BT-Drucksache 14/8090

1. zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -14/6753- Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Pflanzenschutzgesetzes 2. zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU -14/7141- Pflanzenschutzrecht darf Existenz des deutschen Obst- und Gemüsebaus nicht gefährden

Vom 29. Januar 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8090
14. Wahlperiode 29. 01. 2002

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft
(10. Ausschuss)

1. zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates
– Drucksache 14/6753 –

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Pflanzenschutzgesetzes

2. zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU
– Drucksache 14/7141 –

Pflanzenschutzrecht darf Existenz des deutschen Obst- und Gemüsebaus
nicht gefährden

A. Problem
Die Einführung der Gebotsindikation für die Pflanzenschutzmittel-Anwendung
ab dem 1. Juli 2001 hat insbesondere für den Gemüse- und Obstbau zu Eng-
pässen bei der Auswahl von Pflanzenschutzmitteln geführt, weshalb sich er-
hebliche wirtschaftliche Einbußen für die betroffenen Betriebe abzeichnen.
Wichtige Kulturen können auf Grund fehlender Pflanzenschutzmittel nicht
mehr legal angebaut werden. Die Übergangsfristen haben sich als zu kurz
erwiesen.

B. Lösung
Zu 1.
Keine Notwendigkeit zum Erlass der vorgesehenen Gesetzesänderung, jedoch
Annahme einer Entschließung.
1. Ablehnung des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Koalitionsfraktio-

nen gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP bei
Stimmenthaltung der Fraktion der PDS

2. Annahme einer Entschließung der Koalitionsfraktionen mit den Stim-
men der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion der PDS

Drucksache 14/8090 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Zu 2.
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und
der Fraktion der PDS gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP

C. Alternative
Annahme der beiden Vorlagen.

D. Finanzielle Auswirkungen
Zu 1.
Mit der vorgesehenen Regelung wird der landwirtschaftlichen Praxis eine Vor-
gehensweise eröffnet, die für die Verwaltung der Fachbehörden mit vergleichs-
weise geringem Aufwand verbunden ist.
Die beabsichtigten Änderungen haben darüber hinaus zur Folge, dass den Ge-
müse- und Obstbaubetrieben sowie den Betrieben mit anderen Spezialkulturen
keine unvermeidlichen wirtschaftlichen Einbußen in nicht abschätzbarer Höhe
entstehen und die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe auf dem EU-Binnenmarkt
erhalten bleibt.
Zu 2.
Kosten wurden nicht erörtert.

E. Sonstige Kosten
Den betroffenen Betrieben entstehen im Gegensatz zu anderen Lösungswegen
keine zusätzlichen Kosten.
Die Verbraucher können wie bisher insbesondere mit Gemüse und Obst in
hoher Qualität zu gewohnten Marktpreisen beliefert werden.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/8090

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
1. den Gesetzentwurf – Drucksache 14/6753 – abzulehnen,
2. den Antrag – Drucksache 14/7141 – abzulehnen,
3. folgende Entschließung anzunehmen:

a) Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Mit dem 1. Juli 2001 ist in Deutschland im Zuge der EU-Harmonisierung
der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln infolge der Richtlinie 91/414/
EWG vom 15. Juli 1991 die Indikationszulassung endgültig in Kraft ge-
treten. Pflanzenschutzmittel dürfen seither grundsätzlich nur noch in den
bei der Zulassung oder Genehmigung festgesetzten Anwendungsgebieten
angewandt werden. Politik, Behörden, Industrie und Anbauer hatten zehn
Jahre Zeit, die nötigen Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Um-
setzung zu schaffen. Dennoch wurde erst seit dem Regierungswechsel
konsequent gehandelt. Trotz aller Anstrengungen, auf der bestehenden
gesetzlichen Grundlage die noch verbleibenden Indikationslücken im
Pflanzenschutz zu schließen, zeichnet sich ab, dass für die kommende
Vegetationsperiode für einige Kulturen Pflanzenschutzmittel oder nicht-
chemische Verfahren zur Bekämpfung bestimmter Schadorganismen in
nicht ausreichendem Maße zur Verfügung stehen werden. Besonders be-
troffen sind Sonderkulturen des Obst- und Gemüsebaus, aber auch andere
Bereiche wie Heil-, Gewürz- und Zierpflanzen.
Der Deutsche Bundestag unterstreicht, dass Lösungswege auf dem vor-
sorgenden Verbraucherschutz basieren müssen und innerhalb des be-
stehenden Regelwerkes zu liegen haben. Vorschläge, die rechtlichen
Rahmenbedingungen zu Lasten des Verbraucherschutzes sowie der
Lebensmittelsicherheit und der Umwelt zu verändern, lehnt der Bundestag
entschieden ab. Die Belange des Verbraucher- undUmweltschutzes dürfen
nicht hinter die wirtschaftlichen Interessen der landwirtschaftlichen
Erzeuger zurückgestellt werden.
Das mit der Änderung des Pflanzenschutzgesetzes im Zuge der EU-Har-
monisierung eingeführte und seit dem 1. Juli 1998 geltende neueVerfahren
zur Schließung von Lücken nach § 18 und § 18a des Pflanzenschutzgeset-
zes hat sich als effektiv erwiesen. Durch die rasche Umsetzung durch die
Bundesregierung konnten erhebliche Verbesserungen in der Zulassungs-
praxis erreicht werden. Die Bearbeitungszeit für diese Anträge konnte bis
auf ein Minimum von derzeit ca. 13 Wochen reduziert werden. Dennoch
ist in Deutschland die Umstellung mit Anpassungsproblemen verbunden.
Neben den Anbauern und ihren Verbänden müssen auch die Pflanzen-
schutzmittelhersteller der chemischen Industrie in die Verantwortung ge-
nommen werden, die mangels eigenem wirtschaftlichen Interesse für be-
stimmte Präparate häufig keineAnträge eingereicht haben.Hervorzuheben
ist, dass die staatlichen Pflanzenschutzämter durch ihre vielfältigen Hilfen
bei der Antragstellung ein wichtiges Stück Förderung der klein- und mit-
telständischen Wirtschaft leisten. Besonders begrüßenswert ist in diesem
Zusammenhang das „Memorandum der Bundesregierung zur Herstellung
gleicher Wettbewerbsbedingungen im Bereich der Pflanzenschutzmittel“
auf dem europäischen Markt, das von vielen Mitgliedstaaten unterstützt
wurde.
Andere EU-Mitgliedstaaten praktizieren die Indikationszulassung bereits
seit Jahren und verfügen daher über eine höhere Anzahl zugelassener und
für diese Anwendung ausgewiesener Pflanzenschutzmittel. Sie verfügen

Drucksache 14/8090 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

auch über eine Reihe von Pflanzenschutzmitteln mit sog. Altwirkstoffen,
die in Deutschland nicht mehr zugelassen sind oder nie zugelassen waren.
Dies führt zurzeit noch zu partiell ungleichen Wettbewerbsbedingungen
zwischen deutschen Erzeugern und den Erzeugern anderer Mitgliedstaa-
ten. Mit demAuslaufen der Zulassung von Altwirkstoffen ab 2003 werden
aber auch die übrigen EU-Mitgliedstaaten nicht mehr über diese Mittel
verfügen, so dass dort, woman sich frühzeitig auf die neue Rechtslage ein-
stellt, Wettbewerbsvorteile realisiert werden können. Grundsätzlich muss
darauf hingewirkt werden, dass nicht nur die gesetzlichen Grundlagen,
sondern auch deren praktische Umsetzung möglichst schnell europaweit
auf hohem Niveau harmonisiert werden.
Gleichzeitig stellt die unsachgemäße bzw. illegale Anwendung von Pflan-
zenschutzmitteln auch auf nicht landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich und
gartenbaulich genutzten Flächen eine ernst zu nehmende Belastung von
Natur, Umwelt und Mensch dar (Beispiel Diuron). Daher sieht der Bun-
destag es als eine zentrale Aufgabe an, die Anwendung von Pflanzen-
schutzmitteln auch auf nicht landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich und
gartenbaulich genutzten Flächen weiter zu reduzieren. Dies könnte über
Abgabebeschränkungen für bestimmte Pflanzenschutzmittel realisiert
werden. Darüber hinaus sollten die Auflagen für die Gebrauchsanleitung,
Kennzeichnung und Werbung für derartige Pflanzenschutzmittel überar-
beitet werden, um eine nicht sachgerechte Anwendung zu minimieren.

b) Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:
aa) den Verbraucherschutz bei der Zulassung und Anwendung von Pflan-

zenschutzmitteln zu stärken. Dazu sollen folgende Maßnahmen ge-
prüft werden:
l die Intensivierung der Beratung und Forschung im Bereich des

nichtchemischen und biologischen Pflanzenschutzes durch die
BBA und die Institute der FAL,

l die stärkere Berücksichtigung vonUmwelt- undVerbraucherbelan-
gen bei der Besetzung von Sachverständigengremien im Bereich
Pflanzenschutz,

l die Durchführung eines anwendungsbegleitenden Monitoringpro-
gramms insbesondere zur Bewertung von Gesundheitswirkungen
bei Anwendern, wobei chronische und Kombinationswirkungen
stärker berücksichtigt werden sollen,

l entsprechend der bisherigen Vorgehensweise eine gesetzliche Re-
gelung vorzusehen, die sich bei der Festsetzung von Rückstands-
höchstmengen an dem besonderen Schutzbedürfnis von Kindern
orientiert,

l die Verbesserung der Transparenz und des Datenzugangs bei der
Zulassung von Pflanzenschutzmitteln,

bb) sicherzustellen, dass die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln im
Einvernehmen mit den Interessen des gesundheitlichen Verbraucher-
schutzes, des Umwelt- und Tierschutzes sowie der landwirtschaft-
lichen Erzeugung erfolgt. Dazu sollen die erforderlichen institutio-
nellen und verfahrensrechtlichen Voraussetzungen im Zuge des
Aufbaus von Bundesamt für Verbraucherschutz und Bundesinstitut
für Risikobewertung geschaffen werden,

cc) beimBund-Länder-Monitoring zur Überwachung von Rückständen in
pflanzlichen Erzeugnissen besonderen Wert auf die Kontrolle solcher
Produkte zu legen, die aus innergemeinschaftlichem Handel stammen
bzw. eingeführt wurden und bei denen unterschiedliche Bestimmun-
gen beiGenehmigung,Anwendung undRückstandshöchstmengen zu-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/8090

grunde liegen. Hierzu ist demBundestag ein Bericht bis Juni 2002 vor-
zulegen,

dd) die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung so zu ändern, dass die
Abgabe der aufgeführten Pflanzenschutzmittel nur nach Vorlage einer
flächenbezogenen Genehmigung nach § 6 Abs. 3 PflSchG erfolgt,
sofern – wie es am Beispiel Diuron deutlich geworden ist – unsachge-
mäßeAnwendung zu gravierendenUmweltbeeinträchtigungen führen
kann,

ee) die Siebte Verordnung zur Änderung der Rückstandshöchstmengen-
verordnung in enger Zusammenarbeit mit den Ländern bis Mai 2002
in Kraft treten zu lassen, um die Probleme für die nächste Vegetations-
periode möglichst gering zu halten. Damit werden ca. 140 geprüfte
Rückstandshöchstmengen geregelt und über 100 Indikationslücken
geschlossen,

ff) rechtlich zu prüfen, inwieweit Pflanzenschutzmittel, für die EG-recht-
lich Rückstandshöchstmengen festgelegt sind, auch in Deutschland
unmittelbar zugelassen und angewendet werden können,

