BT-Drucksache 14/8821

Extreme Zunahme der Gerichtskosten beim Internationalen Suchdienst in Bad Arolsen und ihre Hintergründe

Vom 16. April 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8821
14. Wahlperiode 16. 04. 2002

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Extreme Zunahme der Gerichtskosten beim Internationalen Suchdienst
in Bad Arolsen und ihre Hintergründe

Der Internationale Suchdienst in Bad Arolsen und insbesondere sein Vorstand
sind in den letzten Jahren mehrfach Gegenstand kritischer Presseberichte ge-
wesen.
Themen waren sowohl das schlechte Betriebsklima und der Umgang der Lei-
tung des Suchdienstes mit Beschäftigten, Betriebsrat und gewerkschaftlichen
Vertreterinnen und Vertretern, als auch die schleppende Bearbeitung von Anträ-
gen von Überlebenden der NS-Zwangsarbeit.
Gegen solche kritischen Presseberichte und Kritik aus der Belegschaft ging die
Leitung des Suchdienstes wiederholt unter Einschaltung von Anwaltsbüros und
von Gerichten vor.
In ihren Antworten auf Anfragen zum Ausmaß solcher arbeitsgerichtlicher
Auseinandersetzungen beim Suchdienst wie auch der anwaltlichen und Ge-
richtsverfahren gegen kritische Presseberichte hat die Bundesregierung die Zahl
der jährlichen Abmahnungen als „nicht außergewöhnlich“ (Bundestagsdruck-
sache 14/7988 S. 3, Antwort auf Frage 2) eingestuft. Die Auseinandersetzun-
gen der Leitung des Suchdienstes mit der Presse sollten sich auf durchschnitt-
lich eine pro Jahr belaufen (ebenda S. 4, Antwort auf Frage 6). Um die Kosten
dieser anwaltlichen und Gerichtsverfahren gegen kritische Presseberichte zu er-
mitteln, sei „ein aufwendiges Berechnungsverfahren“ erforderlich, dessen Kos-
ten nicht vertretbar sei. Deshalb sei dazu eine Auskunft nicht möglich, hieß es
in der gleichen Bundestagsdrucksache als Antwort auf Frage 7.
In seinen Haushalts- und Wirtschaftsplänen für die Jahre 1999 bis 2002 weist
der Internationale Suchdienst entgegen diesen Darstellungen der Bundesregie-
rung eine extreme Zunahme der Ausgaben unter Titel 52601 („Gerichts- und
ähnliche Kosten“) aus.
Während sich diese Ausgaben in 1997 auf 3 000 DM beliefen, schnellten sie in
1998 auf 13 000 DM (Ist-Ausgaben; das Soll hatte bei 10 000 DM gelegen), für
1999 auf 36 000 DM (Ist; Soll: 10 000 DM) und für 2000 auf fast 340 000 DM
bzw. umgerechnet 173 000 Euro (Ist; Soll: 8 000 DM) hoch. Für 2001 waren
nach dem letzten vorliegenden Haushaltsplan Ausgaben von 20 000 Euro,
d. h. umgerechnet fast 40 000 DM, für „Gerichts- und ähnliche Kosten“ ein-
geplant.
Zur Erläuterung der extrem hohen Ausgaben in 2000 heißt es im Haushalts-
bericht des ISD lediglich: „Infolge der großen Meinungsverschiedenheiten be-
züglich der Abwicklung des deutschen Fonds versuchen verschiedene interna-
tionale Stellen, auch über die Medien, auf die ISD-Geschäftspolitik einzuwir-

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ken. Der Suchdienst muss sich deshalb ungewollt mit den diesbezüglich extern
geführten Debatten auseinandersetzen …“ Damit wird der Eindruck erweckt,
als müsse sich der Suchdienst ohne eigenes Verschulden gegen boshafte und
falsche Presseberichte wehren und habe im Wesentlichen dafür 340 000 DM
Steuergelder, das hundertfache des drei Jahre vorher benötigten Betrags, ver-
braucht.
Auch der Etatansatz für 2001 von 20 000 Euro bedeutet einen Anstieg der Aus-
gaben für Gerichts- und ähnliche Kosten auf das 13fache des 1997 benötigten
Betrags.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie erklärt die Bundesregierung die Überschreitung der Ausgaben für

„Gerichts- und ähnliche Kosten“ beim Internationalen Suchdienst gegenüber
den jeweiligen Soll-Ansätzen
– in 1998 um 3 000 DM
– in 1999 um 26 000 DM
– in 2000 um über 330 000 DM?

2. Welche anwaltlichen Verfahren, Gerichtsverfahren oder andere Auseinan-
dersetzungen waren für diesen extremen Anstieg maßgeblich (bitte die Ver-
fahren im Einzelnen auflisten)?

3. Wie beurteilt die Bundesregierung diese mehr als Verhundertfachung der
„Gerichtskosten und ähnliche Kosten“ beim Internationalen Suchdienst bin-
nen drei Jahren?

4. Warum hat der Suchdienst nach Kenntnis der Bundesregierung in 2001 er-
neut den 13fachen Betrag der 1997 benötigten Mittel für „Gerichts- und
ähnliche Kosten“ veranschlagt, und wie beurteilt die Bundesregierung eine
solche Entwicklung?

5. Wie beurteilt die Bundesregierung die Leitung des Internationalen Such-
dienstes angesichts einer solchen Explosion von Gerichtskosten und ver-
gleichbarer Kosten durch Auseinandersetzungen mit Beschäftigten und kriti-
schen Presseberichten, und welche Maßnahmen will die Bundesregierung
ergreifen, um für die Zukunft eine Korrektur dieses Umgangs mit kritischen
Presseberichten, mit Beschäftigten und mit den ihr zur Verfügung gestellten
Steuergeldern durch die Leitung des Suchdienstes zu erreichen?

Berlin, den 8. April 2002
Ulla Jelpke
Roland Claus und Fraktion

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