BT-Drucksache 14/7931

Aktuelle Tendenzen beim "Studienzentrum Weikersheim e. V."

Vom 17. Dezember 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/7931
14. Wahlperiode 17. 12. 2001

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Aktuelle Tendenzen beim „Studienzentrum Weikersheim e.V.“

Am 8. August 2001 meldet der „Blick nach rechts“ unter der Überschrift
„Rechter Kurswechsel“ die Wahl von Klaus Hornung zum neuen Präsidenten
des „Studienzentrums Weikersheim e.V.“.
Insbesondere aufgrund der publizistischen Tätigkeiten Klaus Hornungs in
rechtsextremen Publikationen befürchtet der „Blick nach rechts“:
„Die Verbindungen des SZW [Studienzentrums Weikersheim] zur ultrarechten
Szene dürften unter Hornungs Amtszeit wieder eine Renaissance erleben.“
(Blick nach rechts, Nr. 12/2001, 8. August 2001).
So sei Klaus Hornung seit Jahren ständiger Mitarbeiter der „Jungen Freiheit“,
die vom Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen seit Jahren als Organ der
„Neuen Rechten“ beobachtet wird, das der „rechtsextremistischen Szene
Nähe und Unterstützung signalisiert.“ (Verfassungsschutzbericht NRW 2000,
S. 145). Des Weiteren publiziere er im laut Verfassungsschutzbericht des Bun-
des rechtsextremen Hohenrain-Verlag von Wigbert Grabert (Tübingen). 1990
habe Klaus Hornung die Flugschrift „Sturm auf Europa – Eine Zeitbombe
tickt“ für den „Schutzbund für das deutsche Volk“ verfasst, der in der rechts-
extremen Monatszeitschrift „Nation & Europa“ nachgedruckt wurde (Blick
nach rechts, Nr. 12/2001, 8. August 2001). „Nation & Europa“ gilt dem Bun-
desamt für Verfassungsschutz als „bedeutsamstes rechtsextremistisches Strate-
gie- und Theorieorgan“ (Verfassungsschutzbericht 2000, S. 106).
Erst im März diesen Jahres leugnete Klaus Hornung in der „Jungen Freiheit“
die rechtsextremistische Ausrichtung der Partei „Die Republikaner“. Deren
„Etikettierung als ‚rechtsextremistisch‘ [entspreche] mehr parteipolitischem
Kalkül als Gründen des Verfassungsschutzes“ (Junge Freiheit 14/2001,
30. März 2001). Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet die „Repub-
likaner“ seit Jahren, da sie nicht zuletzt „den Kernbestand unserer Verfassung
attackieren“ (Verfassungsschutzbericht 2000, S. 80).
Zu dem Aufruf von Bundeskanzler Gerhard Schröder zu einem „Aufstand der
Anständigen“, den dieser nach einem weiteren Höhepunkt rechtsextremer
Gewalt im Sommer 2000 gefordert hatte, schrieb der neue Präsident des „Stu-
dienzentrums Weikersheim e.V.“, Klaus Hornung, in einem Essay, der im
„Deutschlandmagazin“ 12/2000 veröffentlicht wurde:
„Einstweiliger Höhepunkt der Machtergreifungsstrategie durch die Herrschaft
der Begriffe imGewand der Hypermoral war des Kanzlers Aufruf zur Sammlung
aller ‚anständigen‘, natürlich in seinem Lager, im ‚Kampf gegen rechts‘. Diesem
– man kann es nicht anders nennen – massenpsychologischen Trick stehen alle
totalitären Muttermale auf der Stirn geschrieben. Nicht nur, dass hier eine Ver-
quickung von Politik und Moral stattfindet, die Kennzeichen aller fundamen-

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talistischen und totalitären Bewegung ist, um die politischen Gegner als die un-
anständigen zu diffamieren. [...] Wir erleben in diesen Monaten einen
tiefgreifenden ‚stillen‘ Verfassungswandel vom freiheitlich-pluralistischen
Rechtsstaat des Grundgesetzes von 1949 zu einem ‚fortschrittlich-antifaschisti-
schen‘ Ideologiestaat.“ (www.studienzentrum-weikersheim.de/hornungdm.html).
In der Vergangenheit traten beim „Studienzentrum Weikersheim e.V.“ verein-
zelt Referenten auf, denen Verbindungen in die rechtsextremistische Szene
nachzuweisen sind.
Die Tätigkeit des „Studienzentrums Weikersheim e.V.“ hat auch Einzug in die
Fachliteratur über den bundesdeutschen Rechtsextremismus gefunden. So wird
die Tätigkeit des Studienzentrums dargestellt u. a. in:
l Jens Mecklenburg (Hrsg.): Handbuch deutscher Rechtsextremismus, Berlin

