BT-Drucksache 14/8407

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNDIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Bundesregierung -14/7387, 14/7897, 14/8046, 14/8395- Entwurf eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelungdes Aufenthalts und der Integaration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz)

Vom 28. Februar 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8407
14. Wahlperiode 28. 02. 2002

Änderungsantrag
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau und der Fraktion der PDS

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN sowie der Bundesregierung
– Drucksachen 14/7387, 14/7987, 14/8046, 14/8395 –

Entwurf eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung
und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern
und Ausländern (Zuwanderungsgesetz)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Artikel 1 – Aufenthaltsgesetz – wird wie folgt geändert:
1. § 23 wird wie folgt geändert:

In Absatz 1 werden die Sätze 2 und 3 gestrichen.
2. § 25 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:
„(3) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn

die Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60
Abs. 2 bis 7 nicht nur kurzzeitig vorliegen. Die Voraussetzungen des Sat-
zes 1 liegen insbesondere vor, wenn der Ausländer seit einem halben Jahr
über eine Bescheinigung nach § 60 Abs. 1 Satz 4 verfügt.“

b) Absatz 5 Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 5 Abs. 1 und 2 erteilt
werden, wenn das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine
außergewöhnliche Härte bedeuten würde.“

3. In § 27 werden
a) in Absatz 2 die Angabe „Absatz 3“ gestrichen
b) Absatz 3 gestrichen.

4. § 32 wird wie folgt gefasst:
㤠32

Kindernachzug
Demminderjährigen ledigen Kind eines Ausländers ist eine Aufenthaltser-

laubnis zu erteilen, wenn der Ausländer einen Aufenthaltstitel nach diesem
Gesetz, eine Aufenthaltsgestattung nach demAsylverfahrensgesetz oder eine
Bescheinigung nach § 60 Abs. 11 Satz 4 besitzt.“

Drucksache 14/8407 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

5. In § 34 Abs. 1 werden die Wörter „eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlas-
sungserlaubnis“ durch die Wörter „einen Aufenthaltstitel nach diesem Ge-
setz, eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylverfahrensgesetz oder eine
Bescheinigung nach § 60 Abs. 11 Satz 4“ ersetzt.

6. § 36 wird wie folgt geändert:
In Satz 1 wird der Halbsatz „wenn es zur Vermeidung einer außergewöhnli-
chen Härte erforderlich ist“ durch den Halbsatz „wenn es zur Sicherstellung
eines Umgangsrechts mit den für die Entwicklung des Kindes bedeutsamen
Bezugspersonen im Sinne des § 1685 des Bürgerlichen Gesetzbuches oder
zur Vermeidung einer Härte erforderlich ist“ ersetzt.

7. Die folgenden §§ 43a bis 43c sowie 45a werden eingefügt:
㤠43a

Ziel der Förderung der Integration
Ziel der Förderung der Integration von absehbar auf Dauer im Bundesge-

biet lebenden Ausländern und Spätaussiedlern ist ihre gleichberechtigte Teil-
habe und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben der Bundesrepublik
Deutschland. Die Integration von Zuwanderern in Wirtschaft und Arbeits-
markt, Bildung und Kultur, Politik und Gesellschaft wird gefördert. Die Be-
reitstellung zielgruppengerechter Integrationsangebote und die interkulturelle
Öffnung aller Bereiche des öffentlichen Lebens ist eine gesamtstaatlicheAuf-
gabe des Bundes, der Länder und der Gemeinden. Die Förderung der Integra-
tion stellt eine Verpflichtung für alle gesellschaftlichen Institutionen und
Gruppen dar.

§ 43b
Grundangebot zur Integration:

Integrationskurs und Integrationsbegleitung
(1) Integrationsbemühungen von Ausländern und Spätaussiedlern werden

durch einGrundangebot zur Integration (Integrationskurs und Integrationsbe-
gleitung) unterstützt. Der Integrationskurs umfasst Angebote, die Ausländer
und Spätaussiedler mit der deutschen Sprache, der Rechtsordnung, dem kul-
turellen Leben und der Geschichte in Deutschland vertraut machen. Die
Integrationsbegleitung umfasst Beratung und Begleitung in Fragen der Erst-
orientierung, der Sprach- und Integrationskurse, der Kinderbetreuung, der
Wohnraumbeschaffung, der Schul- und Bildungsplanung, der Erwerbsar-
beitsplanung etc. in Deutschland. Ausländer und Spätaussiedler sollen da-
durch mit den Lebensverhältnissen im Bundesgebiet so weit vertraut werden,
dass sie möglichst in allen Angelegenheiten des täglichen Lebens selbständig
handeln können.
(2) Der Integrationskurs umfasst einen Basis- und einen Aufbausprachkurs

von jeweils dreihundert Unterrichtsstunden sowie einen Orientierungskurs
zur Vermittlung von Kenntnissen der Rechtsordnung, der Kultur und der Ge-
schichte in Deutschland von bis zu dreißig Unterrichtsstunden. Die erfolgrei-
che Teilnahme wird durch eine vom Sprachkursträger auszustellende Be-
scheinigung nachgewiesen. Die Teilnahme am Basissprachkurs ist in der
Regel Voraussetzung für die Teilnahme am Aufbausprachkurs. Soweit erfor-
derlich, soll der Integrationskurs durch Kinderbetreuungsangebote ergänzt
werden. Für teilnahmeberechtigte und -verpflichtete Ausländer (§§ 44, 45)
und Spätaussiedler werden Basis-, Aufbausprachkurs und Orientierungskurs
vomBundesamt fürMigration, Integration und Flüchtlinge durchgeführt. Das
Bundesamt für Migration, Integration und Flüchtlinge kann sich hierzu pri-
vater oder öffentlicher Träger bedienen.
(3) Die Integrationsbegleitung umfasst die Beratung und Begleitung der

Zuwanderinnen und Zuwanderer in Fragen ihrer Lebensplanung in Deutsch-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/8407

land, die Erstellung und Vereinbarung eines individuellen Integrationsförder-
planes auf der Grundlage einer Kompetenzanalyse des Zuwanderers, die
regelmäßige Kommunikation mit dem Zuwanderer über die vereinbarten
Schritte zur Zielerreichung sowie die Vermittlung an weitere Fach- und Re-
geldienste (z.B. Arbeits- und Sozialämter, Erziehungsberatung etc.). Die
Integrationsbegleitung erfolgt durch qualifizierte Fachkräfte in Integrations-
servicestellen. Der Bund trägt die |Kosten des Grundangebotes zur Integra-
tion (Integrationskurse und Integrationsbegleitung) und die Kosten für das
Bundesamt für Migration, Integration und Flüchtlinge.
(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nähere Einzelheiten der Integra-

tionsbegleitung und des Integrationskurses, insbesondere die Grundstruktur,
die Lerninhalte und die Durchführung der Kurse, die Vorgaben bezüglich der
Auswahl und Zulassung der Kursträger sowie die Rahmenbedingungen für
die Teilnahme durch eine Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesra-
tes zu regeln.

