BT-Drucksache 14/8509

zu dem Antrag der Abgeordneten Wimmer (Karlsruhe), Dr. Eckhardt, Dr. Bartels, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abg. Dr. Loske, Bettin, Fell, weiterer Abg. und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -14/7627- Mehr Frauen an die Spitze von Wissenschaft und Forschung - durch Gender Mainstreaming Frauen in Wissenschaft und Forschung stärken

Vom 13. März 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8509
14. Wahlperiode 13. 03. 2002

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
(19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Brigitte Wimmer (Karlsruhe), Dr. Peter Eckardt,
Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Dr. Reinhard Loske, Grietje Bettin, Hans-Josef Fell,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 14/7627 –

Mehr Frauen an die Spitze von Wissenschaft und Forschung – durch Gender
Mainstreaming Frauen in Wissenschaft und Forschung stärken

A. Problem
Frauen sind trotz zahlreicher hoher Bildungsabschlüsse in Entscheidungs- und
Führungspositionen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie in
wichtigen Zukunftsfeldern wie technikorientierten Berufs- und Studiengängen
weiterhin unterrepräsentiert. Deshalb wird die Bundesregierung aufgefordert, in
Zusammenarbeit mit den Ländern verschiedene Initiativen zu ergreifen und
Maßnahmen durchzusetzen, um Chancengleichheit als durchgängiges Leitprin-
zip (Gender Mainstreaming) in allen Programmen und Maßnahmen bei Bil-
dung und Forschung zu etablieren.

B. Lösung
Annahme des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der
FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion der PDS

C. Alternativen
Ablehnung des Antrags.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Drucksache 14/8509 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag – Drucksache 14/7627 – anzunehmen.

Berlin, den 27. Februar 2002

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
Ulrike Flach
Vorsitzende und Berichterstatterin

Brigitte Wimmer (Karlsruhe)
Berichterstatterin

Bärbel Sothmann
Berichterstatterin

Dr. Reinhard Loske
Berichterstatter

Maritta Böttcher
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/8509

Bericht der Abgeordneten Brigitte Wimmer (Karlsruhe), Bärbel Sothmann,
Dr. Reinhard Loske, Ulrike Flach und Maritta Böttcher

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat in seiner 219. Sitzung am 22.
Februar 2002 den Antrag – Drucksache 14/7627 – zur fe-
derführenden Beratung an den Ausschuss für Bildung, For-
schung und Technikfolgenabschätzung und zur Mitberatung
an den Innenausschuss, den Ausschuss für Arbeit und Sozi-
alordnung sowie an den Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Zukunftsorientierte Politik müsse die Voraussetzungen da-
für schaffen, dass Frauen in Wissenschaft und Forschung in
allen Bereichen und auf allen Ebenen, vor allem in Füh-
rungspositionen, gleichberechtigt vertreten sind. Im Inte-
resse der Wirtschaft und der Gesellschaft sei es besonders
wichtig, die vorhandenen Kompetenzen von Frauen stärker
zu nutzen und ausbildungsadäquat einzusetzen. Die Verbes-
serung der Chancen von Frauen sei in diesem Zusammen-
hang als eine sofort einsatzbereite Ressource für Forschung
und Lehre anzusehen. Dies sei ein Beitrag zur Qualitäts-
sicherung, Leistungssteigerung und Stärkung der Wettbe-
werbsfähigkeit der Hochschulen und außeruniversitären
Forschungseinrichtungen. Auch auf europäischer Ebene sei
die Chancengleichheit ein Thema höchster Aktualität; die
Weichen, die hier im 5. Forschungsrahmenprogramm der
EU gestellt worden seien, gelte es im 6. Forschungsrahmen-
programm konsequent und durchgängig zu verwirklichen.
Die Bundesregierung wird deshalb unter anderem aufgefor-
dert, gezielte Stellenprogramme für Wissenschaftlerinnen
in die Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher
Forschungszentren, 1085 (HGF) aufzulegen, im 6. For-
schungsrahmenprogramm der EU die Strategie des Gender
Mainstreaming durch eigene Schwerpunkte in den spezifi-
schen Programmen zu verstärken und darauf hinzuwirken,
die Beteiligung von Frauen in Spitzenpositionen der europä-
ischen Forschung deutlich zu erhöhen, Kinderbetreuungsan-
gebote in Hochschulen und Forschungseinrichtungen weiter
zügig auszubauen, gemeinsam mit den Ländern gezielte
Maßnahmen, wie beispielsweise frauenspezifische Studien-
angebote, einzuleiten sowie über die Umsetzung des Gender
Mainstreaming in Wissenschaft und Forschung Mitte 2002
zu berichten.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Innenausschuss hat den Antrag in seiner Sitzung am
27. Februar 2002 beraten und dem federführenden Aus-
schuss mit den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion der FDP sowie einer Stimme der Fraktion der
CDU/CSU bei Stimmenthaltung der Fraktion der PDS emp-
fohlen, dem Antrag zuzustimmen.
Der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung hat den An-
trag in seiner Sitzung am 27. Februar 2002 beraten und dem

