BT-Drucksache 14/845

zu dem A - Drs. 14/159 (CDU/CSU) -Festigung und Fortentwicklung der europäischen Union während der deutschen Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 1999

Vom 23. April 1999


Deutscher Bundestag: Drucksache 14/845 vom 23.04.1999

Beschlußempfehlung und Bericht zu dem Antrag 14/159 Festigung und
Fortentwicklung der Europäischen Union während der deutschen
Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 1999 =

23.04.1999 - 845

14/845

Beschlußempfehlung und Bericht
des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union
(22. Ausschuß)
zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU
- Drucksache 14/159 -
Festigung und Fortentwicklung der Europäischen Union
während der deutschen Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 1999

A. Problem
Die Bundesrepublik Deutschland hat zum 1. Januar 1999 die
Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union übernommen. Die in die
Zeit der deutschen Ratspräsidentschaft fallenden Aufgaben haben der
Europäische Rat in Cardiff und der Beschäftigungsgipfel in Wien
deutlich gemacht. Dabei geht es darum, wesentliche Elemente der
Strategie der Europäischen Union für die weitere wirtschaftliche Reform
zur Förderung von Wachstum, Wohlstand, Beschäftigung und sozialer
Integration festzulegen, praktische Mittel und Wege für eine größere
Bürgernähe der Union durch stärkere Transparenz, Integration der
Umweltbelange und intensivere Bekämpfung von Drogen- und organisierter
Kriminalität aufzuzeigen, Leitlinien und einen zeitlichen Rahmen für
die weiteren Verhandlungen über die Agenda 2000 aufzustellen, damit bis
spätestens März 1999 eine politische Einigung über das Gesamtpaket
erzielt werden kann, eine Prüfung der sonstigen Fortschritte bei der
Weiterentwicklung der Europäische Union und ihrer Außenbeziehungen
vorzunehmen und eine weiterreichende Diskussion über die künftige
Entwicklung der Europäische Union in Gang zu setzen.
B. Lösung
Ablehnung des Antrags.
Mehrheit im Ausschuß
C. Alternativen
Annahme des Antrags.
D. Kosten
Wurden nicht erörtert.
Beschlußempfehlung
Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag der Fraktion der CDU/CSU Festigung und Fortentwicklung der
Europäischen Union während der deutschen Ratspräsidentschaft im ersten
Halbjahr 1999 (Drucksache 14/159)
abzulehnen.
Bonn, den 29. März 1999
Der Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Dr. Friedbert Pflüger Dr. Norbert Wieczorek Peter Hintze
Christian Sterzing
Vorsitzender Berichterstatter Berichterstatter Berichterstatter
Dr. Helmut Haussmann Manfred Müller (Berlin)
Berichterstatter Berichterstatter

