BT-Drucksache 14/9122

zu dem Antrag der Abgeordneten Helga Kühn-Mengel, Hildegard Wester, Regina Schmidt-Zadel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Monika Knoche, Christa Nickles, Irmingard Schewe-Gerigk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -14/6453- Brustkrebs - Mehr Qualität bei Früherkennung, Versorgung und Forschung - Für ein Mamogrphie-Screening nach Europäischen Leitlinien

Vom 16. Mai 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/9122
14. Wahlperiode 16. 05. 2002

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Helga Kühn-Mengel, Hildegard Wester,
Regina Schmidt-Zadel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Monika Knoche, Christa Nickels, Irmingard Schewe-
Gerigk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 14/6453 –

Brustkrebs – Mehr Qualität bei Früherkennung, Versorgung und Forschung –
Für ein Mammographie-Screening nach Europäischen Leitlinien

A. Problem
1. Jährlich erkranken in Deutschland etwa 47 000 Frauen an Brustkrebs, und

jedes Jahr sterben ca. 17 000 Frauen an dieser Tumorart. Internationale wis-
senschaftliche Studien belegen, dass sich die Zahl der Brustkrebs-Todesfälle
bei Frauen zwischen 50 und 70 Jahren durch ein Mammographie-Screening
um 20 bis 30 Prozent verringern ließe, wenn die Früherkennung unter ge-
sicherten Qualitätsbedingungen stattfände. Auf Deutschland übertragen
heißt dies: In der Altersgruppe der 50- bis 70-jährigen Frauen könnten pro
Jahr ca. 3 500 Todesfälle, etwa 10 pro Tag, vermieden werden. Die Ein-
führung eines qualitätsgesicherten Mammographie-Screenings stellt so den
wichtigsten Einzelbeitrag zur Verbesserung der Brustkrebssterblichkeit in
Deutschland dar.

2. Mehr als 4 Millionen Mammographien werden in Deutschland jährlich be-
reits durchgeführt. Das sind 500 000 mehr als für die Einführung eines
flächendeckenden qualitätsgesicherten Screenings mit einer Teilnehmerin-
nenrate von mindestens 70 % der in Frage kommenden Frauen notwendig
wäre. Die in Deutschland durchgeführten Mammographien entsprechen in
der Regel nicht den 1994 entwickelten, international anerkannten europäi-
schen Leitlinien: Es gibt keine grundsätzliche Doppelbefundung aller Auf-
nahmen, keine tägliche Qualitätskontrolle der Technik, die Mindestzahl von
5 000 Mammographien pro Jahr und Auswerter/Auswerterinnen wird in der
Regel nicht erreicht, es gibt kein Einladesystem der teilnehmenden Frauen,
keine zentrale Brustkrebsregistrierung. Vor allem haben die in Deutschland
durchgeführten Mammographien nicht zu einer Absenkung der Brustkrebs-
sterblichkeit geführt.

3. Das „graue Screening“ verursacht, neben erheblichen psychischen Belastun-
gen für die Frauen, unnötige Kosten durch zu spät entdeckte Brustkrebs-
tumore, die dann nur noch sehr aufwendig behandelt werden können (falsch-

Drucksache 14/9122 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

negative Befunde), und durch unnötige Behandlungen und Wiederholungs-
untersuchungen bei Frauen, die trotz eines positiven Befundes der Mammo-
graphie keinen Brustkrebs haben (falsch-positive Befunde). Würde das
„graue Mammographie-Screening“ in ein qualitätsgesichertes Screening in
Deutschland überführt werden können, könnten die jährlichen Kosten der
gesetzlichen Krankenkassen in erheblichen Umfang gesenkt werden.

B. Lösung
Die Bundesregierung wird aufgefordert,
1. den mit dem GKV-Gesundheitsreformgesetz eingeschlagenen Weg der Qua-

litätssicherung, der Möglichkeit zur integrierten Versorgung, der evidenz-
basierten Medizin konsequent auszubauen und gezielt die Qualitätsverbesse-
rung in der Brustkrebsfrüherkennung zu fördern;

2. alle Voraussetzungen zu schaffen für die Einführung eines flächendeckenden
Mammographie-Screenings nach europäischen Leitlinien;

