BT-Drucksache 14/7849

Drogenkonsum und Konsequenzen für Prävention und Forschung

Vom 11. Dezember 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/7849
14. Wahlperiode 11. 12. 2001

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hubert Hüppe, Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid), Dr. Wolf
Bauer, Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Dr. Hans Georg Faust, Ulf Fink, Dr. Harald Kahl,
Eva-Maria Kors, Annette Widmann-Mauz, Aribert Wolf, Wolfgang Zöller und der
Fraktion der CDU/CSU

Drogenkonsum und Konsequenzen für Prävention und Forschung

Mit über 2000 Drogentoten im letzten Jahr ist ein seit 1992 nie erreichter
Höchststand von Opfern zu beklagen. Laut der Deutschen Hauptstelle gegen
die Suchtgefahren (DHS) kann auch bei dem problematischen Konsum von
Alkohol, Tabak und Medikamenten keine Entwarnung gegeben werden.
Nachdem die Drogenbeauftragte der Bundesregierung den 1990 verabschiede-
ten Nationalen Rauschgiftplan für nicht mehr aktuell erklärt hat, wie sie im Juni
2001 mitgeteilt hat, kündigt sie weiter an: „Wir brauchen eine Strategie mit
konkreten Zielsetzungen, Bündnispartnern und Kriterien für Erfolgsmessungen.
Diese zu erarbeiten ist eine zentrale Aufgabe der nächsten Jahre.“

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie weit ist die von der Drogenbeauftragten der Bundesregierung angekün-

digte „Gesamtstrategie für den Umgang mit Suchtmitteln in unserer Gesell-
schaft“ mittlerweile fortgeschritten, und wie viele Jahre wird die zentrale
Aufgabe ihrer Erarbeitung noch beanspruchen?

2. Welche konkreten Zielsetzungen, die der Verringerung des gesundheits-
schädlichen Konsums und seiner Folgen dienen, hat die Bundesregierung
bislang erarbeitet?

3. Welche konkreten Zielsetzungen, Bündnispartner und Kriterien für Erfolgs-
messungen gehören zur bisher vorliegenden Strategie der Bundesregierung?

4. Wer trägt nach Auffassung der Bundesregierung die Verantwortung dafür,
die im Sucht- und Drogenbericht 2000 vom 26. April 2001 von der Drogen-
beauftragten der Bundesregierung mit der Aussage „Wir brauchen eine
Risikodebatte in unserer Gesellschaft über den Umgang mit psychoaktiven
Substanzen!“ als besonders notwendig gekennzeichnete „Risikodebatte“
anzustoßen?

5. Welche konkreten Gesetzgebungsinitiativen hat die Bundesregierung über
die Änderung von § 6 des Gaststättengesetzes hinaus in den letzten drei
Jahren als Konsequenz der Ankündigung der Drogenbeauftragten vom
30. November 1998: „40 000 Menschen sterben jährlich an den Folgen ihrer
Alkoholsucht. Das ist ein Massenphänomen. Hier muss erheblich mehr ge-
tan werden.“ in den Deutschen Bundestag eingebracht?

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6. In welcher Höhe hat die Bundesregierung in Erfüllung dieser Ankündigung
zusätzliche Mittel für die Alkohol- und Nikotinprävention aufgewandt?

7. In welchen Maßnahmen und Modellprojekten der Bundesregierung schlägt
sich nieder, dass „das Thema ,Prävention‘ eine neue, eine wichtige Rolle in
der Suchtpolitik der Bundesregierung spielt“ (so die Drogenbeauftragte am
12. November 2001) und wie hoch bemessen sich die in den Haushaltsplä-
nen seit 1998 vorgesehenen Mittel für Aufklärungsmaßnahmen auf dem
Gebiet des Drogen- und Suchtmittelmissbrauchs (aufgeschlüsselt nach den
Jahren 1998, 1999, 2001 und 2002)?

8. Welchen Wert misst die Bundesregierung psychosozialen Begleitmaßnah-
men bei Substitutionstherapien für Drogenabhängige bei?

9. Gibt es für das Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung Opiat-
abhängiger eine verbindliche Definition der psychosozialen Begleitmaß-
nahmen, wenn ja, seit wann, und wie viele Heroinabhängige werden an die-
sem Modellprojekt teilnehmen?

10. Gibt es zu der seit Jahren etablierten Praxis der methadongestützten Be-
handlung Opiatabhängiger eine verbindliche Festlegung der psychosozia-
len Begleitmaßnahmen, wenn ja, seit wann, und wie viele Heroinabhängige
werden nach Kenntnis der Bundesregierung mit Methadon substituiert?

11. Wie groß ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil der mit Metha-
don substituierten Abhängigen, der psychosoziale Begleitmaßnahmen er-
hält?

12. Was hat die Bundesregierung unternommen, um sich eine bundesweite
Übersicht hinsichtlich der Aufteilung der Kostenträgerschaft für psychoso-
ziale Begleitmaßnahmen bei mit Methadon substituierten Abhängigen zu
verschaffen, und welche Kenntnis hat die Bundesregierung hinsichtlich der
Aufteilung dieser Kostenträgerschaft auf die unterschiedlichen Träger?

