BT-Drucksache 14/820

zu dem GE - Drs. 14/389 (BReg) - Entwurf eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes

Vom 21. April 1999


Deutscher Bundestag: Drucksache 14/820 vom 21.04.1999

Beschlußempfehlung und Bericht zu dem Gesetzentwurf der
Bundesregierung 14/389 eines Siebten Gesetzes zur Änderung des
Bundessozialhilfegesetzes =

21.04.1999 - 820

14/820

Beschlußempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß)
zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
- Drucksache 14/389 -
Entwurf eines Siebten Gesetzes zur Änderung des
Bundessozialhilfegesetzes

A. Problem
Die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben zur Bemessung der
Regelsätze der Hilfe zum Lebensunterhalt in § 22 Abs. 3 und 4 des
Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) soll gründlich vorbereitet werden.
Eine Öffnungsklausel soll es den Ländern ermöglichen, die Zuständigkeit
für den Erlaß von Widerspruchsbescheiden von den Landesministerien als
überörtlichen Trägern der Sozialhilfe auf die örtlichen Träger der
Sozialhilfe zu verlagern.
B. Lösung
Die mit Ablauf des Monats Juni 1999 endende Übergangsregelung für die
Bemessung der Regelsätze wird um zwei Jahre verlängert. In § 96 BSHG
wird eine Öffnungsklausel eingefügt.
Im Verlauf der Ausschußberatungen wurde in den Gesetzentwurf
eine Experimentierklausel aufgenommen, um Modellvorhaben für
Pauschalierungen zu ermöglichen.
Mehrheit im Ausschuß
C. Alternativen
Keine
D. Kosten
1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Keine finanziellen Auswirkungen für den Bund.
Geringe, aber nicht näher quantifizierbare finanzielle Auswirkungen bei
den Kommunen in den zwei Jahren der Verlängerung der Übergangsregelung.

2. Vollzugsaufwand
Finanzielle Einsparungen durch Verwaltungsvereinfachung in den Ländern,
die bisher gezwungen sind, nach Wegfall von Mittelbehörden an einem
verwaltungsaufwendigen zweistufigen Verwaltungsvorverfahren
festzuhalten.

Beschlußempfehlung
Der Bundestag wolle beschließen,
den Gesetzentwurf auf Drucksache 14/389 in der aus der nachstehenden
Zusammenstellung ersichtlichen Fassung anzunehmen.
Bonn, den 21. April 1999
Der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung
Doris Barnett Dr. Thea Dückert
Vorsitzende Berichterstatterin
Zusammenstellung
des Entwurfs eines Siebten Gesetzes zur Änderung des
Bundessozialhilfegesetzes
- Drucksache 14/389 -
mit den Beschlüssen des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11.
Ausschuß)

Entwurf

Beschlüsse des 11. Ausschusses



Entwurf eines Siebten Gesetzes
zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes

Entwurf eines Siebten Gesetzes
zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz
beschlossen:

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz
beschlossen:
Artikel 1

Artikel 1
Änderung des Bundessozialhilfegesetzes

Änderung des Bundessozialhilfegesetzes
Das Bundessozialhilfegesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.
März 1994 (BGBl. I S. 646), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt
geändert:

Das Bundessozialhilfegesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.
März 1994 (BGBl. I S. 646), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt
geändert:
1. In § 18 Abs. 4 Satz 2 wird das Wort "Arbeitsför-
derungsgesetzes" durch die Wörter "Dritten Buches Sozialgesetzbuch"
ersetzt.

1. unverändert
2. § 22 wird wie folgt geändert:

2. unverändert
a) In Absatz 5 Satz 1 wird das Wort "Gesundheit" durch die
Wörter "Arbeit und Sozialordnung" ersetzt und werden die Wörter "dem
Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung und" gestrichen.


b) In Absatz 6 wird Satz 1 gestrichen und werden im bisherigen
Satz 2 die Zahl "1997" durch die Zahl "1999" und die Zahl "1998" durch
die Zahl "2000" ersetzt.