§ 43c
Weitere Integrationsangebote,

bundesweites Integrationsprogramm
Integrationskurs und Integrationsbegleitung können durch weitere Integra-

tionsangebote ergänzt werden. Das Bundesministerium des Inneren oder die
von ihm bestimmte Stelle entwickelt ein bundesweites Integrationspro-
gramm, in dem insbesondere die bestehenden Integrationsangebote von
Bund, Ländern, Kommunen und privaten Trägern für Ausländer und Spätaus-
siedler festgestellt und Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Integra-
tionsangebote und zur interkulturellen Öffnung anderer Fach- und Regel-
dienste vorgelegt werden. Bei der Entwicklung des bundesweiten Integra-
tionsprogramms sowie der Erstellung von Informationsmaterialien über
bestehende Integrationsangebote werden die Länder, die Kommunen und die
Ausländerbeauftragten von Bund, Ländern und Kommunen sowie der Beauf-
tragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen, das Bundesministerium für
Arbeit und Sozialordnung und das Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend beteiligt. Darüber hinaus sollen Religionsgemeinschaften,
Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, die Träger der freien Wohlfahrtspfle-
ge, Migrantenselbstorganisationen sowie sonstige in der Integrationsarbeit
engagierte gesellschaftliche Interessenverbände beteiligt werden.

§ 45a
Integrationsrat

Bei der Durchführung der Basis- und Aufbausprachkurse sowie der Orien-
tierungskurse und der Gewährleistung der Integrationsbegleitung im Rahmen
des „Grundangebotes zur Integration“ (§ 43b), der Entwicklung des bundes-
weiten Integrationsprogrammes (§ 43c Satz 2) und der Erstellung von Infor-
mationsmaterialien über bestehende Integrationsangebote (§ 43c Satz 3) wird
das Bundesamt für Migration, Integration und Flüchtlinge auf Bundesebene
durch einen Integrationsrat beraten.
Dem Integrationsrat gehören Vertreterinnen und Vertreter der Länder und
Kommunen sowie wichtiger in der Integrationsförderung erfahrener gesell-
schaftlicher Gruppen, insbesondere der Wohlfahrtsverbände, an. Die Mit-
glieder des Integrationsrates werden vom Bundesministerium des Inneren
für die Dauer von vier Jahren ernannt.
Der Integrationsrat erstattet jährlich ein Gutachten zur aktuellen Entwick-
lung der Integrationsförderung mit Empfehlungen für ihre zukünftige Ge-
staltung insbesondere im Hinblick auf die in Absatz 1 genannten Aufgaben.
Länder und Kommunen können vergleichbare Integrationsräte bilden.“

Drucksache 14/8407 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

8. § 60 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 5 wird wie folgt gefasst:

„(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus
der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und
Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl. 1952 II S. 686) in der
Auslegung durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes
für Menschenrechte ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.“

b) Absatz 7 wird wie folgt gefasst:
„(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat ist

abzusehen, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete
Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.“

c) Die Absätze 8 und 9 werden gestrichen.
9. § 61 wird gestrichen.
10. § 62 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 2 werden
aa) Satz 1 Nr. 1 gestrichen
bb) Satz 1 Nr. 5 gestrichen
cc) Satz 3 gestrichen.

b) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:
„(3) Die Sicherungshaft kann bis zu drei Monaten angeordnet wer-

den. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft
anzurechnen.“

11. § 80 wird wie folgt geändert:
a) In den Absätzen 1 und 4 wird jeweils die Angabe „16.“ durch die An-

gabe „18.“ ersetzt.
b) Absatz 2 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Die mangelnde Handlungsfähigkeit eines Minderjährigen steht seiner
Zurückweisung und Zurückschiebung dann nicht entgegen, wenn dies
mit dem vorrangig zu berücksichtigenden Wohl des Kindes vereinbart
werden kann.“

c) An Absatz 2 wird folgender Satz 3 angefügt:
„Minderjährige werden nicht in Abschiebungshaft (§ 62) genommen.“

12. An § 87 Abs. 2 wird folgender Satz 2 angefügt:
„Satz 1 Nr. 1 und 2 gelten nicht für Krankenhäuser, Schulen, Gerichte,
Sozial- und Jugendbehörden, Arbeitsämter sowie Einrichtungen der Wohl-
fahrtspflege.“

13. § 96 Abs. 1 wird wie folgt geändert:
Am Ende der Nummer 1 wird das Wort „oder“ durch das Wort „und“
ersetzt.

14. An § 98 Abs. 1 wird folgender Satz 2 angefügt:
„Die Rechtsverordnung muss in den Fällen des Satzes 1 Nr. 11 Ausnahme-
bestimmungen nach § 87 Abs. 2 Satz 2 enthalten.“

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/8407

II. Artikel 3 – Änderung des Asylverfahrensgesetzes – wird wie folgt
geändert:

1. Nummer 3 wird wie folgt gefasst:
§ 3 wird wie folgt gefasst:

„Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechts-
stellung der Flüchtlinge,wenn dasBundesamt oder einGericht unanfechtbar
festgestellt hat, dass er die Voraussetzungen des Artikels 1 des Abkommens
erfüllt. Dies gilt nicht, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme
gerechtfertigt ist, dass er ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsver-
brechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der inter-
nationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um
Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, oder vor seiner Auf-
nahme als Flüchtling ein schweres nichtpolitisches Verbrechen außerhalb
des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland begangen hat oder sich hat
Handlungen zu Schulden kommen lassen, die den Zielen und Grundsätzen
der Vereinten Nationen zuwiderlaufen.“

2. Nummer 4 wird wie folgt gefasst:
§ 5 Abs. 1 Satz 1 wird wie folgt gefasst:
„Über Asylanträge einschließlich der Feststellungen, ob die Voraussetzun-
gen des Artikels 1 des Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge
oder die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes vorlie-
gen, entscheidet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.“

3. Nach Nummer 8 wird folgende Nummer 8a eingefügt:
8a. § 12 wird wie folgt geändert:

In den Absätzen 1 und 3 wird jeweils die Angabe „16.“ durch die An-
gabe „18.“ ersetzt.

