BT-Drucksache 14/8361

Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes (6. HRGÄndG)

Vom 26. Februar 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8361
14. Wahlperiode 26. 02. 2002

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Dr. Peter Eckardt, Jörg Tauss, Klaus Barthel (Starnberg),
Hans-Werner Bertl, Willi Brase, Ulla Burchardt, Lothar Fischer (Homburg),
Klaus Hagemann, Ulrich Kasparick, Siegrun Klemmer, Horst Kubatschka,
Ernst Küchler, Lothar Mark, Dietmar Nietan, Günter Oesinghaus, Dr. Edelbert
Richter, René Röspel, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Siegfried Scheffler,
Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Heinz Schmitt (Berg), Bodo Seidenthal,
Dr. Margrit Spielmann, Brigitte Wimmer (Karlsruhe), Dr. Peter Struck und der
Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Dr. Reinhard Loske, Hans-Josef Fell, Christian Simmert,
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes
(6. HRGÄndG)

A. Problem und Ziel
Bachelor- und Masterstudiengänge sollen aus dem Erprobungsstadium in das
Regelangebot der Hochschulen überführt werden. Damit wird auch einer brei-
ten Entwicklungstendenz in den Unterzeichnerstaaten der Bologna-Erklärung
vom 19. Juni 1999 Rechnung getragen.
Die derzeitige öffentliche Debatte über die Einführung von Studiengebühren
führt zu einer Verunsicherung derjenigen, die in den nächsten Jahren ein Stu-
dium aufnehmen wollen. Dies könnte in letzter Konsequenz zu einem Rückgang
der Zahl der Studienanfänger führen. Mit der Festschreibung der Gebührenfrei-
heit für ein erstes berufsqualifizierendes Studium soll für Studieninteressenten
deshalb Rechtssicherheit geschaffen werden.
Künftig sollen an allen Hochschulen verfasste Studierendenschaften gebildet
werden. Die bisherige Regelung, die den Ländern die Bildung verfasster Stu-
dierendenschaften freistellt, trägt dem Interesse einer funktionierenden studen-
tischen Selbstverwaltung nicht in ausreichendem Maße Rechnung.

B. Lösung
Änderung der bisherigen Vorschriften des Hochschulrahmengesetzes (HRG)
über die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen und über die
Bildung verfasster Studierendenschaften. Einfügung einer Bestimmung über
die grundsätzliche Studiengebührenfreiheit eines Studiums bis zum ersten
berufsqualifizierenden Abschluss sowie eines Studiums in einem konsekutiven
Studiengang, der zu einem weiteren berufsqualifizierenden Abschluss führt.

Drucksache 14/8361 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

C. Alternativen
Keine

D. Finanzielle Auswirkungen
1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Keine
2. Vollzugsaufwand
Keiner

E. Sonstige Kosten
Keine

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/8361

Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes
(6. HRGÄndG)

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Hochschulrahmengesetzes

Das Hochschulrahmengesetz in der Fassung der Bekannt-
machung vom 19. Januar 1999 (BGBl. I S. 18), zuletzt ge-
ändert durch … (BGBl. I S. …) wird wie folgt geändert:
1. § 18 Abs. 1 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„(1) Auf Grund der Hochschulprüfung, mit der ein be-
rufsqualifizierender Abschluss erworben wird, kann die
Hochschule einen Diplomgrad mit Angabe der Fachrich-
tung verleihen.“

2. § 19 Abs. 1 wird wie folgt gefasst:
„(1) Die Hochschulen können Studiengänge einrich-

ten, die zu einem Bachelor- oder Bakkalaureusgrad und
zu einem Master- oder Magistergrad führen.“

3. Dem § 27 wird folgender Absatz 4 angefügt:
„(4) Das Studium bis zum ersten berufsqualifizieren-

den Abschluss und das Studium in einem konsekutiven
Studiengang, der zu einem weiteren berufsqualifizieren-
den Abschluss führt, ist studiengebührenfrei. In besonde-
ren Fällen kann das Landesrecht Ausnahmen vorsehen.“