3. In § 41 Abs. 4 wird das Wort "Gesundheit" durch die Wörter "Arbeit
und Sozialordnung" ersetzt und werden die Wörter "im Einvernehmen mit
dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung" gestrichen.

3. unverändert
4. In § 72 Abs. 5 wird das Wort "Gesundheit" durch die Wörter "Arbeit
und Sozialordnung" ersetzt.

4. unverändert
5. In § 88 Abs. 4 wird das Wort "Gesundheit" durch die Wörter "Arbeit
und Sozialordnung" ersetzt.

5. unverändert
6. In § 93d Abs. 1 wird das Wort "Gesundheit" durch die Wörter
"Arbeit und Sozialordnung" ersetzt.

6. unverändert
7. In § 96 Abs. 2 Satz 2 werden im zweiten Halbsatz nach dem Wort
"Verwaltungsgerichtsordnung" die Wörter " , soweit nicht nach
Landesrecht etwas anderes bestimmt wird" eingefügt.

7. unverändert


8. Nach § 101 wird folgender § 101a eingefügt:
"§ 101a
Experimentierklausel
Zur Weiterentwicklung der Sozialhilfe soll die Pauschalierung
weiterer Leistungen nach diesem Gesetz im Rahmen der Sätze 2 bis 6
erprobt werden. Zu diesem Zweck können die Landes-
regierungen die Träger der Sozialhilfe durch Rechtsverordnung
ermächtigen, in Modellvor-
haben solche Leistungen der Sozialhilfe pauschaliert zu erbringen, für
die Beträge nicht schon durch dieses Gesetz festgesetzt oder auf Grund
dieses Gesetzes festzusetzen sind. Die Pauschalbeträge sind für einen
bestimmten Bedarf festzusetzen und müssen dem Grundsatz der
Bedarfsdeckung gerecht werden. Die Modellvorhaben sind so auszuwerten,
daß sie eine bundesweite Bewertung zulassen; hierzu haben die Träger
der Sozialhilfe, die jeweils zuständige oberste Landesbehörde und das
Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung zusammenzuwirken. Die
Modellvorhaben enden einschließlich ihrer Auswertung spätestens am 31.
Dezember 2004. Das Nähere über Dauer und Ausgestaltung der
Modellvorhaben, über die Bemessung der Pauschalbeträge für einzelne
oder für Haushalte im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 2, über die
Voraussetzungen für die Teilnahme von Hilfeberechtigten und über die
Auswertung der Modellvorhaben sind in der Rechtsverordnung nach Satz 2
festzulegen; die Rechtsverordnung kann auch für die jeweiligen
Teilnehmer der Modellvorhaben die Vermögensgrenzen nach § 88 Abs. 2 Nr.
8 in Verbindung mit der dazu ergangenen Rechtsverordnung um bis zu 80
vom Hundert erhöhen."
8. § 117 wird wie folgt geändert:

9. unverändert
a) In Absatz 1 Satz 7 wird das Wort "Gesundheit" durch die
Wörter "Arbeit und Sozialordnung"
ersetzt und werden die Wörter "im Einvernehmen mit dem
Bundesministerium für Arbeit und
Sozialordnung und" gestrichen.


b) In Absatz 2 Satz 6 wird das Wort "Gesundheit" durch die
Wörter "Arbeit und Sozialordnung"
ersetzt.


c) In Absatz 3 Satz 3 wird die Zahl "3" durch die Zahl "4"
ersetzt.


