BT-Drucksache 14/8261

zu der Verordnung der Bundesregierung -14/7831, 14/7874 Nr. 2.1- 22. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft - 22. BImSchV)

Vom 18. Februar 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8261
14. Wahlperiode 18. 02. 2002

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss)

zu der Verordnung der Bundesregierung
– Drucksachen 14/7831, 14/7874 Nr. 2.1 –

22. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes
(Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft – 22. BImSchV)

A. Problem
Mit der vorliegenden Verordnung auf Drucksache 14/7831 sollen insbesondere
Immissionsgrenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffoxide, Schwebstaub und
Partikel, Blei, Benzol undKohlenmonoxid entsprechend derRichtlinie 96/62/EG
des Rates vom 27. September 1996 über die Beurteilung und Kontrolle der Luft-
qualität sowie der darauf gestützten Tochterrichtlinien in nationales Recht um-
gesetzt werden. Entsprechend § 48a Abs. 1 Satz 3 des Bundes-Immissions-
schutzgesetzes bedarf die Verordnung der Zustimmung des Deutschen Bundes-
tages.

B. Lösung
Zustimmung zur Verordnung.
Einstimmigkeit im Ausschuss

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Ländern und Gemeinden können Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
entstehen. Zusätzlich fallen Kosten durch die Aufstellung und Durchführung
von Plänen sowie durch erweiterte Messverpflichtungen an. Umfang und Tole-
rierbarkeit dieser Kosten sind Gegenstand der politischen Diskussion (siehe
Bericht).

Drucksache 14/8261 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
der Verordnung der Bundesregierung auf Drucksache 14/7831 zuzustimmen.

Berlin, den 30. Januar 2002

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Christoph Matschie
Vorsitzender

Rainer Brinkmann (Detmold)
Berichterstatter

Bernward Müller (Jena)
Berichterstatter

Winfried Hermann
Berichterstatter

Birgit Homburger
Berichterstatterin

Eva-Maria
Bulling-Schröter
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/8261

Bericht der Abgeordneten Rainer Brinkmann (Detmold), Bernward Müller (Jena),
Winfried Hermann, Birgit Homburger und Eva-Maria Bulling-Schröter

I.
Die Verordnung der Bundesregierung auf Drucksache
14/7831 wurde mit Überweisungsdrucksache 14/7874
Nr. 2.1 vom 14. Dezember 2001 zur federführenden Bera-
tung an den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reak-
torsicherheit und zur Mitberatung an den Ausschuss für
Wirtschaft und Technologie und den Ausschuss für Verkehr,
Bau- und Wohnungswesen überwiesen.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat ein-
stimmig empfohlen, der Verordnung zuzustimmen. Jeweils
ein Mitglied der Fraktionen der CDU/CSU und FDP hat
sich der Stimme enthalten.
Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
hat auf die Mitberatung verzichtet.

II.
Mit der vorliegenden Verordnung auf Drucksache 14/7831
sollen insbesondere Immissionsgrenzwerte für Schwefel-
dioxid, Stickstoffoxide, Schwebstaub und Partikel, Blei,
Benzol und Kohlenmonoxid entsprechend der Richtlinie
96/62/EG des Rates vom 27. September 1996 über die Be-
urteilung und Kontrolle der Luftqualität sowie der darauf
gestützten Tochterrichtlinien – Richtlinie 199/30/EG des
Rates vom 22. April 1999 über Grenzwerte für Schwefel-
dioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Partikel und
Blei in der Luft; Richtlinie 2000/69/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 16. November 2000 über
Grenzwerte für Benzol und Kohlenmonoxid in der Luft – in
nationales Recht umgesetzt werden. Entsprechend § 48a
Abs. 1 Satz 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes be-
darf die Verordnung der Zustimmung des Deutschen Bun-
destages.

III.
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hat die Verordnung der Bundesregierung auf
Drucksache 14/7831 in seiner Sitzung am 30. Januar 2002
beraten.
Von Seiten der Fraktion der SPD wurde ausgeführt, die
Neufassung der 22. Verordnung zur Durchführung des
Bundes-Immissionsschutzgesetzes auf Drucksache 14/7831
diene zur Umsetzung einer Reihe europäischer Richtlinien
zur Luftreinhaltung in nationales Recht. Für Schwefeldi-
oxid, Stickoxide, Schwebstaub und Partikel, Blei, Benzol
und Kohlenmonoxid würden Immissionsgrenzwerte, Tole-
ranzmargen und z. T. Alarmschwellenwerte festgelegt. Neu
gegenüber der alten 22. BImSchV seien mit Ausnahme von
Benzol und Kohlenmonoxid nicht die Grenzwerte, sondern
das Instrumentarium. So werde festgelegt, in welchem Um-
fang Messstationen einzurichten seien. Weiter gebe es die
Verpflichtung zur Verabschiedung regionaler Luftreinhalte-
pläne, eine Aufgabe, die von den Ländern und Kommunen
wahrgenommen werden müsse. Neu sei ferner, dass Ak-