4. Nummer 13 wird wie folgt geändert:
§ 20 Abs. 2 wird gestrichen. Absatz 3 wird Absatz 2.

5. Nummern 14 und 15 werden gestrichen. Die Nummern 16 und 17 werden
Nummern 14 und 15.

6. Nummer 18 (alt) wird gestrichen. Die Nummern 19 bis 49 werden Num-
mern 16 bis 46.

7. Nummer 26 (alt) wird wie folgt gefasst:
a) In § 40 Abs. 1 Satz 1 werden die Worte „in deren Bezirk sich der Aus-

länder aufzuhalten hat“ durch die Worte „in deren Bezirk der Ausländer
Wohnung zu nehmen hat“ ersetzt.

b) – wie bisherige Nummer 26 (alt) –
8. Nach Nummer 33 wird die folgende Nummer 33a (alte Zählweise) einge-

fügt:
33a. In § 54 werden die Worte „in deren Bezirk sich der Ausländer aufzu-

halten hat“ durch die Worte „in deren Bezirk der Ausländer Wohnung
zu nehmen hat“ ersetzt.

9. Nummer 35 (alt) wird wie folgt gefasst:
a) In § 55 Abs. 1 wird Satz 2 gestrichen. Satz 3 wird Satz 2.
b) – wie die jetzige Nummer 35 (alt) –

10. Nummer 36 (alt) wird wie folgt gefasst:
Die §§ 56 bis 59 werden aufgehoben.

Drucksache 14/8407 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

11. Nach Nummer 36 (alt) wird die folgende Nummer 36a (alte Zählweise)
eingefügt:
§ 60 wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 werden die Worte „Aufenthalt und“ gestrichen.
b) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:

„(3) Zuständig für Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ist die
Ausländerbehörde, in deren Bezirk der Ausländer Wohnung zu nehmen
verpflichtet ist.“

12. Nummer 38 (alt) wird wie folgt gefasst:
a) § 63 Abs. 3 wird wie folgt geändert:

aa) Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„Im Übrigen ist die Ausländerbehörde zuständig, in deren Bezirk
der Ausländer Wohnung zu nehmen verpflichtet ist.“

bb) In Satz 3 werden die Wörter „und Änderungen der räumlichen Be-
schränkungen“ gestrichen.

b) – wie die bisherige Nummer 38 (alt) –
13. In Nummer 42 (alt) wird der folgende Buchstabe e angehängt:

e) Absatz 7 wird wie folgt geändert:
aa) Satz 1 wird gestrichen.
bb) Im bisherigen Satz 2 wird das Wort „auch“ gestrichen.

14. Nummer 43 (alt) Buchstabe a wird wie folgt gefasst:
a) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:

„(3) Während der Prüfung des Bundesamtes, ob ein weiteres Asylver-
fahren durchzuführen ist, gilt eine Abschiebung als ausgesetzt. § 60
Abs. 11 Satz 4 des Aufenthaltsgesetzes ist entsprechend anzuwenden.
Die §§ 60 bis 67 gelten entsprechend.“

15. Nach Nummer 45 (alt) werden die folgenden Nummern 45a und 45b (alter
Zählweise) eingefügt:
45a. § 85 Nr. 2 wird gestrichen.
45b. § 86 wird aufgehoben.

III. Artikel 8 – Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes – wird wie folgt
geändert:

1. Nummer 1 Buchstabe a wird wie folgt gefasst:
a) In Absatz 1 werden

aa) die Nummern 3 und 4 gestrichen
bb) die Nummer 5 zu Nummer 3
cc) die Nummer 6 zu Nummer 4 und in ihr die Angabe „Nummern 1

bis 5“ durch die Angabe „Nummern 1 bis 3“ ersetzt.
2. Nummer 3 wird wie folgt gefasst:

§ 2 Abs. 1 wird wie folgt gefasst:
„(1) Abweichend von den §§ 3 bis 7 ist das Bundessozialhilfegesetz auf

diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine
Dauer von insgesamt 36 Monaten Leistungen nach § 3 erhalten haben.“

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 7 – Drucksache 14/8407

3. Nach Nummer 3 werden die folgenden Nummern 3a und 3b eingefügt:
3a. § 3 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 wird
aa) in Satz 1 das Wort „Sachleistungen“ durch das Wort „Geldleis-

tungen“ ersetzt
bb) Satz 2 gestrichen, und die Sätze 3 und 4 werden Sätze 2 und 3
cc) Satz 5 gestrichen.

b) In Absatz 2 werden
aa) Satz 1 gestrichen
bb) in Satz 2 nach den Worten „Der Wert“ die Worte „der Geldleis-

tungen“ eingefügt
cc) Satz 3 gestrichen.

c) In Absatz 3 Satz 1 werden die Angabe „Absatz 1 Satz 4“ durch die
Angabe „Absatz 1 Satz 3“ und die Angabe „Absatz 2 Satz 2“ durch
die Angabe „Absatz 2“ ersetzt.

3b. § 4 wird wie folgt geändert:
Absatz 1 wird wie folgt gefasst:
„(1) Zur Behandlung von Erkrankungen, Schmerzzuständen oder Fol-

gen vonBehinderungen sind die erforderliche ärztliche, zahnärztliche und
therapeutische Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei-
und Verbandsmitteln sowie mit Zahnersatz zu gewähren. Das Gleiche gilt
für sonstige zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krank-
heiten, Krankheitsfolgen oder von Behinderungen erforderlichen Leis-
tungen.“

4. Nach Nummer 5 wird die folgende Nummer 5a eingefügt:
5a. In § 10b Abs. 3 Satz 1 werden die Wörter „asyl- oder ausländerrecht-

liche räumliche Beschränkung“ durch die Wörter „vollziehbare Auflage
zur Aufenthaltsgenehmigung“ ersetzt.

5. Nummer 6 wird wie folgt gefasst:
a) In § 11 Abs. 2 werden die Wörter „asyl- oder ausländerrechtlichen räum-

lichen Beschränkung“ durch die Wörter „vollziehbaren Auflage zur Auf-
enthaltsgenehmigung“ ersetzt.

b) – wie bisherige Nummer 6 –

Berlin, den 28. Februar 2002
Ulla Jelpke
Petra Pau
Roland Claus und Fraktion

Drucksache 14/8407 – 8 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Begründung
Zu Ziffer I.1:
§ 23 Abs. 1 Satz 2 würde in Verbindung mit § 68 AufenthG dazu führen, dass
die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an Personen, für die die Abschiebung
eine besondere Härte bedeuten würde, von der Kostenübernahme durch „inter-
nationale Körperschaften“ (so die Begründung) abhängig gemacht würde. Mit-
telbar wären damit private Träger (einschließlich der Kirchen) für das „Ob“ der
Erteilung eines Aufenthaltstitels verantwortlich. Aufnahme und Schutz der von
Menschenrechtsverletzungen und anderen Gefahren bedrohten Personen liegen
jedoch im originären Aufgabenbereich des Staates.
Daran haben die Befürworter des bisherigen „Kirchenasyls“ auch nie einen
Zweifel gelassen. „Kirchenasyl“ war immer gedacht als ausdrückliche Auffor-
derung an den Staat, seine als falsch erkannte Abschiebungsentscheidung noch
einmal zu überdenken und in Ausübung seiner Souveränität dem Betreffenden
den Verbleib auf seinem Territorium zu ermöglichen.
Der Wegfall des Satzes 3 trägt der Erfahrung aus den letzten Jahren Rechnung,
dass der Bundesminister des Innern regelmäßig nur dann seine Zustimmung er-
teilt, wenn alle Bundesländer sich auf eine Regelung einigen. Dies führt zu läh-
menden und dem gewichtigen Problem des Umgangs mit Härtefällen nicht ge-
recht werdenden Diskussionsprozessen und einer „Sperrminorität“ einzelner
Länder.
Zu Ziffer I.2:
zu a): Der Vorschlag nimmt die Bedenken vieler Sachverständiger gegen die

ursprüngliche Fassung auf. Er stellt klar, dass ein Ausländer zwingend
eine Aufenthaltsbefugnis erhalten muss, sobald Abschiebungshinder-
nisse der in § 60 Abs. 2 bis 7 bezeichneten Art nicht nur kurzzeitig vor-
liegen und der Ausländer somit nicht auf eine bloße Bescheinigung über
die Aussetzung der Abschiebung verwiesen werden darf. Ab einem hal-
ben Jahr Besitz einer solchen Bescheinigung muss davon ausgegangen
werden, dass die Abschiebungshindernisse auch noch länger vorliegen
werden. Damit wird auch der Gefahr der bisherigen „Kettenduldungen“
begegnet.
Der Wegfall des Satzes 2 der ursprünglichen Fassung trägt den ebenfalls
von zahlreichen Sachverständigen mit guten Argumenten vorgetragenen
Bedenken Rechnung, hiermit werde insbesondere den Betroffenen die
untragbare Darlegungslast aufgebürdet, ihnen sei die Ausreise in einen
anderen Staat nicht möglich und zumutbar.

zu b): Der Vorschlag folgt der Anregung von Rechtsanwalt Dr. Reinhard Marx
in seiner Stellungnahme für die Sachverständigenanhörung im Innen-
ausschuss und fügt § 25 Abs. 5 eine an Absatz 4 Satz 2 angelehnte
Regelung an. Damit wird ausdrücklich eine gesetzliche Härtefallrege-
lung – wie sie seit langem von Kirchen, Verbänden und Menschen-
rechtsorganisationen gefordert wird – geschaffen. Der Wegfall des
ursprünglichen Satzes 2 begegnet der Gefahr, dass der darin enthaltene
„Missbrauchs“-Vorbehalt entsprechend der bisherigen Praxis der Aus-
länderbehörden weit ausgelegt würde und somit zahlreiche Personen
auch nach einer neuen Gesetzesfassung nur eine Aussetzung der Ab-
schiebung erhalten könnten. In diesem Zusammenhang weist beispiels-
weise amnesty international darauf hin, „dass aufgrund der Umstände
der Flucht vor schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen und der
Notwendigkeit, Fluchthelfer in Anspruch zu nehmen, Schutzsuchende
in vielen Fällen nur ohne Identitätsdokumente in die Bundesrepublik ge-
langen können.“

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 9 – Drucksache 14/8407

Zu Ziffer I.3:
Die Absicht, die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel von einer Siche-
rung des Lebensunterhalts abhängig zu machen, ist bereits in § 5 AufenthG-E
verwirklicht. § 27 Abs. 3 AufenthG-E geht jedoch noch darüber hinaus und
lässt die Verweigerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Familienzu-
sammenführung auch dann zu, wenn lediglich ein theoretischer Anspruch auf
öffentliche Leistungen besteht, nicht jedoch eine tatsächliche Inanspruchnahme
vorliegt. Im Übrigen ist das Verhältnis zwischen § 27 Abs. 3 und den Bestim-
mungen etwa in §§ 28 Abs. 1, 29 Abs. 2 und 4 unklar, wenn in letzteren aus-
drücklich ein Abweichen von der Voraussetzung des gesicherten Lebensunter-
haltes (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG-E) ermöglicht wird.
Die Änderung in Absatz 2 ist redaktioneller Natur.
Zu Ziffern I.4 und I.5:
Das Recht eines Kindes, mit seinen Eltern beziehungsweise einem Elternteil
zusammen zu leben, ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für die positive
Entwicklung seiner Persönlichkeit. In den Worten eines Richters beim Europäi-
schen Gerichtshof für Menschenrechte: „Wenige Menschenrechte sind so wich-
tig wie das Recht eines Vaters, seinen Sohn bei sich zu haben, ihn zu führen,
seine Erziehung und Ausbildung zu überwachen und ihm dabei zu helfen, einen
Beruf zu wählen und zu ergreifen. Genauso sind wenige Rechte so wichtig wie
das Recht eines heranwachsenden Sohnes, bei seinem Vater zu leben und nut-
zen sowohl aus der Atmosphäre der Zuneigung als auch aus dem Rat und der
Hilfe des Vaters zu ziehen.“ [Richter Valticos im Separatvotum zur Entschei-
dung des EGMR vom 28. November 1996 – Ahmut – InfAuslR 1997, 143].
Diesem Gedanken hat der 13. Deutsche Bundestag mit der Verabschiedung des
Kindschaftsrechtsreformgesetzes im September 1997 Rechnung getragen. Dem
sind die aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen dahin gehend anzupassen, dass
die Wahrnehmung dieses fundamentalen Rechts nicht auf Inhaber bestimmter
Aufenthaltstitel beschränkt bleibt.
Zu Ziffer I.6:
§ 1685 BGB gewährt Großeltern, Geschwistern, Stief- und Pflegeeltern ein
Umgangsrecht mit einem Kind. Diesen Rechtsanspruch dürfen aufenthalts-
rechtliche Bestimmungen nicht „aushebeln“.
Die im Entwurf enthaltene Formulierung „außergewöhnliche Härte“ geht zu
weit. Die Bestimmung des § 36 AufenthG-E betrifft Umstände, in denen das
Wohl des Kindes betroffen ist. Dieses Kindeswohl muss so starkes Gewicht ha-
ben, dass es nicht nur im Fall einer außergewöhnlichen Härte zur Geltung
kommt.
Zu Ziffer I.7:
Es wird ein Vorschlag des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in
Deutschland übernommen.
Zu Ziffer I.8:
zu a): Hier wird der Vorschlag der SPD-Bundestagsfraktion („Die neue Politik

