BT-Drucksache 14/7822

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -14/7013, 14/7087- Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von streckenbezogenen Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen mit schweren Nutzfahrzeugen

Vom 12. Dezember 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/7822
14. Wahlperiode 12. 12. 2001

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (15. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksachen 14/7013, 14/7087 –

Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von streckenbezogenen Gebühren
für die Benutzung von Bundesautobahnen mit schweren Nutzfahrzeugen

A. Problem
Schwere Nutzfahrzeuge verursachen in besonderem Maße Kosten für den Bau,
die Unterhaltung und den Betrieb von Bundesautobahnen. Die bestehende zeit-
bezogene Autobahnbenutzungsgebühr ist nur bedingt geeignet, diese Kosten in
gerechter Weise den Verursachern anzulasten, da sie nicht an die Fahrleistungen
auf Bundesautobahnen anknüpft.

B. Lösung
Durch die in dem Gesetzentwurf vorgesehene Benutzungsgebühr werden die
durch schwere Nutzfahrzeuge in besonderem Maße verursachten Kosten für
den Bau, die Unterhaltung und den Betrieb von Bundesautobahnen in gerechter
Weise den Verursachern angelastet. Die streckenbezogene Autobahnbenut-
zungsgebühr kann auch zur Verlagerung von Gütertransporten auf die Verkehrs-
träger Schiene und Schiff beitragen.
Annahme des Gesetzentwurfs mit Änderungen mit den Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und der FDP bei Abwesenheit der Fraktion der
PDS und Annahme einer Entschließung mit den Stimmen der Fraktionen
SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS gegen die Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und der FDP

C. Alternativen
Ablehnung des Gesetzentwurfs.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Drucksache 14/7822 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
A. den Gesetzentwurf – Drucksachen 14/7013, 14/7087 – mit Maßgabe folgen-

der Änderungen und im Übrigen unverändert anzunehmen:
1. In Artikel 1 § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 sind nach demWort „Straßenbetriebs-
dienst“ die Wörter „einschließlich Straßenreinigung und Winterdienst“
einzufügen.

2. In Artikel 1 § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 sind am Ende die Wörter „und Fahr-
zeuge, die ausschließlich für Zwecke des Schausteller- und Zirkusgewer-
bes eingesetzt werden“ anzufügen.

3. Artikel 1 § 11 erhält folgende Fassung:
㤠11

Mautaufkommen
Das Mautaufkommen steht dem Bund zu. Ausgaben aus dem Vertrag

mit dem Betreiber nach § 4 Abs. 2 Satz 1 werden aus dem Mautaufkom-
men geleistet. Im Bundeshaushalt werden die entsprechenden Einnahmen
und Ausgaben getrennt voneinander dargestellt und bewirtschaftet.“

4. Artikel 1 § 12 erhält folgende Fassung:
㤠12

Erste Mauterhebung, Aufhebung des Autobahnbenutzungs-
gebührengesetzes für schwere Nutzfahrzeuge

Das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen wird er-
mächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates den
Zeitpunkt des Beginns der Erhebung der Maut festzulegen. Zu diesem Zeit-
punkt tritt das Autobahnbenutzungsgebührengesetz für schwere Nutzfahr-
zeuge vom 30. August 1994 (BGBl. 1994 II S. 1765), geändert durch
Artikel 2 desGesetzes vom19. Dezember 2000 (BGBl. 2000 II S. 1530), au-
ßer Kraft; das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
gibt den Zeitpunkt des Außerkrafttretens im Bundesgesetzblatt bekannt.“

5. Nach Artikel 1 § 12 wird ein neuer § 13 mit der Überschrift „Anwen-
dungsvorschriften“ eingefügt. Die Absätze 2 und 3 des bisherigen § 12
des Entwurfes des Autobahnmautgesetzes für schwere Nutzfahrzeuge
werden Absätze 1 und 2 des neuen § 13. In dem neuen § 13 Abs. 2 ist die
Angabe „Absatz 1“ durch die Angabe „§ 12“ zu ersetzen.

6. Artikel 3 (Änderung der Fahrzeugregisterverordnung) lautet wie folgt:
„Die Fahrzeugregisterverordnung vom 20. Oktober 1987 (BGBl. I
S. 2305), zuletzt geändert durch Artikel 3 der Verordnung vom 20. Juli
2000 (BGBl. I S. 1090), wird wie folgt geändert:
Nach § 12a wird folgender § 12b eingefügt:

㤠12b
Automatisierte Übermittlung von Daten nach § 36 Abs. 2b

des Straßenverkehrsgesetzes
(1) Die Übermittlung nach § 36 Abs. 2b des Straßenverkehrsgesetzes

von Fahrzeugdaten und Daten von Fahrzeugkombinationen, die für die
Erhebung derMaut nach demAutobahnmautgesetz für schwere Nutzfahr-
zeuge maßgeblich sind, ist durch Abruf im automatisierten Verfahren zu-
lässig.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/7822

(2) Die Daten nach Absatz 1 werden zum Abruf bereitgehalten für das
Bundesamt für Güterverkehr, die Zollbehörden und eine sonstige öffent-
liche Stelle, die mit der Erhebung der Autobahnmaut beauftragt ist.“

B. Der Ausschuss für Verkehr, Bau- undWohnungswesen empfiehlt dem Deut-
schen Bundestag, folgende Entschließung anzunehmen:
1. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Der Deutsche Bundestag begrüßt die Einführung der entfernungsabhän-
gigen LKW-Maut ab dem 1. Januar 2003. Die LKW-Maut nimmt eine
Schlüsselstellung bei der künftigen Gestaltung des Güterverkehrs in Eu-
ropa ein.
Die entfernungsabhängige LKW-Maut hat zentrale Bedeutung für
– den Abbau der Wettbewerbsverzerrungen auf dem europäischen

Transportmarkt,
– die angemessene Beteiligung ausländischer LKW bei der Finanzie-

rung unserer Verkehrsnetze,
– mehr Chancengleichheit zwischen den Verkehrsträgern und
– das erklärte Ziel der Bundesregierung, den Güterverkehr auf der

Schiene bis zum Jahre 2015 zu verdoppeln; dies setzt eine verursa-
cher-gerechte Wegekostenanlastung voraus.

Mit der LKW-Maut werden zusätzliche Investitionsspielräume für Ver-
kehrsinfrastruktur nachhaltig eröffnet. Aus demMautaufkommen werden
Mittel in Höhe von insgesamt 7,4 Mrd. DM zur Finanzierung der Maß-
nahmen des Anti-Stauprogramms 2003 bis 2007 eingesetzt, zusätzlich zu
den in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehenen Investitionsmit-
teln. Es geht um Mittelaufstockung für Erhalt und Ausbau der gesamten
Verkehrsinfrastruktur; es gibt nur ein integriertes Verkehrsnetz. Wer die
Straße entlasten will, muss Platz auf der Schiene und die notwendigen Be-
dingungen auf der Wasserstraße schaffen. Dies setzt die gleichmäßige Ver-
wendung der Mauteinnahmen für die Verkehrsträger Straße und Schiene/
Wasser voraus.
Sollte sich ein Teil des Straßengüterverkehrs auf das nachgeordnete Stra-
ßennetz verlagern,müssen geeignete Lösungen zumSchutz derMenschen
in Ballungsräumen, Wohngebieten und grenznahen Gebieten gefunden
werden. Gegebenenfalls ist dann dieMautpflicht auf bestimmteAbschnit-
te von Bundesstraßen auszudehnen. Der Deutsche Bundestag hält die im
Gesetz vorgesehene Ermächtigung für ausreichend und für den richtigen
Hebel, um unerwünschte Ausweichverkehre zu unterbinden.
Der Deutsche Bundestag stellt fest, dass der europäische Transportmarkt
seit Jahren durch einen beispiellosen Subventions- und Steuersenkungs-
wettlauf unserer Nachbarn in eine Schieflage geraten ist. Um so wichtiger
waren die bisherigen Initiativen der Bundesregierung, dem heimischen
Transportgewerbe wieder eine bessere Perspektive für eine gesunde unter-
nehmerische Existenz in Deutschland zu sichern: Zur Bekämpfung des
Sozialdumpings wurde die einheitliche Fahrerlizenz für Fahrer aus Dritt-
staaten eingeführt; es wird lange Übergangsfristen bei der EU-Osterweite-
rung geben; bei den neuenAfA-Tabellen gibt es keineVerschlechterungen.

2. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:
a) In Zusammenhang mit der Einführung der LKW-Maut einen größt-

möglichen Schritt zur Harmonisierung der Abgabenbelastung des
europäischen Transportgewerbes zu unternehmen, damit den Wettbe-
werbsverzerrungen zu Lasten der Deutschen Straßentransportwirt-

Drucksache 14/7822 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

schaft begegnet werden kann. Jetzt geht es darum, eine mit dem EU-
Recht verträgliche Lösung zu finden, um bestehende fiskalische Nach-
teile auszugleichen. Entsprechende Schritte sollen rechtzeitig eingelei-
tet werden;

b) die Auswirkungen der LKW-Maut auf Ballungsräume, Wohngebiete
und grenznahe Gebiete intensiv zu beobachten und gegebenenfalls
Gegenmaßnahmen durch Ausdehnung der Mautpflicht unverzüglich
einzuleiten;

c) dem Deutschen Bundestag erstmals 12 Monate nach Inkrafttreten des
Gesetzes und danach regelmäßig alle 3 Jahre darüber zu berichten,
– ob – und gegebenenfalls auf welchen Streckenabschnitten – die

Mautpflicht zu einem spürbaren Ausweichen des LKW-Verkehrs
auf das nachgeordnete Straßennetz geführt hat,

– ob – und in welchem Umfang – die Mautpflicht auf Abschnitte im
nachgeordneten Straßennetz ausgedehnt wurde,

– wie sich der Modal Split im Güterverkehr verändert hat.

Berlin, den 12. Dezember 2001

Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Eduard Oswald
Vorsitzender

Reinhard Weis (Stendal)
Berichterstatter

Wilhelm Josef Sebastian
Berichterstatter

Albert Schmidt (Hitzhofen)
Berichterstatter

Horst Friedrich (Bayreuth)
Berichterstatter

Dr. Winfried Wolf
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/7822

Bericht der Abgeordneten Reinhard Weis (Stendal), Wilhelm Josef Sebastian,
Albert Schmidt (Hitzhofen), Horst Friedrich (Bayreuth) und Dr. Winfried Wolf

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf auf Druck-
sache 14/7013 und die Gegenäußerung der Bundesregie-
rung zu der Stellungnahme des Bundesrates auf Drucksache
14/7087 in seiner 192. Sitzung am 11. Oktober 2001 beraten
und an den Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswe-
sen zur federführenden Beratung und an den Innenaus-
schuss, den Finanzausschuss, den Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit und den Ausschuss für
Tourismus zur Mitberatung überwiesen. An den Haushalts-
ausschuss hat er den Gesetzentwurf zur Mitberatung und
gemäß § 96 der Geschäftsordnung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Mit der in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Benutzungsge-
bühr sollen die durch schwere Nutzfahrzeuge in besonde-
rem Maße verursachten Kosten für den Bau, die Unterhal-
tung und den Betrieb von Bundesautobahnen in gerechter
Weise den Verursachern angelastet werden. Die streckenbe-
zogene Autobahnbenutzungsgebühr kann auch zur Verlage-
rung von Gütertransporten auf die Verkehrsträger Schiene
und Schiff beitragen. Der Gesetzentwurf legt die öffentlich-
rechtliche Mautpflicht, die Höhe der Maut nach der zurück-
gelegten Strecke des Fahrzeugs oder der Fahrzeugkombina-
tion, die mautpflichtigen Fahrzeuge ab einem zulässigen
Gesamtgewicht von 12 t und das mautpflichtige Straßennetz
fest. Er beinhaltet weiterhin eine Ermächtigung zur Festle-
gung der Höhe der Maut im Rahmen der Wegekostenanlas-
tung durch Verordnung, zur Festlegung von Differenzie-
rungsmerkmalen für die Höhe der Maut, zur Festlegung von
Eigentümer und Halter des Fahrzeugs sowie von Disponent
und Fahrer als Gesamtschuldner und die Eröffnung der
Möglichkeit, einen Privaten mit der Errichtung und dem Be-
trieb des Erhebungssystems, der Mauteinziehung und mit
begrenzten Aufgaben der Kontrolle zu beauftragen. Er legt
fest, dass das Mautaufkommen dem Bund zusteht.

III. Stellungnahme der mitberatenden Ausschüsse
Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf – Drucksachen
14/7013, 14/7087 – in seiner Sitzung am 12. Dezember
2001 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktio-
nen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP bei
Enthaltung der Fraktion der PDS, den Gesetzentwurf anzu-
nehmen.
Der Finanzausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner
119. Sitzung am 12. Dezember 2001 beraten und emp-
fiehlt mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und der FDP bei Enthaltung der Frak-
tion der PDS, den Gesetzentwurf anzunehmen.
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hat den Gesetzentwurf in seiner 72. Sitzung am

12. Dezember 2001 beraten und empfiehlt mit den Stimmen
der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ge-
gen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und der
FDP bei Abwesenheit der Fraktion der PDS, den Gesetzent-
wurf in der Fassung der Anträge der Koalitionsfraktionen
(welche mit dem Inhalt des Teils A der vorstehenden Be-
schlussempfehlung übereinstimmen) anzunehmen. Weiter-
hin empfiehlt er mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und der FDP bei Abwesenheit der
Fraktion der PDS die Annahme einer Entschließung mit
dem aus Teil B der vorstehenden Beschlussempfehlung er-
sichtlichen Inhalt.
Der Ausschuss für Tourismus hat den Gesetzentwurf in
seiner 75. Sitzung am 12. Dezember 2001 beraten und emp-
fiehlt mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP bei
Stimmenthaltung der Fraktion der PDS, den Gesetzentwurf
mit den aus Teil A der Änderungsanträge der Koalition
(Ausschussdrucksache 866 des federführenden Ausschus-
ses, Teil A, entsprechend Teil A der vorstehenden Be-
schlussempfehlung) ersichtlichen Änderungen anzuneh-
men. Weiterhin empfiehlt er mit den Stimmen der Koali-
tionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und der FDP bei Enthaltung der Fraktion der
PDS, die Annahme der in Teil B der Änderungsanträge der
Koalitionsfraktionen (Ausschussdrucksache 866, Teil B,
des federführenden Ausschusses, entsprechend Teil B der
vorstehenden Beschlussempfehlung) enthaltenen Entschlie-
ßung.
Der Haushaltsausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner
93. Sitzung am 12. Dezember 2001 beraten und empfiehlt
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU, der FDP und der PDS
dem Gesetzentwurf in der Fassung des Teils A der Ände-
rungsanträge der Koalitionsfraktionen (welche mit dem In-
halt des Teils A der vorstehenden Beschlussempfehlung
übereinstimmen) ersichtlichen Fassung zuzustimmen und
eine Entschließung gemäß Teil B der Anträge der Koali-
tionsfraktionen (welche mit dem Inhalt des Teils B der vor-
stehenden Beschlussempfehlung übereinstimmen) anzuneh-
men.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im Ausschuss

Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen hat
zu dem Gesetzentwurf in seiner 66. Sitzung am 10. Oktober
2001 eine Anhörung beschlossen, die er in seiner 69. Sit-
zung am 7. November 2001 durchgeführt hat. An der Anhö-
rung haben folgende Sachverständige teilgenommen:
l Prof. Dr. Werner Rothengatter, Institut für Wirtschafts-

politik der Universität Karlsruhe
l Dr. Stefan Rommerskirchen, Prognos AG
l Prof. Axel Friedrich, Umweltbundesamt

Drucksache 14/7822 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

l Dipl.-Ing. Karl-Heinz Stappert, TÜV InterTraffic GmbH
l Tilmann Heuser, Bund für Umwelt und Naturschutz

Deutschland e.V. (BUND)
l Dr. Kunibert Schmidt, Verband der Automobilindustrie
l Heike Aghte, Bündnis LSVA für Europa e.V.
l Prof. Dr. Karlheinz Schmidt, Hauptgeschäftsführer Bun-

desverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung
(BGL) e.V.

l Dr. August Ortmeyer, Fachbereich 1 – Handel, Verkehr,
Telekommunikation, Dienstleistungen – des DIHK

l Heiner Rogge, Hauptgeschäftsführer Bundesverband
Spedition & Logistik e.V.

l Albert Ritter, Deutscher Schaustellerbund e.V.
Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Proto-
koll der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Ver-
kehr, Bau- und Wohnungswesen am 7. November 2001
(69. Sitzung) mit den anliegenden schriftlichen Stellung-
nahmen der Sachverständigen verwiesen.
Der Ausschuss hat den Gesetzentwurf abschließend in sei-
ner 73. Sitzung am 12. Dezember 2001 beraten.
Die Fraktion der SPD hat einen Antrag eingebracht, dessen
Inhalt sich aus der Beschlussempfehlung und dessen Be-
gründung sich aus Abschnitt VI Nr. 1 bis 6 des Berichts
ergibt.
Die Fraktion der CDU/CSU hat im Ausschuss folgende
Anträge eingebracht:
1. Antrag zu § 1 Abs. 2 des Gesetzentwurfs

Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
möge beschließen:
In § 1 Abs. 2 wird eine Ziffer 3 mit folgendem Text zu-
sätzlich eingefügt:
„3. Fahrzeuge, die für die Beförderung im Zirkus- oder

Schaustellergewerbe verwendet werden.“
Begründung
Diese Fahrzeuge waren von der bisherigen Vignettenre-
gelung ausgenommen. Ihnen ist Bestandsschutz zu ge-
währen.

2. Antrag zu § 1 Abs. 3 des Gesetzentwurfs
Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
möge beschließen:
In § 1 Abs. 3 wird eine Ziffer 4 mit folgendem Text zu-
sätzlich eingefügt:
„4. den Bundesautobahnabschnitten, die der innerstäd-

tischen Erschließung dienen. Die Bundesregierung
wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zu-
stimmung des Bundesrates entsprechende Auto-
bahnabschnitte von der Mautpflichtigkeit auszuneh-
men.“

Begründung
Eine Mauterhebung auf innerstädtische Autobahnen
würde dort zu erheblichen Verlagerungen im nachgeord-
neten Netz führen und ist stadtökologisch nicht wün-

schenswert. Europäische EU-Staaten haben Stadtauto-
bahnen von der Mautpflicht ausgenommen. Dies könnte
in Deutschland insbesondere für die Berliner Stadtauto-
bahnen gelten.

3. Antrag zu § 1 Abs. 5 des Gesetzentwurfs
Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
möge beschließen:
In § 1 wird ein neuer Absatz 5 mit folgendem Text zusätz-
lich eingefügt:
„5. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und

Wohnungswesen wird ermächtigt, bestimmte Ab-
schnitte von Bundesstraßen, die aufgrund ihrer Lage
im Netz und/oder ihres Ausbaustandards geeignet
sind, größere Verkehrsmengen von mautpflichtigen
Bundesautobahnen zu übernehmen, ebenfalls der
Mautpflichtigkeit zu unterwerfen. Dazu bedarf es
einer Rechtsverordnung des Bundesrates.“

Begründung
Hiermit sollen Verdrängungsverkehre auf besonders ver-
drängungsgefährdete Straßenabschnitte vermieden wer-
den.

4. Antrag zu § 11 des Gesetzentwurfs
Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
möge beschließen:
„§ 11 wird sachlich wie folgt geändert:
Das Mautaufkommen steht nach Abzug der Erhebungs-
und Verwaltungskosten ungemindert für folgende
Zwecke zur Verfügung:
– Pflege und Unterhalt
– Ersatzinvestitionen
– Erweiterungsinvestitionen
an Bundesautobahnen oder mautpflichtigen Bundesfern-
straßen.“

Die Fraktion der PDS hat im Ausschuss folgenden Antrag
eingebracht:
Der Bundestag wolle beschließen:
1. Zu A. Problem und Ziel
(„Schwere Nutzfahrzeuge verursachen in besonderem Maße
Kosten für den Bau, die Unterhaltung und den Betrieb von
Bundesautobahnen. Durch eine Benutzungsgebühr sollen
diese Kosten in gerechter Weise der Verursachern angelas-
tet werden.)
Anzufügen ist:
„Ziel des Gesetzes ist die Verlagerung von Gütertranspor-
ten auf die umwelt- und sozialverträglicheren Verkehrsträ-
ger Schiene und Schiff.“
Als Folge ist zu streichen in B Lösung, Satz 2:
„Die streckenbezogene Autobahnbenutzungsgebühr kann
auch zur Verlagerung von Gütertransporten auf die Ver-
kehrsträger Schiene und Schiff beitragen.“

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 7 – Drucksache 14/7822

2. Zu Artikel 1 ABMG § 1 (1)
(„Für die Benutzung der Bundesautobahnen mit Fahr-
zeugen oder Fahrzeugkombinationen mit einem zulässigen
Gesamtgewicht von“)
Einzufügen ist:
„mindestens 3,5 Tonnen“ (…).
Als Folge ist zu streichen:
„mindestens 12 Tonnen“ (…)
3. Zu Artikel 1 ABMG § 1 (3)
Artikel 1 § 1 (3), Punkte 1. und 2. sind zu streichen.
4. Zu Artikel 1 ABMG § 1 (4)
(„Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungs-
wesen wird beauftragt, gemäß Artikel 7 Abs. 2 Buchstabe b
Nr. i der Richtlinie 1999/62/EG die Mautpflicht“)
Einzufügen ist:
„auf alle parallel zu Bundesautobahnen verlaufende Bun-
desstraßen sowie Abkürzungsstrecken zwischen Autobahnen
und nachgeordnete Straßen in Grenzgebieten auszudehnen,
wobei diese Straßen und Strecken genau zu bezeichnen
sind.“
Als Folge ist zu streichen:
„auf genau bezeichnete Abschnitte von Bundesstraßen aus-
zudehnen,“
(„wenn dies aus Sicherheitsgründen gerechtfertigt ist“…)
Anzufügen ist:
„und um unerwünschte Verlagerungen auf das nachgeord-
nete Straßennetz zu vermeiden. Vor Einführung der Maut
soll das nachgeordnete Bundesfernstraßennetz auf mögliche
Verlagerungswirkungen werden.“
5. Zu Artikel 1 ABMG § 3
(„Die geschuldete Maut bestimmt sich nach der auf maut-
pflichtigen Bundesautobahnen“)
Einzufügen ist:
„und auf den zusätzlich benannten Streckenabschnitten
(„zurückgelegten Strecke des Fahrzeugs oder der Fahr-
zeugkombination“)
Einzufügen ist:
„nach dem höchst zulässigen Gesamtgewicht des Fahrzeugs
oder der Fahrzeugkombination“
Als Folge ist zu streichen:
„nach der Zahl der Achsen des Fahrzeugs oder der Fahr-
zeugkombination“ (…)
(„(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, die Höhe der
Maut pro Kilometer unter sachgerechter Berücksichtigung)
Einzufügen ist:
„des höchst zulässigen Gesamtgewichtes“
Als Folge ist zu streichen:
„der Anzahl der Achsen“