3. darauf hinzuwirken, dass die Spitzenverbände der Krankenkassen und die
Kassenärztliche Bundesvereinigung ab dem Jahr 2003 ein flächendeckendes
Screening-Programm für Frauen nach den europäischen Leitlinien durch
zertifizierte Mammographie-Einrichtungen einführen – ihre entsprechende
Ankündigung wird ausdrücklich begrüßt – und für den Fall eine gesetzliche
Regelung auf den Weg zu bringen, dass die gemeinsame Selbstverwaltung
von Ärzten und Krankenkassen dieses Vorhaben nicht umsetzt;

4. die Zertifizierung von Einrichtungen zu fördern, die leitlinienorientierte,
qualitätsgesicherte Mammographie anbieten;

5. die Qualität der Behandlung zu sichern;
6. die Öffentlichkeitsarbeit und die Patientinnenberatung zu verstärken;
7. auf die Länder einzuwirken, ein vollständiges, flächendeckendes Krebsregis-

ter (nach IARC-Standard) einzurichten, welches als Grundlage für die Ge-
sundheitsberichterstattung sowie für weitere klinische und epidemilogische
Forschung und damit auch dem Aufbau verbesserter Behandlungsqualität
dient;

8. ein externes Qualitätsmonitoring zu etablieren, das die interdisziplinäre
Zusammenarbeit aller im Screening Beteiligten organisiert, dokumentiert,
publiziert und mit anderen europäischen Wissenschaftszentren vernetzt;

9. die Versorgungsforschung zu intensivieren.
Einvernehmliche Annahme des Antrags auf Drucksache 14/6453 in ge-
änderter Fassung

C. Alternativen
Keine

D. Kosten der öffentlichen Haushalte
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/9122

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 14/6453 mit folgenden Maßgaben, im Übrigen
unverändert, anzunehmen.
Abschnitt II wird wie folgt geändert:
1. Nummer 3 wird wie folgt gefasst:

„3. darauf hinzuwirken, dass die Spitzenverbände der Krankenkassen und
die Kassenärztliche Bundesvereinigung ab dem Jahr 2003 ein flächen-
deckendes Screening-Programm für Frauen nach den europäischen Leit-
linien durch zertifizierte Mammographie-Einrichtungen einführen – ihre
entsprechende Ankündigung wird ausdrücklich begrüßt – und für den
Fall eine gesetzliche Regelung auf den Weg zu bringen, dass die gemein-
same Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen dieses Vorhaben
nicht umsetzt;
Die am Screening teilnehmenden Zentren müssen nach den Leitlinien
der Europäischen Union von den Spitzenverbänden der Krankenkassen
unter Einbeziehung unabhängigen wissenschaftlichen Sachverstands
nach dem EUREF-Standard zertifiziert werden. Darüber hinaus soll die
Selbstverwaltung bis zum Jahr 2005 alle ambulant durchgeführten
Mammographien, d. h. auch die der Abklärung von verdächtigen Befun-
den dienenden Mammographien, in die am Screening teilnehmenden
Zentren überführen. In die Finanzierung der Screening-Programme sind
die bisher von den Krankenkassen über die Gesamtvergütung für Mam-
mographie aufgebrachten Mittel einzubringen;“.

2. Nummer 7 wird wie folgt gefasst:
„7. auf die Länder einzuwirken, ein vollständiges, flächendeckendes Krebs-

register (nach IARC-Standard) einzurichten, welches als Grundlage für
die Gesundheitsberichterstattung sowie für weitere klinische und epide-
milogische Forschung und damit auch dem Aufbau verbesserter Be-
handlungsqualität dient;“.

Berlin, den 16. Mai 2002

Der Ausschuss für Gesundheit
Klaus Kirschner
Vorsitzender

Annette Widmann-Mauz
Berichterstatterin

Drucksache 14/9122 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Annette Widmann-Mauz