4. § 41 wird wie folgt gefasst:
㤠41

Studierendenschaft
(1) An den Hochschulen werden Studierendenschaf-

ten gebildet. Sie haben folgende Aufgaben:
1. die Meinungsbildung in der Gruppe der Studierenden

zu ermöglichen;
2. die Belange ihrer Mitglieder in Hochschule und Ge-

sellschaft wahrzunehmen;
3. an der Erfüllung der Aufgaben der Hochschulen

(§§ 2 und 3), insbesondere durch Stellungnahmen zu
hochschul- oder wissenschaftspolitischen Fragen
mitzuwirken;

4. auf der Grundlage der verfassungsmäßigen Ordnung
die politische Bildung, das staatsbürgerliche Verant-
wortungsbewusstsein und die Bereitschaft ihrer Mit-
glieder zur aktiven Toleranz sowie zum Eintreten für
die Grund- und Menschenrechte zu fördern;

5. kulturelle, fachliche, wirtschaftliche und soziale Be-
lange ihrer Mitglieder wahrzunehmen;

6. die Integration ausländischer Studierender zu för-
dern;

7. den Studierendensport zu fördern;
8. die überregionalen und internationalen Studierenden-

beziehungen zu pflegen.
Zur Erfüllung ihrer Aufgaben kann die Studierenden-
schaft insbesondere auch zu solchen Fragen Stellung be-
ziehen, die sich mit der gesellschaftlichen Aufgabenstel-
lung der Hochschulen sowie mit der Anwendung der
wissenschaftlichen Erkenntnisse und der Abschätzung
ihrer Folgen für die Gesellschaft und die Natur beschäf-
tigen. Die Studierendenschaft und ihre Organe können
für die Erfüllung ihrer Aufgaben Medien aller Art nutzen
und in diesen Medien auch die Diskussion und Veröf-
fentlichung zu allgemeinen gesellschaftlichen Fragen er-
möglichen.
(2) Die Studierendenschaft verwaltet ihre Angelegen-

heiten im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen
selbst. Sie kann von ihren Mitgliedern zur Erfüllung ih-
rer Aufgaben Beiträge erheben.
(3) Für die Mitwirkung in den Organen der Studieren-

denschaft gilt § 37 Abs. 3 entsprechend.“
5. In § 72 Abs. 1 wird nach Satz 7 folgender Satz einge-

fügt:
„Innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten des Sechs-
ten Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengeset-
zes vom … [einsetzen: Ausfertigungsdatum und Fund-
stelle des Änderungsgesetzes] sind den Vorschriften des
Artikels 1 dieses Gesetzes entsprechende Landesgesetze
zu erlassen.“

Artikel 2
Neufassung des Hochschulrahmengesetzes

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung kann
den Wortlaut des Hochschulrahmengesetzes in der vom
Inkrafttreten dieses Gesetzes an geltenden Fassung im Bun-
desgesetzblatt bekannt machen.

Artikel 3
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Berlin, den 26. Februar 2002
Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

Drucksache 14/8361 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Begründung

Zu Artikel 1 (Änderung des Hochschulrahmenge-
setzes)

1. Gesetzgebungskompetenz
Der Bund ist nach Artikel 75 Abs. 1 Nr. 1a GG berechtigt,
Rahmenvorschriften für die Gesetzgebung der Länder über
die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens zu erlas-
sen. Ebenso wie Regelungen über die von den Hochschulen
vergebenen Hochschulgrade zählen hierzu auch Regelungen
über Studiengebühren und über die Organisationsform der
Studierendenschaft.
2. Erforderlichkeit im Sinne von Artikel 72 Abs. 2 GG
Nach Artikel 75 Abs. 1 i. V. m. Artikel 72 Abs. 2 GG kann
der Bund von seiner Rahmengesetzgebungskompetenz nur
Gebrauch machen, wenn dies u. a. zur Herstellung gleich-
wertiger Lebensverhältnisse oder zur Wahrung der Rechts-
einheit im Bundesgebiet erforderlich ist.
Im Hinblick auf die Mobilität von Studierenden und Hoch-
schulabsolventinnen und -absolventen innerhalb des Bun-
desgebiets bedarf es bundesrechtlicher Regelungen über die
Vergabe von Hochschulgraden. Diese sind deshalb zur Wah-
rung der Rechtseinheit erforderlich.
Die Debatte über die Einführung von Studiengebühren führt
zu einer grundsätzlichen Verunsicherung derjenigen, die in
den nächsten Jahren ein Studium aufnehmen wollen. Dies
könnte in letzter Konsequenz zu einem Rückgang der Zahl
der Studienanfänger führen. Mit der Festschreibung der
Gebührenfreiheit im formulierten Sinne schafft der Bundes-
gesetzgeber Rechtssicherheit und unterstützt damit die Stu-
dierneigung positiv und dies für das gesamte Bundesgebiet.
Die Mehrzahl der Landeswissenschaftsminister lehnt die
Einführung von Studiengebühren für ein Erststudium zwar
ab. Ungeachtet des Beschlusses der Kultusministerkonfe-
renz vom 25. Mai 2000 gibt es jedoch in einzelnen Ländern
wie auch innerhalb der Hochschulrektorenkonferenz Forde-
rungen, Studiengebühren generell einzuführen.
Führen einzelne Länder oder Hochschulen Studiengebühren
in nennenswerter Höhe für ein Erststudium und konsekutive
Studiengänge ein, kann darüber hinaus nicht ausgeschlossen
werden, dass Studienbewerber und Studierende aus diesen
Ländern an Hochschulen in Ländern, die keine Studienge-
bühren erheben, wechseln. Dadurch kann es zu erheblichen
Kapazitätsproblemen und finanziellen Belastungen und in
der Folge zu einer nennenswerten Verschlechterung der
Studienbedingungen in den zuletzt genannten Ländern
kommen. Die Einführung von Studiengebühren für grund-
ständige und konsekutive Studiengänge soll deshalb
bundesrechtlich grundsätzlich ausgeschlossen und damit die
Zielsetzung des Artikels 72 Abs. 2 GG, gleichwertige
Lebensverhältnisse herzustellen, verwirklicht werden.
Der Verwirklichung dieser Zielsetzung dient auch die
Neufassung der Bestimmung über die Studierendenschaf-
ten, die künftig im Landesrecht für alle Hochschulen vorzu-
sehen sind. Die bisherige Regelung, die den Ländern die
Bildung verfasster Studierendenschaften freistellt, trägt dem