(„durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundes-
rates festzusetzen.“).
Anzufügen ist:
„Die Mauthöhe muss der Zielsetzung Rechnung tragen, zur
Verlagerung der Transporte auf umwelt- und sozialverträg-
lichere Verkehrsträger beizutragen.“
(„Die durchschnittliche gewichtete Maut orientiert sich an
den von der Gesamtheit der mautpflichtigen Fahrzeuge ver-
ursachten Kosten für den Bau, die Erhaltung“)
Zu streichen ist:
„den weiteren Ausbau …“
6. Zu Artikel 1 ABMG § 11
(„Das Mautaufkommen steht dem Bund zu.“)
Anzufügen ist:
„Es muss der Zielsetzung der Verlagerung von Güterver-
kehr auf umwelt- und sozialverträglichere Verkehrsträger
dienen. Insbesondere ist es für den Erhalt der Verkehrsin-
frastruktur erforderlich, Maßnahmen zur Verlagerung von
Güterverkehr auf die Schiene sowie Lärm- und Umwelt-
schutzmaßnahmen entlang bestehender Verkehrsinfrastruk-
tur zu verwirklichen.“
7. Zu Artikel 1 ABMG
Neu aufzunehmen ist:

㤠13
Im Zeitraum von jeweils 2 Jahren legt der Verkehrsminister
einen Bericht zur Entwicklung des Güterverkehrs und der
Wirksamkeit der LKW-Maut im Hinblick auf Transporteffi-
zienz, Verlagerungswirkung und Optimierung (Lärm, Ab-
gase) vor.“
Begründung
Die Einführung einer fahrleistungsabhängigen Abgabe für
schwere Nutzfahrzeuge anstelle der zeitbezogenen Vignette
ist grundsätzlich zu begrüßen. Bei der Gestaltung des LKW-
Maut-Gesetzes ist darauf zu achten, dass
– Eindeutigkeit und notwendige Transparenz gewährleis-

tet sind und erkennbar wird, dass das Gesetz kein reines
Finanzierungsgesetz, sondern Teil eines modernen ver-
kehrspolitischen Gesamtkonzeptes ist.

– Nebenwirkungen vermieden werden, die die Situation für
die betroffene Bevölkerung verschlechtern könnten

Aus diesem Grund werden die vorliegenden Änderungen be-
antragt.
Zu Antrag 1.: Zielsetzung
Die Verkehrsverlagerung auf umwelt- und sozialverträgli-
chere Verkehrsträger ist mehr als nur eine wünschenswerte
Begleiterscheinung. Sie ist vielmehr der Kern einer moder-
nen Verkehrspolitik, wie sie auch die EU verfolgt. Mittelfris-
tig wird die Stärkung umweltfreundlicher Transportalterna-
tiven eine Reduktion der Gesundheits- und Umwelt-
belastung, eine Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe
und die Verringerung der gesellschaftlichen Kosten (z. B.
Umwelt-, Unfall- und Lärmkosten) bringen können.

Drucksache 14/7822 – 8 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Die Bedeutung des Verlagerungszieles muss in der Formu-
lierung des Gesetzestextes ihre Entsprechung finden. Das
Gebot der Transparenz gilt umso mehr, als dadurch auch
der betroffenen Bevölkerung kenntlich gemacht werden
kann, welche Vorteile das ABMG für sie bringen soll (Ab-
nahme von Staus, mehr Sicherheit auf den Straßen, weniger
Umweltbelastungen etc).
Durch die verbesserte Formulierung und Platzierung wird
dieser Bedeutung des Zieles Rechnung getragen.
Zu Antrag 2.: Mindestgewicht
Knapp 50 % der Gesamtschäden am deutschen Straßennetz
werden von LKW ab 3,5 Tonnen verursacht. Bei einer Mau-
terhebung ab 12 Tonnen würde ein großer Teil der Verursa-
cher nicht für die Schäden aufkommen müssen. Deshalb ist
es notwendig und im Sinne einer gerechten Kostenvertei-
lung, die Gebühren schon für LKW ab 3,5 Tonnen zu erhe-
ben. Diese Regelung widerspricht geltendem EU-Recht
nicht.
In der Schweiz ist die 3,5-Tonnen-Grenze bei der leistungs-
abhängigen Schwerverkehrsabgabe bereits eingeführt, und
für die zukünftige LKW-Maut in Österreich ist sie ebenfalls
vorgesehen. Auch Deutschland als weiterer Vorreiter-Staat
bei der Kostengerechtigkeit sollte den LKW ab 3,5 Tonnen
ihre nicht unerheblichen Kosten anlasten. Dem dringenden
Bedarf nach einer Harmonisierung der Standards würde
dies entgegenkommen;
Darüber hinaus kann damit der absehbaren Entwicklung
zur Verlagerung von Transporten auf LKW unter 12 Tonnen
vorgebeugt werden.
Zu Antrag 3.: Ausnahmeregelungen für einzelne
Grenzgebiete
Zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen sollten so
wenige Ausnahmeregelungen wie möglich geschaffen wer-
den. In Grenzgebieten führen Ausnahmeregelungen ver-
stärkt dazu, dass die Vorteile der Straße gegenüber der
Schiene tendenziell weiter ausgebaut werden. Damit dürfte
es dem Schienenverkehr noch schwerer fallen, einen ange-
messenen Anteil am grenzüberschreitenden Güterverkehr zu
erlangen.
Aus Gründen der Gleichbehandlung müssten zudem in der
Bundesrepublik Deutschland mit ihrem sehr dichten Stra-
ßennetz immer weitere Streckenabschnitte aus der Maut-
erhebung herausgenommen werden (Ruhrgebiet, Rhein/
Maingebiet, Hamburg/Bremen, zusätzliche Grenzgebiete
etc). Die allgemeine Mautpflicht würde ausgehöhlt, und die
damit verbundenen Ziele könnten nicht erreicht werden.
Die in § 1 (3) Punkt 1. und 2. explizit aufgeführten Ausnah-
men wurden aus dem Eurovignettengesetz übernommen, wo
sie seinerzeit ihre Berechtigung gehabt haben mögen. Heute
besteht jedoch kein schlüssiger Grund mehr, der eine Son-
derregelung notwendig macht. Daher sollte die Gefahr ei-
nes Präzedenzfalles nicht in Kauf genommen werden.
Zu Antrag 4.: Vermeidung von Verlagerungen auf das
nachgeordnete Straßennetz
Verschiedene neuere Untersuchungen belegen, dass die Ge-
fahr des Ausweichverkehrs auf nachgeordnete Straßen bis-