tionspläne für den Fall verabschiedet werden müssten, dass
die Grenzwerte überschritten würden bzw. man sich im Be-
reich der Toleranzmargen bewege. Dies habe in enger Ab-
stimmung mit der Öffentlichkeit zu erfolgen. Es sei festge-
legt, dass die Öffentlichkeit täglich, z. T. sogar stündlich
über die Entwicklung der gemessenen Werte zu informieren
sei. Darüber hinaus gebe es verschiedene Berichtspflichten
(u. a. im Zusammenhang mit der Überschreitung von
Alarmschwellen bzw. Immissionsgrenzwerten). Man halte
diese Regelungen im Interesse des Umwelt- und Gesund-
heitsschutzes für notwendig und werde daher der Verord-
nung zustimmen.
Was die Kritik an den Grenzwerten in der TA Luft an-
belange, so werde diese Verwaltungsvorschrift derzeit in
einem Unterausschuss des Umweltausschusses des Bundes-
rates behandelt. In dem Beratungsverfahren, an dem der
Deutsche Bundestag aber nicht beteiligt sei, werde man sich
auf Grenzwerte verständigen. Dass sie herangezogen wür-
den, um vor Ort zu entscheiden, ob bestimmte Anlagen zu-
sätzlich verkraftet werden könnten oder nicht, halte man im
Interesse der Gesundheit der dort lebenden Menschen für
richtig.
Von Seiten der Fraktion der CDU/CSU wurde vorgetragen,
angesichts der vielen neuen von der Verordnung geforderten
Maßnahmen sei zu fragen, wer sie bezahle. In ihrer Begrün-
dung stehe, dass der Bund keinen Vollzugsaufwand habe, da
die Länder bzw. die Kommunen für den Vollzug zuständig
seien. Dort entstünden aber erhebliche Kosten. Beispiels-
weise rechne der Freistaat Bayern für die Umsetzung dieser
Verordnung bzw. die Anpassung bestehender Einrichtungen
mit einem Aufwand von 1,8 Mio. Euro. Angesichts der
ohnehin schwierigen Haushaltssituation sei dies eine schwer
zu verkraftende Belastung. Zusammen mit der 22. BImSchV
seien im Bundeskabinett am 12. Dezember 2001 auch das
Siebte Gesetz zur Änderung des Bundes-Immissionsschutz-
gesetzes sowie eine Neufassung der Technischen Anleitung
zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) beschlossen worden.
Zur TA Luft gebe es, was die Grenzwerte anbelange, erheb-
liche Kritik. Sie stehe zwar hier im Parlament nicht zur Ab-
stimmung. Gleichwohl wolle man darauf hinweisen, dass
man ihr in der heutigen Form nicht zustimmen könne.
Von Seiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
wurde darauf hingewiesen, mit der Neufassung der
22. BImSchV würden ein weiteres Mal zu einem sehr spä-
ten Zeitpunkt europäische Richtlinien in nationales Recht
umgesetzt. Nun sei erneut Eile geboten, um einem Vertrags-
verletzungsverfahren zuvorzukommen. Dies sei bedauer-
lich. Man hoffe aber, dass man in der laufenden Legislatur-
periode die Dinge abarbeiten könne, die die Vorgängerregie-
rung möglicherweise auch wegen der darin enthaltenen
Konfliktpotentiale lange liegen gelassen habe. Wegen des
Konfliktpotentials sei auch die Umsetzung der europäischen
Richtlinien durch die neue 22. BImSchV nicht sehr ambitio-
niert. Vielmehr halte man sich sehr eng an die auf europäi-
scher Ebene vereinbarten Regelungen. Von daher könne
auch nicht über die mit dieser Umsetzung verbundenen Be-

