BT-Drucksache 14/8661

zu der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurfs -14/8221, 14/8288, 14/8625- Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit

Vom 20. März 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8661
14. Wahlperiode 20. 03. 2002

Änderungsantrag
der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Dr. Irmgard Schwaetzer, Dirk Niebel,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

zu der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten
Gesetzentwurfs
– Drucksachen 14/8221, 14/8288, 14/8625 –

Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler
Beschäftigung und Schwarzarbeit

Der Bundestag wolle beschließen:
1. Artikel 3 wird wie folgt geändert:

a) Die Nummer 3 wird ersatzlos gestrichen.
b) Die Nummer 4 wird ersatzlos gestrichen.
c) Die Nummer 5 wird ersatzlos gestrichen.
d) Die Nummern 6, 7, 13b, 14, 15 werden ersatzlos gestrichen.

2. In Artikel 6 wird die Nummer 1 ersatzlos gestrichen.
3. Artikel 9 wird wie folgt geändert:

a) Die Nummern 1 und 2 werden ersatzlos gestrichen.
b) Die Nummer 4 wird wie folgt neu gefasst:

„4. § 4 Abs. 3 wird wie folgt gefasst:
„(3) Erfolgen Werbemaßnahmen ohne Angabe von Name und

Anschrift unter einem Telekommunikationsanschluss oder unter einer
Chiffre und bestehen in diesem Zusammenhang Anhaltspunkte für
einen Verstoß gegen Absatz 1, ist der Anbieter dieser Telekommuni-
kationsleistung oder der Herausgeber der Chiffreanzeige verpflichtet,
der Handwerkskammer Namen und Anschrift des Anschlussinhabers
oder Auftraggebers der Chiffreanzeige unentgeltlich mitzuteilen.“

Berlin, den 20. März 2002
Dr. Heinrich L. Kolb
Dr. Irmgard Schwaetzer
Dirk Niebel
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

Drucksache 14/8661 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Begründung
Zu 1a
Die Ergänzung des § 28a SGB IV durch Absatz 3a berücksichtigt nicht, dass
der Großteil der Arbeitnehmer eine Versicherungsnummer und einen Sozialver-
sicherungsausweis besitzt. Die Vorlage dieses Ausweises wird häufig zum
Beschäftigungsbeginn lediglich vergessen. Würde in all diesen Fällen das Ver-
fahren zur Vergabe einer neuen Versicherungsnummer und zur Ausstellung ei-
nes Sozialversicherungsausweises eingeleitet, würde das nicht nur zu vermeid-
barem Verwaltungsaufwand bei den Krankenkassen, sondern auch zu größeren
Problemen bei den Rentenversicherungsträgern führen.
Daher ist die Nummer 3 des Artikels 3 zu streichen.

Zu 1b
Gegen die Haftung des General-/Hauptunternehmers nach § 28e Abs. 3a
SGB IV bestehen schwere verfassungsrechtliche Bedenken, als auch europa-
rechtliche Bedenken. Auch ist diese Regelung in der Praxis nicht umsetzbar
und wird zu einer schwerwiegenden Diskriminierung deutscher Bauunterneh-
men und Betriebe führen, mit der Konsequenz des Verlustes von Arbeitsplätzen
in der Baubranche der Bundesrepublik Deutschland.
Der Einsatz von Nachunternehmern durch einen Hauptunternehmer stellt eine
Arbeitsteilung dar, die sich über Jahrzehnte entwickelt hat und die gerade von
Auftraggeberseite gewünscht wird, insbesondere um eine einheitliche Gewähr-
leistung zu ermöglichen. In diese gewachsenen Strukturen des deutschen Bau-
marktes würde durch die Einführung einer Haftung des Hauptunternehmers für
die von den eingesetzten Nachunternehmern abzuführenden Sozialversiche-
rungsbeiträge auf nicht zu rechtfertigende Weise zu Lasten des Hauptunterneh-
mers als legal handelndem Dritten eingegriffen.
Die Haftung des Generalunternehmers als selbstschuldnerischer Bürge ist der
Regelung in § 28e Abs. 2 SGB IV für den Bereich der Arbeitnehmerüberlas-
sung nachgebildet. Danach haftet der Entleiher dem Gläubiger des Verleihers –
der jeweils zuständigen Krankenkasse als Einzugsstelle für die Sozialversiche-
rungsbeiträge – für die Erfüllung der Beitragsschuld (§ 765 BGB).
Einer Übertragung dieser Haftungsregelung auf das durch Werkvertrag gestal-
tete Verhältnis zwischen Generalunternehmer und Nachunternehmer stehen so-
wohl rechtliche als auch praktische Gründe massiv entgegen.
Zwischen beiden Rechtsinstituten bestehen gravierende Unterschiede. Während
der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag lediglich die Überlassung eines Arbeit-
nehmers zur Arbeitsleistung in dem Betrieb des Entleihers zum Gegenstand hat,
weist der Werkvertrag einen davon vollkommen verschiedenen Inhalt auf ziel-
gerichteter Arbeitseinsatz der Arbeitnehmer durch den Nachunternehmer zur
Herbeiführung des vertraglich geschuldeten Erfolges, Arbeitnehmer sind Erfül-
lungsgehilfen des Nachunternehmers gemäß § 278 BGB.
Eine öffentlich-rechtliche Bürgschaft des Hauptauftragnehmers für Sozialversi-
cherungsbeiträge würde wie die Bürgschaft des Entleihers eine jeweils aktuelle
Informationspflicht des Subunternehmers über die Personalien der von ihm ein-
gesetzten Arbeitnehmer und eine Meldepflicht und gleichzeitig ein Melderecht
des Hauptunternehmers als flankierende Maßnahmen zwingend voraussetzen,
um dessen Kontrolle über die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge durch
den Subunternehmer zu ermöglichen und die Einzugsstellen in den Stand zu
versetzen, eine Nichtabführung anzuzeigen. Solche Verpflichtungen wird je-
doch in der Praxis nicht umsetzbar sein.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/8661

