BT-Drucksache 14/9136

Private Bildungsträger und Unfallversicherung

Vom 16. Mai 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/9136
14. Wahlperiode 16. 05. 2002

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Irmgard Schwaetzer, Dr. Heinrich L. Kolb, Cornelia Pieper,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Private Bildungsträger und Unfallversicherung

Die gesetzliche Unfallversicherung von Arbeitnehmern, Schülern und Studen-
ten wird nach § 114 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) u. a. von den
Berufsgenossenschaften oder den Bundes-, Landes- und kommunalen Unfall-
kassen organisiert. Die Unfallversicherer sind Körperschaften öffentlichen
Rechts mit dem Recht auf Selbstverwaltung. Dieser Status sichert ihnen weite
Gestaltungsspielräume bei der Festsetzung von Beiträgen und bei der Einstu-
fung der Unternehmen in Gefahrenklassen zu. Oftmals sind derartige Einstu-
fungen/Festsetzungen für die betroffenen Unternehmen nicht transparent und
werden trotz wiederholter Aufforderung nicht nachvollziehbar begründet.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Ist der Bundesregierung bekannt, dass die Verwaltungsberufsgenossenschaft

(VBG) Bildungseinrichtungen seit Ende letzten Jahres ohne besonderen
Rechtsgrund ganz oder teilweise in erheblich höhere Gefahrenklassen ein-
stuft – u. a. auch auf Kosten der Arbeitsämter, weil diese sich beispielsweise
(wie seit Jahren schon) an Sonderprogrammen für benachteiligte Jugendli-
che beteiligen?
Wie steht die Bundesregierung (auch unter Berücksichtigung des Vertrau-
ensschutzes) zu diesem Vorgehen?

2. Ist der Bundesregierung die Praxis der VBG bekannt, seit Ende 2001 für
Teilnehmer ausbildungsbegleitender Hilfen (abH) nach Maßgabe des Urteils
des Landessozialgerichtes Rheinland-Pfalz vom 14. März 2000 rückwirkend
bis zum Jahr 1997 Unfallversicherungsbeiträge von Bildungseinrichtungen
zu verlangen?
Wie steht die Bundesregierung zu dieser Praxis insbesondere vor dem Hin-
tergrund, dass die VBG zumindest bis zum genannten Urteil selbst nicht von
einer weiteren Unfallversicherungspflicht der abH-Teilnehmer ausging, da
diese bereits über ihren Arbeitgeber und zusätzlich – bei dualen Ausbil-
dungsgängen – nochmals im vollem Umfang über die Unfallversicherungs-
kassen der Bundesländer unfallversichert sind?

Drucksache 14/9136 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
3. Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, dass Teilzeitschüler, und
hier selbst solche, die nur berufsbegleitend Qualifizierungslehrgänge bele-
gen, von den Unfallversicherern wie Vollzeitschüler beitragsmäßig erfasst
werden und somit bei erheblich unterschiedlichen Risiken gleiche Beiträge
erhoben werden?
Warum kann bisher keine differenzierte und taggenaue Abrechnung durch
die Berufsgenossenschaften erfolgen?

4. Wie steht die Bundesregierung zu der Tatsache, dass beispielsweise für be-
stimmte Auszubildende (siehe Beispiel in Frage 2) eine volle Dreifachversi-
cherung des Unfallsrisikos erfolgt?
Welche gesetzlichen Möglichkeiten sieht die Bundesregierung für eine Auf-
splittung des jeweiligen Unfallrisikos der genannten Teilnehmer in eine ein-
heitliche Gesamtunfallversicherung?

5. Ist der Bundesregierung bekannt, dass Teilnehmer an beruflichen Bildungs-
gängen, die nach Bundesrecht durchgeführt werden und die teilweise nicht
in den Geltungsbereich von Landesschulgesetzen einbezogen sind, kosten-
pflichtig durch die durchführenden Bildungseinrichtungen bei der Berufsge-
nossenschaft versichert werden müssen, während Teilnehmer in den Bun-
desländern, in denen die gleichen Bildungsgänge schulisch geregelt sind, für
die Bildungsunternehmen kostenfrei über die Unfallkassen der Länder versi-
chert werden?
Was gedenkt die Bundesregierung gegen diese Ungleichbehandlung zu tun?

6. Wie steht die Bundesregierung zu Versuchen der VBG, von privaten Bil-
dungsunternehmen Beiträge für von ihnen unterrichtete Teilnehmer einer
Umschulungsmaßnahme, die zu einem schulischen Abschluss führen soll,
einzufordern, obwohl der VBG bekannt ist, dass diese Teilnehmer bereits
über die Unfallkassen der jeweiligen Bundesländer unfallversichert sind?

7. Liegt für die Bundesregierung in den geschilderten Fällen teilweise ein
Missbrauch der Regelungskompetenzen der Unfallversicherungsträger (hier
der VBG) vor?
Ist hier eine stärkere Kontrolle der Tätigkeit der Berufsgenossenschaften er-
forderlich und wie kann diese erreicht werden?
Welche Möglichkeit sieht die Bundesregierung, um hinsichtlich der Rege-
lungen der Berufsgenossenschaften eine größere Transparenz zu erreichen?

8. Ließe sich nach Ansicht der Bundesregierung durch Ansätze einer Privati-
sierung jedenfalls von Teilen der gesetzlichen Unfallversicherung und einem
damit verbundenen Wettbewerb der einzelnen Träger das in den Fragen 1, 2
und 6 beschriebene Verhalten des Versicherungsträgers vermeiden?

Berlin, den 14. Mai 2002
Dr. Irmgard Schwaetzer
Dr. Heinrich L. Kolb
Cornelia Pieper
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.