13. Ist nach Auffassung der Bundesregierung die Frage der Kostenträgerschaft
so ausreichend geregelt, dass auszuschließen ist, dass eine Substitutionsbe-
handlung einschließlich psychosozialer Begleitmaßnahmen an einer unge-
klärten Kostenträgerschaft scheitert, oder sieht die Bundesregierung hier
gesetzgeberischen Handlungsbedarf auf Bundesebene?

14. Wie steht die Bundesregierung zur Aufnahme der psychosozialen Begleit-
maßnahmen bei methadongestützter Behandlung in den Leistungskatalog
der gesetzlichen Krankenversicherung?

15. In welchen Räumlichkeiten aufgeschlüsselt nach den einzelnen teilneh-
menden Städten findet die Heroinvergabe statt, bzw. was hat die Bundesre-
gierung unternommen, um sich eine Übersicht über die Räumlichkeiten der
künftigen Heroinvergabestellen zu verschaffen und hält die Bundesregie-
rung die Sicherheitskonzepte für diese Räumlichkeiten für ausreichend?

16. Welcher Personalschlüssel bezogen auf die Zahl der Teilnehmer des Mo-
dellversuchs zur Heroinabgabe soll nach Auffassung der Bundesregierung
gelten (aufgeschlüsselt nach Ärzten, nichtärztlichem medizinischen Perso-
nal, Pflegepersonal, Psychologen, Sozialarbeitern und Verwaltungkräften
pro Teilnehmer)?

17. Welche jährlichen Kosten für die Versorgung des Teilnehmerkreises mit
Heroin, für ärztliche, psychologische und sozialarbeiterische Betreuung,
für Investitionen sowie für die angekündigte wissenschaftliche Begleitung
werden nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand der Bundesregierung für
den gesamten Modellversuch entstehen?

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18. Welche Kosten werden nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand der Bun-
desregierung im Rahmen des Heroin-Modellprojektes entstehen:
– für die auftragsgemäßen Kosten des Studienleiters, aufgeschlüsselt nach

der projektbezogenen wissenschaftlichen Tätigkeit des Studienleiters
und der von ihm beauftragten Personen und Institutionen vor, während
und nach Abschluss der Durchführung vor Ort,

– für die Patientenversicherung nach § 40 I Nr. 8 Arzneimittelgesetz
(AMG),

– für die Personal- und Sachkosten für die Tätigkeit der Prüfärzte vor Ort,
– für die Personal- und Sachkosten für die Tätigkeit des „Case-Managers“,
– für die Personal- und Sachkosten für die Psychoedukation,
– für das Monitoring und Auditing,
– für den wissenschaftlichen Beirat,
– für die Erschließung und Unterhaltung der zur Projektdurchführung be-

nötigten Räume und deren Ausstattung einschließlich der für die Siche-
rung und Lagerung erforderlichen Kapazitäten,

– für die Personal- und Sachkosten für die Drogenberatung,
– für die Laboruntersuchung und
– für die Prüfarzneimittel inkl. der Kosten für die Bereitstellung?

19. Welche Kosten werden nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand der Bun-
desregierung davon dem Bund und welche Kosten den Ländern entstehen?

20. Schließt die Bundesregierung aus, dass in Zukunft weitere Originalsubstan-
zen wie Kokain abgegeben werden, und wenn nein, welche Originalstoffe
hält sie für diskutabel?

21. Ist das staatlich verabreichte Heroin nach Kenntnis der Bundesregierung
gegenüber dem Straßenheroin identifizierbar, um einen Beikonsum der
Teilnehmer des Heroinprojektes quantitativ und qualitativ zu erkennen?

22. Wie viele aktuelle Konsumenten von Crack (einschließlich politoxikoma-
ner Konsumenten) gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in der Bun-
desrepublik Deutschland?

23. Was sind die Ergebnisse des im Oktober 2000 von der Bundesregierung in
der Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU „Umfang
des Crackkonsums und Konsequenzen für Hilfsangebote und Prävention“
(Bundestagsdrucksache 14/4328) angekündigte wissenschaftliche Sym-
posium über den Kokainkonsum hinsichtlich möglicher und notwendiger
Hilfsmaßnahmen bei Crackabhängigen, und welche darauf basierenden
Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen?

24. Hat die Bundesregierung, wie in der Antwort auf die Kleine Anfrage der
Fraktion der CDU/CSU „Umfang des Crackkonsums und Konsequenzen
für Hilfsangebote und Prävention“ (Bundestagsdrucksache 14/4328, Ant-
wort auf die Frage 14) im Oktober 2000 angekündigt, auf Basis der Ergeb-
nisse des oben genannten Symposiums darüber entschieden, ob und welche
Studien zu therapeutischen Hilfsmöglichkeiten für Crackkonsumenten in
Auftrag zu geben sind?

