BT-Drucksache 14/8618

zu der Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Rössel, Dr. Dietmar Bartsch, Heidemarie Ehlert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS -14/5834, 14/6923- Lage und Zukunft der Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland

Vom 20. März 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8618
14. Wahlperiode 20. 03. 2002

Entschließungsantrag
der Fraktion der PDS

zu der Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Rössel,
Dr. Dietmar Bartsch, Heidemarie Ehlert, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der PDS
– Drucksachen 14/5834, 14/6923 –

Lage und Zukunft der Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland

Der Bundestag wolle beschließen:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
1. Der Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion der PDS zu Lage und Zu-

kunft der Kommunen ist die generalisierende Bemerkung vorangestellt, „die
Bundesregierung widerspricht im Übrigen den zahlreichen Behauptungen in
der Großen Anfrage, die eine angeblich von der Bundesregierung zu ver-
tretende Notlage der Kommunen zum Inhalt haben“. Credo ihrer Politik sei,
der „Mitverantwortung für das Wohl der Kommunen gerecht“ zu werden
und „deswegen auch die kommunalen Handlungsspielräume und Entschei-
dungsbereiche respektieren und stärken“ zu wollen. Diese im krassen Wider-
spruch zu den Tatsachen stehende Darstellung der Bundesregierung kann
nicht hingenommen werden. Mit ihr will die Bundesregierung offensichtlich
ihren eigenen Anteil an der seit Jahrzehnten verfehlten Politik des Bundes
bezüglich der Städte, Gemeinden und Kreise in Abrede stellen.
Die Lage der Städte, Gemeinden und Kreise ist lokal und regional differen-
ziert. Es gibt durchaus noch prosperierende Kommunen. Aber gerade in
jüngster Zeit ist eine tendenziell zunehmende Notlage der meisten Kommu-
nen unübersehbar geworden. Eine Schlüsselstellung nimmt dabei die kom-
munale Finanzkrise ein. Sie spitzt sich aktuell durch den spektakulären Ab-
sturz der Gewerbesteuereinnahmen, die Explosion der kommunalen Sozial-
hilfeausgaben vor allem infolge der Langzeitarbeitslosigkeit und durch den
Verfall der kommunalen Investitionstätigkeit dramatisch zu. Erhebliche Be-
völkerungsverluste und Änderungen bei der Altersstruktur entwerten zudem
vielerorts die Infrastruktur, verschärfen besonders in Ostdeutschland die
Problematik des Wohnungsleerstands und erzeugen neue Probleme von
kommunal- und finanzpolitischer Brisanz. Der wieder rasant zunehmende
Verkauf kommunaler Unternehmen führt nicht nur zu einer Privatisierung
öffentlicher Daseinsvorsorge mit allen damit verbundenen Risiken für das
Gemeinwesen und die Verbraucherinnen und Verbraucher, er engt auch die
politischen und finanziellen Entscheidungsspielräume der Kommunen zu-
mindest langfristig weiter ein.

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Die wichtigsten Gründe für die sich verschlechternde Lage vieler Kommu-
nen sind zum überwiegenden Teil nicht selbstverschuldet, sind nicht das
Ergebnis falscher Entscheidungen oder des Fehlverhaltens kommunalpoliti-
scher Akteure. Hauptsächlich sind sie die Konsequenz des Vollzugs von
Bundes- und Landesgesetzen und zunehmend auch von Entscheidungen der
Europäischen Union sowie des Wirkens konjunktureller wie bevölkerungs-
politischer Entwicklungen. Auf ihre Inhalte bzw. Ausprägungen und daraus
resultierende Folgen hat die kommunale Ebene kaum noch Einfluss. Diese
Lage kann deshalb selbst durch einschneidende Konsolidierungsmaßnahmen
nicht mehr von den Kommunen allein überwunden werden. Das gilt ins-
besondere für den Verfall der Kommunalfinanzen infolge ihrer Schieflage im
föderalen Finanzsystem.
Diese Krisenlage und ihre strukturelle Ursachen nicht erkennen und benen-
nen zu wollen, behindert notwendige Reformschritte auf Bundesebene, ent-
wertet das verbale Regierungsbekenntnis zur Stärkung der kommunalen
Selbstverwaltung zur politischen Fata Morgana.