Interesse einer funktionierenden studentischen Selbstver-
waltung nicht in ausreichendem Maße Rechnung. Die nun-
mehr vorgesehene Bildung verfasster Studierendenschaften
in allen Bundesländern hat aber auch über die betroffenen
Hochschulen und ihre Studierenden hinaus Bedeutung, da
sie Voraussetzung für die Schaffung bundesweit tätiger Inte-
ressenvertretungen der Studierenden ist. Der Bundesregie-
rung steht gegenwärtig mit der Hochschulrektorenkonferenz
ein kompetenter Ansprechpartner für den Bereich der Insti-
tution Hochschule zur Verfügung, nicht jedoch auf Bundes-
ebene für die größte Gruppe der Hochschulmitglieder, die
Studierenden. Die tiefgreifenden finanziellen und struktu-
rellen Veränderungen im Hochschulwesen, die in den
nächsten Jahren zu erwarten sind, lassen für den Staat einen
repräsentativen und kompetenten Gesprächspartner auch
auf Seiten der Studierendenschaft, und zwar in ähnlicher
Weise in allen Bundesländern, auch als notwendige Voraus-
setzung für eine kompetente bundesweite Vertretung der
Studierenden, als notwendig erscheinen.
3. Erforderlichkeit im Sinne von Artikel 75 Abs. 2 GG
Die Regelungen des Gesetzentwurfs enthalten keine für die
Verwaltungen der Länder unmittelbar geltenden Vorschrif-
ten. Rechtlich folgt dies daraus, dass sie in § 72 Abs. 1 letz-
ter Satz HRG, der die unmittelbar geltenden Vorschriften
des HRG aufzählt, nicht genannt werden.
Die für § 27 Abs. 4 und § 41 vorgesehenen Regelungen des
Gesetzentwurfs gelten aber auch nicht faktisch unmittelbar.
In den Ländern werden derzeit keine Studiengebühren erho-
ben, die mit der Regelung des § 27 Abs. 4 nicht vereinbar
wären. Die Rechtslage in den Ländern wird deshalb durch
die Regelung nicht mit unmittelbarer Wirkung für Landes-
behörden geändert.
Die Regelung des § 41 Abs. 1 ist zwar für den Landesge-
setzgeber bindend. Sie ist jedoch ohne weitere ausfüllende
Regelungen nicht unmittelbar durch die Landesverwaltung
ausführungsfähig. Satz 1 sagt nämlich noch nichts darüber
aus, was eine Studierendenschaft überhaupt ist. Hierzu
bedarf es näherer Regelungen über die Rechtsform, die Auf-
gaben der Studierendenschaft, ihrer Organe, die Aufgaben
und Befugnisse der einzelnen Organe, die Wahlverfahren
oder Bestimmungsrechte zur Einsetzung und Absetzung
von Organen, den Erlass von Satzungen sowie weitere
Rechte und Pflichten. Die Formulierung („… werden … ge-
bildet“) entspricht im Übrigen auch dem durchgehenden
Sprachgebrauch des HRG, ohne dass damit an dieser oder
einer anderen Stelle die Anordnung einer unmittelbaren
Geltung verbunden oder auch nur intendiert wäre.
Soweit die in Artikel 1 des Gesetzentwurfs für die §§ 27
und 41 des Hochschulrahmengesetzes getroffenen Regelun-
gen auch in Einzelheiten gehen, handelt es sich hierbei so-
wohl quantitativ wie qualitativ, d. h. gemessen an Umfang
und Regelungsmaterien des Hochschulrahmengesetzes, um
Ausnahmefälle. Sowohl das Hochschulrahmengesetz als
Ganzes wie auch die fraglichen Regelungen belassen insge-
samt den Landesgesetzgebern ausreichenden Spielraum für
eine prägende Ausfüllung.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/8361

Die für § 27 Abs. 4 Satz 1 vorgesehene Regelung sieht die
Studiengebührenfreiheit für sämtliche Formen von grund-
ständigen Studienangeboten vor. Sie erfasst somit das
Studium
l in einem einstufigen Studiengang, der zu einem ersten

berufsqualifizierenden Abschluss führt (Bachelor,
Diplom, Magister, Staatsexamen), oder

l in einem konsekutiv-zweistufigen Studiengang, der zu
einem ersten Diplom- oder Bachelor-Abschluss und zu
einem zweiten Diplom- oder Master-Abschluss führt.