9. In § 125 Abs. 4 wird das Wort "Gesundheit" durch die Wörter
"Arbeit und Sozialordnung" ersetzt.

10. unverändert
Artikel 2

Artikel 2
Inkrafttreten

Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. § 101a
tritt am 1. Januar 2005 außer Kraft.
Bericht der Abgeordneten Dr. Thea Dückert

A. Allgemeiner Teil
I.
Der Gesetzentwurf auf Drucksache 14/389 ist in der 25. Sitzung des
Deutschen Bundestages am 4. März 1999 an den Ausschuß für Arbeit und
Sozialordnung zur federführenden Beratung und an den Ausschuß für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Mitberatung überwiesen worden.
Der Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend hat in seiner 10. Sitzung am 24. März 1999 mit den Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und PDS bei
Stimmenthaltung der Fraktion der F.D.P. beschlossen, die Annahme des
Gesetzentwurfs in der Fassung der von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN eingebrachten Änderungsanträge zu empfehlen.
Der federführende Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung hat den
Gesetzentwurf in seiner 16. Sitzung am 17. März 1999, seiner 17.
Sitzung am 24. März 1999 sowie seiner 18. Sitzung am 21. April 1999
beraten. In seiner abschließenden Sitzung hat er mit den Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, F.D.P. und PDS die Annahme des Gesetzentwurfes
in der aus der Zusammenstellung ersichtlichen Fassung beschlossen.
Die Fraktion der CDU/CSU legte den nachfolgenden Änderungsantrag
(Ausschußdrucksache 14/218) vor, der keine Mehrheit fand:
1. Artikel 1 Nr. 2 Buchstabe b wird wie folgt geändert:
In Absatz 6 wird Satz 1 gestrichen und werden im bisherigen Satz 2
die Wörter "zum 1. Juli 1997" gestrichen und die Wörter "zum 1. Juli
1998" durch die Wörter "zum 1. Juli 1999" ersetzt.
2. Artikel 1 wird wie folgt geändert:
a) Nach Nummer 7 wird folgende Nummer 8 eingefügt:
"8. Nach § 101 wird folgender § 101a eingefügt:
§ 101a Experimentierklausel
Zur Weiterentwicklung der Sozialhilfe soll die Pauschalierung weiterer
Leistungen nach diesem Gesetz im Rahmen der Sätze 2 bis 6 erprobt
werden. Zu diesem Zweck können die Landesregierungen die Träger der
Sozialhilfe durch Rechtsverordnung ermächtigen, in Modellvorhaben
solche Leistungen der Sozialhilfe pauschaliert zu erbringen, für die
Beträge nicht schon durch dieses Gesetz festgesetzt oder auf Grund
dieses Gesetzes festzusetzen sind. Dies betrifft nicht die Leistungen
der Hilfe in besonderen Lebenslagen. Die Pauschalbeträge sind für einen
bestimmten Bedarf festzusetzen und müssen dem Grundsatz der
Bedarfsdeckung gerecht werden. Der für den einzelnen Hilfeempfänger
derzeit bestehende Rechtsanspruch auf individuell bedarfsgerechte Hilfe
wird in einem Gesamtrechtsanspruch auf ein bedarfsdeckendes Budget
ausgestaltet. Darüber hinaus besteht ein Rechtsanspruch auf eine
zusätzliche Leistung nur bei einem nachgewiesenen besonderen Aufwand in
besonderen unvorhergesehenen und unabweisbaren Lebenssituationen. Die
Modellvorhaben sind so auszuwerten, daß sie eine bundesweite Bewertung
zulassen; hierzu haben die Träger der Sozialhilfe, die jeweils
zuständige oberste Landesbehörde und das Bundesministerium für Arbeit
und Sozialordnung zusammenzuwir-
ken. Eventuelle Verwaltungseinsparungen, die durch
Pauschalierungsmaßnahmen entstehen, sollen zur verbesserten Betreuung
der Hilfeempfänger eingesetzt werden. Die Modellvorhaben enden
einschließlich ihrer Auswertung spätestens am 31. Dezember 2004. Das
Nähere über Dauer und Ausgestaltung der Modellvorhaben, über die
Bemessung der Pauschalbeträge für einzelne oder für Haushalte im Sinne
von § 11 Abs. 1 Satz 2, über die Voraussetzungen für die Teilnahme von
Hilfeberechtigten und über die Auswertung der Modellvorhaben sind in
der Rechtsverordnung nach Satz 2 festzulegen; die Rechtsverordnung kann
auch für die jeweiligen Teilnehmer der Modellvorhaben die
Vermögensgrenzen nach § 88 Abs. 2 Nr. 8 in Verbindung mit der dazu
ergangenen Rechtsverordnung um bis zu 80 vom Hundert erhöhen."
b) Die bisherigen Nummern 8 und 9 werden die Nummern 9 und 10.