her unterschätzt wurde. Damit erklärt sich auch die enge
Begrenzung des zulässigen Geltungsbereich einer Maut in
der EU-Wegekosten-Richtlinie 1999/62/EG.
Die tatsächlich zu erwartende Wirkung stellt jedoch eine
ernst zu nehmende Belastung für die betroffene Bevölkerung
dar. Neuere Studien (wie z. B. „Anforderungen an eine um-
weltorientierte Schwerverkehrsabgabe für den Straßengü-
terverkehr“, Umweltbundesamt, Oktober 2001, oder „Ef-
fekter av alternativ till eurovinjettsystemet – Wirkungen von
Alternativen zum Eurovignettensystem“, schwedisches Wirt-
schaftsministerium, April 2000) berechnen eine Ver-
lagerungswirkung von durchschnittlich 4,5 %. Der zusätz-
liche Schwerlastverkehr auf dem nachgeordneten Straßen-
netz wird sich aber nicht gleichmäßig verteilen, sondern
sich auf Abkürzungs- und Parallelstrecken konzentrieren,
wo der LKW-Verkehr dementsprechend noch deutlich stär-
ker zunehmen wird, gemäß der schwedischen Studie um bis
über 19 %. Die Erfahrungen mit der 2001 neu eingeführten
Schweizer LSVA (leistungsabhängigen Schwerverkehrs-
abgabe) bestätigen die Berechnungen der Studien. (Bericht
des Schweizer Verkehrsministeriums, November 2001).
Da der überwiegende Teil der deutschen Bundesautobahnen
einen täglichen Anteil von mindestens 10 000 LKW pro Tag
ausweist, muss man folglich von 400 zusätzlichen LKW pro
Tag auf dem nachgeordneten Straßennetz ausgehen. In ein-
zelnen Regionen mit täglich mehr als 20 000 LKW (u. a.
Hamburg, Bremen) wären dies durchschnittlich 800 LKW
pro Tag zusätzlich. Dabei wurden die erwähnten regional
erheblich höheren Verlagerungsraten noch nicht berück-
sichtigt.
Durch eine möglichst umfassende Ausweitung der Maut, zu-
mindest auf die besonders anfälligen Straßenabschnitte,
müssen daher alle Gestaltungsspielräume innerhalb der
Vorgaben der EU-Wegekosten-Richtlinie genutzt werden.
Bleibt die LKW-Maut auf Bundesautobahnen beschränkt,
kann sie eine kontraproduktive Wirkung entfalten, die
Sicherheitszielen zuwiderläuft und die Wohnsituation für
Teile der Bevölkerung massiv verschlechtert. Auf die Weise
kann sich sogar die volkswirtschaftliche Bewertung der
daraus resultierenden Verkehrssituation gegenüber der Situ-
ation ohne Maut verschlechtern.
Mittelfristig ist die Erhebung der LKW-Maut auf dem ge-
samten Straßennetz anzustreben. Da dies aufgrund der der-
zeitigen EU-Gesetzgebung noch nicht möglich ist, soll mit
den vorgeschlagenen Änderungen der vorhandene Hand-
lungsspielraum zumindest erweitert werden, indem
– zusätzliche Anknüpfungspunkte für die Aufnahme nach-

geordneter Straßen in das Mautsystem definiert wer-
den. Die Formulierung wurde unmittelbar aus der
Wegekosten-Richtlinie übernommen und ist damit
rechtlich abgesichert. Da Fernstraßen aufgrund be-
stimmter gestalterischer und funktionaler Merkmale
(höhengleiche Kreuzungen, Langsamverkehr, Begeg-
nungsverkehr, Straßenbreite usw.) in der Regel einen
deutlich niedrigeren Sicherheitsstandard als Autobah-
nen aufweisen, wird von der Sicherheitsklausel in der
erweiterten Formulierung stets Gebrauch gemacht wer-
den können, wenn mit Verlagerungseffekten relevanten
Umfangs zu rechnen ist.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 9 – Drucksache 14/7822

– die für Ausweichverkehr besonders anfälligen Strecken-
abschnitte als Ergänzung zu den Bundesautobahnen de-
finiert werden und sich dadurch die Möglichkeit eröffnet,
die größten Risiken vorsorglich zu vermeiden.

Gemäß dem Vorsorgeprinzip wird ein geändertes Verfahren
vorgeschlagen, das es möglich macht, bereits vor eintreten-
den Verlagerungswirkungen weitere Streckenabschnitte im
nachgelagerten Straßennetz in die Mauterhebung aufzuneh-
men. Es ist überdies weniger bürokratisch und aufwendig
als das bisher vorgesehene Verfahren.
Zu Antrag 5.: Bemessungskriterien
Nicht die AchsZAHL, sondern das LKW-Gewicht ist ent-
scheidend für die entstehenden Wegekosten: Die Straßenbe-
lastung wächst mit der AchsLAST exponentiell, mit hohen
wirtschaftlichen Folgeschäden für die Allgemeinheit.
Die im Gesetzentwurf bislang vorgesehene Differenzierung
der Mauthöhe nach der Achszahl hat Nachteile, weil da-
durch der Einsatz von Fahrzeugen mit zwei bzw. drei Achsen
so weit wie möglich ausgereizt werden wird und sich das
Durchschnittsgewicht immer mehr der 40-Tonnen-Grenze
annähern wird. Die für die Straßenschäden vor allem ver-
antwortlichen Achslasten können dadurch potentiell weiter
erhöht werden. Demgegenüber ist mit diesem Abänderungs-
antrag das vorgeschlagene Erhebungskriterium des höchst
zulässigen Gesamtgewicht die angemessenste und effizien-
teste Kenngröße. Es stellt auch einen wichtigen Anreiz dar,
um den Anteil der Leerfahrten zu senken und die Fahrzeug-
flotten besser auszulasten.
Zu Antrag 6.: Mittelverwendung
Das LKW-Maut-Gesetz als Baustein eines modernen Kon-
zeptes muss auch durch die Mittelverwendung einen mög-
lichst großen Beitrag zur Angleichung der Wettbewerbs-
bedingungen zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern
leisten. Die Anlastung der Kosten alleine kann nur wenig
Verkehr auf die Schiene oder das Schiff verlagern.
Wegen der Bedeutung dieser Aufgabe und auch wegen der
hohen Summen, um die es geht, darf die Verwendung nicht
nachgelagerten Verordnungen überlassen werden.
Konsequenterweise – im Sinne der notwendigen Verkehrs-
verlagerung – sollen die Mittel für den Erhalt der Verkehrs-
infrastruktur, Maßnahmen für einen Modernisierungsschub
bei der Schiene sowie Lärm- und Umweltschutzmaßnahmen
entlang bestehender Verkehrsinfrastruktur verwendet wer-
den. Ein Teil der Mittel muss für Lärmsanierungen bereitge-
stellt werden, auch ein Gleisanschlussprogramm sollte mit
Mitteln aus der LKW-Maut gefördert werden. Die Verwen-
dung der Mittel für die Straße soll sich auf deren Erhalt so-
wie Sicherheitsmaßnahmen beschränken, wie z. B. sichere
Ruhemöglichkeiten für LKW-Fahrer.
Zu Antrag 7.: Dokumentationspflicht
Das neue System der fahrleistungsabhängigen Preise im
Straßengüterverkehr muss aufmerksam begleitet werden.
Dabei bietet sich an, dass eine regelmäßig arbeitende
Arbeitsgruppe des Bundesverkehrsministeriums die Ent-
wicklungen durch die Einführung der Maut evaluiert und
dokumentiert. Möglichen Problemen, insbesondere den