gg) als Konsequenz aus dem Bericht des Food- and Veterinary-Office der
EG-Kommission vom Dezember 2001 (FVO-Bericht) darauf hinzu-
wirken, dass die Kontrollen bei der Anwendung von Pflanzenschutz-
mitteln durch die Bundesländer mit dem Ziel verstärkt werden, der-
zeitige Kontrolldefizite unter Berücksichtigung einer fundierten
Risikoanalyse abzubauen. Ziel ist es, die Kontroll- und Beratungs-
maßnahmen bei derAnwendung und beim Inverkehrbringen für Pflan-
zenschutzmittel so zu verstärken, dass eine flächendeckend sachge-
rechte Anwendung möglichst weitgehend sichergestellt wird. Eine
Einigung auf Länderebene über einheitliche Kontroll- und Vollzugs-
standards sollte dazu angestrebt werden,

hh) einen Bericht über den aktuellen Sachstand bezüglich der Bekämp-
fung von Feuerbrand und Kirschfruchtfliege zu erarbeiten. Im Mittel-
punkt dieses Berichtes sollen Alternativen zu nicht mehr zugelassenen
Wirkstoffen, eine Begründung für unterschiedliche Anwendungsbe-
stimmungen in den EU-Mitgliedstaaten und Vorschläge zur Verbesse-
rung der Einfuhrkontrollen bzw. Kontrollen der landwirtschaftlichen
Erzeugnisse im innergemeinschaftlichen Handel stehen. Darüber
hinaus soll eine gemeinsame Lösung mit den Anrainerstaaten der
Bodenseeregion und den Bundesländern, die besonders von Feuer-
brand betroffen sind, gesucht werden,

ii) die Möglichkeit der Einführung einer Abgabe auf Pflanzenschutzmit-
tel in Deutschland unter Berücksichtigung der in anderen EU-Mit-
gliedstaaten gemachten Erfahrungen zu prüfen. Die Einnahmen aus
einer solchen Abgabe sollten ggf. zur Verstärkung der Kontrollen, für
zusätzliche Beratungskapazitäten sowie für die Erforschung umwelt-
verträglicher Alternativen eingesetzt werden,

jj) die Forschung an Schwerpunktproblemen des Pflanzenschutzes im
Obst- und Gemüsebau, aber auch für kleinere Sonderkulturen zu in-
tensivieren. Dies gilt insbesondere für den ökologischen Anbau von
Obst, Gemüse und Wein.

Berlin, den 23. Januar 2002

Der Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft
Ulrike Höfken
Stellv. Vorsitzende

Gustav Herzog
Berichterstatter

Norbert Schindler
Berichterstatter

Drucksache 14/8090 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Gustav Herzog und Norbert Schindler

I. Verfahrensablauf
Zu 1.
Der Deutsche Bundestag hat in seiner 201. Sitzung am
15. November 2001 den Gesetzentwurf des Bundesrates
zur Änderung des Pflanzenschutzgesetzes auf Drucksache
14/6753 zur federführenden Beratung an den Ausschuss für
Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft sowie
zur Mitberatung an den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit überwiesen.
Die Bundesregierung hat die Gesetzesinitiative des Bundes-
rates zur Änderung des Pflanzenschutzgesetzes nicht befür-
wortet.
Zu 2.
Der Deutsche Bundestag hat in seiner 195. Sitzung am
18. Oktober 2001 den Antrag auf Drucksache 14/7141 zur
federführenden Beratung an den Ausschuss für Verbrau-
cherschutz, Ernährung und Landwirtschaft und zur Mitbera-
tung an den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reak-
torsicherheit sowie den Haushaltsausschuss überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen
Zu 1.
Das im Hinblick auf den Termin 1. Juli 2001 bereits prak-
tizierte Genehmigungsverfahren zum Schließen der Indi-
kationslücken hat sich durch Klärung von Fragen zur Haf-
tung und Verfahrensabläufen stark verzögert.
Die im Pflanzenschutzgesetz vorgesehene Übergangsfrist
reicht dafür bei weitem nicht aus.
Bis die Neuregelung der Zulassung für die in den Spezial-
kulturen benötigten Pflanzenschutzmittelwirkstoffe greift,
muss eine Übergangslösung durch die vorgeschlagene Än-
derung des Pflanzenschutzgesetzes geschaffen werden.
Zu 2.
Unverzüglich ist eine Übergangslösung durch eine indika-
tionsbezogene Aussetzung bzw. Verlängerung der Über-
gangsfrist zur Schließung der Lücken bei Pflanzenschutz-
mitteln zu schaffen und sicherzustellen, dass schon bei
Abschluss des Zulassungs- oder Genehmigungsverfahrens
eine rechtlich verbindliche Festlegung von Höchstmengen
erfolgt. Des Weiteren sind die für die notwendigen Rück-
standsuntersuchungen erforderlichen Finanzmittel zur Ver-
fügung zu stellen, um auch die Lücken zu schließen, die bei
schon zugelassenen Pflanzenschutzmitteln auf Grund feh-
lender Höchstmengen vorhanden sind. Zudem ist sicher-
zustellen, dass sich die Wettbewerbssituation des deutschen
Obst- und Gemüsebaus nicht weiter verschlechtert, da
einige Kulturen nicht mehr legal angebaut werden können.
Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen auf Aus-
schussdrucksache 14/630
Im Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen wird u. a.
festgestellt, dass ab dem 1. Juli 2001 im Zuge der EU-Har-
monisierung zur Zulassung von Pflanzenschutzmitteln die