Je nach Größe des Bauvorhabens ist selbst eine Zahl von 100 Nachunterneh-
mern nicht ausgeschlossen. Allein die Meldung sämtlicher Werkverträge ge-
genüber der zuständigen Beitragseinzugsstelle würde beim Hauptauftragneh-
mer wie auch bei der Einzugsstelle einen gewaltigen Verwaltungsaufwand
erfordern, dies umso mehr, als die Meldung, um Kontrollvergleiche zu ermög-
lichen, jeweils der für den Nachunternehmer zuständigen Krankenkasse einzu-
reichen wäre. Da die Nachunternehmer gewöhnlich in einem weiten Umkreis
um die Baustelle ansässig sind, müsste der Generalunternehmer, um die Abfüh-
rung der Sozialversicherungsbeiträge wirksam zu kontrollieren, mit einer Viel-
zahl von Einzugsstellen in Verbindung treten.
Hinzu kommt, dass – insbesondere bei über einen längeren Zeitraum bestehen-
den Baustellen – die eingesetzten Arbeitnehmer je nach Bedarf ausgetauscht
werden. Dem Hauptauftragnehmer müssten von allen Nachunternehmern prak-
tisch täglich die jeweils eingesetzten Arbeitnehmer bekannt gegeben werden.
Jeder Wechsel würde also zu einem zusätzlichen Kontrollaufwand des Haupt-
unternehmers führen.
Die in § 28e Abs. 3a SGB IV vorgesehene Exkulpationsmöglichkeit wird den
berechtigten Belangen eines legal handelnden Hauptunternehmers nicht ge-
recht. Der Begriff der sorgfältigen Prüfung ist außerordentlich unbestimmt. Ob
die nötige Sorgfalt angewendet worden ist, wird sich praktisch zumeist erst im
Nachhinein feststellen lassen.
Da eine effektive Kontrolle der Abführung der Sozialversicherungsbeiträge für
den Hauptunternehmer nicht möglich ist, wäre dieser im Ergebnis gezwungen,
entsprechende Bestandteile vom Werklohn einzubehalten, um sich vor einer In-
anspruchnahme zu schützen. Durch diesen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
zwingenden Einbehalt in Höhe von ca. 40 Prozent der Bruttolohnsumme würde
somit letztlich eine weitere Vorfinanzierungspflicht (neben Arbeits- und Mate-
rialkosten) der Subunternehmer entstehen. Damit würden vor allem die mittel-
ständischen deutschen Baubetriebe getroffen und deren Liquidität auch unter
Berücksichtigung des bereits nach dem am 7. September 2001 in Kraft getre-
tenen „Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe“ vom
Hauptunternehmer vorzunehmenden Steuerabzugs in Höhe von 15 Prozent des
Werklohns in unzumutbarer Weise gefährdet.
Noch völlig ungeklärt ist die Vereinbarkeit der Haftung mit dem Recht der
Europäischen Union. Der Gesetzentwurf enthält dazu nur rudimentäre Aussa-
gen, ohne auf den faktischen Ausschluss ausländischer Bauunternehmen vom
deutschen Markt einzugehen, zu dem die Haftung – in dem Bestreben Nachun-
ternehmerketten zu zerschlagen – unzweifelhaft führen muss.
Denn werden ausländische Nachunternehmer eingesetzt, besteht für den Gene-
ralunternehmer erst recht keine Möglichkeit, sich effektiv vor einer Inanspruch-
nahme als Bürge durch den ausländischen Sozialversicherungsträger zu schüt-
zen. Es dürfte für den Generalunternehmer in der Praxis kaum möglich sein, die
Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen der ausländischen Nachunternehmer
gegenüber den jeweiligen Sozialversicherungsträgern zu überprüfen. Allein die
Frage, welcher ausländische Sozialversicherungsträger jeweils zuständig ist,
würde für den Generalunternehmer allenfalls unter unzumutbarem Aufwand zu
beantworten sein. Auch die Höhe der jeweiligen Zahlungsverpflichtungen aus-
ländischer Subunternehmer ist für den Generalunternehmer aufgrund unter-
schiedlichster sozialversicherungsrechtlicher Regelungen in den verschiedenen
Ländern der EU effektiv nicht nachzuvollziehen.
Daher ist Nummer 4 in Artikel 3 zu streichen.