Bericht der Abgeordneten Dr. Norbert Wieczorek, Peter Hintze,
Christian Sterzing, Dr. Helmut Haussmann, Manfred Müller (Berlin)
1.
Beratungsverfahren
Der Antrag der Fraktion der CDU/CSU Festigung und Fortentwicklung der
Europäischen Union während der deutschen Ratspräsidentschaft im ersten
Halbjahr 1999 (Drucksache 14/159) ist in der 14. Sitzung des Deutschen
Bundestages am 10. Dezember 1998 an den Ausschuß für die
Angelegenheiten der Europäischen Union federführend und an den
Auswärtigen Ausschuß, den Innenausschuß, den Finanzausschuß, den
Ausschuß für Wirtschaft und Technologie, den Ausschuß für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten und den Ausschuß für Arbeit und
Sozialordnung zur Mitberatung überwiesen worden.
Der Auswärtige Ausschuß hat in seiner 13. Sitzung am 24. März 1999, der
Innenausschuß in seiner 9. Sitzung am 3. März 1999, der Finanzausschuß
in seiner 13. Sitzung am 27. Januar 1999, der Ausschuß für Wirtschaft
und Technologie in seiner 4. Sitzung am 20. Januar 1999, der Ausschuß
für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in seiner 9. Sitzung am 27.
Januar 1999 und der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung in seiner 7.
Sitzung am 20. Januar 1999 den Antrag jeweils abgelehnt.
2.
Gegenstand des Antrags
Der Antrag bewertet den Vertrag von Amsterdam, die Beschlüsse des
Luxemburger Gipfels zur Erweiterung der Europäischen Union und der
Schaffung einer gemeinsamen europäischen Währung als politisches
Fundament, das dem Integrationsprozeß Zukunft gibt. Angesichts der
tiefgreifenden Entscheidungen in den Staaten der Europäischen Union und
einer von Globalisierung geprägten Welt müßten Kommunen, Bundesländer
(Regionen), Mitgliedstaaten und Europäische Union auch im Interesse des
Verständnisses der Bürger für und Vertrauen in die weitere europäische
Entwicklung nach dem Prinzip der Subsidiarität und einer klaren
Kompetenzabgrenzung zusammenwirken. Auch aus diesem Grunde müssen bei
Anerkennung der Notwendigkeit der Koordinierung der nationalen
Beschäftigungsstrategien die Zuständigkeit und Verantwortung für die
Schaffung beschäftigungsfördernder Strukturen und die Flexibilisierung
der Arbeitsmärkte bei den Mitgliedstaaten verbleiben. Die Stabilität
des Euro, der die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft stärke und die
Voraussetzung für neue Arbeitsplätze schaffe, dürfe nicht preisgegeben
werden. Hinsichtlich des künftigen EU-Beitragssystems muß das
Mißverhältnis zwischen Beiträgen und Rückflüssen für die Bundesrepublik
Deutschland korrigiert werden. In diesem Zusammenhang wird die
Bundesregierung aufgefordert, sich für strikte Sparsamkeit, ein
effizienteres Finanzgebaren der EU und eine wirksame Vollzugskontrolle
sowohl der Europäischen Kommission als auch der Mitgliedstaaten und
Regionen einzusetzen. In den nächsten Jahren sollten die EU-Ausgaben
keinesfalls stärker ansteigen als das Bruttosozialprodukt. Mit Blick
auf die Reformen der Struktur- und Regionalförderung der EU im Rahmen
der Agenda 2000 wird die Bundesregierung aufgefordert, für eine
Konzentration der Mittel und eine deutliche Stärkung der
Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten einzutreten. Dabei wird die
Absicht der EU-Kommission abgelehnt, das bisher eigenständige
Förderziel "Entwicklung der ländlichen Räume" zu streichen.
Hinsichtlich der gemeinsamen Agrarpolitik dürfe mit Blick auf die
anstehenden WTO-Verhandlungen und die EU-Erweiterung die notwendige
Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft, die
Sicherung der bäuerlichen Einkommen, die hohen Verbraucher- und
Tierschutzbestimmungen und die Zukunft der ländlichen Räume nicht
vernachlässigen. Unter Hinweis auf das Subsidiaritätsprotokoll des
Amsterdamer Vertrages wird auf die Möglichkeit hingewiesen, bisher
ausschließlich von Brüssel geleistete Zahlungen an die Landwirtschaft
im Wege der Kofinanzierung direkt aus den nationalen Haushalten zu
leisten und bestimmte Kompetenzen im Bereich der Agrarpolitik auf die
nationale Ebene zurückzuverlagern. Bei der Aufnahme von
Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern wird die Bundesregierung
aufgefordert, auf eine gerechtere Lastenverteilung zu drängen. Die
Bundesregierung wird darüber hinaus aufgefordert, während der deutschen
Ratspräsidentschaft die institutionellen Reformen der Europäische
Union, vor allem die weitere Demokratisierung der europäischen
Institutionen sowie die Herstellung von mehr Transparenz und Bürgernähe
voranzubringen. Schließlich wird die Bundesregierung aufgefordert die
historische Aufgabe der begonnenen Erweiterung der Europäische Union
voranzutreiben und bereits beim Europäischen Rat in Köln im Lichte der
bis dahin erzielten Fortschritte eine Entscheidung über den Beginn von
Verhandlungen mit weiteren Beitrittskandidaten -- beispielsweise der
Slowakei, Lettland und Litauen -- zu treffen. Die Europäische Union
müsse die internen und institutionellen Reformen frühzeitig
abschließen, damit sie ab dem Jahr 2002 fähig sei, erste Staaten
aufzunehmen.
3.
Beratungsverfahren -- federführender
Ausschuß
Der Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union hat sich in
seiner 8. Sitzung am 10. Februar 1999 mit dem Antrag befaßt.
Dabei wurde von Seiten der Fraktion der SPD auf die Unklarheit des