Drucksache 14/8261 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
lastungen Klage geführt werden. Verbessert würden insbe-
sondere die Messsituation, die Datenlage und die Unterrich-
tung der Öffentlichkeit über diese Umweltdaten. Positiv
sehe man auch die Verpflichtung zur Aufstellung von Luft-
reinhalteplänen. Dies alles mache die Luft aber nicht sauber.
Um tatsächlich eine bessere Luftqualität zu erreichen,
müssten die Verantwortlichen in den Ländern und Kommu-
nen, aber auch in den Wirtschaftsunternehmen entsprechend
handeln. Was die Kostenbelastung der Länder und Kommu-
nen anbelange, so seien sie nach dem Grundgesetz für diese
Aufgaben zuständig. Dies beinhalte eben auch, dass man für
die entsprechenden Maßnahmen zahlen müsse. Die erfor-
derlichen Summen seien aber nicht so hoch, da viele Länder
und Kommunen bereits über die notwendigen Messein-
richtungen und Publikationsmöglichkeiten verfügten. Die
grundsätzliche Frage einer gerechten Verteilung der Finanz-
mittel auf Bund, Länder und Kommunen werde sich hier
und heute nicht beantworten lassen. Dies sei ein Thema, mit
dem sich der nächste Deutsche Bundestag sicher zu befas-
sen habe.
Von Seiten der Fraktion der FDP wurde bedauert, dass dem
Ausschuss nicht alle drei Elemente der Umsetzung der
europäischen Luftqualitätsrichtlinien in nationales Recht,
die 7. Novelle zum Bundes-Immissionsschutzgesetz, die
22. BImSchV und die TALuft, gemeinsam vorgelegt worden
seien, da man dann zu einer geschlossenen Beurteilung hätte
kommen können. Die jetzt vorgelegte neue 22. BImSchV
stelle in der Tat für sich eine 1:1-Umsetzung der europäi-
schen Richtlinien dar. Dies gelte insbesondere dann, wenn
man die in § 1 Nr. 5. definierten Immissionsgrenzwerte ent-
sprechend der verwendeten Formulierung „abzielt“ als Vor-
sorgewerte verstehe. Die Bundesregierung habe aber in ihrer
Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der FDP er-
klärt, dass sie die Grenzwerte zur Konkretisierung der Betrei-
berpflicht in § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bei der Novelle der
TA Luft übernehmen wolle (Drucksache 14/5493, S. 2). § 5
Abs. 1 BImSchG unterscheide aber zwischen „Gefahren“ in
Nummer 1 und „Vorsorge“ in Nummer 2. Die geplante Rege-
lung der Bundesregierung sei damit aber keine 1:1-Umset-
zung der europäischen Richtlinien mehr, sondern bedeute,
dass man über das hinausgehe, was europäisches Recht for-
dere. Daraus ergebe sich u. a. die Problematik, dass aufgrund
einer regionalen Immissionssituation, die nicht auf konkrete
Verursacher, sondern auf natürlicheGegebenheiten zurückzu-

führen sei, bestimmte Anlagen nicht mehr genehmigungsfä-
hig seien. Der vorgelegten 22. BImSchV könne man deshalb
zustimmen, eine über den Regelungsgehalt der europäischen
Richtlinien hinausgehende Umsetzung, beispielsweise durch
die TA Luft in nationales Recht, lehne man aber ab.
Von Seiten der Fraktion der PDS wurde festgestellt, man be-
grüße die 22. BImSchV und werde ihr daher zustimmen.
Von Seiten der Bundesregierung wurde dargelegt, eine
Verknüpfung des Beratungsverfahrens zur Änderung des
Bundes-Immissionsschutzgesetzes, der 22. BImSchV und
der TA Luft halte man wegen der dadurch bedingten Verlän-
gerung des Beratungszeitraums angesichts des drohenden
Vertragsverletzungsverfahrens für unzweckmäßig. Was die
Kosten anbelange, so gebe es durch die technische Entwick-
lung die Situation, dass auch die neuen Grenzwerte für Ben-
zol und Kohlenmonoxid strikt eingehalten würden, also
keine neuen Maßnahmen erforderlich seien. In zwei Berei-
chen werde es allerdings Probleme geben. Zum einen be-
treffe dies den Schwebestaub, zum anderen die Stickoxide,
und dies insbesondere in Straßenschluchten mit hohem Ver-
kehrsaufkommen. Dort müssten die Länder dann auch tätig
werden. Auf der anderen Seite hätten verschiedene Umwelt-
programme bereits gegriffen, so dass z. B. das Messstellen-
netz für Schwefeldioxid ausgedünnt werden könne. Auch
seien Berichtspflichten vereinfacht worden. Insgesamt er-
gebe sich somit keine übermäßige Kostenbelastung für die
Länder und Kommunen.
Was den Charakter der Grenzwerte anbelange, so seien sie
ab dem Jahre 2005 bzw. 2010 bindend, sie müssten also ein-
gehalten werden. Was die Berücksichtigung von Kindern
bei der Registrierung der Messwerte anbelange, so werde in
der Richtlinie festgestellt, dass im Allgemeinen zwischen
1,5 und 4 m Abstand vom Boden gemessen werden solle.
Die Länder seien aber frei, auch unterhalb von 1,5 m zu
messen, wenn beispielsweise gesundheitliche Gefährdun-
gen von Kindern zu besorgen seien. Die Richtlinie stelle im
Grundsatz darauf ab, nicht nur die Bevölkerung insgesamt,
sondern auch besonders betroffene Bevölkerungsgruppen
zu schützen.
Der Ausschuss beschloss einstimmig, dem Deutschen Bun-
destag zu empfehlen, der Verordnung auf Drucksache
14/7831 zuzustimmen.

Berlin, den 18. Februar 2002
Rainer Brinkmann (Detmold)
Berichterstatter

Bernward Müller (Jena)
Berichterstatter

Winfried Hermann
Berichterstatter

Birgit Homburger
Berichterstatterin

Eva-Maria Bulling-Schröter
Berichterstatterin

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