BT-Drucksache 14/7996

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Seiffert, Jünger, Balt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS -14/3563- Soziale Arbeit stärken - Alternativen zum Zivildienst entwickeln

Vom 8. Januar 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/7996
14. Wahlperiode 08. 01. 2002

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
(13. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Sabine Jünger, Monika Balt,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS
– Drucksache 14/3563 –

Soziale Arbeit stärken – Alternativen zum Zivildienst entwickeln

A. Problem
Die Antragsteller legen dar, der Zivildienst habe sich über die Jahrzehnte zu
einer wichtigen Säule im Sozialsystem in der Bundesrepublik Deutschland ent-
wickelt, die nicht ohne negative Folgen ersatzlos abgeschafft werden könne.
Betroffen seien insbesondere Kinder und Jugendliche, alte und pflegebedürf-
tige Menschen sowie Menschen mit Behinderungen. Die Kürzungen hätten er-
hebliche negative Auswirkungen auf das Leistungsniveau. Dem damit verbun-
denen Abbau sozialer Dienste und Leistungen müsse entgegengewirkt werden.
Mittel- und langfristig solle die Konversion des Zivildienstes in eine Stärkung
und Modernisierung der sozialen Arbeit einmünden. Im Vordergrund solle da-
bei der Einstieg in einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor stehen.
Alle Arten von Zwangsdiensten, wie zum Beispiel ein soziales Pflichtjahr,
seien aber strikt abzulehnen.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags auf Drucksache 14/3563.
Der Beschluss wurde mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN, CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion der
PDS gefasst

C. Alternativen
Annahme des Antrags auf Drucksache 14/3563.

D. Kosten
Eine Kostenabschätzung wurde nicht vorgenommen.

Drucksache 14/7996 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag – Drucksache 14/3563 – abzulehnen.

Berlin, den 14. November 2001

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Christel Riemann-Hanewinckel
Vorsitzende

Dieter Dzewas
Berichterstatter

Thomas Dörflinger
Berichterstatter

Ina Lenke
Berichterstatterin

Christian Simmert
Berichterstatter

Monika Balt
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/7996

Bericht der Abgeordneten Dieter Dzewas, Thomas Dörflinger, Ina Lenke,
Christian Simmert und Monika Balt

I. Überweisung
Der Antrag auf Drucksache 14/3563 wurde in der 113. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 5. Juli 2000 an den
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur
federführenden Beratung und an den Ausschuss für Wirt-
schaft und Technologie, den Ausschuss für Arbeit und Sozi-
alordnung, den Verteidigungsausschuss, den Ausschuss für
Gesundheit, den Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung und den Haushaltsausschuss zur
Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen
Die Antragsteller legen dar, der Zivildienst habe sich über
die Jahrzehnte zu einer wichtigen Säule im Sozialsystem in
der Bundesrepublik Deutschland entwickelt, die nicht ein-
fach ersatzlos abgeschafft werden könne, ohne dass es nega-
tive Folge für verschiedene Gruppen hätte, insbesondere
Kinder und Jugendliche, alte und pflegebedürftige Men-
schen sowie Menschen mit Behinderungen. Die 1990 be-
wirkten Kürzungen hätten erhebliche negative Auswirkun-
gen auf das Leistungsniveau, insbesondere die Begrenzung
der Zahl der Zivildienststellen. Dem damit verbundenen
Abbau sozialer Dienste und Leistungen müsse durch ver-
schiedene kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen ent-
gegengewirkt werden. Mittel- und langfristig solle eine
Konversion des Zivildienstes in eine Stärkung und Moder-
nisierung der sozialen Arbeit einmünden. Dabei sei jedoch
jede Form von Zwangsdiensten, wie zum Beispiel ein sozia-
les Pflichtjahr, strikt abzulehnen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat die
Vorlage in seiner 68. Sitzung am 14. November 2001 bera-
ten und beschlossen, die Ablehnung zu empfehlen. Der Be-
schluss wurde mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktion der PDS gefasst.
Der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung hat die Vor-
lage in seiner 107. Sitzung am 14. November 2001 beraten
und beschlossen, die Ablehnung zu empfehlen. Der Be-
schluss wurde mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktion der PDS gefasst.
Der Verteidigungsausschuss hat die Vorlage in seiner
55. Sitzung am 27. September 2001 beraten und beschlos-
sen, die Ablehnung des Antrags zu empfehlen. Der Be-
schluss wurde mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktion der PDS gefasst.
Der Ausschuss für Gesundheit hat die Vorlage in seiner
117. Sitzung am 14. November 2001 beraten und die Ableh-
nung des Antrags empfohlen. Der Beschluss wurde mit den

Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion der PDS ge-
fasst.
Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung hat die Vorlage in seiner 33. Sitzung
am 25. Oktober 2001 beraten und beschlossen, die Ableh-
nung zu empfehlen. Der Beschluss wurde mit den Stim-
men der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion der
PDS gefasst.
Der Haushaltsausschuss hat die Vorlage in seiner Sitzung
am 12. Oktober 2001 beraten und beschlossen, die Ableh-
nung des Antrags zu empfehlen. Der Beschluss wurde mit
den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktion der PDS gefasst.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend

1. Abstimmungsergebnis
Der Ausschuss hat beschlossen, den Antrag abzulehnen.
Der Beschluss wurde mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktion der PDS gefasst.