3. An Artikel 2 wird folgender Satz 2 angefügt:
"§ 101a tritt am 1. Januar 2005 außer Kraft."
II.
Die Mitglieder der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bemerkten, daß die Neugestaltung der Bemessungsgrundlage der
Regelsätze für die Weiterentwicklung der Sozialhilfe von zentraler
Bedeutung sei. Wie in der Koalitionsvereinbarung vom 20. Oktober 1998
vorgesehen solle die in diesem Gesetzentwurf vorgesehene Verlängerung
der Übergangsregelung um zwei Jahre eine gründlich vorbereitete
Neugestaltung der Regelsätze ermöglichen.
Durch die zeitlich befristete Experimentierklausel werde den
zuständigen Behörden die Möglichkeit gegeben, die Durchführbarkeit und
die Auswirkungen weiterer Pauschalierungen in der Sozialhilfe zu
erproben. Die von der Fraktion der CDU/CSU geforderten Ergänzungen bei
der Experimentierklausel habe man gründlich geprüft, sehe aber nicht
die Notwendigkeit, sie im Gesetz festzuschreiben. Es sei ausdrücklich
hervorzuheben, daß es bei dieser Regelung nicht darum gehe, die
Leistungen zu senken, sondern darum, wie man die Leistungen so
ausgestalten könne, daß sie mehr Autonomie für die Sozialhilfeempfänger
brächten. Zum anderen gehe es um die Frage, wie man das
Verwaltungsverfahren vereinfachen könne. Pauschalen gebe es bereits
heute, beispielsweise bei der Bekleidung. Es gehe also um nichts
grundlegend Neues. Es sei aber notwendig, die Hilfe anders zu
gestalten. Man hoffe, daß dies im Ergebnis auch zu mehr individueller
Beratung führen werde. Man habe aber nicht die Kompetenz, den Ländern
bzw. den Gemeinden als den Sozialhilfeträgern gesetzlich
vorzuschreiben, wie sie Einsparungen zu verwenden hätten. Von
besonderer Bedeutung sei auch, daß während der Phase des
Experimentierens die Wohlfahrtsverbände begleitend einbezogen würden.
Die Mitglieder der Fraktion der CDU/CSU betonten, daß es für die
Neugestaltung des Bemessungsystems bereits eine längere
Vorbereitungszeit gegeben habe. Die noch von der alten Bundesregierung
eingeholten Gutachten lägen vor und könnten sofort ausgewertet werden.
Die Verlängerungsfrist könne daher auf ein Jahr begrenzt werden. Die
gesetzliche Verankerung von Modellvorhaben für Pauschalierungen sei zu
begrüßen. Dazu gebe es auch im Bundesrat eine Initiative des Landes
Baden-Württemberg. Der nun von der Koalition vorgelegte Vorschlag müsse
allerdings etwas nachgebessert werden, da er an einigen Stellen unklar
sei. So sei beispielsweise zu klären, was überhaupt pauschaliert werden
könne. Pauschalierungen sollten nur bei der Hilfe zum Lebensunterhalt
in Betracht kommen. Mit Pauschalierungen werde das
Bedarfsdeckungsprinzip und das In-
dividualisierungsgebot im Sozialhilferecht tangiert, deshalb müsse es
auch Ausnahmeregelungen für Sondersituationen geben. Bei Annahme der
von der Koalition vorgesehenen Regelungen seien zahlreiche gerichtliche
Auseinandersetzungen zu befürchten, da die Länder zu unterschiedlichen
Regelungen in Rechtsverordnungen kommen könnten. Nachdrücklich wurde
darauf hingewiesen, daß eventuelle finanzielle Einsparungen durch
Verwaltungsvereinfachungen z. B. für die bessere Beratung und Betreuung
von Sozialhilfeempfängern eingesetzen werden sollen.
Die Mitglieder der Fraktion der F.D.P. plädierten ebenfalls dafür, die
derzeit geltende Regelung zur Bemessung der Regelsätze nunmehr um ein
Jahr zu verlängern. Im übrigen unterstützten sie den von der Fraktion
der CDU/
CSU vorgelegten Änderungsantrag hinsichtlich der
Ermöglichung von Pauschalierungen im Rahmen von Modellvorhaben. Aus
Sicht der Fraktion der F.D.P. sei die Einführung von Pauschalen in der
Sozialhilfe wegen der notwendigen Verwaltungsvereinfachung ein
unausweichlicher Schritt.
Die Mitglieder der Fraktion der PDS kritisierten, daß bereits die
bestehenden Regelungen am Bedarfsdeckungsprinzip vorbeigingen. Sie
forderten eine Rückkehr zu der vor 1993 geltenden Regelung, dem
"Statistikmodell". Die Schere zwischen den Lebenshaltungskosten und den
Regelsätzen habe sich inzwischen um real 18 % geöffnet. Den
Sozialhilfeempfängern seien 25 % des Eckregelsatzes verlorengegangen.
