BT-Drucksache 14/8539

Patienten- und Anwenderschutz bei der Aufbereitung und Wiederverwendung von medizinischen Einmalprodukten

Vom 12. März 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8539
14. Wahlperiode 12. 03. 2002

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Annette Widmann-Mauz, Dr. Wolf Bauer, Wolfgang Lohmann
(Lüdenscheid), Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Dr. Hans Georg Faust, Ulf Fink,
Hubert Hüppe, Dr. Harald Kahl, Eva-Maria Kors, Aribert Wolf, Wolfgang Zöller
und der Fraktion der CDU/CSU

Patienten- und Anwenderschutz bei der Aufbereitung und Wiederverwendung
von medizinischen Einmalprodukten

Es mehren sich die Hinweise (zuletzt FOCUS 9/2002), wonach medizinische
Einmalprodukte durch die Anwendung beim bzw. im ersten Patienten und die
Schritte der Aufbereitung, wie Reinigung und Sterilisation, eine Einschränkung
ihrer Leistungsfähigkeit erfahren und damit zunehmende Unsicherheit für den
Patienten bedeuten. EU-Staaten, wie Frankreich und England, verbieten den
Wiedereinsatz von Einwegprodukten.
Das Zweite Gesetz zur Änderung des Medizinproduktegesetzes (2. MPG-
ÄndG) sieht vor, dass Einrichtungen, die sterile Medizinprodukte „für andere“
aufbereiten, diese Tätigkeit anzeigen müssen. Damit können sie im Hinblick
auf diese Tätigkeit durch die Behörden überwacht werden. Einrichtungen oder
Unternehmen, die sterile Medizinprodukte aufbereiten und an Dritte abgeben,
also an andere Einrichtungen als die, von denen sie die Produkte erhielten, sol-
len außerdem wie die Hersteller die Konformitätsbewertungsverfahren nach
dem Medizinproduktegesetz durchlaufen. Einrichtungen, die sterile Medizin-
produkte für den Eigenbedarf aufbereiten, sind dagegen nicht anzeigepflichtig
und müssen die Konformitätsbewertungsverfahren nicht durchlaufen.
Mit Inkrafttreten des 2. MPG-ÄndG sind bei der Aufbereitung von Medizinpro-
dukten die Empfehlungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizin-
produkte (BfArM) sowie des Robert Koch-Instituts (RKI) mit dem Titel „An-
forderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten“ zu
beachten, auch durch Betreiber und Anwender nach dem Medizinproduktege-
setz, also z. B. die Krankenhausverantwortlichen und das medizinische Perso-
nal. Es ist nicht sicher, inwieweit diese Anforderungen in den medizinischen
Einrichtungen bekannt sind und eingehalten werden.
Der Bundesverband Medizintechnologie e. V. ist der Ansicht, dass die Aufbe-
reiter bisher unzulänglich überwacht wurden. Mit der o. g. Empfehlung von
RKI und BfArM liegen zumindest für den Bereich der hygienischen Sicherheit
Kriterien vor, an denen sich eine Überwachungstätigkeit orientieren kann.
Die Aufbereitung von Medizinprodukten muss nach validierten Verfahren er-
folgen. Der Aufberereiter benötigt dafür u. a. eine gründliche Kenntnis der Pro-
dukte bzw. der verschiedenen Materialien und ihrer Wechselwirkung miteinan-
der und mit den Verpackungsmaterialien während der Anwendung und der

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einzelnen Aufbereitungsschritte. Eine Reihe der Informationen sind firmenei-
genes Know-how, das nur der Hersteller besitzt.
Die Anforderungen an die Hygiene sind weitgehend dokumentiert. Die tech-
nischen Anforderungen sind dagegen nicht ausreichend geregelt. Aus Unter-
suchungen ist bekannt, dass Produkte durch Anwendung und Aufbereitung
hinsichtlich der Oberflächenqualität und der mechanischen Leistung Schaden
nehmen können. Die Validierung eines Wiederaufbereitungsverfahrens sagt
alleine noch nichts aus über die erreichte Produktqualität. Die Spezifikationen
der Hersteller sind den Aufbereitern auch nicht bekannt.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, dass medizinische

Einmalprodukte durch die Anwendung beim ersten Patienten und/oder die
Verfahren der Aufbereitung eine Veränderung ihrer Leistungsmerkmale er-
fahren?

2. Wenn ja, welcher Art sind die Veränderungen der Produkte?
3. Welche Risiken, die durch mögliche Veränderungen der Produkte beim Pa-

tienten und Anwender entstehen, sind der Bundesregierung bekannt?
4. Geht die Bundesregierung davon aus, dass die Aufbereitung von sterilen

Medizinprodukten für den Eigenbedarf einer medizinischen Einrichtung
ein höheres Sicherheitsniveau erreicht als die Aufbereitung für andere?

5. Wenn nein, wie ist es im Hinblick auf den Anwender- und Patientenschutz
zu rechtfertigen, dass bei gleichem Risiko nicht die gleichen Schutzmecha-
nismen greifen?

6. Ist der Bundesregierung bekannt, ob die „Anforderungen an die Hygiene
bei der Aufbereitung von Medizinprodukten“ des BfArM und des RKI in
den Krankenhäusern bekannt sind und eingehalten werden?

7. Wenn nein, wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass diese Anfor-
derungen, auf die im Bundesrecht nunmehr verwiesen wird, in den medizi-
nischen Einrichtungen bekannt gemacht und eingehalten werden?

8. Hat es bisher eine gezielte Überwachung der Aufbereitung von medizini-
schen Einmalprodukten (sowohl durch die Krankenhäuser als auch durch
externe Dienstleister) gegeben?

9. Wenn ja, wie erfolgte diese Überwachung?
10. Wird die Bundesregierung vor dem Hintergrund der neuen Empfehlungen

von RKI und BfArM dafür Sorge tragen, dass konkrete Maßnahmen zur
Durchführung der Überwachung umgesetzt werden?

11. Ist der Bundesregierung bekannt, ob die Aufbereiter über alle Informatio-
nen verfügen, die sie für ihre Verfahren benötigen?

12. Wenn ja, woher stammen diese Informationen?
13. Dürfen bei wiederaufbereiteten medizinischen Einmalprodukten die tech-

nischen Leistungen von den Leistungen des Originalproduktes abweichen,
und wie wird dies überwacht?

14. Kann sichergestellt werden, dass Patienten durch die Wiederverwendung
von aufbereiteten Medizinprodukten nicht zu Schaden kommen, und wenn
ja, wie?

15. Hat der Patient ein Recht auf Mitbestimmung oder zumindest Information,
wenn ein aufbereitetes Einwegprodukt eingesetzt wird?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/8539

16. Gilt diese Informationspflicht nicht insbesondere dann, wenn mit der Wie-
derverwendung ein erhöhtes Risiko bestehen kann ohne jeglichen Vorteil
für den Patienten?

17. Welche Infektionsrisiken bestehen für den Patienten bei Operationen wie
z. B. Mandel- oder Blinddarmoperationen durch die Verwendung von wie-
derverwendeten Medizininstrumenten?

18. Denkt die Bundesregierung darüber nach, bei Operationen mit erhöhter In-
fektionsgefahr durch wiederverwendete Medizininstrumente per Gesetz
nur noch Einmalprodukte verwenden zu lassen?

Berlin, den 12. März 2002
Annette Widmann-Mauz
Dr. Wolf Bauer
Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid)
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink
Hubert Hüppe
Dr. Harald Kahl
Eva-Maria Kors
Wolfgang Zöller
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

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