BT-Drucksache 14/7700

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, sowie der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -14/7223, 14/7257, 14/7064, 14/7681- Entwurf eines Versorgungsänderungsgesetzes 2001

Vom 29. November 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/7700
14. Wahlperiode 29. 11. 2001

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Petra Pau, Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
sowie der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksachen 14/7223, 14/7257, 14/7064, 14/7681 –

Entwurf eines Versorgungsänderungsgesetzes 2001

Der Bundestag wolle beschließen:
Es ist unstrittig, dass infolge fehlender Vorsorge in der Vergangenheit neue
Strategien der Bewältigung der zunehmenden Versorgungslasten gefunden
werden müssen. Eine pauschale Kürzung des Pensionshöchstsatzes zieht je-
doch dramatische Verschlechterungen der Versorgungssituation der Angehöri-
gen von einfachem und mittlerem Dienst nach sich. Ebenso betroffen sind
diejenigen, die wegen der vorgezogenen Altersgrenzen in ihrem Beruf keine
40 Dienstjahre erlangen können und daher den Versorgungshöchstsatz sowieso
nicht ausschöpfen bzw. diejenigen, bei denen verschiedene Abschlagsregelun-
gen kumulieren.
Der Gesetzentwurf bietet keine Lösung des anstehenden Versorgungsproblems
an. Stattdessen werden Fehler der Vergangenheit wiederholt, indem weiterhin
keine umfassenden Versorgungsrücklagen gebildet werden, so dass schon heute
das nächste Versorgungsänderungsgesetz mit weiteren Kürzungen für die Be-
amten abzusehen ist.
Die Attraktivität des öffentlichen Dienstes wird durch den Gesetzentwurf wei-
ter vermindert. Dadurch wird es immer schwieriger, qualifizierten Nachwuchs,
etwa für die Justiz, zu gewinnen. Polizei und Feuerwehr haben seit den Terror-
anschlägen des 11. September 2001 und den einsetzenden Terrorbekämpfungs-
maßnahmen erweiterte Aufgabengebiete zugewiesen bekommen. Diesen Ver-
änderungen ist Rechnung zu tragen. Der Gesetzentwurf, der für viele
Beamtinnen und Beamte gerade in den Vollzugsdiensten eine geminderte Al-
tersversorgung bedeuten wird, ist in diesem Zusammenhang ein völlig falsches
Signal.
Dazu kommt eine Reihe formaler Mängel des Gesetzgebungsprozesses. Verfas-
sungsrechtliche Bedenken gegen diesen Gesetzentwurf sind bisher nicht voll-
ends ausgeräumt. Dazu kommt, dass die Beratungszeit für derart wichtige
Veränderungen äußerst knapp bemessen war. So war es nicht möglich, den
2. Versorgungsbericht der Bundesregierung gründlich zu würdigen und even-
tuelle Schlussfolgerungen einzuarbeiten und die Änderungsanträge der Fraktio-
nen in angemessener Weise zu beraten. Eine Überarbeitung des Gesetzentwurfs
ist daher dringend erforderlich.

Drucksache 14/7700 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, den Gesetzentwurf
nach folgenden Maßgaben zu überarbeiten:
1. Ostdeutsche Beamte müssen ihren westdeutschen Kollegen gleichgestellt

werden. Der Gesetzentwurf sieht bisher vor, dass ostdeutsche Beamte statt
bisher nach 18,6 Dienstjahren nun erst nach 19,6 Jahren eine Mindestpen-
sion erarbeitet haben können. Das geschieht vor dem Hintergrund, dass Be-
amte in den neuen Bundesländern sowieso schon niedriger bezahlt werden
als ihre westdeutschen Kollegen. Härten, die sich aus Regelungen des
AAÜG ableiten, müssen im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes vermieden
werden.

2. Die Mindestversorgung soll angehoben werden. Aufgrund der Kürzungen
des Versorgungshöchstsatzes, der Absenkung der Hinterbliebenenversor-
gung und weiterer Regelungen, die in der Kumulierung z. T. zu drastischen
Pensionseinbußen führen werden, wird in Zukunft die Anzahl der Bezieher
der Mindestversorgung ansteigen. Abgesehen davon, dass die Mindestver-
sorgung nicht zur Regelversorgung werden darf, ist es notwendig, diese
Härten durch einen höheren Mindestversorgungsbetrag auszugleichen. Da-
bei muss auch geprüft werden, inwiefern Bezieher geringer Versorgungs-
beträge von den Versorgungskürzungen ausgenommen werden können.

3. Für Berufe mit vorgezogener Altersgrenze ist eine Angleichung zu schaffen.
Die Altersgrenze ist keine Bevorzugung bestimmter Berufe, sondern die
Folge aus besonderen Arbeitsbedingungen. Es ist nicht gerechtfertigt, diese
Bediensteten zu benachteiligen. Hier muss dem Gleichheitsgrundsatz Rech-
nung getragen werden.

4. Um Dienstunfähigkeiten zu verringern, müssen Regelungen zum Gesund-
heitsmanagement geprüft werden. Regelungen zur Anerkennung des
Schichtdienstes als besonderer Belastung müssen getroffen werden. Versor-
gungsabschläge für Dienstunfähigkeit sind ungerechtfertigt und müssen ab-
geschafft werden. An besonderen Arbeitsbedingungen Erkrankte werden auf
diese Weise mehrfach bestraft, ohne Vorsorge treffen zu können. Insbeson-
dere trifft dies auf diejenigen zu, die den Höchstversorgungssatz bereits er-
reicht haben, deren Versorgung also bereits in voller Höhe „erdient“ wurde.
Hier ist zudem ein möglicher Konflikt mit dem Rückwirkungsverbot auszu-
schließen.

5. Beamte der Feuerwehr sind denen anderer Vollzugsdienste gleichzustellen.
Um eine Gleichberechtigung durch die Rechtsprechung zu ermöglichen,
sind lediglich terminologische Änderungen notwendig.

6. Den Beamten soll eine transparente Übersicht über Beiträge und zu erwar-
tende Versorgungszahlungen ermöglicht werden. Einige Beispiele aus den
Bundesländern zeigen die Umsetzbarkeit dieser gewerkschaftlichen Forde-
rung. