BT-Drucksache 14/7997

zu dem Antrag der Abgeordneten Bläss, Jelpke, Pau weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS -14/1083, 14/7767- Anerkennung geschlechtsspezifischer Fluchtursachen als Asylgrund

Vom 16. Januar 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/7997
14. Wahlperiode 16. 01. 2002

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Petra Bläss, Ulla Jelpke, Petra Pau,
Christina Schenk, Dr. Gregor Gysi und der Fraktion der PDS
– Drucksachen 14/1083, 14/7767 –

Anerkennung geschlechtsspezifischer Fluchtursachen als Asylgrund

A. Problem
Der Antrag zielt darauf, Maßnahmen zu ergreifen, die dazu führen, dass ge-
schlechtsspezifische Verfolgung von Frauen als Grund für die Gewährung von
Asyl angesehen wird bez. einen Abschiebeschutz nach dem Ausländergesetz
begründet. Die Antragsteller weisen darauf hin, dass viele Frauen, denen ge-
schlechtsspezifische Verfolgung, wie sexualisierte Übergriffe, Genitalverstüm-
melung, Zwangsverheiratung etc. drohen, häufig kein Asylrecht in Anspruch
nehmen könnten, da die Gewährung von Asylrecht voraussetze, dass eine Ver-
folgung durch den Staat, staatsnahe Institutionen oder mit staatlicher Duldung
erfolgt.

B. Lösung
Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat den Antrag abge-
lehnt, da er mehrheitlich der Auffassung ist, dass das – von allen Fraktionen als
wichtig anerkannte Problem – auch mit Blick auf eine angestrebte europäische
Lösung jedenfalls nicht mit den im Antrag vorgeschlagenen Mitteln gelöst wer-
den sollte.
Ablehnung mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN und CDU/CSU gegen die Stimmen der Fraktion der PDS bei
Stimmenthaltung der Fraktion der FDP

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Keine

Drucksache 14/7997 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag – Drucksache 14/1083 – abzulehnen.

Berlin, den 12. Dezember 2001

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Christel Riemann-Hanewinckel
Vorsitzende

Hanna Wolf (München)
Berichterstatterin

Irmingard Schewe-Gerigk
Berichterstatterin

Ilse Falk
Berichterstatterin

Ina Lenke
Berichterstatterin

Christina Schenk
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/7997

Bericht der Abgeordneten Hanna Wolf (München), Irmingard Schewe-Gerigk,
Ilse Falk, Ina Lenke und Christina Schenk

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat in seiner 47. Sitzung am
24. Juni 1999 den Antrag auf Drucksache 14/1083 an den
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur
federführenden Beratung und an den Innenausschuss, den
Rechtsausschuss und den Ausschuss für Menschenrechte
und humanitäre Hilfe zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Mit dem Antrag wird eine rechtliche Besserstellung von
Frauen im Rahmen des Asylverfahrens angestrebt, wenn sie
geschlechtsspezifischer Verfolgung in ihren Herkunftslän-
dern – zum Beispiel Genitalverstümmelung, Zwangsabtrei-
bung, Zwangsheiraten, Übergriffe mit sexueller Gewalt etc.
ausgesetzt sind. Dabei sollen die notwendigen Vorschriften
erlassen werden, die eine großzügigere Auslegung im Asyl-
verfahren mit der Folge eines Asylanspruchs ermöglichen
oder Abschiebeschutz nach dem Ausländergesetz gewäh-
ren. Auch auf europäischer Ebene solle nichtstaatliche ge-
schlechtsspezifische Verfolgung einheitlich als Asyl- und
Aufnahmegrund anerkannt werden.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner Sitzung am
5. Juli 2000 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen
SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU/CSU und FDP
gegen die Stimmen der Fraktion der PDS empfohlen, den
Antrag abzulehnen.
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe hat mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU/CSU gegen die
Stimmen der Fraktionen der FDP und PDS in seiner
56. Sitzung am 7. März 2001 die Ablehnung des Antrags
vorgeschlagen.
Der Innenausschuss hat in seiner 79. Sitzung am 12. De-
zember 2001 die Vorlage beraten und mit den Stimmen der
Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU/
CSU gegen die Stimmen der Fraktion der PDS bei Stimm-
enthaltung der Fraktion der FDP empfohlen, den Antrag ab-
zulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

1. Abstimmungsergebnis
DerAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat die Vorlage in seiner 63. Sitzung am 9. Mai 2001 beraten
und die Ablehnung des Antrags beschlossen.
Der Beschluss wurde mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU/CSU gegen die

Stimmen der Fraktion der PDS bei Stimmenthaltung der
Fraktion der FDP gefasst.