Risiken durch Ausweichverkehr auf das nachgeordnete Stra-
ßennetz, kann dadurch flexibel begegnet werden.
Wichtig ist es auch, die Höhe der Maut regelmäßig auf ihre
Wirksamkeit überprüfen zu können und einen Überblick
darüber zu erhalten, ob die erforderlichen Optimierungen
bei Lärm- und Schadstoffemissionen auch erreicht werden.
Da eventuelle Nachjustierungen bei dem ABMG notwendig
werden könnten, muss in angemessenen Abständen Bericht
erstattet werden. Gegebenenfalls können dadurch frühzeitig
Konsequenzen gezogen werden.“
Die Fraktion der SPD betonte, die Einführung der ent-
fernungsabhängigen LKW-Maut auf Bundesautobahnen
nehme eine Schlüsselstellung in ihrer Verkehrspolitik ein.
Man sorge damit für eine verursachergerechte Anlastung
der Wegekosten. Man werde endlich die ausländischen
LKW angemessen an der Finanzierung des Verkehrsnetzes
beteiligen und leiste daher mit der Einführung der entfer-
nungsabhängigen LKW-Maut einen großen Beitrag zum
Abbau der Wettbewerbsverzerrungen in Europa. Mit der
Einführung der LKW-Maut stärke man die Wettbewerbs-
stellung der Schiene gegenüber der Straße. Sie werde auch
zu einer Verlagerung des Verkehrs auf Schiene und Binnen-
wassertraßen führen, den Anteil schadstoffarmer Fahrzeuge
erhöhen und zur Vermeidung von Leerfahrten beitragen.
Die LKW-Maut stelle einen teilweisen Übergang von der
reinen Steuer- zur anteiligen Nutzerfinanzierung von Ver-
kehrswegen dar. Man werde durch die LKW-Maut auch
neue Investitionsspielräume gewinnen, z. B. für das Anti-
Stau-Programm. Man werde mit dem Anti-Stau-Programm
ab 2003 3,7 Mrd. DM in das Straßennetz, 2,8 Mrd. DM in
die Schienenwege und 0,9 Mrd. DM in die Bundeswasser-
straßen zusätzlich investieren. Die Kritiker hätten noch
nicht verstanden, dass es in der Zukunft nur um ein inte-
griertes Verkehrsnetz gehe. Man halte die bisher geplante
Gebührenhöhe für vernünftig; sie entspreche in der Größen-
ordnung dem, was auch in Italien oder Frankreich zu bezah-
len sei. Forderungen nach einer deutlich höheren Maut sei
entgegenzuhalten, dass sich die Mauthöhe an den Wegekos-
ten orientieren müsse. Die Vorstellung, als Folge der LKW-
Maut müsse man mit einer Preiserhöhungswelle rechnen,
sei falsch. Der LKW-Transport werde sich zwar verteuern.
Warnungen, dadurch würden sich auch die Lebenshaltungs-
kosten drastisch erhöhen, seien jedoch unangebracht. Die
Sorge, die LKW-Transporte könnten sich in Zukunft auf das
nachgeordnete Straßennetz verlagern, sei ebenfalls unbe-
rechtigt. Die im Gesetz angelegte Regelung sei vernünftig;
im Falle von Ausweichverkehren sei die Mautgebühr gege-
benenfalls auf bestimmte Ausweichstrecken auszuweiten.
Über die Bemautung des gesamten Straßennetzes für den
LKW-Verkehr solle jetzt nicht entschieden werden, man
solle erst Erfahrungen sammeln. Die Ergebnisse der vom
Ausschuss durchgeführten Anhörung habe man ausgewertet
und Vorschläge aufgegriffen, soweit es dazu eine Möglich-
keit gegeben habe. Eine Reihe von Vorschlägen sei aber, un-
ter anderem aus europarechtlichen Gründen, nicht umsetz-
bar gewesen.
Die Fraktion der CDU/CSU meinte, der vorliegende
Gesetzentwurf beinhalte eine wichtige verkehrspolitische
Initiative, bei der es um die Umstellung von der Steuer- zur
Nutzerfinanzierung des Straßenbaus und der Straßenunter-
haltung gehe. Im Grundsatz werde dies auch von der CDU/

Drucksache 14/7822 – 10 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

CSU mitgetragen. Der vorgelegte Gesetzentwurf sei aber
unvollständig und werde dem gesetzten Anspruch bei wei-
tem nicht gerecht. Es blieben viele Fragen offen und es sei
noch vieles nachzubessern. Es sei nicht nachzuvollziehen,
weshalb die konkrete Höhe der Maut erst nach der Beratung
des Gesetzentwurfs festgelegt werden solle. Vielen Fuhrun-
ternehmen sei durch die Kostenentwicklung der letzten bei-
den Jahre jeglicher Spielraum genommen worden. Neben
der verfehlten Ökosteuer müssten die Unternehmer die
Schwefelsteuer sowie die Erhöhung der Versicherungsteuer
hinnehmen und nun solle es zu einer weiteren zusätzlichen
Belastung durch die LKW-Maut kommen. Die Fraktion der
CDU/CSU werde einer zusätzlichen Belastung nicht zu-
stimmen. Man fordere, dass es zu einer Umfinanzierung
kommen müsse. Es reiche nicht aus, mit dem Transportge-
werbe lediglich Verhandlungen über Entlastungen zu füh-
ren. Der Harmonisierungsprozess in Europa trete auf der
Stelle und verzeichne Rückschritte, wenn man an die zuletzt
eingeführten Steuererstattungen in Frankreich, Italien und
den Niederlanden denke. Die Abgabenbelastung des deut-
schen Güterkraftverkehrs dürfe durch die Maut nicht weiter
steigen. Bereits heute entstehe bei dem Betrieb eines
40-Tonners in Deutschland bei einer Jahresfahrleistung von
135 000 Kilometern und einem Verbrauch von 35 Litern auf
100 Kilometern eine jährliche Abgabenlast von insgesamt
43 400 DM Steuern; ein Franzose müsse nur 34 100 DM
und ein Belgier 30 800 DM tragen. Hier müsse man anset-
zen. Würden die Regierungspläne wie geplant umgesetzt,
stünden ein ganzer Gewerbezweig und Hunderttausende
von Arbeitsplätzen auf dem Spiel. Es gelte, Wege zu finden,
in Übereinstimmung mit dem europäischen Recht die Be-
nachteiligung des deutschen Gewerbes abzumildern. Es
gebe ernst zu nehmende Vorschläge im Hinblick auf die An-
rechnung der Mineralölsteuerbelastung. Die gesamten Ein-
nahmen aus der beabsichtigten Nutzerfinanzierung müssten
auch tatsächlich wieder in Straßenbau und Straßenunterhal-
tung gehen; die vorgesehene Aufteilung der Mittel auf ver-
schiedene Verkehrsträger halte man für falsch. Man könne
nicht die Maut vereinnahmen und gleichzeitig die Straßen-
verkehrsinfrastruktur vernachlässigen. Zahlreiche andere
Fragen seien noch ungelöst, etwa die Frage der Umgehung
der Mautpflicht durch die Benutzung von Bundes- und Lan-
desstraßen oder die Frage angemessener Regelungen für be-
stimmte Gruppen, wie etwa Landwirte oder Schausteller.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN führte aus,
mit dem Gesetz setze die rot-grüne Koalition ein Kernstück
ihrer Verkehrspolitik um. Die vorgesehene LKW-Maut von
durchschnittlich 15 Cent (29,3 Pfennige) pro Fahrzeug und
Kilometer sei eine respektable und verursachergerechte Ein-
stiegshöhe. Sie werde zu einer spürbaren Verlagerung im
Güterverkehr auf die Schiene und das Binnenschiff führen.
Mit der elektronisch und kilometergenau erhobenen LKW-
Maut gebe es auf den bundesdeutschen Straßen und im Gü-
terverkehrsmarkt endlich mehr Kostenwahrheit und mehr
Chancengleichheit für die Bahn. Die schweren LKW verur-
sachten enorme Straßenschäden und bezahlten derzeit fast
nichts dafür. Ab 2003 würden verursachergerechte Wege-
kosten in Rechnung gestellt. Damit bremse man das Ver-
kehrswachstum und lenke Transporte auf Schiene und Bin-
nenschiff: Leerfahrten von LKW würden reduziert. Das
Rückgrat eines zukunftsfähigen Mobilitätssystems sei die
Bahn. Auch Einnahmen aus der LKW-Maut wolle man in

