BT-Drucksache 14/785

Entschuldung armer Entwicklungsländer - Initiativen zum G8-Gipfel Köln

Vom 19. April 1999


Deutscher Bundestag: Drucksache 14/785 vom 20.04.1999

Antrag der Fraktion der CDU/CSU Entschuldung armer
Entwicklungsländer - Initiativen zum G8-Gipfel in Köln =

20.04.1999 - 785

14/785

Antrag
der Abgeordneten Klaus-Jürgen Hedrich, Dr. Christian Ruck, Dr. Norbert
Blüm, Siegfried Helias, Rudolf Kraus, Dr. Manfred Lischewski, Marlies
Pretzlaff, Erika Reinhardt, Peter Weiß (Emmendingen) und der Fraktion
der CDU/CSU
Entschuldung armer Entwicklungsländer - Initiativen zum G8-Gipfel in
Köln

Der Bundestag wolle beschließen:
Schuldenerleichterungen sind für die hochverschuldeten
Entwicklungsländer ein wichtiger und richtiger Schritt, um ihnen und
ihren Regierungen Spielräume für eine entwicklungsorientierte Politik
zurückzugeben. Nachhaltig sind solche Maßnahmen jedoch nur dann, wenn
damit auch die strukturellen Ursachen der Verschuldung in Angriff
genommen werden. Das Treffen der wichtigsten Industrienationen der Welt
vom 18. bis 20. Juni 1999 in Köln (G8-Gipfel) wird auch die Thematik
einer weitergehenden Entschuldung der ärmsten Entwicklungsländer
behandeln.
Bereits in der Vergangenheit hat die Bundesrepublik Deutschland im
bilateralen und multilateralen Bereich zahlreiche Initiativen zur
Schuldenerleichterung und zum Schuldenerlaß vorangebracht. Hierbei sei
insbesondere auf den umfangreichen bilateralen Schuldenerlaß für die am
wenigsten entwickelten Länder (LDC) und die besonders armen Länder Sub-
Sahara-Afrikas hingewiesen. Insgesamt wurden diesen Ländern 9,1 Mrd. DM
erlassen und neue Mittel im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit nur
noch als nicht-rückzahlbare Zuschüsse gewährt.
Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die Entschuldungsinitiative auf dem G8-Gipfel ist die konsequente
Fortsetzung der bisherigen Entschuldungs- und Umschuldungspolitik der
Bundesrepublik Deutschland gegenüber den ärmsten Entwicklungsländern.
Dabei muß es weiterhin das Ziel sein, mit einer einzelfallgerechten
Entschuldungsstrategie grundlegende Reformen der Wirtschafts-, Finanz-
und Gesellschaftspolitik in den Entwicklungsländern zu verbinden. Jede
Initiative zur Schuldenerleichterung bis hin zum Schuldenerlaß verdient
Unterstützung, wenn damit zugleich die Beseitigung der Ursachen der
Überschuldung verbunden ist. Zu der unbefriedigenden
Wirtschaftsentwicklung in den hochverschuldeten armen Ländern haben
nach Untersuchungen der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds
verschiedene Faktoren beigetragen, insbesondere Bürgerkriege,
ineffiziente Verwaltungen in vielen Ländern, Korruption, eine oftmals
verfehlte Wirtschaftspolitik, verzerrte Preisrelationen und sich
verschlechternde Außenhandelsbedingungen. Auch scheint die Bereitschaft
oder die Fähigkeit der politischen Instanzen dieser Länder,
durchgreifende Reformen zur Stimulierung der Wirtschaft und zur
Verringerung der Auslandsverschuldung umzusetzen, oftmals gering
gewesen zu sein.
Der Nachweis ernsthafter und nachhaltiger Reformanstrengungen ist daher
eine unverzichtbare Voraussetzung für Schuldenerleichterungen. Der
Schuldenerlaß muß den Ärmsten und Armen zugute kommen und mit echten