Drucksache 14/8661 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Zu 1c
Die mit Artikel 3 Nr. 5 des Gesetzentwurfs beabsichtigte Einführung einer buß-
geldbewährten Verpflichtung der Bauunternehmer, die Lohnunterlagen und die
Beitragsabrechnung so zu gestalten, dass eine Zuordnung des Arbeitsentgelts
und des darauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrags zu dem jeweili-
gen Dienst- oder Werkvertrag für den Fall der Haftung nach § 28e Abs. 3a
SGB IV möglich ist, (§ 28f Abs. 1a SGB IV) ist ebenfalls nicht praxistauglich.
Eine Zuordnung des Arbeitsentgelts und des darauf entfallenden Gesamtsozial-
versicherungsbeitrags zu den jeweils ausgeführten Werkverträgen wäre prak-
tisch nicht bzw. nur unter einem extrem hohen Verwaltungsaufwand durchführ-
bar. In der Praxis ist es durchaus üblich, Arbeitnehmer innerhalb eines Kalen-
dermonats auf wechselnden Baustellen einzusetzen. Im Straßen- und Tiefbau
kommt es beispielsweise häufig vor, dass Arbeitnehmer in diesem Zeitraum auf
bis zu 20 verschiedenen Baustellen arbeiten.
Daher ist Nummer 5 des Artikels 3 ersatzlos zu streichen.

Zu 1d
Folgeänderungen aufgrund der in Nummer 1 erfolgten Streichung des § 28a
Abs. 3a SGB IV.

Zu 2
Folgeänderung aufgrund der in Nummer 2 erfolgten Streichung des § 28e
Abs. 3a SGB IV.

Zu 3a
Die Erhöhung der Bußgeldrahmen in § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 2 des Gesetzes
zur Bekämpfung der Schwarzarbeit wird nicht zu einer Verminderung der
Schwarzarbeit führen. Dies kann nur durch eine grundsätzliche Änderung der
Arbeitsmarktbedingungen und eine Senkung der zu hohen Lohnnebenkosten
gelingen.

Zu 3b
Die Änderung erstreckt die Vorschrift auf Auskünfte über Auftraggeber von
Chiffreanzeigen. Es ist zunehmend festzustellen, dass in Anzeigenblättern unter
Chiffrebezeichnungen für handwerkliche Leistungen geworben wird. Entspre-
chend der bestehenden Regelung für Werbeanzeigen unter Angabe von Telefon-
nummern ist es erforderlich, den Herausgeber der Publikation, in der die
Chiffreanzeige veröffentlicht wird, zu verpflichten, der Handwerkskammer
Name und Anschrift des Auftraggebers der Anzeige mitzuteilen. Die Notwen-
digkeit der Teilnahme der für die Bekämpfung der Schwarzarbeit zuständigen
Landesbehörden am automatischen Auskunftssystem über Rufnummern nach
§ 90 TKG ist in der Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung
am 13. März 2002 in Berlin von der Bundeszollverwaltung verneint worden
und wird daher gestrichen.

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