Damit wird die Studiengebührenfreiheit als allgemeiner
Grundsatz vom Bundesgesetzgeber festgelegt. Die vollstän-
dige Erfassung der grundständigen Studienangebote ist zur
Verwirklichung des Zieles erforderlich, gleichwertige Le-
bensverhältnisse im Bundesgebiet zu schaffen. Eine Diffe-
renzierung innerhalb dieser Studienangebote hinsichtlich
einer grundsätzlichen Studiengebührenfreiheit wäre sach-
lich nicht gerechtfertigt.
Für die von § 27 Abs. 4 Satz 1 erfassten Studiengänge wird
aber keine ausschließliche Gebührenfreiheit vorgesehen.
Dies ergibt sich aus Satz 2, der in besonderen Fällen Aus-
nahmen ausdrücklich zulässt. Die Regelung belässt den
Ländern damit auch hinsichtlich grundständiger Studien-
gänge einen Spielraum. Erheblich ist dieser Ausfüllungs-
spielraum hinsichtlich aller anderen Studienangebote.
§ 41 Abs. 1 verpflichtet die Landesgesetzgeber, für alle
Hochschulen die Bildung verfasster Studierendenschaften
vorzusehen, und regelt darüber hinaus präziser als im bis-
herigen Rahmenrecht des Bundes die den Studierenden-
schaften obliegenden Aufgaben. Über die Frage der Reich-
weite des hochschulpolitischen Mandats der Studierenden-
schaften ist es in der Vergangenheit zu einer Vielzahl von
Rechtsstreitigkeiten gekommen. Auch wenn sich Abgren-
zungsfragen nie vollständig vermeiden lassen, soll mit der
Präzisierung der Aufgabenbeschreibung ein größeres Maß
an Rechtssicherheit geschaffen werden. Soweit hinsichtlich
der Aufgaben der Studierendenschaften eine in Einzelheiten
gehende Regelung getroffen wird, ist dies erforderlich, um
die Sachgebiete zu bestimmen, für die eine repräsentative
und kompetente Vertretung der Studierenden im gesamt-
staatlichen Interesse bundesweit notwendig ist. Den Lan-
desgesetzgebern bleibt im Übrigen ein beträchtlicher Aus-
füllungsspielraum. Absatz 2 enthält ausfüllungsfähige und
ausfüllungsbedürftige Grundaussagen zum Selbstverwal-
tungsrecht und zum Recht auf Beitragserhebung. Keine Re-
gelungen enthält § 41 über die Organe der Studierenden-
schaft, die Aufgaben und Befugnisse dieser Organe, das
Wahlverfahren zur Bildung der Organe sowie zur Aufsicht
über die Studierendenschaften.
Zu den Nummern 1 und 2 (§ 18 Abs. 1 Satz 1, § 19

Abs. 1)
Mit der Neufassung von § 19 Abs. 1 werden Bachelor- und
Masterstudiengänge aus dem Erprobungsstadium in das Re-
gelangebot der Hochschulen überführt.
Mit der 4. HRG-Novelle von 1998 war den Hochschulen die
Möglichkeit eröffnet worden, Bachelor- und Masterstudien-
gänge zur Erprobung einzurichten. Schon heute gibt es an
den deutschen Hochschulen mehr als 1.000 Studiengänge,
die mit dem Grad Bachelor/Bakkalaureus bzw. Master/