wirtschaftlichen und sozialen Reformen verbunden sein. Ein wichtiges
Instrument hierzu ist die Bildung von sog. Gegenwertfonds, durch die
erlassene Schulden in nationaler Währung für Entwicklungsmaßnahmen zur
Verfügung gestellt werden. An solchen Gegenwertfonds sind grundsätzlich
auch die Kirchen, Selbsthilfeinstitutionen und
Nichtregierungsorganisationen mit ihren Projekten zu beteiligen, da sie
in der Regel besondere Kompetenz in der nachhaltigen Armutsbekämpfung
besitzen.
Die Informations-Kampagne der Kirchen und Nichtregierungsorganisationen
in Deutschland zum Schuldenerlaß für die ärmsten Länder wird
ausdrücklich begrüßt. Die Erlaßjahrkampagne hat das Bewußtsein in der
deutschen Öffentlichkeit für die Notsituation der betroffenen Länder
bereits nachhaltig geschärft und die Notwendigkeit der Hilfe in Form
von Schuldenerleichterungen deutlich gemacht.
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. die von der Bundesrepublik Deutschland maßgeblich initiierte HIPC-
Initiative (HIPC: Heavily indebted poor countries) zur Entschuldung
ärmster Entwicklungsländer konsequent fortzuführen. Ein Schuldenerlaß
soll jedoch wie bisher erst grundsätzlich nach einer Frist von 6 Jahren
gewährt werden, um die Nachhaltigkeit der eingeleiteten
Reformanstrengungen nachweisen zu können. Die Möglichkeit der
fallweisen Fristverkürzung sollte beibehalten werden;
2. auch zukünftig Entschuldungsmaßnahmen im bilateralen und
multilateralen Bereich grundsätzlich an Bedingungen wie der Einhaltung
der Menschenrechte, der Entwicklungsorientierung staatlichen Handelns,
der Schaffung einer sozial gebundenen marktfreundlichen
Wirtschaftsordnung, Maßnahmen zur Reduzierung der Armut und der
Analphabetenrate, der Förderung des Umweltschutzes und des
Gesundheitswesens zu knüpfen. Diese Reformanstrengungen müssen
kontrollierbar sein - auch nach der sechsjährigen Anpassungsfrist;
3. an den bewährten Grundsätzen für Schuldenerleichterungen
festzuhalten: Nachweis von Reformbemühungen des Schuldnerlandes,
multilateral abgestimmtes Vorgehen der Gläubiger und fallweise
Festlegung der erforderlichen Maßnahmen;
4. im Bereich des bilateralen Schuldenerlasses zumindest Teile der
Schulden in sog. Gegenwertfonds in nationaler Währung seitens des
jeweiligen Entwicklungslandes auszuweisen. Diese Fonds sollen nicht
Teil des Staatshaushaltes sein, sondern müssen in einer gesonderten
Form geführt werden. Für die Verwaltung des Fonds sind öffentliche
Gremien zu bilden, in denen neben den Vertretern des Staates Vertreter
gesellschaftlicher Gruppierungen sowie der Geberländer vertreten sind.
An den Maßnahmen, die aus den Gegenwertfonds finanziert werden, sind
die Kirchen, Sebsthilfeinstitutionen und die
Nichtregierungsorganisationen in angemessener Weise zu beteiligen.
Diese Maßnahmen müssen zusätzliche Projekte sein und dürfen nicht
andere Vorhaben substituieren.
Bonn, den 19. April 1999
Klaus-Jürgen Hedrich
Dr. Christian Ruck
Dr. Norbert Blüm
Siegfried Helias
Rudolf Kraus
Dr. Manfred Lischewski
Marlies Pretzlaff
Erika Reinhardt
Peter Weiß (Emmendingen)
Dr. Wolfgang Schäuble, Michael Glos und Fraktion

20.04.1999 nnnn

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