1996;
l Siegfried Jäger (Hrsg.): Rechtsdruck, Die Presse der Neuen Rechten, Berlin-

Bonn 1988;
l Junge, Naumann, Stark: Rechtsschreiber, Berlin 1997.
Die Bundesregierung legte in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Frak-
tion der PDS dar, dass „eine Distanzierung und ein grundsätzliches In-Frage-
Stellen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung häufig in Gestalt einer
diffamierenden Beschreibung der Verfassungswirklichkeit“ festzustellen sei
(Bundestagsdrucksache 14/6815, S. 3). Vereinigungen seien entsprechend der
„Gesamtschau“ in ihrem Verhältnis zur freiheitlichen demokratischen Grund-
ordnung zu bewerten, wobei ein ambivalentes Verhältnis zur freiheitlichen
demokratischen Grundordnung auch bei der Zusammenarbeit oder Duldung
offenkundig extremistischer Strömungen gegeben sei (Bundestagsdrucksache
14/6815, S. 3).
Die Bundesregierung erläuterte weiter, die „Darstellung der Aktivitäten von
extremistischen Organisationen [wie] auch die Wiedergabe einer extremisti-
schen Einflussnahme auf andere Gruppierungen“ sei Gegenstand der Darstel-
lung des Verfassungsschutzberichtes. Dabei reicht laut Bundesregierung schon
der Versuch der Einflussnahme für eine Darstellung im Verfassungsschutzbe-
richt aus (Bundestagsdrucksache 14/6815, S. 3).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Hat die Bundesregierung verfassungsschutzrelevante Erkenntnisse über den

neuen Präsidenten, frühere Referenten oder andere Personen aus dem Um-
feld des „Studienzentrums Weikersheim e.V.“?
Wenn ja, welche?

2. Könnten die beschriebenen publizistischen Tätigkeiten Klaus Hornungs und
einzelner Referenten in einschlägig von Verfassungsschutzämtern beobach-
teten rechtsextremen Zeitschriften für die Bundesregierung Anlass sein, das
„Studienzentrum Weikersheim e.V.“ verfassungsschutzrechtlich zu überprü-
fen?

3. Teilt die Bundesregierung die Befürchtung, dass sich unter dem neuen Präsi-
denten die Zielgruppe und die thematische Ausrichtung des „Studienzent-
rums Weikersheim e.V.“ ändern könnten?
Wenn ja, inwiefern?

4. Gab oder gibt es nach Erkenntnis der Bundesregierung seitens rechtsextre-
mer Personen oder Organisationen den Versuch, das „Studienzentrum Wei-

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kersheim e.V.“ in ihrem Sinne zu beeinflussen, oder kam es in der Vergan-
genheit bereits zu tatsächlichen Einflussnahmen?
Wenn ja, welche und wie?

5. Publizierten nach Erkenntnis der Bundesregierung in der Vergangenheit
Vorstandsmitglieder oder einfache Mitglieder des „Studienzentrums Wei-
kersheim e.V.“ in rechtsextremistischen Zeitschriften, oder treten bei rechts-
extremistischen Organisationen oder Parteien als Referenten auf?
Wenn ja, bei welchen?

6. Traten nach Erkenntnissen der Bundesregierung in den letzten zehn Jahren
Rechtsextremisten als Vortragsredner bei Veranstaltungen des „Studienzent-
rums Weikersheim e.V.“ auf?
Wenn ja, wer und auf welchen Veranstaltungen?

7. Wurden nach Erkenntnissen der Bundesregierung seit Klaus Hornungs Prä-
sidentschaft beim „Studienzentrum Weikersheim e.V.“ neue Verbindungen
ins rechtsextremistische Lager bzw. damit verbundene Referententätigkei-
ten, publizistische Tätigkeiten o. Ä. hergestellt?

8. Hat das „Studienzentrum Weikersheim e.V.“ in den letzten zehn Jahren
finanzielle Zuwendungen aus Bundesmitteln erhalten?
a) Wenn ja, in welcher Höhe und für welche Zwecke (bitte nach Zuwen-

dungsdauer, Zuwendungshöhe und Zuwendungszweck auflisten)?
b) Welche Zuwendungen sind im Haushalt 2002 für das „Studienzentrum

Weikersheim e. V.“ vorgesehen, und gedenkt die Bundesregierung auch
nach der Wahl des neuen Präsidenten daran festzuhalten?

Berlin, den 13. Dezember 2001
Ulla Jelpke
Roland Claus und Fraktion

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