der Zuwanderung, Steuerung, Integration, innerer Friede“, S. 56) aufge-
nommen und festgestellt, dass die Interpretation der Europäischen Men-
schenrechtskonvention (EMRK) durch den Europäischen Gerichtshof
für Menschenrechte (EGMR) bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer
Abschiebung verbindlich sein soll. Nach der gefestigten Rechtspre-
chung des EGMR gilt ein Abschiebungsverbot bei Gefahr der Folter ge-
mäß Artikel 3 EMRK auch dann, wenn die Folter durch nichtstaatliche

Drucksache 14/8407 – 10 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Organisationen oder Einzelpersonen droht. Eine andere Auffassung ver-
tritt das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) (vgl. Urteil des BVerwG
vom 15. April 1997, InfAuslR 1997, S. 341 <343>): Nur eine vom Staat
ausgehende oder von ihm zu verantwortende Misshandlung könne eine
unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Artikels 3
EMRK sein. Diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
könnte sich im Zuge der nun gesetzlich verankerten Anerkennung nicht-
staatlicher Verfolgung ändern. Jedoch sollte die Interpretation der
EMRK, insbesondere wenn es um die Frage der Abschiebung von Per-
sonen geht, in Europa eine einheitliche sein.

zu b): Die Vorschrift ist – auch entsprechend den Erklärungen der Bundes-
regierung im Verfahren T. I. gegen Vereinigtes Königreich vor dem
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (siehe InfAuslR 2000,
S. 321) – als zwingende Regelung auszugestalten. Außerdem wird die
Vorschrift des früheren § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG nicht wieder aufge-
nommen, da sonst weiterhin die Möglichkeit bestünde, dass die Recht-
sprechung einen Abschiebungsschutz von Flüchtlingen, denen allge-
meine Gefahren drohen, verweigert und hierbei argumentiert, es müsse
zunächst eine generelle Regelung durch die Landesbehörden in Form
eines „Abschiebungsstopps“ gemäß §§ 60 Abs. 11 bzw. 23 Abs. 1
AufenthG erfolgen. Um eine solche den Sinngehalt des Abschiebungs-
schutzes entleerende Anwendung der „Sperrwirkung“ zu vermeiden, ist
§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG-E zu streichen.

zu c): In § 60 Abs. 8 AufenthG-E ist der durch das Terrorismusbekämpfungs-
gesetz erweiterte Katalog der Gründe aus § 51 Abs. 3 AuslG, die zum
Ausschluss einer Person vom völkerrechtlichen Flüchtlingsschutz füh-
ren, übernommen worden. Absatz 9 erlaubt die auf die Gründe des
Absatzes 8 gestützte Abschiebung während des Asylverfahrens. Diese
Gesetzesänderung würde zu einer Verschlechterung des Flüchtlings-
schutzes führen, durch die schutzbedürftige Personen von einem siche-
ren Bleiberecht ausgeschlossen werden. Der Regierungsentwurf stellt
nicht klar, welche Informationen zu der Annahme, dass der Flüchtling
eine Straftat begangen hat, führen können. Es ist durchaus denkbar, dass
gerade im Rahmen der Terrorismusbekämpfung die Informationen des
Herkunftsstaates benutzt werden, um einen Verdacht gegen den Flücht-
ling zu begründen. Außerdem besteht die Gefahr, dass das Vorliegen der
Ausschlussgründe nicht in einem Asylverfahren überprüft wird, sondern
eine Abschiebung schon vor der Entscheidung durch das Bundesamt
aufgrund einer Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde durch-
geführt wird. Daher sind beide Vorschriften zu streichen.

Zu Ziffer I.9:
Die in § 61 Abs. 1 AufenthG-E vorgesehene räumliche Beschränkung des Auf-
enthalts eines jeden vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist unverhältnis-
mäßig und stellt den Betroffenen unter einen Generalverdacht, er wolle „unter-
tauchen“. Die Begründung, die Vorschrift sei erforderlich, „weil sich zahlreiche
Ausländer durch Untertauchen ihrer Ausreisepflicht entziehen“, ist viel zu un-
bestimmt. Entsprechende statistische Angaben werden nicht vorgelegt. Die
räumliche Beschränkung des Aufenthalts erschwert es den Betroffenen in
einem unzumutbaren Maße, ihre Angelegenheiten zu ordnen, sich mit Bera-
tungsstellen und Anwälten in Verbindung zu setzen und auf diese Weise entwe-
der die freiwillige Ausreise zu organisieren oder aufenthaltsrechtliche Schritte
zur Erlangung eines Aufenthaltstitels zu unternehmen.
Die in § 61 Abs. 2 AufenthG-E vorgesehene Errichtung von Ausreisezentren
muss auf Grund der Erfahrungen mit solchen Einrichtungen abgelehnt werden.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 11 – Drucksache 14/8407