Indikationszulassung endgültig in Kraft getreten ist und
Pflanzenschutzmittel seither grundsätzlich nur noch in den
bei der Zulassung oder Genehmigung festgesetzten Anwen-
dungsgebieten angewandt werden dürfen. Vorschläge, die
rechtlichen Rahmenbedingungen zu Lasten des Verbrau-
cherschutzes sowie der Lebensmittelsicherheit und der Um-
welt zu verändern, seien abzulehnen. Die Belange des Ver-
braucher- und Umweltschutzes dürften nicht hinter die
wirtschaftlichen Interessen der landwirtschaftlichen Erzeu-
ger zurückgestellt werden.
Die Bundesregierung wird deshalb u. a. aufgefordert,
– den Verbraucherschutz bei der Zulassung und Anwen-

dung von Pflanzenschutzmitteln zu stärken und sicher-
zustellen, dass die Zulassung im Einvernehmen mit den
Interessen des gesundheitlichen Verbraucherschutzes,
des Umwelt- und Tierschutzes sowie der landwirtschaft-
lichen Erzeugung erfolgt;

– die Siebte Verordnung zur Änderung der Rückstands-
höchstmengenverordnung in enger Zusammenarbeit mit
den Ländern bis Mai 2002 in Kraft treten zu lassen;

– rechtlich zu prüfen, inwieweit Pflanzenschutzmittel, für
die EG-rechtlich Rückstandshöchstmengen festgelegt
sind, auch in Deutschland unmittelbar zugelassen und
angewendet werden können;

– die Kontrollen bei der Anwendung von Pflanzenschutz-
mitteln durch die Bundesländer mit dem Ziel zu verstär-
ken, derzeitige Kontrolldefizite unter Berücksichtigung
einer fundierten Risikoanalyse abzubauen;

– einen Bericht über den aktuellen Sachstand bezüglich
der Bekämpfung von Feuerbrand und Kirschfruchtfliege
zu erarbeiten sowie

– die Forschung an Schwerpunktproblemen des Pflanzen-
schutzes im Obst- und Gemüsebau, aber auch für klei-
nere Sonderkulturen zu intensivieren.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Zu 1.
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit hat in seiner 74. Sitzung am 23. Januar 2002 – mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion der
FDP bei Stimmenthaltung der Fraktionen der CDU/CSU
und PDS – empfohlen, den Gesetzentwurf auf Drucksache
14/6753 abzulehnen.
Der von den Koalitionsfraktionen eingebrachte Entschlie-
ßungsantrag (Ziffer 3 der Beschlussempfehlung) wurde mit
den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP bei Stimmenthal-
tung der Fraktion der PDS angenommen.
Zu 2.
Der Haushaltsausschuss hat die Vorlage in seiner 88. Sit-
zung am 7. November 2001 behandelt und mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktion

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 7 – Drucksache 14/8090

der CDU/CSU bei Stimmenthaltung der Fraktionen der
FDP und PDS empfohlen, den Antrag abzulehnen.
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit hat den Antrag in seiner 74.Sitzung am 23. Januar 2002
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion
der PDS gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP abgelehnt.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der federführende Ausschuss für Verbraucherschutz, Er-
nährung und Landwirtschaft hat die Vorlagen in seiner
83. Sitzung am 23. Januar 2002 abschließend behandelt.
Seitens der Koalitionsfraktionen wurde es als rechtsstaatlich
äußerst problematisch bezeichnet, das geänderte Pflanzen-
schutzgesetz auf Grund von Verzögerungen bei der Umset-
zung erst einmal auszusetzen, für die die frühere Bundesre-
gierung die Verantwortung trage, denn die entsprechende
EU-Richtlinie sei bereits 1991 in Kraft getreten.
Die Vorschläge der CDU/CSU-Fraktion führten zu einem
Systemwechsel und dem Rechtszustand vor der Änderung
des Pflanzenschutzgesetzes von 1998. Geltendes EU-Recht
würde verletzt und damit keine Rechtssicherheit geschaffen,
sondern vielmehr würden die Bauern dadurch in die Illega-
lität getrieben.
Mit der vorgesehenen Siebten Verordnung zur Änderung
der Rückstandshöchstmengenverordnung werde es möglich
sein, eine ganze Reihe wichtiger Lücken im Obst- und Ge-
müsebau und bei den Sonderkulturen zu schließen. Wichtig
wäre es jetzt, angesichts der bevorstehenden Vegetations-
periode zu prüfen, inwieweit die Siebte Änderungs-
verordnung schon vor dem Inkrafttreten von den Obst- und
Gemüsebauern angewendet werden könnte.
Auch wäre es wünschenswert, die Pflanzenschutzmittel, für
die EG-rechtliche Rückstandshöchstmengen festgelegt sind,
auch in Deutschland anwenden zu können, wozu die Bun-
desregierung einen Prüfungsauftrag erhalten hat, ebenso zur
Möglichkeit für die Einführung einer Abgabe auf Pflanzen-
schutzmittel und deren Auswirkungen. Ein entsprechender
Entschließungsantrag wurde auf Ausschussdrucksache
14/630 eingebracht (Ziffer 3 der Beschlussempfehlung).
Die seitens der Oppositionsfraktionen geäußerten Bedenken
hinsichtlich des Importes entsprechender Produkte wurden
geteilt. Allerdings seien diese Probleme nicht auf die Berei-
che Obst und Gemüse zu beschränken, was deshalb eine
umfassende Erörterung dieses Themas erfordere.
Von der CDU/CSU-Fraktion wurde hervorgehoben, dass die
entsprechenden Arbeiten auf EU-Ebene ins Stocken geraten
seien.
Die jetzige Bundesregierung habe es dann versäumt, die
Umsetzung der Änderung des Pflanzenschutzrechtes von
1998 rechtzeitig in Angriff zu nehmen und zusammen mit
einer Regelung zur Lückenindikation im letzten Jahr abzu-
schließen. Jetzt bestehe die Gefahr, dass ca. 120 Pflanzen-
schutzmittel, die im europäischen Ausland noch legal einge-
setzt werden können, den Betrieben in Deutschland nicht
mehr zur Verfügung stünden. Damit würde ein großer Teil