ein intelligentes Güterbahn-System investieren. Deshalb
flössen mit dem Anti-Stau-Programm ab 2003 zusätzliche
Mittel aus der LKW-Gebühr in den Ausbau von Bahn und
Binnenschiff. Staatseinnahmen aus der LKW-Maut dürften
auch zur Finanzierung neuer Bahnstrecken eingesetzt wer-
den; damit gewinne die Verkehrspolitik Gestaltungsspiel-
raum zurück. Man wolle den Güterverkehr auf der Schiene
bis 2015 mindestens verdoppeln. Die LKW-Maut sei dafür
ein weiterer wichtiger Baustein. Sie solle nicht nur dafür
sorgen, dass die schweren LKW die Reparatur der Straßen
bezahlten, sondern sie solle auch auf die umweltverträgli-
cheren Systeme Güterzug und Schiff umlenken. Dazu müss-
ten diese Alternativen ausgebaut werden. Die Einführung
der LKW-Maut auf den Autobahnen sei ein erster Schritt.
Eine Ausdehnung auf das nachgeordnete Straßennetz müsse
kommen. Die streckenbezogene LKW-Maut sei auch ein
Schritt zu einem fairen Wettbewerb der deutschen Speditio-
nen mit der ausländischen Konkurrenz. Eine Harmonisie-
rung sei notwendig; es dürfe aber keinen Subventions- oder
Steuerentlastungswettlauf geben. Mit der emissionsbezoge-
nen Staffelung würden darüber hinaus diejenigen belohnt,
die in einen modernen Fuhrpark investierten. Die Debatte
der letzten Wochen und Monate habe gezeigt, dass die
LKW-Maut von einer breiten Akzeptanz in der Bevölkerung
getragen werde. Auch dem Speditionsgewerbe sei klar, dass
sich mit der Maut keine Wettbewerbsnachteile verbinden
würden.
Die Fraktion der FDP sprach sich grundsätzlich für die
Umstellung der zeitbezogenen LKW-Vignette auf eine stre-
ckenbezogene Maut aus. Sie sei ein Schritt in Richtung auf
die notwendige Nutzerfinanzierung der Verkehrsinfrastruk-
tur. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sei jedoch in
erster Linie eine Abgabenerhöhung, die dem Bundesminis-
ter der Finanzen nach Expertenschätzungen bis zu 10 Mrd.
DM pro Jahr einbringe. Die Höhe der Maut übersteige somit
deutlich die Wegekosten, die den schweren LKW anzulas-
ten seien. Eine Verlagerung des Verkehrs werde die Maut
nicht bewirken. Es helfe nicht, die Benutzung der Straße zu
verteuern, wenn die Leistungen der Bahn nicht verbessert
würden. Man dürfe auch nicht auf eine Reduzierung von
Leerfahrten hoffen, denn diese führe kein Unternehmer frei-
willig durch. Zur wünschenswerten Umstellung der Infra-
strukturfinanzierung gehörten eine Entlastung bei der
Kraftfahrzeugsteuer und bei der Mineralölsteuer sowie eine
Zweckbindung der Einnahmen zugunsten des Straßenbaus.
Zusätzliche Bemühungen zur Harmonisierung der Wettbe-
werbsbedingungen im europäischen Straßengüterverkehrs-
gewerbe seien weitgehend ausgeblieben. Man sehe das
Maut-Gesetz der Bundesregierung als weitere schwere Be-
lastung für den Wirtschaftsstandort und für das deutsche
Güterkraftverkehrsgewerbe an. Man brauche neben der
Umstellung der LKW-Maut konkrete Harmonisierungs-
schritte, die den Wettbewerbsnachteil des deutschen Güter-
kraftverkehrs in Europa reduzierten. Um Abgabenerhöhun-
gen auszuschließen, müsse die Abgabenbelastung umfinan-
ziert werden, etwa durch die Absenkung der KFZ-Steuer für
schwere LKW und der Mineralölsteuer für Dieselkraftstoff.
Die Niederlande, die ebenfalls eine entfernungsabhängige
Maut einzuführen beabsichtigten, planten eine Senkung der
Mineralölsteuer um 15 %. Das über nur drei Jahre aus Tei-
len der Mauteinnahmen finanzierte Anti-Stau-Programm
reiche nicht aus, um die dauerhafte Zweckbindung zu ge-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 11 – Drucksache 14/7822