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat in seiner 195. Sitzung am
18. Oktober 2001 den Antrag der Abgeordneten Helga
Kühn-Mengel, Hildegard Wester, Regina Schmidt-Zadel,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der
Abgeordneten Monika Knoche, Christa Nickels, Irmingard
Schewe-Gerigk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 14/6453 in
1. Lesung beraten und dem Ausschuss für Gesundheit zur
federführenden Beratung sowie dem Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend zur Mitberatung überwiesen.
II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
In Deutschland erkranken jährlich ca. 47 000 Frauen an
Brustkrebs, und jedes Jahr sterben etwa 17 000 von ihnen an
dieser Tumorart. Internationale wissenschaftliche Studien
zeigen, dass sich durch ein qualitätsgesichertes Mammogra-
phie-Screening die Zahl der Todesfälle durch eine Brust-
krebserkrankung bei Frauen im Alter von 50 bis 70 Jahren
um 20 % bis 30 % verringern ließe. Dessen Einführung
stellt somit den wichtigsten Einzelbeitrag zur Verbesserung
der Brustkrebssterblichkeitsrate in Deutschland dar. Die
Wirksamkeit dieses Programms ist auf der Grundlage von
acht großen randomisierten Studien gesichert. Jedoch be-
steht in Deutschland gegenüber den Ländern, die schon ein
entsprechendes Vorsorgeprogramm eingeführt haben, die
Besonderheit, dass bereits ein teures, aber nicht ausreichend
wirksames so genanntes „graues Screening“ existiert. Jähr-
lich werden mehr als vier Millionen Mammographien
durchgeführt; das sind 500 000 mehr als für die Einführung
eines flächendeckenden qualitätsgesicherten Screenings mit
einer Teilnehmerrate von 70 % notwendig wäre. Sie ent-
sprechen zudem in der Regel nicht den 1994 entwickelten,
international anerkannten europäischen Leitlinien: es exis-
tiert keine grundsätzliche Doppelbefundung, keine tägliche
Qualitätskontrolle der Technik, die Mindestzahl von 5 000
Mammographien pro Jahr und Auswerter wird regelmäßig
nicht erreicht, es wird kein Einladesystem der teilnehmen-
den Frauen durchgeführt und es existiert keine zentrale
Brustkrebsregistrierung. Das „graue Screening“ verursacht
erhebliche psychische Belastungen für die Betroffenen und
zudem unnötige Kosten durch zu spät entdeckte Brustkrebs-
tumore, durch falsch-negative und falsch-positive Befunde.
Würde das „graue Screening“ in ein qualitätsgesichertes
Screening überführt, könnten die jährlichen Kosten der ge-
setzlichen Krankenkassen erheblich gesenkt werden.
Daher beinhaltet die Vorlage die Forderung nach der Schaf-
fung der Voraussetzungen für die Einführung eines flächen-
deckenden Mammographie-Screenings nach europäischen
Leitlinien und zusätzlich eine standardisierte Brustkrebs-
registrierung, ein bevölkerungsbezogenes Einladungssys-
tem, ein externes Qualitätsmonitoring und die Verpflichtung
der Krankenkassen, Screening-Mammographien, die den
europäischen Leitlinien entsprechen, in den Leistungskata-
log aufzunehmen. Außerdem müssen die am Screening teil-
nehmenden Zentren nach den Leitlinien der EU von den
Spitzenverbänden der Krankenkassen unter Einbeziehung
unabhängigen wissenschaftlichen Sachverstands nach dem

EUREF-Standard zertifiziert werden. Die Qualität der Be-
handlung müsse gesichert werden, denn eine optimale Früh-
erkennung erweise sich auch als qualitätsfördernd für die
folgenden Behandlungsschritte. Des Weiteren seien die
Öffentlichkeitsarbeit und Patientenberatung zu verstärken.
Die Einrichtung eines vollständigen, flächendeckenden
Krebsregisters nach IARC-Standard diene auch dem Auf-
bau verbesserter Behandlungsqualität. Nur durch die Etab-
lierung eines externen Qualitätsmonitoring könne optimale
Transparenz und Rückmeldung über die erreichte Qualität
von der Früherkennung bis zur Nachsorge hergestellt wer-
den. Die Versorgungsforschung müsse intensiviert werden,
und auch die Ursachenforschung und die Forschung auf
dem Gebiet der Primärprävention sei zu unterstützen.