Magister abgeschlossen werden. Die Dynamik der Entwick-
lung im Hochschulbereich ist so beachtlich, dass es – auch
im Interesse der Absolventinnen und Absolventen dieser
Studiengänge – nicht mehr angemessen ist, die Vergabe von
Bachelor- und Mastergraden lediglich zur Erprobung zuzu-
lassen. Sie bilden deshalb künftig eine reguläre Alternative
zu den Hochschulgraden nach § 18.
Dem trägt auch die veränderte Fassung von § 18 Abs. 1
Satz 1 Rechnung.
Zu Nummer 3 (§ 27 Abs. 4)
Der neue Absatz 4 Satz 1 legt fest, dass für ein Studium bis
zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss und für ein
Studium in einem konsekutiven Studiengang, der zu einem
weiteren berufsqualifizierenden Abschluss führt, an den
staatlichen Hochschulen der Länder Studiengebühren nicht
erhoben werden. Studiengebühren für einen konsekutiven
Studiengang dürfen danach auch dann nicht erhoben wer-
den, wenn nach dem ersten berufsqualifizierenden Ab-
schluss zunächst eine Berufstätigkeit erfolgt ist, bevor der
zu einem weiteren berufsqualifizierenden Abschluss füh-
rende Studienteil begonnen wurde. Die Regelung hat
Grundsatzcharakter. Den Ländern steht es insbesondere
frei zu regeln, ob und in welchem Maße Zweitstudien,
nicht-konsekutive postgraduale Studien und weiterbildende
Studien gebührenfrei oder gebührenpflichtig sein sollen.
Nach Satz 2 sind die Länder berechtigt, in besonderen Fäl-
len Ausnahmen von der grundsätzlichen Gebührenfreiheit
vorzusehen. Dem Landesrecht bleibt die Festlegung über-
lassen, ob bestimmte Personengruppen (z. B. Gasthörer,
Studierende nach Überschreitung eines bestimmten Lebens-
alters, Teilnehmer und Teilnehmerinnen im Rahmen der
Weiterbildung) von der Studiengebührenfreiheit ganz oder
teilweise ausgenommen werden oder ob Gebühren für ein-
zelne konkret erbrachte Leistungen der Hochschulen (z. B.
Einschreibgebühren, Prüfungsgebühren) erhoben werden.
Die Regelung unterstützt auch die Einführung neuer nach-
frageorientierter Studienfinanzierungsmodelle wie Studien-
konten und Bildungsgutscheine. Das Landesrecht regelt,
welchen Umfang das Studienkonto bzw. die Bildungsgut-
scheine für ein gebührenfreies Studium haben oder wann
die Regelstudienzeit als deutlich überschritten gilt und da-
mit Studiengebühren erhoben werden können. Hierbei sind
differenzierte Regelungen möglich und sinnvoll, etwa zur
Berücksichtigung von Gremientätigkeiten, Kinderer-
ziehungszeiten, Teilzeitstudierenden und Auslandsstudien-
zeiten.
Zu Nummer 4 (§ 41)
Absatz 1 Satz 1 verpflichtet alle Länder, an ihren Hochschu-
len verfasste Studierendenschaften zu bilden. Im Interesse
demokratischer Selbstbestimmung und Autonomie sollen
sie deshalb an allen Hochschulen die Möglichkeit haben,
ihre in Absatz 1 näher bestimmten Belange selbst wahrzu-
nehmen.
Ziel der Novellierung des § 41 ist, den Studierendenschaf-
ten die Möglichkeit zu geben, aktiv und eigenständig an der
Wahrnehmung der gesellschaftlichen Verantwortung der
Hochschulen und der Reflexion der sozialen, ökonomischen
und ökologischen Folgen der Anwendung wissenschaft-