Begriffs der Kompetenzabgrenzung hingewiesen. Zu dem in Ziffer 1 des
Antrags erwähnten Lösungsansatz der früheren Bundesregierung sei darauf
zu verweisen, daß sich die Dinge seither weiterentwickelt hätten. Es
gäbe neben dem dort offenbar angesprochenen "Kappungsmodell" weitere
Vorschläge sowohl auf der Ausgaben-, als auch auf der Einnahmenseite,
so zum Beispiel der vorgeschlagene Übergang vom Mehrwertsteuer- zum
BSP-Ansatz. Ziel des in Ziffer 2 des Antrags erwähnten
Beschäftigungspaktes sei es, für eine größere Verbindlichkeit, für
nachprüfbare Ziele sowie einen größeren Druck auf die Regierungen zu
sorgen. Mit dem 100 000-Programm zur Bekämpfung der
Jugendarbeitslosigkeit habe die neue Bundesregierung schon erste
zielgerichtete Maßnahmen ergriffen. Hinsichtlich der in Ziffer 5 des
Antrags kritisierten Absicht der EU-Kommission, das eigenständige
Förderziel "Entwicklung der ländlichen Räume" zu streichen, sei die
Diskussion über den Stand des Antrags weit hinaus gediehen. Inzwischen
gebe es weitgehende Übereinstimmung, die "Entwicklung der ländlichen
Räume" innerhalb des Ziels-2 zu fördern. Der in Ziffer 5 genannte
Kohäsionsfonds laufe keineswegs aus, vielmehr ginge es um die
Rückführungen des Kohäsionsfonds. Ziel des Kohäsionsfonds sei es unter
anderem gewesen, die vier begünstigten Länder nicht durch die deutsche
Einigung und die entsprechende Vergrößerung der Ziel-1-Gebiete zu
benachteiligen. Bei der in Ziffer 6 erwähnten Agrarpolitik sei die
Auffassung der neuen Bundesregierung eine andere als die der früheren
Bundesregierung. Grundsätzlich würden bei Modifikation in einzelnen
Punkten die Vorschläge des EU-Kommissars Fischler als Ausgangspunkt für
die Neuregelung der Agrarpolitik im Rahmen der Agenda 2000 genommen.
Hinsichtlich der Kofinanzierung gebe es keine Unterschiede zwischen den
Parteien. Die in Ziffer 4 des Antrags erwähnte Lastenverteilung bei der
Aufnahme von Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern könne in der
deutschen Ratspräsidentschaft nicht gelöst werden. Möglicherweise könne
auf dem Rat in Köln ein Fahrplan beschlossen werden, der auch die Frage
des Abgehens von der Einstimmigkeit im Asylbereich behandle. Die neue
Bundesregierung behandle die Erweiterung der Europäischen Union
engagiert und zielorientiert, was sich insbesondere in der Aufnahme von
8 neuen Kapiteln zeige, die von der deutschen Präsidentschaft auf die
Tagesordnung gesetzt worden seien. Die Frage, ob Verhandlungen mit
weiteren Beitrittskandidaten aufgenommen werden könnten, sei von dem
Rat in Wien in der Weise entschieden worden, daß der entsprechende
Auftrag an den Helsinki-Gipfel Ende 1999 weitergegeben worden sei.
Insgesamt sei der Antrag der Fraktion der CDU/CSU, weil er noch vor dem
Rat von Wien formuliert worden sei, in weiten Teilen überholt. Aus
diesem Grund hätte die Fraktion der SPD ihren konkurrierenden Antrag
seinerzeit noch in der Europadebatte vor dem Wiener Gipfel zur
Abstimmung gebracht.
Auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bezeichnet den Antrag als
weitgehend überholt. Das im Antrag erwähnte Prinzip einer klaren
Kompetenzabgrenzung würde den Stand der Debatte nicht angemessen
wiedergeben. Die Forderung nach einem festen Kompetenzkatalog würde die
notwendige Dynamik aus dem Integrationsprozeß herausnehmen und die
erforderliche Verfassungsdebatte abschneiden. Die Ausführungen in
Ziffer 2 des Antrags seien nach dem Inhalt der Beschlüsse des Wiener
Gipels zur Beschäftigungspolitik überholt. Die in Ziffer 7 des Antrags
erwähnte gerechte Lastenverteilung mittels Durchsetzung von
"Verteilungssystemen" ignoriere den Vorschlag der Kommission nach einer
gerechten Lastenverteilung im Wege einer angemessenen Verteilung von
Kosten, worüber intensiv nachgedacht werden solle.
Die Fraktion der F.D.P. unterstreicht die Notwendigkeit der
Stabilitätspolitik. Alles andere würde nicht zum notwendigen Vertrauen
beitragen. Die ausdrückliche Erwähnung des Beitrittsdatums 2002 wird
für wichtig erachtet.
Die Fraktion der CDU/CSU erläutert die in Ziffer 3 des Antrags
aufgestellte Forderung nach einer klaren Kompetenzabgrenzung.
Gegenwärtig bestehe ein ungeordneter Prozeß im Rahmen der Europäischen
Union bei der Frage der Zuständigkeiten. Kein Politikbereich sei vor
dem europäischen Zugriff sicher, was geändert werden müsse. Die
gegenwärtige Regelung führe auch innerstaatlich zu Verwirrung, wie es
sich gerade jüngst gezeigt habe, als durch die EU-Wasserrichtlinie in
den Zuständigkeitsbereich der Bundesländer hineingewirkt worden sei.
Hinsichtlich des Bereichs Landwirtschaft bestünden unterschiedliche
Positionen, was der Öffentlichkeit auch deutlich gemacht werden müsse.
Der Antrag habe sich mit dem Wiener Gipfel nicht erschöpft, sondern
ziele im wesentlichen auf das Verhalten der deutschen Präsidentschaft
ab.
Der Antrag wird mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN und PDS gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und der
F.D.P. abgelehnt.
Bonn, den 29. März 1999
Dr. Norbert Wieczorek Peter Hintze Christian Sterzing
Berichterstatter Berichterstatter Berichterstatter
Dr. Helmut Haussmann Manfred Müller (Berlin)
Berichterstatter Berichterstatter

23.04.1999 nnnn

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