2. Anstatt in der Antwort zukunftsfähige Konzeptionen der Bundesregierung
vorzustellen, finden sich eher Belege für Selbstzufriedenheit, Uninformiert-
heit und sogar für eine von der CDU/CSU/FDP-Regierung übernommene
Ignoranz gegenüber kommunalen Interessen. Kennzeichnend dafür ist die
Vielzahl abschlägiger Antworten zu grundsätzlichen, längst überfälligen
Forderungen für eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung. Bei-
spielsweise zur Absicherung der kommunalen Selbstverwaltungshoheit in
der Europäischen Union, zur stärkeren Beteiligung der Kommunen an Ge-
setzgebungsverfahren, zur Einführung eines Konsultationsmechanismus
nach österreichischem Vorbild, zur grundgesetzlichen Verankerung des Kon-
nexitätsprinzips, zur Erhöhung des kommunalen Anteils an der Lohn- und
Einkommensteuer, zur Einräumung einer originären Steuerertragskompetenz
für die Landkreise, zur Neubestimmung der öffentlichen Daseinsvorsorge
und des Handlungsrahmens kommunaler Unternehmen, zur Zukunft der
Stadtwerke und der kommunalen Sparkassen, zur Ergänzung des Katalogs
der Gemeinschaftsaufgaben u. a.
Obgleich gerade in den letzten Jahren zahlreiche Untersuchungen, Fach-
tagungen und Memoranden umfassendes Analysematerial vorgelegt, auf
strukturelle Fehlentwicklungen aufmerksam gemacht und grundsätzliche
Handlungsoptionen aufgezeigt haben, verhielt sich die Bundesregierung
hierzu bislang beratungsresistent. Dass diese Haltung aufgebrochen werden
kann, zeigt sich an der nun geäußerten Bereitschaft der Bundesregierung,
endlich ihr schon Ende 1998 abgegebenes Versprechen hinsichtlich einer
Gemeindefinanzreform einzulösen. Ohne das stete Drängen der kommuna-
len Spitzenverbände wie auch der Fraktion der PDS im Deutschen Bundes-
tag wäre es offensichtlich immer noch nicht zu der jetzt vom Bundesfinanz-
ministerium vorgesehenen Einsetzung einer Kommission zum Einstieg in
eine Reform des kommunalen Finanzsystems gekommen.

3. Insbesondere nicht nachvollziehbar und falsch sind die Behauptungen der
Bundesregierung, wonach ihre Politik darauf ausgerichtet sei, den „finanz-
politischen Handlungsspielraum der Kommunen zu wahren“ und insgesamt
habe sich „die Finanzsituation der Kommunen in den letzten Jahren erfreu-
lich entwickelt“. Die aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes sowie
der kommunalen Spitzenverbände zur Finanzlage der Städte, Gemeinden
und Kreise belegen jedoch das Gegenteil. Die kommunale Finanzkrise hat
sich seit 2001 stark zugespitzt. Sie wird sich kurz- und mittelfristig noch
verstärken. Mit am stärksten betroffen sind Kommunen in den neuen Bun-
desländern sowie Ruhrgebietsstädte.

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Bestimmt wird die Situation durch Milliardenverluste der Kommunen in-
folge des rot-grünen Steuersenkungsgesetzes (im Jahr 2001 über 4 Mrd.
Euro) und den dramatischen Absturz der Gewerbesteuer. Sie brach in 2001
in zahlreichen Städten und Gemeinden im Jahresvergleich um über 20 Pro-
zent und in einigen Städten sogar bis zu 70 Prozent ein. Ihr Volumen fällt in
2001 und 2002 insgesamt fast 10 Mrd. Euro niedriger aus als noch vom Bun-
desfinanzministerium (BMF) im Jahr 2000 für diese Jahre prognostiziert.
Hauptursache sind die mit der Steuerreform zugenommenen Möglichkeiten
vor allem für Kapitalgesellschaften, ihre Gewerbesteuer zu reduzieren oder
sogar ganz zu vermeiden. Dennoch sind Bund und Länder nicht bereit, die
zu ihren Gunsten erfolgte – und mit den BMF-Berechnungen begründete –
Erhöhung der Gewerbesteuerumlage zwischen 2001 und 2004 von bisher
20 Prozent auf 28 Prozent rückgängig zu machen. Durch diese Blockade
wird der Einbruch der Gewerbesteuer für die kommunale Seite noch
verstärkt. Der Bund weigerte sich außerdem, wenigstens einen Teil seiner
50-Milliarden-Euro-Erlöse für die UMTS-Mobilfunklizenzen an die Kom-
munen weiter zu leiten, obgleich die Abschreibung der Lizenzkäufe in den
nächsten 20 Jahren zu Gewerbesteuerverlusten von voraussichtlich insge-
samt 8 Mrd. Euro führt.
Seit Mitte der 90er Jahre haben Bund und Länder den Kommunen – in aller
Regel ohne Rücksicht auf die Kosten – immer neue Aufgaben übertragen
und sie vehement für die Mitfinanzierung gesamtstaatlicher Aufgaben heran-
gezogen (so bei der Förderung der privaten Altersvorsorge von bis zu 2 Mrd.
Euro jährlich durch Einnahmeverluste). Das Gesamtdefizit der kommunalen
Haushalte belief sich 2001 auf minus 2,9 Mrd. Euro. Für 2002 wird eine
weitere Verschlechterung auf minus 4,4 Mrd. Euro erwartet. Mehr als die
Hälfte der Städte in der Bundesrepublik hat keinen ausgeglichenen Haushalt.
Immer mehr Kommunen müssen Pflichtaufgaben oder Personalkosten durch
die Aufnahme von Krediten finanzieren. Das geht deutlich zu Lasten der
Bürgerinnen und Bürger, der ortsansässigen Wirtschaft und der Zukunfts-
fähigkeit der Kommunen.