Die Delegierung der Festlegung der Höhe der Pauschalen an die Länder
berge die Gefahr einer Deckelung in sich. Hinsichtlich der vorgesehenen
Pauschalierung sei sicherzustellen, daß davon Leistungen im Bereich der
Hilfen in besonderen Lebenslagen sowie die Kosten für die Unterkunft
ausgenommen seien. Artikel 1 Nr. 7 lege fest, daß in der Perspektive
der Verursacher des Widerspruchs für den Erlaß des
Widerspruchsbescheides zuständig sein solle, d.h. jene Ebene, die sich
nach Ansicht des Widersprechers rechtswidrig verhalten habe. Das sei
rechtspolitisch bedenklich. Zudem müsse die Teilnahme an den geplanten
Modellversuchen freiwillig und ein Widerruf der Teilnahme möglich sein.
Im übrigen kündigten sie einen eigenen Änderungsantrag im Plenum an.
B. Besonderer Teil
Zur Begründung der einzelnen Vorschriften wird - soweit sie im Verlauf
der Ausschußberatungen nicht geändert oder ergänzt wurden - auf den
Gesetzentwurf verwiesen. Hinsichtlich der vom Ausschuß für Arbeit und
Sozialordnung neu eingefügten Vorschriften ist folgendes zu bemerken:
Zu Nummer 8 (neu)
Durch die zeitlich begrenzte Experimentierklausel werden die
zuständigen Behörden aufgefordert, aber nicht verpflichtet, die
Durchführbarkeit und die Auswirkungen weiterer Pauschalierungen in der
Sozialhilfe zu überprüfen. Die im Gesetz bereits verankerten
Pauschalen, d. h. die Regelsätze, die Mehrbedarfszuschläge, das
Blindengeld, das Pflegegeld und die Pflegesätze in Einrichtungen,
lassen aufgrund langjähriger Praxis den Schluß zu, daß durch sie neben
größerer Dispositionsfreiheit und Selbständigkeit bei den
Hilfeempfängern auch erhebliche Vereinfachungen und dadurch
Einsparungen bei der Verwaltung ermöglicht werden. Damit zur
Weiterentwicklung der Sozialhilfe Erkenntnisse gewonnen werden können,
wie die Pauschalen bemessen sein müssen und welche Regelungen zur
Durchführung vorgesehen werden müssen, um den notwendigen Bedarf zu
decken, soll zur Erprobung angeregt werden. Satz 1 enthält dieses
Programm.
Voraussetzung für die Durchführung solcher Modellvorhaben ist nach Satz
2 eine Rechtsverordnung der jeweiligen Landesregierung, um dem Träger
der Sozialhilfe einen rechtssicheren Rahmen zu geben, länderspezifisch
unterschiedliche Ansätze in eigener Verantwortung zuzulassen und eine
vergleichbare Auswertung der Modelle zu gewährleisten. Die
Pauschalierung kann Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt und der
Hilfe
in besonderen Lebenslagen betreffen, soweit das Ge-
setz solche Pauschalierungen nicht bereits vorsieht oder enthält. Von
der Experimentierklausel nicht berührt werden schon praktizierte
Pauschalierungen einzelner einmaliger Leistungen der Hilfe zum
Lebensunterhalt wie z.B. für Bekleidung oder die Weihnachtshilfe; diese
können jedoch in die Modellvorhaben einbezogen werden.
Die Sätze 3 bis 5 enthalten drei allgemeine Vorgaben für die
Durchführung der Modellvorhaben. Es wird zum einen am
Bedarfsdeckungsprinzip der Sozialhilfe ausdrücklich festgehalten; die
Pauschalbeträge müssen also ausreichen, um in Durchschnittsfällen den
bestimmten gesetzlichen Bedarf zu decken, ohne im Einzelfall Leistungen
bei Bedarf in Sondersituationen auszuschließen. Bei der verpflichtend
vorgesehenen Auswertung auch mit dem Ziel einer bundesweiten Bewertung
haben die genannten Behörden im Rahmen ihrer Zuständigkeiten
zusammenzuwirken, damit in diesem Rahmen auch die Ergebnisse der
Modellvorhaben umgesetzt werden können. Schließlich wird für das
Gesamtvorhaben ein längerfristiger Zeitraum festgelegt, um erkennbare
sinnvolle Folgemaßnahmen rechtzeitig beraten und gegebenenfalls an die
Modellvorhaben anzuschließen zu können; dazu wird auch eine zeitlich
ablaufnahe Auswertung auf allen Ebenen notwendig sein.
Satz 6 erster Satzteil entspricht dem Konkretisierungsgebot des
Artikels 80 des Grundgesetzes. In welchem Umfang das Nähere in den
Rechtsverordnungen jeweils festgelegt wird, hat der Verordnungsgeber zu
entscheiden. Dies gilt auch für die Voraussetzungen der Teilnahme von
Hilfeberechtigten an den Modellvorhaben.

