BT-Drucksache 14/8678

Natürliche Strahlenexposition und Strahlenrisiken durch Radon

Vom 19. März 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8678
14. Wahlperiode 19. 03. 2002

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Paul Laufs, Christa Reichard (Dresden), Dr. Peter Paziorek,
Cajus Caesar, Marie-Luise Dött, Georg Girisch, Kurt-Dieter Grill, Helmut Lamp,
Vera Lengsfeld, Bernward Müller (Jena), Franz Obermeier, Hans-Peter Repnik, Dr.
Christian Ruck, Hans Peter Schmitz (Baesweiler), WernerWittlich und der Fraktion
der CDU/CSU

Natürliche Strahlenexposition und Strahlenrisiken durch Radon

Die Berichte der Bundesregierung über Umweltradioaktivität und Strahlen-
belastung weisen aus, dass die deutsche Bevölkerung einer mittleren ionisieren-
den Strahlung ausgesetzt ist, die etwa in gleicher Stärke aus natürlichen wie aus
zivilisatorischen Quellen stammt. Während die Belastung durch zivilisatorische
Strahlenexposition insbesondere bei beruflich exponierten Personen sorgfältig
erfasst und begrenzt wird, wird die natürliche Exposition zwar beobachtet und
registriert, ihre biologischen Wirkungen aber – von wenigen Ausnahmen abge-
sehen – einfach hingenommen. Der größte Teil der mittleren effektiven Jahres-
dosis durch natürliche Strahlung wird durch die Inhalation der radioaktiven
Edelgase Radon (Rn 222), Thoron (Rn 220) sowie deren kurzlebigen Folge-
produkten verursacht. Das Radon stammt aus dem Radiumgehalt des Bodens
sowie bestimmter Baustoffe und kann in geschlossenen Räumen von Gebäuden
bei geringer Durchlüftung in hohen Konzentrationen vorkommen. Es gibt
Schätzungen, nach denen ein signifikanter Anteil der jährlichen Neuerkrankun-
gen an Lungenkrebs auf diese Strahlenbelastung zurückzuführen ist. Im Gegen-
satz zu dem intensiven zivilisatorischen Strahlenschutz in den betroffenen Be-
reichen der Medizin, Industrie und kerntechnischen Anlagen gibt es bisher nur
in Sonderfällen Radonschutzmaßnahmen.

Wir fragen die Bundesregierung:
I. Problemstellung
1. Welche Erkenntnisse über Radonkonzentrationen in der Bodenluft und in

Gebäuden liegen aufgrund der bundesweit durchgeführten Messungen vor?
Auf wie hoch kann der Anteil der Wohnungen geschätzt werden, in denen
Radonkonzentrationen über 250 Bq/m3, über 1 000 Bq/m3 und über
10 000 Bq/m3 vorkommen?

2. In welchem Umfang sind weitere Untersuchungen erforderlich und geplant,
um besonders exponierte Gebiete und Einzelstandorte ausfindig zu machen?
Gibt es auch in Regionen mit durchschnittlich geringer Radonbelastung
Gebäude, in denen sehr hohe Radonkonzentrationen auftreten können?
Wie aufwändig sind die Untersuchungen?

Drucksache 14/8678 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

3. Welche Aktivitäten und Befunde zur Erfassung des Radonproblems sind im
Ausland bekannt?

II. Bewertung des Radon-Gesundheitsrisikos
4. Wie hoch sind die mittleren jährlichen Lungen(Bronchialepithel)- und

Ganzkörperdosen und wie sind diese Strahlenbelastungen zwischen niedri-
gen und hohen Werten verteilt?

5. Welche Personengruppen (Arbeitsplätze, Privatwohnungen, öffentliche
Einrichtungen) sind besonders betroffen?
Wie hoch kann die Zahl der Personen geschätzt werden, deren Radonbelas-
tung über 5 mSv/a und über 20 mSv/a liegt?

6. Welcher Zusammenhang besteht zwischen Lungenkrebsrisiko und Radon-
belastung?
Auf welche epidemiologische und theoretische Studien stützt sich die Bun-
desregierung bei der Bewertung des Radonrisikos?

7. Wie viele jährliche Neuerkrankungen in Deutschland sind durch diese
natürliche Strahlenexposition bedingt?
Gibt es Radon-Belastungswerte, unterhalb derer praktisch keine Gefahren
zu befürchten sind und lassen sich dafür in Deutschland Regionen zuord-
nen?

8. Welche Forschungsvorhaben zum Thema Radon führt die Bundesregierung
gegenwärtig durch und welche Mittel sind für künftige Untersuchungen
vorgesehen?

III. Maßnahmen zur Vorsorge und Sanierung
9. Welche Empfehlungs-, Richt- und Grenzwerte gibt es im In- und Ausland

für den Arbeitsplatz und den Privatbereich?
10. Welche Empfehlungs- und Grenzwerte hält die Bundesregierung für ange-

messen, um vorsorgliche Radonschutzmaßnahmen und Sanierungen zur
Gefahrenabwehr in privaten und öffentliche Gebäuden anzuregen bzw.
durchzusetzen?
In welcher rechtlich verbindlichen Form (Strahlenschutzvorsorgegesetz/
Strahlenschutzverordnung/Bau- oder Mietrecht) sollten diese Neuregelun-
gen erfolgen?
Gibt es Länderzuständigkeiten?

11. In welcher Weise sind die Empfehlungen der Europäischen Kommission
von 1990, bei Errichtung von Neubauten die Grenze von 200 Bq/m3 einzu-
halten und im Altbaubestand Konzentrationen unter 400 Bq/m3 zu halten,
in Deutschland umgesetzt worden?

12. Welche technischen und organisatorischen Maßnahmen können zur Be-
grenzung der Radonbelastung im Altbaubestand und für Neubauten ergrif-
fen werden?
Mit welchen finanziellen Aufwendungen ist bezogen auf den Gebäudewert
bzw. insgesamt zur bundesweiten Vorsorge und Sanierung zu rechnen?

13. Gibt es Pläne, besonders exponierte öffentliche Gebäude, wenn es sich bei-
spielsweise um Kindergärten und Schulen handelt, vorrangig zu unter-
suchen und für sie Schutzmaßnahmen durchzuführen?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/8678

14. In welchem Umfang sind nach Auffassung der Bundesregierung öffentliche
Mittel für die Förderung von Vorsorge- und Sanierungsmaßnahmen erfor-
derlich?
Welche Programme sind bereits auf Bundes- und Länderebene gelaufen?

Berlin, den 13. März 2002
Dr. Paul Laufs
Christa Reichard (Dresden)
Dr. Peter Paziorek
Cajus Caesar
Marie-Luise Dött
Georg Girisch
Kurt-Dieter Grill
Helmut Lamp
Vera Lengsfeld
Bernward Müller (Jena)
Franz Obermeier
Hans-Peter Repnik
Dr. Christian Ruck
Hans Peter Schmitz (Baesweiler)
Werner Wittlich
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

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