Drucksache 14/8361 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

licher Erkenntnisse sowie ihrer gesellschaftlichen Grund-
lagen und Rahmenbedingungen mitzuwirken. Dazu wird die
Aufgabenstellung der Studierendenschaft in Absatz 1 neu
gefasst. Dabei wird die Reichweite des hochschulpoliti-
schen Mandates der Studierendenschaft unter Berücksichti-
gung neuer landesrechtlicher Regelungen und der dazu
ergangenen Rechtsprechung (Urteil des VerfGH NW vom
25. Januar 2000, DVBl. 2000, 699) rahmenrechtlich neu
formuliert.
Es würde den Anspruch des Einzelnen auf Freiheit vor
unzulässiger Pflichtmitgliedschaft in einem Verband und
damit Artikel 2 Abs. 1 GG verletzen, wenn den verfassten
Studierendenschaften Angelegenheiten übertragen würden,
die über die Wahrnehmung der gruppenspezifischen Interes-
sen hinausgehen. Die Einschränkung der allgemeinen
Handlungsfreiheit nach Artikel 2 Abs. 1 GG durch einen
Zwangszusammenschluss, wie ihn die verfasste Studieren-
denschaft darstellt, ist nur dadurch gerechtfertigt, dass er der
Wahrnehmung von spezifischen Interessen der zusammen-
geschlossenen Gruppe dient. Dies sind bei Studierenden
hochschul- und wissenschaftspolitische und damit zusam-
menhängende Belange, jedoch keine Fragen, die außerhalb
dieses Kontextes stehen (BVerwGE 59, 231, 237 f.;
BVerwG, DVBl. 1999, 1588).
Politische Bildung, staatsbürgerliches Verantwortungsbe-
wusstsein, Toleranzbereitschaft sowie das Eintreten für die
Grund- und Menschenrechte sind Ziele, die das gesteigerte
Interesse der Studierenden wie der Allgemeinheit verdienen
und deren Förderung sich zur Selbstverwaltung anbietet.
Mit der Aufgabenübertragung in diesen Bereichen wird der
Studierendenschaft aber nicht die Befugnis verliehen, allge-
meinpolitisch tätig zu werden und im Namen der Studieren-
den eigene politische Forderungen zu formulieren und zu
vertreten.
Die Förderung der politischen Bildung und der staatsbürger-
lichen Verantwortung der Studierenden ist etwas anderes als
das Eintreten und Werben für eigene politische Ziele. Politi-
sche Bildungsförderung verlangt eine am Neutralitätsgebot
orientierte Berücksichtigung verschiedener politischer
Sichtweisen. Diesem Ziel werden z. B. Informationsange-
bote und Veranstaltungen gerecht, in denen unterschiedliche
Positionen zu Wort kommen können.
Diskussionen und Veröffentlichungen zu allgemeinen ge-
sellschaftlichen Fragen in Medien der Studierendenschaft

sind von Verlautbarungen der Studierendenschaft und ihrer
Organe abzugrenzen. Die Studierendenschaft hat in ihren
Publikationsorganen verschiedene politische Sichtweisen zu
berücksichtigen und ihnen gleichberechtigten Zugang zu ih-
ren Publikationsorganen zu gewähren. Zudem entspricht die
Ermöglichung der Mediennutzung durch Dritte nur dann
dem Gebot der Verhältnismäßigkeit, wenn die hierfür einge-
setzten Mittel sowohl zu den Kosten aller Aufgaben als
auch zu den Kosten der Mediennutzung durch die Stu-
dierendenschaft selbst in einem angemessenen Verhältnis
stehen. Dies bedeutet, dass die Informationsorgane der
Studierendenschaft nach Umfang und Kostenaufwand nicht
überwiegend dazu verwendet werden dürfen, ein allge-
meines Diskussionsforum zur Verfügung zu stellen. Nähere
Regelungen hierzu bleiben dem Landesrecht überlassen.
Die Änderungen in Absatz 2 sind zum einen redaktionelle
Folgeänderungen. Zum anderen dienen sie der Deregulie-
rung des Bundesrechts.
Zu Nummer 5 (§ 72 Abs. 1 Satz 8)
Gemäß Artikel 75 Abs. 3 GG werden die Länder in dem
neuen Satz 8 zur Anpassung ihrer Hochschulgesetze an die
geänderten Vorschriften des Hochschulrahmengesetzes
innerhalb einer Frist von 3 Jahren nach Inkrafttreten des Än-
derungsgesetzes verpflichtet. Diese Frist erscheint angemes-
sen und ausreichend.
Finanzielle Auswirkungen
1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Durch die Gesetzesänderung entstehen für den Bundeshaus-
halt und die Haushalte der Länder keine Kosten.
2. Vollzugsaufwand
Auswirkungen für den Verwaltungsvollzug sind mit dem
Gesetz nicht verbunden, da es sich gemäß Artikel 75 Abs. 1
Grundgesetz an die Gesetzgebung der Länder und nicht un-
mittelbar an Verwaltungsstellen richtet.
Sonstige Kosten
Kosten für die Wirtschaft sowie Auswirkungen auf Einzel-
preise und das Preisniveau, insbesondere das Verbraucher-
preisniveau, sind aufgrund dieses Änderungsgesetzes nicht
zu erwarten.

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