III. StellungnahmedermitberatendenAusschüsse
Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend hat in seiner 87. Sitzung am 20. März 2002 mit den
Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN und FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion
der PDS empfohlen, den Änderungsantrag auf Ausschuss-
drucksache 1372 des Ausschusses für Gesundheit anzuneh-
men.
Des Weiteren hat der Ausschuss in seiner 87. Sitzung am
20. März 2002 einstimmig empfohlen, den Antrag auf
Drucksache 14/6453 anzunehmen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Gesundheit hat in seiner 120. Sitzung
am 12. Dezember 2001 beschlossen, zu dem Antrag auf
Drucksache 14/6453 eine öffentliche Anhörung von Sach-
verständigen durchzuführen, und hat in seiner 121. Sitzung
am 23. Januar 2002 die Beratung aufgenommen. Die Anhö-
rung fand in der 131. Sitzung am 27. Februar 2002 statt.
Zu ihr waren als sachverständige Verbände der AOK-Bun-
desverband, der Verband der Angestellten-Krankenkassen
e. V./Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V., der Bundesver-
band der Betriebskrankenkassen, der Bundesverband der
Innungskrankenkassen, der Bundesverband der landwirt-
schaftlichen Krankenkassen, die Bundesknappschaft, die
See-Krankenkasse, der Arbeitskreis Frauengesundheit in
Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e. V., der Berufs-
verband der Deutschen Radiologen, der Berufsverband der
Frauenärzte e. V., die Brustkrebsinitiative, Hilfe zur Brust-
gesundheit e. V., die Bundesarbeitsgemeinschaft kommuna-
ler Frauenbüros, die Bundesärztekammer, die Deutsche Ge-
sellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Ge-
burtshilfe, die Deutsche Röntgengesellschaft, die Deutsche
Gesellschaft für Senologie Medizinisches Zentrum für
Frauenheilkunde und Geburtshilfe, die Deutsche Krebsge-
sellschaft e. V., die Deutsche Krebshilfe e. V., die Deutsche
Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V., die
Europa Donna, die Europäische Koalition gegen Brustkrebs
Nationales Forum Deutschland e. V., die Kassenärztliche
Bundesvereinigung, die Koalition Brustkrebs, das Institut
für Medizinische Informationsverarbeitung, Biometrie und

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/9122

Epidemiologie der Ludwig-Maximilians-Univesität Mün-
chen und die Women’s Health Coalition und als Einzelsach-
verständige Rita Rosa Martin, Dr. Astrid Bühren, Irmgard
Naß-Grigoleit, Prof. Dr. med. Dr. sc. Karl W. Lauterbach,
Dr. J.H.C.L. Hendriks, Dr. Hans Junkermann und Prof.
Klaus-Dieter Schulz geladen.
Auf das Wortprotokoll und die als Ausschussdrucksachen
verteilten Stellungnahmen der Sachverständigen wird Be-
zug genommen.
Der Ausschuss für Gesundheit hat die Beratung in seiner
133. Sitzung am 13. März 2002 sowie in seiner 136. Sitzung
am 20. März 2002 fortgesetzt; in der 136. Sitzung am
20. März 2002 erfolgte auch der Abschluss der Beratung.
Die Mitglieder der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN hoben hervor, dass Brustkrebs die häufigste
Krebserkrankung bei Frauen sei, und sich die Koalitions-
fraktionen aus diesem Grund mit ihrem Antrag für mehr
Qualität bei Früherkennung, Versorgung und Forschung und
für ein Mammographie-Screening nach europäischen Leitli-
nien einsetzten. Der erste notwendige Schritt sei die Aus-
räumung der Defizite bei der Früherkennung, da es trotz der
4 Millionen Mammographien pro Jahr nicht gelungen sei,
die Zahl radikaler Operationen zu senken. Es gebe in der
Brustkrebsbehandlung weitreichende Defizite – von der
Ausbildung der Ärzte über die Früherkennung, die Ursa-
chen- und Präventionsforschung bis hin zur Nachsorge. Die
mangelhafte Qualität in diesen Bereichen habe jedoch nicht
nur mit den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln zu
tun. In Ländern, die ein bevölkerungsweites Screening ein-
gerichtet hätten, sei die Sterblichkeitsrate trotz steigender
Neuerkrankungsrate gesunken. Daher sei ein flächende-
ckendes Mammographie-Screening auf höchstem Qualitäts-
niveau zu fordern – Geräteausstattung und Assistenz müss-
ten optimiert, eine entsprechende Zertifizierung eingeführt
sowie eine Doppelbefundung und ein Einladungssystem
durchgeführt werden.
Die Kosten, die durch die Einsetzung eines qualitätsgesi-
cherten Screenings entstünden, relativierten sich angesichts
der Abschaffung des „grauen Screenings“ und der Reduzie-
rung der vielen nicht notwendigen operativen Eingriffe, die
auf falsch-positive Befunde zurückgingen. Ein qualitäts-
gesichertes Screening würde die Brustkrebssterblichkeits-
rate für Frauen zwischen 50 und 70 Jahren, die an einer
nach den Wechseljahren auftretenden spezifischen Brust-
krebserkrankung litten, um 20 % bis 30 % reduzieren.
Frauen, die in jüngeren Jahren an anderen Arten von Brust-
krebs erkrankten, würde das Screening dagegen nicht
helfen. Hier sei als richtige Maßnahme die ärztliche Aus-
schlussdiagnostik gefordert.
Die Mitglieder der Fraktion der CDU/CSU stellten klar,
dass sie bereits seit einem Jahr die flächendeckende quali-
tätsgesicherte Versorgung über ein Screening forderten. Das
Vorhaben der Koalition sei grundsätzlich zu unterstützen, da
wissenschaftlich unumstritten sei, dass das Screeningver-
fahren die derzeit beste Methode zur Erkennung von Brust-