2. Inhalt der Ausschussberatungen
Die Fraktion der PDS kritisierte, dass die Empfehlungen
der im Sommer 2000 vom Ministerium einberufenen Ar-
beitsgruppe Zivildienst keine wirkliche Konversion des Zi-
vildienstes eingeleitet hätten. Man wolle Lösungen, die eine
hohe Qualität von sozialen Diensten ermöglichen. Dennoch
habe der Zivildienst keinen sozialen Sicherstellungsauftrag.
Die mit dem Haushaltssanierungsgesetz eingeleiteten Ein-
sparungen im Zivildienst führten zu einer Reduzierung der
Kapazitäten. Pflegebedürftig kranke und alte Menschen so-
wie Schwerbehinderte könnten Leistungen, die bisher von
Zivildienstleistenden erbracht wurden, nicht mehr auf dem
selben Niveau oder aber nur in Verbindung mit höheren
Kosten erhalten. Es sollten Ombudsstellen eingerichtet wer-
den, an die sich von Kürzungen Betroffene wenden können.
Mittel- und langfristig müssten auf Dauer angelegte Ar-
beitsplätze im sozialen Bereich geschaffen werden, was im
Rahmen eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektors
geschehen könne. In diesem Zusammenhang seien Sonder-
programme zur beruflichen Integration von jungen Men-
schen in sozialen Berufen als auch solche zur Umschulung
und beruflichen Neuorientierung auf den Weg zu bringen.
Die Annäherung der Bezahlung der Zivildienstleistenden –
nach unten – an die der Teilnehmer am Freiwilligen Sozia-

Drucksache 14/7996 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

len Jahr sei abzulehnen, der soziale Dienstleistungssektor
dürfe nicht zu einem Billiglohnsektor verkommen.
Die Fraktion der SPD nannte den Antrag überflüssig. Mit
den Beschlüssen des Kabinetts zur Reform der Bundeswehr
aus dem Jahr 2000 sei klargestellt worden, dass der Zi-
vildienst als Alternative zum Wehrdienst für die Wehr-
dienstverweigerer erhalten bleibt. Auf der einen Seite weise
die Fraktion der PDS immer auf den sozialen
Sicherstellungsauftrag hin, auf der anderen Seite werde ge-
sagt, der Zivildienst habe keinen solchen. Nach Auffas-
sung der Fraktion der SPD seien die geforderten Ombuds-
stellen nicht notwendig. Man setze auf Selbstverantwortung
und Selbststeuerung der Verbände statt auf zusätzliche In-
stitutionen und erhöhten Verwaltungsaufwand. Man müsse
außerdem zur Kenntnis nehmen, dass die Ausbildung z. B.
der Altenpflegerinnen sehr häufig durch Umschulung oder
andere Maßnahmen der Arbeitsverwaltung erfolge. Das
Job-Aqtiv-Gesetz erweitere diese Möglichkeiten noch, und
im Rahmen von JUMP sei eine Grundqualifizierung in vie-
len sozialen Bereichen erfolgt. Das geforderte Instrumenta-
rium sei also bereits vorhanden. Schließlich stehe keine Ab-
senkung des Lohns für Zivildienstleistende zur Debatte.
Vielmehr werde geprüft, ob und wie Möglichkeiten ge-
schaffen werden können, alternativ zum Zivildienst ein
FSJ/FÖJ zu machen. Hier würden logischerweise die gege-
benen Rahmenbedingungen zu Grunde gelegt.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, die
Konversion des Zivildienstes sei ein wichtiges Thema. Die
von der Fraktion der PDS vorgeschlagenen Wege seien aber
nicht realitätstauglich. Es sei zu fragen, wie denn ein öffent-
lich geförderter Beschäftigungssektor finanziert werden
solle. Man müsse in der Lage sein, auch ohne Zivildienst
eine soziale Sicherstellung zu erreichen. Auch die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnte die Einrichtung von
Ombudsstellen ab.
Die Fraktion der CDU/CSU schloss sich in wesentli-
chen Teilen der Argumentation der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an. Der Antrag sei auch
schon deshalb nicht akzeptabel, weil er von der Prämisse
der Abschaffung der Wehrpflicht ausgehe. Diese lehne die
Fraktion der CDU/CSU jedoch ab. Hauptgrund für die
Ablehnung sei allerdings die Forderung nach einem öffent-
lich geförderten Beschäftigungssektor. Man brauche aber
nicht mehr, sondern weniger Staat.
Auch seitens der Fraktion der FDP wurde der Antrag ab-
gelehnt. Zunächst wurde bemerkt, dass die im Antrag der
Fraktion der PDS enthaltenen Fristen obsolet seien. Das
Thema – Alternativen zum Zivildienst entwickeln – sei na-
türlich noch einschlägig, da die Bundesregierung bis jetzt
keine geeigneten Maßnahmen ergriffen habe. Der Antrag
werde imÜbrigen abgelehnt, daman den öffentlich geförder-
ten Beschäftigungssektor nicht als sinnvoll ansehen könne.

Berlin, den 14. November 2001
Dieter Dzewas
Berichterstatter

Thomas Dörflinger
Berichterstatter

Ina Lenke
Berichterstatterin

Christian Simmert
Berichterstatter

Monika Balt
Berichterstatterin

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.