federführenden Ausschuss mit den Stimmen der Mitglieder
der Koalitionsfraktionen und der Fraktion der CDU/CSU
gegen die Stimmen der Fraktion der FDP bei Stimmenthal-
tung der Fraktion der PDS empfohlen, dem Antrag zuzu-
stimmen.
Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend hat in seiner Sitzung am 27. Februar 2002 den Antrag
beraten und mit den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/
CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion der
PDS dem federführenden Ausschuss empfohlen, der Vor-
lage zuzustimmen.

IV. Beratungsverlauf und -ergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung hat den Antrag in seiner Sitzung am 27.
Februar 2002 beraten und die vorgenannte Beschlussemp-
fehlung mit den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion der
PDS verabschiedet.
Von Seiten der Fraktion der SPD wird auf die Plenarde-
batte am 22. Februar 2002 verwiesen, in der der vorliegende
Antrag überwiegend positiv bewertet worden sei. Es wird
gesagt, dass gute Maßnahmen der alten Bundesregierung
weitergeführt wurden und neue Initiativen der neuen Bun-
desregierung dazugekommen seien. Allerdings müsse
immer noch viel getan werden: Frauen erreichten höhere
Bildungsabschlüsse als Männer, seien aber bei den Spitzen-
positionen in Wissenschaft und Forschung noch immer
nicht entsprechend repräsentiert. Deshalb werde gefordert,
den Anteil an Professorinnen bis zum Jahr 2005 auf 20 %
zu verdoppeln. Begrüßt werde die Vereinbarung zwischen
Bund und Ländern, dass eine 40 %ige Beteiligung von
Frauen bei den personenbezogenen Maßnahmen des gesam-
ten Hochschul- und Wissenschaftsprogramms notwendig
sei. Dringend erforderlich sei ein viel stärker als bisher ver-
ankertes Kinderbetreuungsangebot an den Hochschulen und
darüber hinaus. Insgesamt würden gemeinsame Anstren-
gungen gebraucht, um dem Ziel der Verdopplung des Frau-
enanteils näher zu kommen. Deshalb werde die Fraktion
dem vorliegenden Antrag zustimmen.
Von Seiten der Fraktion der CDU/CSU wird erklärt, dass
im Antrag der Handlungsbedarf richtig beschrieben worden
sei. Frauen seien in Wissenschaft und Forschung tatsächlich
dramatisch unterrepräsentiert. Besonders besorgniserre-
gend sei der Karriereknick von Frauen kurz nach dem Stu-
dium. Doch würden die Kompetenz und die Innovations-
kraft von Frauen dringend benötigt; Deutschland könne es
sich nicht weiter leisten, die Kompetenzen hochkarätiger
Wissenschaftlerinnen zu ignorieren. Dies gelte vor allem
vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels. Deshalb be-
stehe ein sehr großer Handlungsbedarf. Der Aufbruch in der
Gleichstellungspolitik sei bereits – wie schon von der Frak-

