BT-Drucksache 14/8165

Patientenpass

Vom 29. Januar 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8165
14. Wahlperiode 29. 01. 2002

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Wolfgang Zöller, Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid), Dr. Wolf
Bauer, Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Dr. Hans Georg Faust, Ulf Fink, Ingrid
Fischbach, Hubert Hüppe, Dr. Harald Kahl, Eva-Maria Kors, Hans-Peter Repnik,
Annette Widmann-Mauz, Aribert Wolf und der Fraktion der CDU/CSU

Patientenpass

1. Im Jahr 1996 hat das von der unionsgeführten Bundesregierung eingesetzte
Forum „Info 2000“ vorgeschlagen, ein nationales Aktionsforum für Tele-
matik im Gesundheitswesen zu gründen. Dieses sollte durch seine Zu-
sammensetzung und Trägerschaft die zentrale Kompetenz für Telematik-
Standards in sich vereinen und die spartenübergreifende Konsensbildung
sicherstellen. Dieser Vorschlag wurde seitens der gemeinsamen Selbstver-
waltung der Ärzte und Krankenkassen aufgegriffen und in der Folge im Jahr
1999 unter dem Dach der Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und
-gestaltung (GVG) das „Aktionsforum für Telematik im Gesundheitswesen“
(ATG) gegründet. Das ATG versteht sich als interessenübergreifende Kon-
sensplattform für die Weiterentwicklung der Telematik im Gesundheitswe-
sen und sieht seine zentrale Aufgabe in der Formulierung und Bewertung
neuer Lösungsansätze der Informationstechnologie und der Vernetzung im
Gesundheitswesen. Bereits im Juni 2001 hat das ATG Managementpapiere
zum „Elektronischen Rezept“, zum „Arztbrief“ und zur Sicherheitsinfra-
struktur verabschiedet. In der Pressemeldung des ATG vom 11. Juni 2001
heißt es dazu: „Die Nutzung moderner Informations- und Kommunikati-
onstechnologien im Gesundheitssystem leistet einen Beitrag zu einer ver-
besserten Qualität und Wirtschaftlichkeit der Gesundheitsdienstleistungen.
Denn aktuelle und schnell verfügbare Daten helfen die Patientenversorgung
zu verbessern. So können belastende Doppeluntersuchungen vermieden und
unerwünschte Arzneimittelwirkungen verhindert werden. Die Informations-
bereitstellung in elektronisch unterstützter Form bringt erheblichen Nutzen
für alle Beteiligten. Sowohl Apotheker, Ärzte und andere Medizinberufe als
auch Krankenkassen und Patienten können von der neuen Technik profitie-
ren.“

2. Der Bereich „Gesundheitswesen“ nimmt auch im Aktionsprogramm der
Bundesregierung „Innovation und Arbeitsplätze in der Informationsgesell-
schaft des 21. Jahrhunderts“ einen breiten Raum ein. Neben dem „Elektroni-
schen Rezept“ und „Karten im Gesundheitswesen“ wird auch eine „Tele-
matikplattform im Gesundheitswesen“ thematisiert. Bei den Aktionen heißt
es unter anderem: „Das BMG wird Modellversuche zum Elektronischen
Rezept fördern, … wird die Entwicklung und Einführung einer neuen, funk-
tional erweiterten Generation von Karten im Gesundheitswesen begleiten
und unterstützen. Die Bundesregierung fördert die Arbeit des von ihr ange-
regten Aktionsforum Telematik im Gesundheitswesen und ist bereit, an der

Drucksache 14/8165 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Erarbeitung von konsensorientierten Empfehlungen zur Schaffung einer ge-
meinsamen Telematikplattform für das Gesundheitswesen mitzuwirken.“
Seit dem Lipobay-Skandal setzt nun auch die Bundesministerin für Gesund-
heit, Ulla Schmidt, verstärkt auf eine verbesserte Kommunikation im
Gesundheitswesen mittels moderner Technologien. Ausgehend von ersten
Überlegungen über die Einführung eines „Arzneimittelpasses“ wird nun-
mehr von einem umfassenderen „Patientenpass“ gesprochen. Nach der
Pressemitteilung vom 29. November 2001 hat das Bundesministerium für
Gesundheit (BMG) eine Projektgruppe eingerichtet, die „zurzeit einen um-
fassenden Vorschlag für einen Patientenpass unter Einschluss einer patien-
tenbezogenen Arzneimitteldokumentation erarbeitet“.