der Betriebe angesichts der drohenden Existenzvernichtung
in die Illegalität getrieben.
Dies mache es erforderlich, eine Übergangsregelung zur
Schließung der Lücken bei Pflanzenschutzmitteln zu schaf-
fen, damit die Verzögerungen bei der Umstellung auf die In-
dikationszulassung nicht zu Lasten der Betriebe gehen.
Damit wäre sichergestellt, dass das Pflanzenschutzrecht von
den Obst- und Gemüseanbaubetrieben in diesem Jahr auch
angewandt werden könne.
Der Antrag der Koalitionsfraktionen enthalte zwar einige
positive Punkte, insbesondere zur Siebten Änderungsver-
ordnung zur Rückstandshöchstmengenverordnung, auch
wenn der Mai für das Inkrafttreten reichlich spät sei. Ins-
gesamt seien die Vorschläge jedoch nicht ausreichend, um
den anstehenden Problemen gerecht zu werden.
Im Übrigen sei es inkonsequent, einerseits das im Ausland
legal produzierte Obst auf dem deutschen Markt zuzulassen,
die Produktion des mit den gleichen Pflanzenschutzmitteln
behandelten Obstes dagegen für illegal zu erklären. Wenn
diese Mittel für den Verbraucher wirklich so gefährlich
seien, müsste über entsprechend behandelte importierte
Waren ein Importverbot verhängt werden. Man könne den
Verbraucherschutz nicht mit zweierlei Maß messen.
Seitens der FPD-Fraktion wurde der Entschließungsantrag
der Koalitionsfraktionen insgesamt als eine Zumutung be-
zeichnet, auch wenn er einige positive Ansätze enthalte, so
zur Siebten Änderungsverordnung der Rückstandshöchst-
mengenverordnung sowie zur Anwendung von Pflanzen-
schutzmitteln in Deutschland, für die EG-rechtlich Rück-
standshöchstmengen festgelegt seien.
Die derzeitige Situation infolge der Lücken beim Pflanzen-
schutz veranlasse viele Betriebe in den Gebieten mit inten-
sivem Gemüseanbau und Sonderkulturen zur Aufgabe, da
entsprechende Kulturen nicht mehr angebaut werden kön-
nen.
Im Übrigen sei es nicht akzeptabel, wenn Produkte, die im
Ausland mit in Deutschland nicht zugelassenen Pflanzen-
schutzmitteln behandelt seien, auf dem deutschen Markt ab-
gesetzt werden dürfen. Dies habe nichts mit vorsorgendem
Verbraucherschutz zu tun, sondern hier handele es sich um
eine flächendeckende Vernichtung bäuerlicher Existenzen.
Dafür trage die Bundesregierung, deren Lösungsmöglich-
keiten mit bürokratischen Hindernissen und komplizierten
Verfahren verbunden seien, die Verantwortung.
Von der PDS-Fraktion wurde bemängelt, dass die im Antrag
der CDU/CSU-Fraktion vorgesehene Aussetzung der Indi-
kationszulassung bzw. Verlängerung der Übergangsfrist
nicht zu einer Verbesserung des Verbraucherschutzes führe,
weshalb er keine Unterstützung finden werde.
Der Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen enthalte
zwar positive Ansätze, aber keine Vorschläge für kurz-
fristige Lösungen, was angesichts der bevorstehenden Vege-
tationsperiode dringend erforderlich wäre. Der für Mai 2002
vorgesehene Termin für das Inkrafttreten der Siebten Ände-
rungsverordnung zur Rückstandshöchstmengenverordnung
liege vor diesem Hintergrund viel zu spät. Auch enthalte der
Antrag ansonsten zu wenige konkrete Forderungen.

Drucksache 14/8090 – 8 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Zu 1.
Der Gesetzentwurf des Bundesrates auf Drucksache 14/6753
wurde mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP bei Stimm-
enthaltung der Fraktion der PDS abgelehnt.
Der von den Koalitionsfraktionen auf Ausschussdrucksache
14/630 eingebrachte Entschließungsantrag (Ziffer 3 der Be-
schlussempfehlung) wurde mit den Stimmen der Koalitions-

fraktionen gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion der PDS
angenommen.
Zu 2.
Der Antrag der CDU/CSU-Fraktion auf Drucksache 14/7141
wurde mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der
Fraktion der PDS gegen die Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP ebenfalls abgelehnt.

Berlin, den 23. Januar 2002

Gustav Herzog Norbert Schindler
Berichterstatter Berichterstatter

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