BT-Drucksache 14/8156

Streit um die Krankenkassenbeiträge für Rentner

Vom 29. Januar 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8156
14. Wahlperiode 29. 01. 2002

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid), Dr. Wolf Bauer, Dr. Sabine
Bergmann-Pohl, Dr. Hans Georg Faust, Ulf Fink, Ingrid Fischbach, Hubert Hüppe,
Dr. Harald Kahl, Eva-Maria Kors, Hans-Peter Repnik, Heinz Schemken, Annette
Widmann-Mauz, Aribert Wolf, Wolfgang Zöller und der Fraktion der CDU/CSU

Streit um die Krankenkassenbeiträge für Rentner

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 15. März 2000 entschie-
den, dass die durch das Gesundheitsstrukturgesetz 1992 eingeführte Regelung
in § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), mit der ab
1994 der Zugang zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) eingeschränkt
wurde, verfassungswidrig ist und lediglich noch bis längstens 31. März 2002
angewendet werden kann.
Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber eine Frist bis Ende März
2002 eingeräumt, eine Gleichstellung von pflicht- und freiwillig versicherten
Rentnern herbeizuführen. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetz-
geber die Option eingeräumt, entweder auch die zusätzlichen Einkünfte von
pflichtversicherten Rentnern bei der Beitragsbemessung heranzuziehen oder
den Zugang zur kostengünstigen KVdR für jene Rentner (wieder) zu öffnen,
deren Versicherungsleben hauptsächlich durch eine Mitgliedschaft in der
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) einschließlich freiwilliger Versiche-
rungen geprägt war. Der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bleibt es ferner
vorbehalten, ob er die Grundlagen der Beitragsberechnung für alle Pflichtver-
sicherten der GKV den Bemessungsgrundlagen für die freiwillig Versicherten
angleicht. Sollte die Bundesregierung bis zum 31. März 2002 keine Lösung für
die Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gefunden
haben, gilt wieder die bis zum Inkrafttreten des Gesundheitsstrukturgesetzes
(GSG) im Jahre 1993 gültige Regelung.
Über die Frage, ob von der bis 1993 geltenden Regelung auch die sog. Bestands-
rentner erfasst werden oder nur die Neuzugänge, ist nach Pressemeldungen
(z. B. Berliner Zeitung und Rheinische Post vom 23. Januar 2002) zwischen den
Spitzenverbänden der Krankenkassen und den Trägern der gesetzlichen Renten-
versicherung ein Streit ausgebrochen.
Die Bundesregierung hat bisher nicht zu erkennen gegeben, ob sie eine Geset-
zesinitiative ergreifen wird.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Warum sieht die Bundesregierung erst jetzt, nach fast zwei Jahren, einen ge-

setzgeberischen Handlungsbedarf bei der Umsetzung der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts von 15. März 2000 zur Krankenversicherung der
Rentner?

Drucksache 14/8156 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

2. Warum hat die Bundesregierung unter Hinweis auf den Beschluss des Bun-
desverfassungsgerichts von 15. März 2000 in der Vergangenheit einen ge-
setzgeberischen Handlungsbedarf mit der Bemerkung verneint, dann gelte
laut Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ab 1. April 2002 die
Regelung wie sie vor Inkrafttreten des GSG im Jahre 1993 bestanden
habe?

3. Sofern die Bundesregierung im Amt bleibt, schließt sie auch für die
nächste Legislaturperiode aus, dass – wie von dem Staatsminister für Ar-
beit, Familie, Soziales und Gesundheit Rheinland-Pfalz, Florian Gerster,
vorgeschlagen – alle Rentner mit sämtlichen Einkünften zur Beitragsbe-
messung herangezogen werden?

4. Ist an dem von der Bundesministerin für Gesundheit, Ulla Schmidt, einge-
richteten „Runden Tisch“ über die Gestaltung der Beiträge in der GKV dis-
kutiert worden?

5. Welche Verbände und Einzelsachverständigen sind an diesen Diskussionen
zur Beitragsgestaltung beteiligt gewesen?

6. Welche Positionen sind im Einzelnen zur Frage der Beitragsgestaltung ver-
treten worden?

7. Wie hat sich das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hierzu einge-
lassen?

8. Wird der „Runde Tisch“ hierzu ein Ergebnis vorlegen?
Wenn ja, wann?

9. Wie viele Rentner sind durch den Beschluss des Bundesverfassungsge-
richts vom 15. März 2000 zur Gleichbehandlung von freiwillig und pflicht-
versicherten Rentnern betroffen, bei der Bundesversicherungsanstalt für
Angestellte (BfA), bei den Landesversicherungsanstalten?

10. Wie würde sich die Rechtslage im Einzelnen für die betroffenen Rentner
darstellen, wenn keine gesetzliche Regelung getroffen wird?

11. Treffen Presseberichte (z. B. Berliner Zeitung und Rheinische Post vom
23. Januar 2002) zu, wonach zwischen der BfA und den gesetzlichen Kran-
kenkassen ein Streit um die „Bestandsrentner“ ausgebrochen ist bzw. war?
Welche Inhalte sind zwischen BfA und den Spitzenverbänden der Kranken-
kassen streitig bzw. streitig gewesen?

12. Welche Haltung nehmen in diesem Streit das BMG und das Bundesminis-
terium für Arbeit und Sozialordnung (BMA) ein bzw. haben sie eingenom-
men?

13. Treffen Presseberichte (z. B. Ärzte Zeitung vom 14. Januar 2002) zu, wo-
nach 610 000 bislang freiwillig versicherte Rentner niedrigere Beiträge zu
entrichten und ca. 590 000 Rentner mit höheren Beiträgen zu rechnen
haben, wenn bis zum 31. März 2002 keine gesetzliche Regelung getroffen
wird und damit – laut Bundesverfassungsgericht – der Rechtszustand vor
dem in Kraft treten des GSG gilt?

14. Kann die Bundesregierung erklären, wie es zu dieser unterschiedlichen
Behandlung kommt?

15. Welche gesellschaftlichen Gruppen will die Bundesregierung durch eine
gesetzliche Regelung stärken?
Welche gesellschaftlichen Gruppen würden davon profitieren, wenn keine
gesetzliche Regelung erfolgt?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/8156

16. Was sagt die Bundesregierung dazu, dass nach Einschätzung der BfA bei
der Wiedereinführung der alten Regelung Hausfrauen deutlich schlechter
gestellt werden?

17. Welche weiteren gesellschaftlichen Gruppen sind durch eine gesetzliche
Regelung nunmehr benachteiligt?

18. Welche zusätzlichen finanziellen Belastungen kommen auf die Rentenver-
sicherungsträger zu?

19. Wie hoch sind die Einnahmenausfälle der Krankenkassen?

Berlin, den 29. Januar 2002
Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid)
Dr. Wolf Bauer
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Hubert Hüppe
Dr. Harald Kahl
Eva-Maria Kors
Hans-Peter Repnik
Heinz Schemken
Annette Widmann-Mauz
Aribert Wolf
Wolfgang Zöller
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

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