grundgehälter eine eher abschreckende Wirkung
auf Spitzenwissenschaftler haben, die wir ja auch aus dem Ausland für un-
sere deutschen Hochschulen gewinnen wollen;

– bezüglich der „verfassten Studierendenschaft“ wieder den alten Rechtszu-
stand herzustellen, d. h. es den Ländern zu überlassen, ob sie diese häufig für
allgemeinpolitische Zwecke missbrauchte Teilkörperschaft einrichten oder
nicht und

– das Verbot von Studiengebühren für das Erststudium aufzuheben, da es das
alleinige Recht der Länder ist, über die Finanzierung ihrer Einrichtungen zu
entscheiden.

III. Der Deutsche Bundestag hält es weiter für notwendig, die Diskussion über
neue Formen der Hochschulfinanzierung unter Einschluss von Bildungsgut-
scheinen und Bildungssparen in Verbindung mit Studiengebühren fortzuführen.
Er bekräftigt, dass in diesem Zusammenhang keine neuen sozialen Barrieren
bei der Aufnahme eines Studiums aufgebaut werden dürfen. Vor der Einführung
von Studiengebühren wäre es deshalb erforderlich, unser Stipendiensystem aus-
zubauen. Denkbar wäre auch, Studiengebühren für Studierende aus einkom-
mensschwachen Familien so lange zu stunden, bis diese ein ihrer Ausbildung
entsprechendes Einkommen erzielen.
Die Bundesregierung wird aufgefordert, untersuchen zu lassen, wie sich die Er-
hebung von Studiengebühren im Ausland auf die soziale Struktur der Studie-
renden auswirkt.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/9217

IV. Der Deutsche Bundestag ist weiter der Auffassung, dass
– den Hochschulen – im Sinne von mehr Wettbewerb – im Hochschulrahmen-

gesetz die Möglichkeit gegeben werden sollte, sich zunächst wenigstens die
Hälfte ihrer Studierenden unter Berücksichtigung der Abiturergebnisse
selbst auszusuchen. Umgekehrt sollen gut qualifizierte Studierende das
Recht erhalten, sich in der Hochschule ihrer Wahl zu bewerben.
Die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) hat dann wäh-
rend einer Erprobungsphase vor allem die Aufgabe, abgelehnte Studien-
bewerber auf Hochschulen mit noch freien Kapazitäten zu verteilen. Diese
müssen während der ersten beiden Semester die Eignung für das gewählte
Fach verifizieren.

– die nächste Novelle zum Hochschulrahmengesetz zum Anlass genommen
werden muss, nochmals intensiv zu prüfen, ob der Bund auf weitere rahmen-
rechtliche Vorgaben an die Länder verzichten kann, ohne dass der Wechsel
von Studierenden und Professorinnen und Professoren über Ländergrenzen
hinweg erschwert und die Vergleichbarkeit von Hochschulabschlüssen in
Frage gestellt wird.

Berlin, den 4. Juni 2002
Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen)
Thomas Rachel
Ilse Aigner
Dr. Maria Böhmer
Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)
Detlef Helling
Dr.-Ing. Rainer Jork
Steffen Kampeter
Werner Lensing
Erich Maaß (Wilhelmshaven)
Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn)
Hans-Peter Repnik
Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke)
Dr. Erika Schuchardt
Bärbel Sothmann
Angelika Volquartz
Heinz Wiese (Ehingen)
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

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