2. Ausschussberatungen
Die Fraktion der PDS erklärte, zentrale Forderung sei die
Evaluierung der Änderungen der Verwaltungsvorschriften
zum Ausländergesetz. Außerdem solle die geschlechtsspezi-
fische Verfolgung von Frauen als Asylgrund anerkannt wer-
den. Man erkenne an, dass die Regierung nicht untätig ge-
wesen sei, so werde unter bestimmten Voraussetzungen (im
Falle von Genitalverstümmelung etc.) von Abschiebung ab-
gesehen. Die Situation für Frauen habe sich verbessert, seit
das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flücht-
linge unter neuer Leitung stehe. Diese Maßnahmen reichten
aber nicht aus, da immer noch Frauen, die wegen schwerer
Menschenrechtsverletzungen geflohen seien, kein Asyl er-
halten. Das Dogma des politischen Asyls, des Vorliegens
staatlicher Verfolgung, werde auch von der neuen Bundes-
regierung aufrechterhalten. Vermutlich liege das an der
Furcht, dass zu viele Flüchtlinge kommen, was aber nach
den Erfahrungen z. B. Kanadas nicht als begründet gelten
müsse.
Seitens der Fraktion der SPD wurde das Vorliegen ge-
schlechtsspezifischer Verfolgung als unstrittig bezeichnet.
In der Tat werde schon von Seiten der Fraktion der Antrag-
steller zu Recht auf die Aktivitäten der Bundesregierung
verwiesen und auf die eingetretenen Verbesserungen im
Bundesamt. Man habe ein Urteil des Bundesverfassungs-
gerichts (BVerfG) zu Afghanistan abgewartet, wo die
Machtausübung der Taliban als quasi-staatliche Verfolgung
definiert wurde. Damit bleibe aber die Begrifflichkeit staat-
licher Macht bestehen. Trotz der schon eingeführten Ver-
besserungen im Verfahren werde derzeit darüber nachge-
dacht, ob und wie die geschlechtsspezifische Verfolgung als
Asylgrund anerkannt werden könne. Man strebe eine euro-
päische Regelung an, an deren Rahmen bis 2004 gearbeitet
werde. Zum derzeitigen Zeitpunkt könne man daher dem
Antrag nicht zustimmen.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schloss sich
der Fraktion der SPD an. Man werde den Antrag ablehnen,
aber nicht seinen Inhalt. Man müsse weiter prüfen, wie man
geschlechtsspezifische Fluchtursachen zur Anerkennung
bringen könne, und werde auch die Bundesregierung drän-
gen, möglichen Spielraum auszuschöpfen.
Die Fraktion der CDU/CSU meinte, man sei sich einig
in dem Bestreben, den betroffenen Frauen helfen zu wollen.
Es habe schon einen interfraktionellen Antrag in der letzten
Wahlperiode gegeben. Die Grundsatzfrage, die Einbezie-
hung auch nichtstaatlicher Verfolgung als Asylgrund, sei
jedoch sehr problematisch und es gebe Argumente, dies
nicht zuzulassen. Es werde begrüßt, dass jedenfalls inner-
halb des Anerkennungsverfahrens der Situation Rechnung
getragen werde und man dort die Frauen entsprechend
behandele, auch durch den Einsatz speziell ausgebildeter
Kräfte. Positiv sei die Konkretisierung der Verwaltungsvor-

Drucksache 14/7997 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

schriften, wonach frauenspezifische Fluchtgründe stärker
berücksichtigt würden. Man lehne den Antrag auch im Hin-
blick auf die angestrebte europäische Einigung ab, setze
sich für die Belange der Frauen aber weiter ein.
Die Fraktion der FDP war grundsätzlich für die Berück-
sichtigung geschlechtsspezifischer Fluchtursachen von
Frauen, die in die Bundesrepublik Deutschland flüchten.
Man setze sich prinzipiell dafür ein, dass diesen Frauen be-
sonderer Schutz gewährt wird. Nach Meinung der Fraktion
der FDP soll ein neues Zuwanderungsgesetz einen Abschie-
beschutz gewährleisten und den Flüchtlingsstatus sicher-
stellen.

Berlin, den 12. Dezember 2001
Hanna Wolf (München)
Berichterstatterin

Irmingard Schewe-Gerigk
Berichterstatterin

Ilse Falk
Berichterstatterin

Ina Lenke
Berichterstatterin

Christina Schenk
Berichterstatterin

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