4. Wenn die Bundesregierung behauptet, die erbetenen Angaben zu den finan-
ziellen Folgekosten der Langzeitarbeitslosigkeit für die kommunale Sozial-
hilfe seien „nicht verfügbar“, ignoriert sie seriöse Berechnungen. Der Deut-
sche Städte- und Gemeindebund beispielsweise beziffert diese Kosten auf
rund 5 Mrd. Euro jährlich. Zur Frage der von den Kommunen zu tragenden
Sozialhilfekosten – den höchsten Sachausgaben in den kommunalen Haus-
halten – besteht schon deshalb dringender politischer Handlungsbedarf des
Bundes.
Ursprünglich konzipiert auf Hilfe im Einzelfall, ist die kommunale Sozial-
hilfe heute für 2,8 Millionen Personen zuständig. In den vergangenen zehn
Jahren kam es zu einer 30-prozentigen Ausgabensteigerung auf die Rekord-
summe von 20 Mrd. Euro im Jahr 2000. Diese Entwicklung ist vor allem der
Tatsache geschuldet, dass die Sozialhilfe durch die Bundespolitik in die Rolle
einer Ersatz-Arbeitslosenversicherung für Langzeitarbeitslose gedrängt wor-
den ist. Deren Anzahl mit Anspruch auf Arbeitslosenhilfe und/oder Sozial-
hilfe ist inzwischen auf 1,5 Millionen Personen gestiegen und hat sich mit 37
Prozent aller Arbeitslosen – weit über dem internationalen Durchschnitt –
verfestigt. Das Bundessozialhilfegesetz aber trat in einer Zeit der Vollbe-
schäftigung in Kraft.

5. Die Einschätzung der Bundesregierung zum Ausbau der Infrastruktur der
ostdeutschen Flächenländer und ihrer Gemeinden greift entschieden zu kurz.
Vor dem Hintergrund des – notgedrungenen – Verfalls der kommunalen In-
vestitionstätigkeit und eines riesigen Sanierungsstaus wirkt sie sogar kontra-
produktiv. Dies korrespondiert mit der abschlägigen Antwort zum Investi-