Durch die Unterbringung in einer Ausreiseeinrichtung wird die räumliche Be-
schränkung der betroffenen Menschen noch einmal verschärft. Sie müssen ihre
gewohnte Umgebung verlassen und verlieren dadurch ihr soziales Umfeld und
den Kontakt zu ihren Betreuerinnen und Betreuern. Mit dem Aufenthalt in
einem Ausreisezentrum dürfte gleichzeitig der Verlust der Arbeitsstätte und der
Arbeitsgenehmigung verbunden sein. Den Kindern wird es kaum noch möglich
sein, ihrer Schulpflicht zu genügen. Gleichzeitig wird auf die Flüchtlinge ein
psychosozialer Druck ausgeübt, um sie zur freiwilligen Ausreise zu veranlas-
sen.
Zu Ziffer I.10:
Die PDS schließt sich der von zahlreichen Sachverständigen, namentlich von
Kirchen und Menschenrechtsorganisationen, vertretenen Auffassung an, dass
nach den zahlreichen Skandalfällen, die sich in den letzten Jahren im Zusam-
menhang mit der Abschiebungshaft ergeben haben, diese Haftform abgeschafft
werden sollte. Hierfür ist eine parlamentarische Mehrheit jedoch nicht erkenn-
bar. Daher sollte zumindest Abschiebungshaft auf das absolute Mindestmaß
reduziert werden.
zu a): Abschiebungshaft soll der Sicherung einer Abschiebung dienen. Das

heißt, nur dann, wenn jemand sich erkennbar der Abschiebung entzie-
hen will, darf Abschiebungshaft verhängt werden. § 62 Abs. 2 Nr. 1
AufenthG-E unterstellt aber pauschal allen wegen einer unerlaubten
Einreise ausreisepflichtigen Ausländern, sie würden sich der Abschie-
bung entziehen wollen. Dies ist mit dem Grundsatz der Verhältnismä-
ßigkeit, nach dem Haft nur im absolut notwendigen Fall verhängt wer-
den darf, nicht vereinbar. Die Formulierung in Satz 3, „ausnahmsweise“
könne auf Haft verzichtet werden, löst das Problem nicht. Auch hier-
nach wird im Regelfall unterstellt, der Ausländer wolle sich der Ab-
schiebung entziehen.
§ 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG-E stellt einen Auffangtatbestand dar,
der greifen soll, wenn die übrigen Voraussetzungen nicht vorliegen. Ein
so schwerwiegender Grundrechtseingriff wie der Freiheitsentzug bedarf
einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage. Daran fehlt es
bei dieser Vorschrift. Die bisherige Praxis bestätigt dies: Die weite For-
mulierung hat zur Folge, dass diese Vorschrift zu einem der vorrangig
zitierten Haftgründe geworden ist und der Verdacht des Untertauchens
oft nur auf eine sehr pauschale und unspezifische Begründung gestützt
wird. Die Haftgründe des § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 AufenthG-E rei-
chen aus, um zu verhindern, dass sich jemand der Abschiebung entzieht.

zu b): Die bisherige Dauer der Sicherungshaft (bis zu 18 Monaten) stellt im
europäischen Vergleich einen Spitzenwert dar. Eine so lange Inhaftie-
rung alleine zur Durchsetzung einer verwaltungsrechtlichen Pflicht führt
bei dem Betroffenen in vielen Fällen zu schwerwiegenden psychischen
und physischen Folgen und ist unverhältnismäßig. Daher ist die Höchst-
dauer der Haft entsprechend den Empfehlungen von Sachverständigen
auf drei Monate zu begrenzen. Dadurch wird auch die Ausländerbe-
hörde gehalten, die notwendigen Maßnahmen zur Sicherstellung der
Ausreise zügig durchzuführen.

Zu Ziffer I.11:
Nach Artikel 1 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes (BGBl. 1992
II 121) ist ein Kind jeder Mensch, der das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet
hat. Nach Artikel 3 Abs. 1 des Übereinkommens ist das Wohl des Kindes ein
vorrangig zu berücksichtigender Gesichtspunkt bei allen Maßnahmen, die ein
Kind betreffen. Dies gilt auch für ausländische Kinder und Jugendliche. Das

Drucksache 14/8407 – 12 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

deutsche Aufenthaltsrecht ist diesen internationalen Vorgaben endlich anzupas-
sen.
Die schwerwiegenden psychischen Folgen, die Haft besonders auf Kinder und
Jugendliche haben kann, sind offensichtlich und bedürfen keiner Erläuterung.
Umso unverständlicher ist es, dass trotzdem Minderjährige auch in Abschie-
bungshaft genommen werden. Deshalb ist eine Vorschrift vorzusehen, dass
Minderjährige generell nicht in Abschiebungshaft genommen werden dürfen.
Zu Ziffer I.12:
Hierdurch wird die Möglichkeit geschaffen, dass Menschen ohne Aufenthalts-
status ihre grundlegenden Rechte in Anspruch nehmen können, ohne dass sie
eine Meldung an die Ausländerbehörde oder die Polizei befürchten müssen.
Zu Ziffer I.13:
Auf diese Weise wird sichergestellt, dass humanitär motivierte Hilfe nicht be-
straft wird.
Zu Ziffer I.14:
Folge aus der Einführung des § 87 Abs. 2 Satz 2.
Zu Ziffer II.1:
Hiermit wird ein Vorschlag des UNHCR aufgegriffen. Auf dessen Stellung-
nahme an den Innenausschuss wird verwiesen.
Zu Ziffer II.2:
Die Formulierung des § 5 Abs. 1 Satz 1 greift einen Vorschlag des UNHCR auf.
Die Streichung der ursprünglichen Änderungsbefehle in den Buchstaben b
und c trägt den berechtigten Bedenken gegen die Abschaffung der Weisungsun-
abhängigkeit der Einzelentscheiderinnen und Einzelentscheider beim Bundes-
amt und gegen die Herabsetzung der Qualifikationsanforderungen Rechnung.
Zu Ziffer II.3:
Auf die Begründung der Änderung von Artikel 1 § 80 wird verwiesen.
Zu Ziffer II.4:
Die Regelung, dass eine Verletzung der Pflicht, sich unverzüglich bei der
Außenstelle des Bundesamtes zu melden, dazu führt, dass der Asylantrag als
Folgeantrag nach § 71 AsylVfG behandelt wird, würde dazu führen, dass Vor-
fluchtgründe im Asylverfahren vollkommen unberücksichtigt blieben. Dies
käme einer unzulässigen Einführung eines neuen Ausschlussgrundes aus dem
Schutz der Genfer Flüchtlingskonvention gleich und wäre mit dem Refoule-
mentverbot des Artikels 33 GFK nicht vereinbar.
Zu Ziffer II.5:
Wie Begründung der Änderung von Artikel 3 Nr. 13.
Zu Ziffer II.6:
Der ursprünglich vorgesehene Ausschluss „selbst geschaffener“ Nachflucht-
gründe wäre mit völkerrechtlichen Grundsätzen nicht vereinbar, da hierdurch
eine Schutzlücke entstünde. Zwar würde das Bundesamt das Vorliegen von Ab-
schiebungshindernissen gemäß § 24 Abs. 2 AsylVfG bei konkreten Gefahren
prüfen müssen, jedoch würde die schutzsuchende Person keinen dauerhaften