25. Hat die Bundesregierung, wie in der Antwort auf die Kleine Anfrage der
Fraktion der CDU/CSU „Umfang des Crackkonsums und Konsequenzen
für Hilfsangebote und Prävention“ (Bundestagsdrucksache 14/4328, Ant-
wort auf die Frage 18) im Oktober 2000 angekündigt, auf Basis der Ergeb-

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nisse des oben genannten Symposiums bereits darüber entschieden, an
welchen Modellprojekten für Crackkonsumenten sie sich beteiligen will?

26. Warum wurde die im „Sucht- und Drogenbericht 2000“ für Mai 2001
angekündigten Ergebnisse einer Studie „über die Verbreitung des Crack-
konsums, über Konsummuster und -verläufe, Motive und Effekte, psychi-
sche und gesundheitliche Risiken und mögliche Maßnahmen“ erst am
31. August 2001 von der Drogenbeauftragten der Bundesregierung vorge-
stellt, und wie hat die Bundesregierung die dazwischen verstrichene Zeit
genutzt?

27. Welche Ergebnisse liegen aus den von der Drogenbeauftragten der Bundes-
regierung anlässlich der Vorstellung der oben genannten Crack-Studie am
31. August 2001 angekündigten Beratungen „mit Vertretern der betroffenen
Städte“ vor, und welche sich daraus ergebenden Möglichkeiten zur Verbes-
serung der Prävention und Hilfe hat die Bundesregierung umgesetzt?

28. Wie bewertet die Bundesregierung die Forderungen von Fachleuten nach
einem Fonds, in den alle Kostenträger einzahlen, um im Einzelfall Thera-
pien für Drogenabhängige bis zur endgültigen Klärung der Kostenträger-
schaft vorzufinanzieren und so ein Scheitern der Behandlung an einer unge-
klärten Kostenträgerschaft zu vermeiden, und sieht sie möglicherweise
gesetzgeberischen Handlungsbedarf?

29. Wie viele aktuelle Konsumenten von Ecstasy gibt es nach Kenntnis der
Bundesregierung in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt sowie auf-
geschlüsselt nach bisheriger Konsumdauer und Alter der Konsumenten?

30. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung hinsichtlich der Zahl in-
nerhalb der letzten zehn Jahre polizeilich erstauffälliger Konsumenten von
Ecstasy (aufgeschlüsselt nach Jahren) vor und wie bewertet sie diese Ent-
wicklung?

31. Welche von der Bundesregierung initiierten oder unterstützten Fachtagun-
gen haben seit der Veröffentlichung im Juni 2000 der vom Universitätskli-
nikum Hamburg-Eppendorf durchgeführten Ecstasy-Studie stattgefunden?

32. Welche Ergebnisse liegen der Bundesregierung daraus vor, und welche
Konsequenzen für die Prävention hat sie daraus gezogen?

33. Welche gezielten Präventionsmaßnahmen hinsichtlich Ecstasy hat die Bun-
desregierung auf Grundlage der Studienergebnisse der Hamburger Studie
ergriffen, und in welcher Höhe wurden diese Maßnahmen gefördert?

34. Hält die Bundesregierung weiterhin, wie die frühere Drogenbeauftragte
Christa Nickels anläßlich der Vorstellung der oben genannten Hamburger
Studie am 29. Juni 2000 bekräftigt hatte, weitere wissenschaftliche Studien
zur Abklärung der Art und Intensität der Gesundheitsgefährdung bei zu-
sätzlichem Konsum anderer Substanzen neben Ecstasy für notwendig, und
welche Studien dazu fördert die Bundesregierung, und wann ist mit ihrer
Veröffentlichung zu rechnen?

35. Wurden von dem Bundesministerium für Gersundheit oder der Bundeszen-
trale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) weitere Studien zu schädigen-
den Wirkungen von Ecstasy sowie therapeutischen Hilfsmöglichkeiten in
Auftrag gegeben oder unterstützt, und zu welchen Ergebnissen gelangten
diese Studien bzw. wann sind solche Ergebnisse zu erwarten?

36. Zu welchen Ergebnissen ist die Expertentagung „Drogenprävention in der
Partyszene“ der BZgA hinsichtlich „Drug Checking“ gekommen und wie
bewertet die Bundesregierung diese Ergebnisse?

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37. Welche Ergebnisse der Arbeitsgruppen AG 1 bis AG 3 wurden nach Kennt-
nis der Bundesregierung auf der Expertentagung „Drogenprävention in der
Partyszene“ der BZgA vorgestellt, wie werden diese von der Bundesregie-
rung beurteilt, und was beabsichtigt die Bundesregierung davon umzusetz-
ten?

38. Wann werden nach Kenntnis der Bundesregierung die Ergebnisse der Ex-
pertentagung „Drogenkonsum in der Partyszene“ veröffentlicht?

Berlin, den 30. November 2001
Hubert Hüppe
Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid)
Dr. Wolf Bauer
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink
Dr. Harald Kahl
Eva-Maria Kors
Annette Widmann-Mauz
Aribert Wolf
Wolfgang Zöller
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

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