Drucksache 14/8618 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

tionsbedarf der Kommunen in Ost- und in Westdeutschland und vor allem
mit der beharrlichen Weigerung der Bundesregierung, eine kommunale In-
vestitionspauschale des Bundes wieder aufzulegen.
Unbestritten gibt es beim Ausbau der ostdeutschen Infrastruktur seit der Ver-
einigung große Fortschritte. Doch erhebliche Defizite bestehen nicht nur bei
den von Bundesregierung aufgeführten Posten „Kommunal- und Landstra-
ßen“ bzw. „Ortsentwässerung“. Ebenso dringlich sind noch – aber in der
Antwort nicht ausgewiesen – Probleme beim Öffentlichen Personennahver-
kehr, bei der sozialen Infrastruktur wie Schulen und Krankenhäuser, der
Wasser- und Energieversorgung, der Abwasserbeseitigung und des Umwelt-
schutzes, der Konversion vormaliger militärischer Liegenschaften und der
städtebaulichen Entwicklung von Industriebrachen oder beim Erschließen
des Zuganges der Bevölkerung zu regenerativen Energien.
Die kommunalen Investitionen entwickeln sich dramatisch rückläufig. Sie
liegen heute in den neuen Bundesländern inflationsbereinigt um 45 Prozent,
in den alten Ländern um knapp 25 Prozent (insgesamt über 11 Mrd. Euro)
unter dem Niveau des Jahres 1992. Das ist inakzeptabel angesichts eines bis
zum Jahr 2009 auf rund 665 Mrd. Euro geschätzten Investitionsbedarfes.
Auf die Einwohner bezogen ist der Investitionsbedarf im Osten pro Kopf mit
13 800 Euro pro Kopf immer noch fast doppelt so hoch wie in Westdeutsch-
land. Inzwischen müssen Kommunen selbst im wichtigen Bereich der Erhal-
tungsaufwendungen, des Ersatzes und der Modernisierung der vorhandenen
Infrastruktur an die Substanz gehende Abstriche vornehmen. Die Folgen die-
ser Vernachlässigung sind – nicht nur in den neuen Bundessländern – augen-
fällig: kaputte Straßen, marode Schulgebäude und Sportstätten, dem Verfall
preisgegebene öffentliche Einrichtungen. Nur mit einer substanziellen Erhö-
hung der Zuweisungen für Investitionen und finanziellen Soforthilfen – auch
des Bundes – lässt sich ein weiterer und damit kostspielig werdender Verfall
der vielerorts gefährdeten kommunalen Infrastruktur stoppen. Das hätte auch
erhebliche Wirkungen auf die Konjunktur und den Arbeitsmarkt.

6. Die Mittel und Maßnahmen, die die Bundesregierung zur Bewältigung der
Wohnungsleerstandskrise im Osten vorgesehen hat, sind ein erster Schritt,
aber noch keineswegs „wirkungsvoll“, wie in der Antwort ausgewiesen.
Das Stadtumbauprogramm Ost, dessen Bundesanteil von 2002 bis 2009 auf
1,1 Mrd. Euro dotiert ist, wird der schwierigen Situation in den betroffenen
Kommunen noch nicht gerecht. Mit den Zuschüssen zum Wohnungsabriss
ist es nicht getan. Um Fördermittel des Bundes für Stadtumbau und Aufwer-
tung zu erhalten, müssen die Länder und Kommunen kofinanzieren. Gerade
aber dort, wo der Leerstand besonders katastrophal ist, sind die Kommunen
in aller Regel besonders finanzschwach. Auch Darlehensprogramme sind an-
gesichts der hohen Verschuldung vieler Kommunen und ihrer Wohnungs-
unternehmen im Osten das falsche Instrument. Schon die Zinslasten aus bis-
herigen Sanierungs- und Altkrediten sind eine Belastung. Außerdem sind die
Beleihungsmöglichkeiten nahezu erschöpft, viele Kommunen und Woh-
nungsunternehmen erhalten gar keine Kredite mehr.
Unstrittig hat sich die Wohnsituation für viele Bewohnerinnen und Bewoh-
ner im Osten verbessert. Doch dramatische Bevölkerungsverluste infolge
Abwanderung mangels Arbeitsplätzen, allgemeiner „Stadtflucht“ und Ge-
burtenrückgang haben ein ganz neues Problem geschaffen. Der strukturelle
Wohnungsleerstand bedroht die örtliche Wohnungswirtschaft, die regionale
Bauwirtschaft und die Zukunftsfähigkeit der Kommunen.
Die weitere Schrumpfung der Bevölkerung, die einen Rückbau in den
Wohnsiedlungen und den Umbau der Städte erfordert, ist keine Randerschei-
nung mehr, sondern ein flächendeckendes Problem, das in Zukunft auch Re-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/8618

gionen in den westdeutschen Bundesländern erreicht. Deshalb ist der Stadt-
umbau ein Schlüsselproblem der Wohnungs- und Kommunalpolitik der
nächsten Jahrzehnte in Deutschland.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. angesichts der bereits verlorenen Zeit die Vorbereitungen für den Einstieg in

die Kommunalfinanzreform so schnell wie möglich anzugehen. Die im Früh-
jahr 2002 einzusetzende Kommission für den Einstieg in die Kommunal-
finanzreform muss – unter ausdrücklicher Beteiligung der kommunalen Spit-
zenverbände – unverzüglich ihre Arbeit aufnehmen.
Die Reform muss insbesondere in den Kontext der Neugestaltung der
Rahmenbedingungen und der Instrumente bundespolitischer Sozial- und
Arbeitsmarktpolitik gestellt werden und letztlich zu einer Neuordnung der
Finanzbeziehungen der öffentlichen Haushalte führen. Sie kann daher nur
als ein stufenweiser Prozess realisiert werden.