3. Die Europäische Kommission hat unter dem Motto „Eine Informationsge-
sellschaft für alle“ auf dem Sondergipfel von Lissabon im März 2000 die
Ende 1999 begonnene Initiative „eEurope“ vorgestellt. Mit „eEurope“ haben
sich die im Europäischen Rat vertretenen Staaten deutlich zur flächende-
ckenden Einführung von Chipkarten für Angehörige der Gesundheitsberufe
und für Patienten als Instrument für digitale Signaturen und andere krypto-
graphische Funktionen sowie zur Etablierung von entsprechenden Sicher-
heitsinfrastrukturen bekannt. Der Europäische Rat hat auf seiner Konferenz
in Feira (19./20. Juni 2000) ein umfassendes Aktionsprogramm zur Einfüh-
rung von modernen Informations- und Kommunikationstechnologien be-
schlossen. Mit dem „eEurope-Aktionsplan“ wurden nicht nur neue strategi-
sche Ziele für die europäische Gesundheitspolitik gesetzt, sondern auch
Selbstverpflichtungen der europäischen Mitgliedstaaten erreicht.
Dazu gehört u. a.:
– Bis Ende 2002 sollen die Mitgliedstaaten die „Verfügbarkeit einer Ge-

sundheitstelematikplattform – einschließlich regionaler Netzwerke – für
Leistungserbringer im ambulanten und stationären Bereich“ sicherstellen.

– Bis Anfang 2002 sollen die Mitgliedstaaten, die Europäische Kommission
und der private Sektor (Industrie) „Best Practice-Beispiele für e-Health
ermitteln und publizieren, gleichzeitig sind die Kriterien für den Leis-
tungsvergleich aufzuzeigen“.

4. Die Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien im
Gesundheitswesen ist in Fachkreisen seit langem unumstritten. Zwar setzt
sich nun auch die Bundesregierung programmatisch für die Einführung von
Gesundheitstelematik ein, eine legislative Umsetzung aber steht noch aus.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Worin zeigt sich die Mitwirkung der Bundesregierung beim ATG hinsicht-

lich der „Erarbeitung von konsensorientierten Empfehlungen zur Schaffung
einer gemeinsamen Telematikplattform für das Gesundheitswesen“?

2. Inwieweit ist das ATG in die derzeit beim BMG eingesetzte Projektgruppe
zum Thema „Patientenpass“ involviert?

3. Wird das ATG seitens des Bundes finanziell gefördert?
Wenn ja, in welcher Höhe wurden bisher Mittel zur Verfügung gestellt?

4. Ist eine weitere, finanzielle Förderung eingeplant?
Mit welchem Mitteleinsatz voraussichtlich?

5. Ist das ATG berechtigt, Modellversuche zum Telematikeinsatz im Gesund-
heitswesen zu initiieren?
Verfügt es hierfür über die finanzielle Ausstattung von Seiten des Bundes?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/8165

6. Welche Modellprojekte werden im Bereich Telematik im Gesundheits-
wesen aus dem Aktionsprogramm der Bundesregierung „Innovation und
Arbeitsplätze in der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts“ bereits
unterstützt?
In welcher Höhe stehen dafür Haushaltsmittel zur Verfügung?

7. Welche Ziele verfolgt das BMG mit der Einführung eines „Patientenpas-
ses“?

8. Welche Informationen sollen auf dem „Patientenpass“ gespeichert werden?
9. Soll die Nutzung des „Patientenpasses“ für die Versicherten freiwillig er-

folgen oder ist eine verpflichtende Nutzung vorgesehen?
10. Wenn eine freiwillige Nutzung vorgesehen ist, soll dann zum Anreiz für die

Versicherten ein Bonussystem eingeführt werden?
Wenn ja, wie soll dieses ausgestaltet sein?

11. Bei einer verpflichtenden Nutzung: Mit welchen Argumenten gedenkt die
Bundesregierung vorhandenen Bedenken des Bundesbeauftragten für den
Datenschutz entgegenzutreten?

12. Wie sieht der Zeitplan der Bundesregierung für die Einführung des „Patien-
tenpasses“ aus?

13. Werden außer der Übertragung des Patientenpasses auf eine Chipkarte von
der Bundesregierung auch andere Modell erwogen?
Wenn ja, welche?

14. Sind bereits Modellprojekte geplant bzw. angelaufen?
Wenn ja, in welchen Regionen und mit welchen Inhalten?

15. Wie werden ggf. bereits laufende Modellprojekte finanziert?
16. Ist die Bundesregierung bereit, sich an entsprechenden Modellprojekten

finanziell zu beteiligen?
In welcher Höhe stehen dafür Haushaltsmittel zur Verfügung?

17. Kann die Bundesregierung den Verpflichtungen bzw. den auf europäischer
Ebene gesteckten Zielen – rechtzeitig – nachkommen?

18. Welche Aktivitäten wurden dazu in die Wege geleitet?
19. Wie ist der Sachstand?

Berlin, den 29. Januar 2002
Wolfgang Zöller
Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid)
Dr. Wolf Bauer
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Hubert Hüppe
Dr. Harald Kahl
Eva-Maria Kors
Hans-Peter Repnik
Annette Widmann-Mauz
Aribert Wolf
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.