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 13 – Drucksache 14/8407

Aufenthaltstitel, sondern allenfalls eine Bescheinigung über die Aussetzung der
Abschiebung (§ 60 Abs. 11 Satz 4 AufenthG) erhalten würde, die keinen aus-
reichend gesicherten Schutz für Flüchtlinge darstellt. Die Unsicherheit besteht
darin, dass die Person ausreisepflichtig bleibt und daher kein legales Aufent-
haltsrecht in der Bundesrepublik hat. Mit der bloßen Bescheinigung über die
Aussetzung der Abschiebung fehlen der Person die Rechte, die einen legalen
Aufenthaltsstatus bedeuten, wie das Recht auf Familiennachzug, der Zugang
zum Arbeitsmarkt und die umfassenden Sozialleistungen.
Die Genfer Flüchtlingskonvention unterscheidet bei der Definition eines
Flüchtlings in Artikels 1 A Abs. 2 nicht danach, wo die Umstände entstanden
sind, die eine begründete Verfolgungsfurcht auslösen. Ein Ausschluss der
Flüchtlingsanerkennung wegen drohender Verfolgung auf Grund politischer
Aktivitäten, die im Zufluchtsland unternommen worden sind, würde im deut-
schen Recht den Flüchtlingsbegriff konventionswidrig einengen. Somit würde
die ursprünglich vorgeschlagene Gesetzesänderung der Genfer Flüchtlingskon-
vention und damit verbindlichem internationalem Recht widersprechen.
Zu Ziffer II.7:
Die räumliche Beschränkung des Aufenthalts von Asylsuchenden im laufenden
Verfahren (in der politischen Diskussion manchmal etwas missverständlich als
„Residenzpflicht“ bezeichnet) stellt eine starke Beschneidung der persönlichen
Bewegungsmöglichkeiten und damit einen gravierenden Eingriff in die persön-
liche Freiheit dar. Jeder Besuch bei Familienangehörigen, Verwandten oder
Freunden, jede Teilnahme an einer Veranstaltung, an einer Demonstration oder
einem Fest, jeder Besuch einer Diskothek, jeder Schulausflug und jede Klassen-
fahrt – alles, was den einzelnen Menschen außerhalb des Bezirks der Auslän-
derbehörde bringt, muss vorher von der Behörde genehmigt werden. In einigen
Bundesländern ist die Bewegungsfreiheit zwar auf die Regierungsbezirke aus-
gedehnt worden, dies ändert jedoch nichts am grundsätzlichen Problem. Die
Genehmigungspraxis erscheint häufig sehr uneinheitlich und eher willkürlich:
was hier genehmigt wird, wird dort versagt. Nur allzu oft werden Genehmigun-
gen verweigert, weil ein Besuch bei der Mutter pro Monat ausreiche oder die
Teilnahme an einer Demonstration dem Asylsuchenden nicht zustehe.
Die hierdurch entstehende Isolation der einzelnen Menschen ist erheblich, be-
sonders wenn sie in kleinen Orten weitab von Freunden, Bekannten und Ver-
wandten untergebracht sind.
Die räumliche Beschränkung bläht außerdem unnötig die Kriminalitätsstatistik
auf, denn nach geltendem Recht ist der Verstoß gegen sie im Wiederholungsfall
eine Straftat.
Die räumliche Beschränkung des Aufenthalts ist zur Lastenverteilung unter den
Kommunen nicht notwendig. Auch nach ihrem Fortfall bleiben die Bestimmun-
gen bestehen, nach denen dem Asylsuchenden ein Wohnort zugewiesen wird.
Eine übermäßige Belastung einzelner Kommunen im Sozialhilfebereich oder
durch Verwaltungsaufwand ist daher bei einem Wegfall der räumlichen Be-
schränkung nicht zu erwarten.
Durch die Aufhebung der generellen räumlichen Aufenthaltsbeschränkung auf
den Bezirk einer Ausländerbehörde wird diejenige Ausländerbehörde für die
ausländerrechtliche Behandlung eines Ausländers zuständig, in deren Bezirk
der Ausländer Wohnung zu nehmen hat. Die Bestimmungen über die Mittei-
lungspflicht des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge
an die Ausländerbehörde und umgekehrt sind entsprechend zu fassen.
Zu Ziffer II.8:
Auf die Begründung zu Ziffer II.7 wird verwiesen.

Drucksache 14/8407 – 14 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Zu Ziffer II.9:
Dem Asylsuchenden soll die freie Wahl des Aufenthaltes offen stehen. Ihm soll
lediglich der Wohnort zugewiesen werden. Daher ist § 55 Abs. 1 Satz 2 zu strei-
chen.
Zu Ziffer II.10:
Die §§ 56 bis 59 regelten bisher die räumliche Beschränkung des Aufenthalts
für die Dauer des Asylverfahrens, die Bedingungen für das ausnahmsweise Ver-
lassen des Aufenthaltsbereichs und die Durchsetzung der räumlichen Beschrän-
kung. Da die räumliche Beschränkung fortfallen soll, sind diese Vorschriften zu
streichen.
Zu Ziffer II.11:
Dem Asylsuchenden soll die freie Wahl des Aufenthaltes offen stehen. Ihm soll
lediglich der Wohnort zugewiesen werden. Dem sind § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3,
Abs. 3 anzupassen.
Zu Ziffer II.12:
Da die Aufenthaltsgestattung nicht auf einen Bezirk beschränkt sein soll, ist die
Zuständigkeitsregelung entsprechend zu fassen. Wenn es keine räumliche Be-
schränkung des Aufenthalts geben soll, ist auch eine Änderung nicht möglich.
Zu Ziffer II.13:
Wenn eine räumliche Beschränkung nicht bestehen soll, kann sie auch nicht
fortwirken. Für ausländerrechtliche Maßnahmen nach den Absätzen 5 und 6 ist
somit die Ausländerbehörde zuständig, in deren Bezirk sich der Ausländer auf-
hält.
Zu Ziffer II.14:
Folge aus der Aufhebung der §§ 56 bis 59.
Zu Ziffer II.15:
Folge aus der Streichung der §§ 56 bis 59 und der Neufassung des § 71a Abs. 3
Satz 2.
Zu Ziffer III.1:
Angesichts der zahlreichen gravierenden Probleme, die mit der Einführung des
Asylbewerberleistungsgesetzes entstanden und in zahlreichen Dokumentatio-
nen und Stellungnahmen ausführlich beschrieben worden sind, liegt die Ab-
schaffung dieses Gesetzes nahe. Hierfür ist eine parlamentarische Mehrheit je-
doch nicht erkennbar.
Die in Nummer 1 Buchstabe a vorgeschlagene Erweiterung des Personenkrei-
ses bedeutet eine eklatante Verschlechterung für die meisten Personen, die bis-
her eine Aufenthaltsbefugnis besaßen. Diese hatten bisher einen Anspruch auf
Leistungen unmittelbar nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG).
Bei Inhabern einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen ist jedoch
das – zumindest zeitweilige – eindeutige Bleiberecht in der Bundesrepublik
Deutschland bereits festgestellt worden. Ein Grund dafür, weshalb sie den ne-
gativen Ausnahmeregelungen des AsylbLG unterliegen sollen, ist nicht erkenn-
bar.
Bei den Inhabern einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG-E wird darü-
ber hinaus ein Konflikt mit der Richtlinie 2001/55/EG vorprogrammiert. Nach