2. Lösungen vor allem für folgende drängende Probleme zu finden:
l grundgesetzliche Festschreibung einer strikten Konnexität zwischen Auf-

gabenübertragung und Finanzierungsverantwortung;
l Einführung eines Konsultationsverfahrens, das Bund und Länder ver-

pflichtet, sich mit den kommunalen Spitzenverbänden über die Finanzie-
rung von Gesetzen mit Kostenfolgen für die Kommunen zu einigen;

l grundsätzliche Beibehaltung und Modernisierung einer wirtschaftskraft-
bezogenen Steuer mit kommunalem Hebesatzrecht als bestimmendem
Element der Kommunalfinanzierung sowie Verbreiterung ihrer Bemes-
sensgrundlage;

l schrittweise Anhebung des Anteils der Städte und Gemeinden an der
Lohn- und Einkommensteuer von derzeit 15 Prozent auf bis zu 20 Pro-
zent;

l Erhalt der Grundsteuer mit kommunalem Hebesatzrecht und deren Aus-
gestaltung in Richtung einer sozial und ökologisch orientierten Flächen-
nutzungssteuer.

3. kurzfristig ein finanzielles Soforthilfeprogramm des Bundes aufzulegen, das
die Zeit bis zum Inkrafttreten einer Kommunalfinanzreform überbrücken
hilft:
l Rückgängigmachen der im Rahmen der Steuerreform beschlossenen An-

hebung der Gewerbesteuerumlage an Bund und Länder von 20 Prozent
bis auf 28 Prozent;

l Auflage einer kommunalen Investitionspauschale des Bundes für ost-
deutsche Städte und Gemeinden sowie für Städte und Gemeinden in
strukturschwachen Regionen des Altbundesgebietes;

l Einführung einer steuerfinanzierten Grundsicherung in die Arbeitslosen-
unterstützung, damit die Langzeitarbeitslosigkeit nicht den Kommunen
überlassen wird. Wie in der Rentenreform sollen dabei Arbeitslose An-
spruch auf ergänzende Leistungen mindestens in Höhe der Sozialhilfe
aus einer Hand haben. Diese Leistung sollen alle Arbeitslosen erhalten,
auch die, die heute im Sozialhilfeempfang sind;

l vorrangige Nutzung des noch bestehenden Spielraums bis zu der in der
EU festgelegten Verschuldensgrenze von drei Prozent des Bruttoinlands-
produktes – das wären sechs Mrd. Euro – für unmittelbare Finanzhilfen
an die Kommunen (gemäß dem Vorschlag des Präsidiums des Deutschen
Städtetages vom 15. Januar 2002);

Drucksache 14/8618 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

l Bündelung aller Haushaltsmittel aus der Städtebauförderung, dem Pro-
grammteil Soziale Stadt und der sozialen Wohnraumförderung in den ost-
deutschen Ländern mit dem Ziel, sie den Kommunen zum flexiblen Ein-
satz nach Bedarf zur Verfügung zu stellen;

l Entlastung der Wohnungsunternehmen und Eigentümer, die unter struk-
turellem Wohnungsleerstand von mehr als 10 Prozent leiden, von den
Altschulden auf leer stehenden und abgerissenen Wohnraum.

4. mittel- und langfristig folgende Probleme zu lösen:
l kritische Überprüfung aller den Städten, Gemeinden und Kreisen über-

tragenen Aufgaben sowie der daraus resultierenden Ausgaben, wobei die
nicht gerechtfertigte kommunale Mitfinanzierung gesamtstaatlicher Auf-
gaben schrittweise reduziert und abgeschafft werden muss;

l angemessene Dotierung eines Stadtumbauprogramms, das Wirtschafts-,
Wohnungs- und Arbeitsmarktförderung verknüpft;

l Evaluierung aller Förderprogramme und deren Förderkriterien, die für
Kommunen gelten;

l Überprüfung und gegebenenfalls Aufhebung überflüssiger Gesetze, Nor-
men, Standards und Vorschriften, die in der Praxis kaum umzusetzen
sind, den Kommunen unnötige Kosten verursachen, immer mehr Verwal-
tungspersonal binden und notwendige Entscheidungen verbürokratisie-
ren.

Berlin, den 19. März 2002
Roland Claus und Fraktion

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