BT-Drucksache 14/8819

zu der Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Bernd Neumann (Bremen), Dr. Norbert Lammert, Hartmutz Koschyk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU -14/6954, 14/8208- Zukunft des deutschen Auslandrundfunks

Vom 18. April 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8819
14. Wahlperiode 18. 04. 2002

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Dr. Edzard Schmidt-Jortzig,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

zu der Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Bernd Neumann (Bremen),
Dr. Norbert Lammert, Hartmut Koschyk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
– Drucksachen 14/6954, 14/8208 –

Zukunft des deutschen Auslandsfunks

Der Bundestag wolle beschließen:
1. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, die finanziellen

Rahmenbedingungen für die Existenz eines eigenständigen, politisch unab-
hängigen Auslandsrundfunks dauerhaft und nachhaltig sicherzustellen.

2. Die Finanzierungsrisiken des geplanten deutschsprachigen Fernseh-Aus-
landskanals von Deutscher Welle, ARD und ZDF (German TV) dürfen nicht
zu Lasten des Haushalts der Deutschen Welle gehen, sondern müssen aus
Bundesmitteln bestritten werden.

3. Das Programmschema des neuen deutschsprachigen Fernseh-Auslands-
kanals muss ein Angebot beinhalten, dass die attraktivsten und hochwertigs-
ten Sendungen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Deutschland zusam-
menführt.

4. Die Bundesregierung wird gebeten, vor dem Hintergrund der weltpolitischen
und informationstechnischen Entwicklung seit Beginn der neunziger Jahre
noch in dieser Legislaturperiode den Entwurf eines Deutsche-Welle-Geset-
zes vorzubereiten und dem Parlament vorzulegen.

Berlin, den 18. April 2002
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

Begründung
1. Die Deutsche Welle, der wichtigste mediale Mittler Deutschlands im Aus-

land, steht seit Jahren unter einem bis an die Grenzen des Zumutbaren
gehenden finanziellen Druck des Haushaltsgesetzgebers. Der Bundeszu-

Drucksache 14/8819 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
schuss von 631 Mio. DM im Fiskaljahr 1997 ist bis heute kontinuierlich bis
auf 556 Mio. DM zurückgegangen und soll im Jahr 2003 auf einen Tiefst-
stand von 541 Mio. DM fallen. Da die Deutsche Welle im gleichen Zeitraum
zur Übernahme der jährlichen Tariferhöhungen verpflichtet war, konnte sie
den geforderten Einsparungen nur durch einen drastischen Personalabbau
entsprechen. Von den 1 764 Mitarbeitern im Jahr 1997 blieben im Jahr 2002
nur noch 1 444. Die bereits eingeleitete Neuausrichtung des Programmkon-
zepts muß deshalb vor dem Hintergrund der Erhaltung einer grundlegenden
Finanzausstattung der Rundfunkanstalt diskutiert werden. Ohne eine solide
finanzielle Ausstattung, die auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegt ist, wird
die Deutsche Welle in Zukunft ihre Arbeits- und Handlungsfähigkeit ein-
büßen. Eine vernünftige Programmstrukturreform ist ohne finanzielle Pla-
nungssicherheit über mehrere Jahre hinweg nicht denkbar.

2. Der Aufbau einer effizienten Finanzstruktur darf nur unter der Prämisse der
Haushaltsklarheit und -wahrheit erfolgen. Dazu gehört auch die Vermeidung
von Haushaltsrisiken. Der geplante Aufbau des neuen deutschsprachigen
Auslandskanals von Deutsche Welle, ARD und ZDF darf daher nicht zu
finanziellen Belastungen des Deutsche-Welle-Haushalts führen, sondern
muss aus zusätzlichen Bundesmitteln bestritten werden. Jegliche Form der
Quersubventionierung hat zu unterbleiben. Zwischen dem Haushalt der
Deutschen Welle und demjenigen des neuen Fernsehauslandskanals muss
eine „haushaltsrechtliche Brandmauer“ errichtet werden.

3. Die Informationsverbreitung und -beschaffung für Deutsche im Ausland
oder dort lebende deutschsprachige oder an der deutschen Sprache und am
deutschen Sprach- und Politikraum interessierte Menschen ist Anliegen und
Auftrag der Deutschen Welle. Dem kommt sie mit ihrem vorrangig auf In-
formation beruhendem Programmschema bereits in hervorragender Weise
nach. Darüber, ob neben dem bisherigen Angebot der Deutschen Welle ein
weiterer, auf Unterhaltung abstellender deutschsprachige Auslands-Fernseh-
kanal überhaupt notwendig ist, herrscht Streit.
Zum einen gilt der öffentlich-rechtliche Auftrag einer Grundversorgung der
Bevölkerung nur im Inland. Deutsche Rundfunkanstalten stehen im Ausland
grundsätzlich in Konkurrenz zu dem dort jeweils schon bestehenden staat-
lichen Rundfunksystem. Zum anderen sendet seit dem 1. September 2001
ein deutschsprachiger privater Auslandssender, „ChannelD“. „ChannelD“
versteht sich als reiner Unterhaltungssender und ist als deutschsprachiges
Vollprogramm mit Unterhaltung, Filmen, Serien, Dokumentationen,
deutschsprachiger Musik, Sport und Talk konzipiert. Der Sender füllt damit
die bisher bestehende Programmlücke.
Der geplante neue Auslandskanal von Deutsche Welle, ARD und ZDF soll
ebenfalls auf Unterhaltung ausgerichtet sein. Dessen Angebot soll – im Ge-
gensatz zu „ChannelD“ – aus den „attraktivsten und hochwertigsten Sendun-
gen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Deutschland“ bestehen (so die
Bundesregierung in ihrer Anwort auf die Große Anfrage der Fraktion der
CDU/CSU, Bundestagsdrucksache 14/8208, S. 8). Dieses Petitum ist vor
dem Hintergrund der im Haushalt 2002 vom Parlament beschlossenen staat-
lichen Anschubfinanzierung des Senders zu betonen.

4. Der Deutschen Welle gelang es in den letzten Jahren, ihr Programmangebot
auszuweiten, so etwa „DW–Online“ zu erweitern, Sonderberichterstattungen
zur Zeit der Balkankrisen durchzuführen und verschiedene Hörfunk-Fremd-
sprachenangebote auszubauen. Dennoch machen geopolitische Phänomene
wie die Globalisierung und die Internetrevolution neben den drastischen
Budgetkürzungen eineNeukonzeption des deutschenAuslandsrundfunks und
seines Programmangebots unumgänglich. Deshalb ist noch in dieser Legis-
laturperiode die Novellierung des Deutsche-Welle-Gesetzes anzustreben.

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