währleisten. Die Nettoeinnahmen müssten vollständig in
den Straßenbau fließen. Direkte Quersubventionierungen
zugunsten der Schiene oder der Binnenwasserstraße seien
der falsche Weg. Die Höhe der Maut dürfe nicht durch
Rechtsverordnung festgelegt werden; sie sei durch Gesetz
festzulegen. Die Maut müsse durchschaubar und administ-
rierbar sein. Dazu gehöre es auch, Ausweichverkehre zu
vermeiden, beispielsweise durch eine Ausweitung der
Mautpflicht auf Teilstrecken von Bundesstraßen oder durch
Ausnahmen von der Mautpflicht auf Stadtautobahnen.
Die Fraktion der PDS kritisierte, die Reduktion der Leis-
tungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) auf Auto-
bahnen werde zu mehr LKW-Transporten auf Bundesstra-
ßen führen. Damit werde sich die Belastung durch den
LKW-Verkehr in dichter besiedelten Räumen erhöhen, was
kontraproduktiv sei. Die Festlegung, wonach die LKW-
Maut nur bei LKW ab 12 Tonnen erhoben wird, werde zu
mehr Güterverkehr mit kleineren LKW führen. Damit werde
eine negative Entwicklung, die auch Resultat der falschen
Privatisierungspolitik sei, nochmals verstärkt. Dabei verur-
sachten LKW ab 3,5 Tonnen 50 % der Straßenschäden. Die
LSVA werde nur die Wegekosten, Bau und Unterhalt der
Bundesautobahnen berücksichtigen und dies wohl auch nur
zum Teil. Sie werde die externen Kosten wie Unfälle, Zeit-
verluste durch Stau, Lärm, Abgase nicht berücksichtigen.
Die Abgabe werde daher zu niedrig sein, um Kostenwahr-
heit im Transportgewerbe herzustellen, und in jedem Fall zu
niedrig, um eine verkehrslenkende Wirkung zu erzielen und
Verkehre auf Schiene und Binnenwasserstraßen zu verla-
gern. Die LSVA werde zusätzliche Mittel für den Bau neuer
Straßen mit sich bringen, was mittelfristig zu einem neuen
Schub für die Straße im Allgemeinen und für den LKW-
Verkehr im Besonderen führe. Das deutsche LKW-Gewerbe
solle durch andere Maßnahmen entlastet werden, was zwar
nicht im Gesetzentwurf stehe, weil man der EU keine Hand-
habe zum Einschreiten geben wolle, was aber relativ offen
auf LKW-Lobby-Tagungen und durch Regierungsvertreter
geäußert werde. Dies bedeute, dass die LKW-Maut primär
eine protektionistische Wirkung für das deutsche LKW-Ge-
werbe haben werde. Die LSVA werde nach dem Willen der-
jenigen, die sie nun einführen wollten, die unverantwort-
liche, Umwelt und Menschen enorm belastende weitere
Steigerung des Straßengüterverkehrs nicht oder nur völlig
unzureichend reduzieren. Die LSVA könne grundsätzlich ei-
nen richtigen Weg zu einer Politik weisen, die Verkehre von
der Straße auf Schiene und Wasserstraßen lenke. In der ge-
planten Ausgestaltung werde sie nur immanente Verlage-
rungseffekte von ausländischen auf deutsche LKW, aber kei-
nen Abbau des real existierenden LKW-Verkehrs und auch
keine Reduzierung des Anstiegs des LKW-Verkehrs mit sich
bringen. Das Ziel der Verlagerung des Verkehrs von der
Straße auf umweltfreundlichere Verkehrsträger müsse asu-
drücklich im Gesetz formuliert sein. Auch die Änderungsan-
träge der Koalitionsfraktionen zeigten, dass es bezüglich des
Gesetzentwurfs Nachbesserungsbedarf gebe.

V. Abstimmung im Ausschuss
Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen hat
den Änderungsantrag, den die Fraktion der PDS im Aus-
schuss eingebracht hat (Ausschussdrucksache 867), gegen

die Stimmen der Fraktion der PDS mit den Stimmen der üb-
rigen Fraktionen abgelehnt.
Er hat den im Ausschuss eingebrachten Änderungsantrag
der Fraktion der CDU/CSU zu § 1 Abs. 2 (Ausschussdruck-
sache 861) mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS gegen die Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP abgelehnt.
Die Fraktion der CDU/CSU hat ihren Änderungsantrag zu
§ 1 Abs. 3 (Ausschussdrucksache 862) für erledigt erklärt,
nachdem der Sprecher der Fraktion der SPD im Ausschuss,
Abg. Reinhard Weis (Stendal), erklärte, bei dem Ände-
rungsantrag der Koalitionsfraktionen (s. A Nr. 2 der Be-
schlussempfehlung) seien alle Fahrzeuge des Schausteller-
gewerbes, auch Wohnwagen, gemeint. Der Änderungsan-
trag der Fraktion der CDU/CSU zu § 1 Abs. 5 (Ausschuss-
drucksache 863) wurde mit den Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und der PDS bei Stimment-
haltung der Fraktion der FDP abgelehnt. Der Änderungsan-
trag der Fraktion der CDU/CSU zu § 11 (Ausschussdruck-
sache 864) wurde mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS gegen die Stim-
men der Fraktion der CDU/CSU bei Stimmenthaltung der
Fraktion der FDP abgelehnt.
Teil A Nr. 2 des Änderungsantrags der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Ausschussdrucksache 866)
wurde einstimmig angenommen. Teil A dieses Änderungsan-
trags wurde im Übrigen mit den Stimmen der Fraktionen der
SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS gegen die
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP ange-
nommen. Teil B des Antrags der Koalitionsfraktionen wurde
mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN und der PDS gegen die Stimmen der Fraktio-
nen der CDU/CSU und der FDP angenommen.
Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und der FDP bei Abwesenheit der
Fraktion der PDS, den Gesetzentwurf in der aus Teil A der
Beschlussempfehlung ersichtlichen Fassung anzunehmen.
Er empfiehlt weiterhin mit den Stimmen der Fraktionen
SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS gegen die
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP, die
aus Teil B der Beschlussempfehlung ersichtliche Entschlie-
ßung anzunehmen.

VI. Begründung
1. Zu A Nr. 1 der Beschlussempfehlung:

Die auf Vorschlag des Bundesrates erfolgte ausdrückli-
che Aufnahme der Fahrzeuge von Gebietskörperschaf-
ten, die der Straßenreinigung und dem Winterdienst die-
nen, in den Befreiungstatbestand des Artikels 1 § 1
Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 hat rein klarstellende Funktion.

2. Zu A Nr. 2 der Beschlussempfehlung:
Die deutschen Volksfeste werden in der Regel vom mit-
telständisch geprägten Schaustellergewerbe getragen.
Die Volksfeste mit ihren tief im volkstümlichen Brauch-
tum verwurzelten Jahrmärkten, Kirmessen, Wochen-

Drucksache 14/7822 – 12 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

und Weihnachtsmärkten erfüllen für alle sozialen
Schichten und Altersklassen eine wichtige soziale Aus-
gleichsfunktion; sie wahren regionaltypische Traditio-
nen und stärken das Heimatbewußtsein.

3. Zu A Nr. 3 der Beschlussempfehlung:
Der Abschluss des Vertrages mit dem Betreiber des
Mauterhebungssystems bedarf der haushaltsrechtlichen
Ermächtigung. Die Ergänzung von Artikel 1 § 11 stellt
sicher, dass die Ausgaben aus dem Betreibervertrag aus
dem Mautaufkommen geleistet werden.

4. Zu A Nr. 4 der Beschlussempfehlung:
Die Aufhebung der bisherigen zeitabhängigen Gebüh-
renregelung durch das Autobahnbenutzungsgebüh-
rengesetz für schwere Nutzfahrzeuge (ABBG) wird ge-
setzlich an den Zeitpunkt des Beginns der Erhebung
der künftigen entfernungsabhängigen Maut gekoppelt.
Im Regierungsentwurf war zunächst vorgesehen, das

ABBG zum gleichen Zeitpunkt durch Verordnung auf-
zuheben. Die jetzige Fassung ist die gesetzestechnisch
vorzuziehende Lösung.

5. Zu A Nr. 5 der Beschlussempfehlung:
Die Einfügung eines neuen Artikels 1 § 13, der die bis-
herigen Absätze 2 und 3 des bisherigen Artikels 1 § 12
enthält, ist eine gesetzestechnische Folgeänderung zur
Änderung des Artikels 1 § 12.

6. Zu A Nr. 6 der Beschlussempfehlung:
Es handelt sich um eine gesetzestechnische Änderung
aus rechtssystematischen Gründen ohne inhaltliche Än-
derung des Gesetzentwurfs.

Wegen der Begründung der Einzelvorschriften wird im
Übrigen auf den Gesetzentwurf auf Drucksache 14/7013
(Seiten 11 bis 17) verwiesen.

Berlin, den 12. Dezember 2001
Reinhard Weis (Stendal)
Berichterstatter

Wilhelm Josef Sebastian
Berichterstatter

Albert Schmidt (Hitzhofen)
Berichterstatter

Horst Friedrich (Bayreuth)
Berichterstatter

Dr. Winfried Wolf
Berichterstatter

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