Drucksache 14/8509 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

tion der SPD erwähnt – zurzeit der alten Bundesregierung
erfolgt. Die Förderung von Frauen müsse schon in der
Schule beginnen, so solle z. B. getrennter Unterricht in den
naturwissenschaftlichen Fächern vorgesehen werden. An
den Hochschulen sei eine spezielle Beratung von Studentin-
nen erforderlich, außerdem müssten viel mehr Frauen in den
Berufungskommissionen vertreten sein. Eine dringende
Forderung der Fraktion der CDU/CSU sei, bei der Einfüh-
rung der Juniorprofessuren darauf zu achten, dass Frauen
gleichberechtigt zum Zuge kommen. Insgesamt wird die
Hoffnung geäußert, dass die Anregungen der Fraktion von
der Bundesregierung aufgenommen und verstärkt Maßnah-
men in den Bereichen Schule und Ausbildung ergriffen wer-
den, um die Chancen für Mädchen und junge Frauen in Wis-
senschaft und Forschung zu verbessern. Die Fraktion der
CDU/CSU werde dem Antrag zustimmen.
Von Seiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
wird erläutert, dass auf dem Weg nach oben immer mehr
Frauen verlorengingen. Die Ursachen dafür seien mannig-
faltig. An den Universitäten finde sehr bald ein großer
Wechsel statt: zwischen 2000 und 2010 werde etwa die
Hälfte der Professorinnen und Professoren ersetzt. Die noch
bestehende große Asymmetrie könne dadurch zum Teil be-
hoben werden. Deshalb komme es nun darauf an, bei der
Einrichtung von Juniorprofessuren auf eine gleichberech-
tigte Besetzung zu achten. Darauf solle die Politik Einfluss
nehmen. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werde
dem Antrag zustimmen.
Von Seiten der Fraktion der FDP wird große Skepsis ge-
genüber dem Antrag verdeutlicht, weil die Fraktion der FDP
ein anderes Verständnis darüber habe, wie Frauen zu för-
dern seien. Die Vergabe von öffentlichen Mitteln könne
nicht von zwangsweisen politischen Forderungen abhängig
gemacht werden. Es wird prophezeit, dass die Umsetzung
nicht zu den im Antrag formulierten Zielen führen werde.
Nur wenn die Rahmenbedingungen stimmten, werde ein hö-
herer Frauenanteil realisiert. Deshalb ergeht die Aufforde-
rung an die Regierungskoalition, in den Bundesländern für
die Verbesserung von Kinderbetreuungsangeboten einzutre-
ten. Hier würden auch entsprechende Initiativen seitens der
Bundesregierung erwartet. Die Fraktion der FDP lehne den
Antrag aus den dargelegten Gründen ab.

Von Seiten der Fraktion der PDS wird bekräftigt, dass die
Fraktion den Antrag mit den aufgenommenen Zielsetzungen
begrüße. Die Politik müsse sehr viel wirksamere Maßnah-
men als bisher ergreifen. Der Antrag erschöpfe sich darin,
die Bundesregierung zu loben. Allerdings hätten die bisheri-
gen Maßnahmen noch nicht den entscheidenden Durch-
bruch erzielt. Zu einer mehrdimensionalen Strategie zur
Gleichstellung von Frauen und Männern gehörten auch
verbindliche Vorgaben, die im Antrag vermisst würden.
Insofern seien die Forderungen im Antrag unzureichend,
weil sie unverbindlich blieben. Über gut gemeinte Anträge
hinaus werde die Verankerung gleichstellungspolitischer
Instrumente in Recht und Gesetz benötigt. Die Fraktion der
PDS sei skeptisch, ob die im Antrag formulierten Forderun-
gen ernst gemeint seien und ob sie zum gewünschten Erfolg
führen werden. Die Fraktion der PDS werde sich bei der
Abstimmung der Stimme enthalten.
Von Seiten der Bundesregierung wird der Antrag der Koa-
litionsfraktionen begrüßt. Im Zuständigkeitsbereich des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)
seien erfreuliche Fortschritte gemacht worden, genannt wer-
den beispielhaft die außeruniversitären Forschungseinrich-
tungen der HGF, wo die Zahl von Frauen in wissenschaftli-
chen Beiräten und Kuratorien deutlich gesteigert worden
sei. Die Leitung des BMBF nehme darauf Einfluss, dass be-
stimmte Zielvorgaben des Ministeriums gewahrt werden.
Zum Thema Kindertagesstätten wird erläutert, dass in der
Zuständigkeit des BMBF ein Durchbruch erzielt werden
konnte: Es gebe eine wachsende Zahl an Großforschungs-
einrichtungen, in denen Kindertagesstätten aus der instituti-
onellen Förderung des BMBF mitfinanziert werden. Das
BMBF könne lediglich bei der Besetzung der Juniorprofes-
suren Einfluss auf die Hochschulen nehmen, da das BMBF
hierzu Ausstattungszuschüsse gebe. In allen anderen Fragen
der Berufung und Besetzung von Posten hätten die Hoch-
schulen Autonomie. Das BMBF sei derzeit dabei, sich einen
umfassenden Überblick über die Situation nach den ersten
Berufungen von Juniorprofessoren zu verschaffen. Die Ent-
wicklung werde im Auge behalten, um gegebenenfalls
politischen Einfluss nehmen zu können. Der Gesetzgeber
könne bei Juniorprofessuren keine verbindlichen Quoten
vorgeben.

Berlin, den 27. Februar 2002
Brigitte Wimmer (Karlsruhe)
Berichterstatterin

Bärbel Sothmann
Berichterstatterin

Dr. Reinhard Loske
Berichterstatter

Ulrike Flach
Berichterstatterin

Maritta Böttcher
Berichterstatterin

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.