Dabei wird, auch abhängig von dem betreffenden Bedarf oder der
betreffenden Bedarfsgruppe, zu berücksichtigen sein, daß einerseits
eine uneingeschränkte Freiwilligkeit der Teilnahme die
ergebnisorientierte Durchführung zu sehr beeinträchtigen würde,
andererseits der Hilfeberechtigte für eine eigenverantwortliche
Mitarbeit gewonnen werden muß. Der weiteren Möglichkeit nach Satz 6
zweiter Satzteil, für die Zeit eines Modellvorhabens die
Vermögensfreigrenzen im Sinne des § 88 Abs. 2 Nr. 8 zu erhöhen, liegt
die Überlegung zugrunde, daß die Pauschalierung auch das Ansparen von
Beträgen für größere Ausgaben wie z.B. für eine Wohnungsrenovierung
zulassen muß, was bei ihrer gleichzeitigen Anrechnung auf die
Leistungen nicht möglich wäre.
Grundsätzlich sind durch Pauschalierungen in der Tendenz einerseits
Einsparungen aufgrund von Verwaltungsvereinfachungen und andererseits
Mehrausgaben aufgrund typisierter Bedarfsbemessung zu erwarten.
Insgesamt ge-sehen werden im Zeitablauf Einsparungen erwartet, über die
aus der Erprobung - einschließlich einer Verwendung von Einsparungen
für die bessere Überwindung von Hilfebedürftigkeit - nähere
Erkenntnisse gewonnen werden sollen. Das steuerfreiezustellende
Existenzminimum wird durch diese Maßnahmen nicht berührt.

Bonn, den 21. April 1999
Dr. Thea Dückert
Berichterstatterin

21.04.1999 nnnn

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