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 15 – Drucksache 14/8407

Artikel 13 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie sehen die Mitgliedstaaten vor, „dass die
Personen, die vorübergehenden Schutz genießen, die notwendige Hilfe in Form
von Sozialleistungen und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sowie
im Hinblick auf die medizinische Versorgung erhalten, sofern sie nicht über
ausreichende Mittel verfügen.“ Bei der Interpretation dieser Bestimmung ist
auch die Begründung der Kommission (in Dokument KOM (2000) 303 endg.,
S. 18) zu beachten, wo es (zum gleich lautenden Artikels 11 Abs. 2 des Ent-
wurfs für die Richtlinie) unter anderem heißt:
„Die Mitgliedstaaten müssen den Begünstigten des vorübergehenden Schutzes
(…) die für eine normale Lebensführung unter menschenwürdigen Bedingun-
gen erforderliche Unterstützung und die entsprechenden Unterhaltsmittel für
die Dauer dieses Schutzes gewähren (…). Die Mitgliedstaaten bestimmen die
Form dieser Unterstützung und der Unterhaltsmittel, um sicherzustellen, dass
sie sich in ihr jeweiliges System der sozialen Solidarität einfügen.“
Eine „normale Lebensführung unter menschenwürdigen Bedingungen“ wird
durch die Leistungen nach dem BSHG sichergestellt, nicht durch Leistungen
nach dem AsylbLG! Auch die Einfügung „in das System der sozialen Solidari-
tät“ ist nur durch den Bezug auf das BSHG gewährleistet, da das AsylbLG die
Betroffenen ausdrücklich außerhalb des sozialen Solidarnetzes stellt.
Warum Folgeantragsteller in jedem Fall erneut unter das Asylbewerberleis-
tungsgesetz fallen sollen, ist nicht erkennbar. Insbesondere würde die vorge-
schlagene Vorschrift zu krassen Ungerechtigkeiten in jenen Fällen führen, in
denen das Bundesamt ein neues Asylverfahren auch tatsächlich durchführt.
Dann steht amtlich fest, dass eine neue Sachlage oder neue Beweismittel vorlie-
gen, die zu einer für den Betroffenen günstigeren Entscheidung führen können.
Dafür den Betroffenen gleichsam zu „bestrafen“, indem er nach dem früheren
Leistungsbezug nach dem Asylbewerberleistungsgesetz während des Erstver-
fahrens erneut nur Leistungen nach diesem Gesetz erhält, macht keinen Sinn.
Zu Ziffer III.2:
Die Änderung beabsichtigt die Streichung des ursprünglich vorgeschlagenen
letzten Teilsatzes. Die mit diesem Teilsatz verbundenen Bedenken und Fragen
sind schwerwiegend:
Wann hat ein Betroffener die Dauer des Aufenthaltes selbst beeinflusst? Und
vor allem: Wann geschieht dies „rechtsmissbräuchlich“? Die Begründung
(S. 112) zu Nummer 3 nennt als Beispielfälle die Vernichtung des Passes und
die Angabe einer falschen Identität. Die Vernichtung des Passes führt aber nicht
alleine zwingend zur Verlängerung der Aufenthaltsdauer. Entscheidend ist in
diesem Zusammenhang doch eher das Verhalten der zuständigen Ausländer-
behörde und vor allem der jeweiligen Auslandsvertretung des Heimatstaates!
Dem Betroffenen kann dies nicht (immer) zur Last gelegt werden.
Der Verweis in der Begründung auf den Entwurf einer EU-Richtlinie zur Fest-
legung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern kann hier
nicht überzeugen. Artikels 22 des Entwurfs ermöglicht die Einschränkung oder
den Entzug von Leistungen nur in eng umgrenzten, abschließend aufgeführten
und ganz gravierenden Fällen des Fehlverhaltens wie Untertauchen, Verschwei-
gen von Eigenmitteln und Bedrohung für die nationale Sicherheit. Eine „rechts-
missbräuchliche“ Verlängerung der Aufenthaltsdauer ist hier nicht aufgeführt.
Zu Ziffer III.3:
Auf die eingehende Begründung in der Ausschussdrucksache 14/674B des
Innenausschusses – Stellungnahme des Arbeitskreises Asyl Nordrhein-West-
falen e.V. zur Sachverständigenanhörung des Innenausschusses – wird verwie-
sen.

Drucksache 14/8407 – 16 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Zu Ziffer III.4:
Da die räumliche Beschränkung fortfallen soll, sind die hierauf Bezug nehmen-
den Bestimmungen des Asylbewerberleistungsgesetzes so zu fassen, dass sie
nur in Fällen anwendbar sind, in denen eine vollziehbare Auflage zur Aufent-
haltsgenehmigung besteht.
Zu Ziffer III.5:
Da die räumliche Beschränkung fortfallen soll, sind die hierauf Bezug nehmen-
den Bestimmungen des Asylbewerberleistungsgesetzes so zu fassen, dass sie
nur in Fällen anwendbar sind, in denen eine vollziehbare Auflage zur Aufent-
haltsgenehmigung besteht.

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