krebs sei. Probleme der Brustkrebsfrüherkennung, Behand-
lung und Nachsorge begleiteten viele Frauen über Jahr-
zehnte hinweg und erforderten deshalb eine langfristige
qualitätsgesicherte ärztliche Begleitung. Allerdings fehle in
dem Antrag der Koalitiosfraktionen der Aspekt, dass gerade
angesichts der vielen falsch-positiven Befunde auch die ge-
schulte psychologische Betreuung enorm wichtig sei. Die
Fraktion der CDU/CSU fordere daher ein flächendeckendes,
qualitätsgesichertes und fachübergreifendes Brustkrebsfrüh-
erkennungskonzept.
Hervorzuheben sei, dass das gegenwärtige Problem in
Deutschland insbesondere in der Finanzierung der Früher-
kennung liege. Heute werde die Brustkrebsfrüherkennung
durch Mammographie nur erstattet, wenn ein Verdacht oder
ein besonderes Risiko vorliege: Dies sei widersinnig, denn
die Früherkennung nutze und sei wissenschaftlich gesichert.
Allerdings sei anzumerken, dass die europäischen Leitlinien
insbesondere hinsichtlich der jährlichen Mindestfrequenz
von Mammographien und der obligatorischen Doppelbe-
fundung Standards erforderten, die mit der gegenwärtigen
Versorgungsstruktur in Deutschland nur schwer machbar
und eben beispielsweise mit den Niederlanden nicht ver-
gleichbar seien. Die vorhandenen vertragsärztlichen Struk-
turen müssten mit eingebunden werden.
Die Mitglieder der Fraktion der FDP begrüßten die An-
tragsinitiative, waren jedoch der Auffassung, dass der An-
trag der Koalitionsfraktionen zu kurz greife. Die Umstände
der Senkung der Sterblichkeitsrate in den europäischen
Nachbarländern deuteten darauf hin, dass die Ursachen in
erster Linie bei Fortschritten in der Therapie und nur zum
Teil in Veränderungen bei der Prävalenz von Risikofaktoren
oder der Einführung von Screening-Programmen liegen
dürften. Es müsse vielmehr ein Gesamtkonzept von Früher-
kennung, Therapie und Nachsorge innerhalb der Regelver-
sorgung erreicht werden. Diese Begriffe seien zwar in dem
Antrag genannt, jedoch inhaltlich nicht ausgefüllt. Er kon-
zentriere sich ausschließlich auf das Mammographie-Scree-
ning, was zu wenig sei.
Die Mitglieder der Fraktion der PDS wiesen darauf hin,
dass die Brustkrebsvorsorge in Deutschland mehr als man-
gelhaft sei. Daher begrüßten sie die Initiative der Koali-
tionsfraktionen ausdrücklich, und betonten, dass das größte
Defizit das Fehlen eines qualitätsgesicherten Früherken-
nungsprogramms, eines Mammographie-Screenings nach
europäischen Leitlinien, sei. Demzufolge unterstütze die
Fraktion der PDS das Anliegen, zu einem einheitlichen und
gemeinsamen flächendeckenden Screening-Programm zu
kommen, sowie die Forderung nach einem Krebsregister
und externen Qualitätsmonitoring. Besonders wichtig sei
darüber hinaus eine bessere Beratung der betroffenen
Frauen.
Als Ergebnis der Beratungen hat der Ausschuss für Gesund-
heit den Antrag auf Drucksache 14/6453 in der Fassung des
interfraktionell eingebrachten Änderungsantrags auf Aus-
schussdrucksache 1372 einstimmig angenommen.

Berlin, den 16. Mai 2002
Annette Widmann-Mauz
Berichterstatterin

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