BT-Drucksache 14/7918

Kritiken von NS-Opfern, Presse und Beschäftigen an der Arbeit der Leitung des Internationalen Suchdienstes in Bad Arolsen (Nachfragen)

Vom 19. Dezember 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/7918
14. Wahlperiode 19. 12. 2001

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Kritiken von NS-Opfern, Presse und Beschäftigten an der Arbeit der Leitung des
Internationalen Suchdienstes in Bad Arolsen (Nachfrage)

In der Öffentlichkeit gibt es weiterhin Kritik an der Leitung des Internationalen
Suchdienstes in Bad Arolsen wegen zu langer Bearbeitungszeit bei Anfragen
von NS-Opfern, wegen des schlechten Betriebsklimas und zahlreicher Ausein-
andersetzungen mit Beschäftigten. Gleichzeitig geht die Leitung des Suchdiens-
tes gegen kritische Presseberichte weiter unter Inanspruchnahme von Anwalts-
kanzleien und Gerichten vor, vermutlich finanziert aus Steuermitteln.
Auf die Kleine Anfrage der Fraktion der PDS vom September dieses Jahres ant-
wortete die Bundesregierung im Oktober (Bundestagsdrucksache 14/7016) auf
die Frage nach arbeitsgerichtlichen Verfahren der Leitung des Suchdienstes ge-
gen Beschäftigte und deren gewerkschaftliche Vertretung, die Zahl der Arbeits-
gerichtsverfahren in den Jahren 1998 bis 2001 belaufe sich auf insgesamt zwölf.
Davon seien siebenVerfahren durch Vergleich beendet oder abgewiesenworden,
fünf seien noch anhängig. Bei 440 Mitarbeitern sei die Zahl von sieben Klägern
„nicht außergewöhnlich hoch“. Deshalb sei auch nicht beabsichtigt, aus Fürsor-
gepflicht für die Beschäftigten weitere Maßnahmen zu ergreifen.
Die zum Teil heftigen Auseinandersetzungen zwischen Beschäftigten und der
Leitung des Suchdienstes, das zum Teil groteske Gebaren der Leitung des Such-
dienstes, das schlimme Licht, dass diese Prozesse und die damit verbundenen
Presseberichte auf die Zustände im Suchdienst geworfen haben, die Tatsache,
dass Mitglieder des Betriebsrats, die örtliche DGB-Vorsitzende und andere Ver-
treter und Vertreterinnen der Gewerkschaften Betroffene von Anzeigen, Haus-
verboten und anderen Maßnahmen durch die Leitung des Suchdienstes waren,
will die Bundesregierung offenbar nicht zum Anlass nehmen, um zugunsten der
Beschäftigten einzugreifen und auf eine Korrektur der Amtsführung der Leitung
des Suchdienstes hinzuwirken.
Auf die Frage nach der Zahl der Presseverfahren der Leitung des Suchdienstes in
den letzten vier Jahren antwortete die Bundesregierung, ihres Wissens habe die
Leitung des Suchdienstes in den Jahren 1999 und 2000 zwei Prozesse ange-
strengt. In einem der Fälle habe sich eine Medienanstalt verpflichtet, den bean-
standeten Beitrag für weitere Sendungen zu sperren, das andere Verfahren sei
noch nicht abgeschlossen. Die Zahl dieser Klagen sei „nachAuffassung der Bun-
desregierung nicht außergewöhnlich“.
Diese Auskünfte der Bundesregierung über das Vorgehen der Leitung des Such-
dienstes gegen kritische Presseberichte stehen in Kontrast zu Berichten der Be-
troffenen.
So war die „Waldecker Landeszeitung“ allein im Frühjahr 1998 im Zusammen-
hang mit Berichten über innerbetriebliche Auseinandersetzungen und Prozesse

Drucksache 14/7918 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
wegen dieser kritischen Berichte mehrfach von Beschwerden durch vom Such-
dienst beauftragte Anwaltsbüros betroffen.
Eine am 23. September 1999 in der ARD ausgestrahlte Fernsehsendung, in der
ebenfalls schwere Vorwürfe gegen die Arbeit des Suchdienstes erhoben wurden,
veranlasste die Leitung des Suchdienstes unter anderem zu einer förmlichen Pro-
grammbeschwerde wegen Verletzung desWahrheitsgebots und des Schutzes der
persönlichen Ehre und der journalistischen Sorgfaltspflicht. Diese Programm-
beschwerde wurde von der Leitung desWDR zurückgewiesen. Gegen die polni-
sche Zeitung „Politika“ geht die Leitung des Suchdienstes zurzeit unter Inan-
spruchnahme vermutlich von Steuergeldern gerichtlich vor.
Auch bei kritischen Berichten in anderen Presseorganen soll die Leitung des
Suchdienstes wiederholt Anwaltskanzleien eingeschaltet, Beschwerden ver-
anlasst oder auf andere Weise versucht haben, kritische Berichterstattung zu
unterbinden.
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Bei wie vielen arbeitsgerichtlichenVerfahren zwischen der Leitung des Such-

dienstes und Beschäftigten des Suchdienstes in den Jahren 1998 bis 2001
waren
a) Beschäftigte
b) Mitglieder des Betriebsrats
Betroffene dieser Auseinandersetzungen?

2. Welche anderen arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen, z. B. Abmahnun-
gen, Geldbußen oder andere Sanktionen unterhalb der Auseinandersetzung
vor demArbeitsgericht hat es nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jah-
ren 1998 bis 2001 beim Internationalen Suchdienst gegeben und wie beurteilt
die Bundesregierung Art und Ausmaß dieser Auseinandersetzungen (bitte
nach Jahren aufschlüsseln)?

3. Wie viele weitere, auch straf- und zivilrechtliche Auseinandersetzungen zwi-
schen der Leitung des Suchdienstes und Gewerkschaften oder gewerkschaft-
lichen Vertreter und Vertreterinnen hat es nach Kenntnis der Bundesregierung
in den Jahren 1998 bis 2001 gegeben und wie beurteilt die Bundesregierung
diese Auseinandersetzungen?

4. Welche Kosten entstanden dabei für den Bundesetat und wie beurteilt die
Bundesregierung Ausmaß und Kosten dieser Auseinandersetzungen?

5. Welcher Rundfunk- oder Fernsehbeitrag über den Internationalen Suchdienst
wurde nach den Kenntnissen der Bundesregierung nach Beschwerden der
Leitung des Suchdienstes für weitere Sendungen gesperrt?

6. Wie viele Protestschreiben, Beschwerden beim Presserat und andere Inter-
ventionen unterhalb der Ebene der Einleitung von Strafverfahren wurden von
der Leitung des Suchdienstes unter Einschaltung von Anwaltsbüros in den
Jahren 1998 bis 2001 gegen kritische Berichterstattung nach Kenntnissen der
Bundesregierung veranlasst?

7. Welche Kosten entstanden dabei und aus welchem Etat werden solche Kosten
bestritten?

8. Wie beurteilt die Bundesregierung Art und Ausmaß dieser Auseinanderset-
zungen der Leitung des Suchdienstes mit kritischer Berichterstattung?

Berlin, den 17. Dezember 2001
Ulla Jelpke
Roland Claus und Fraktion

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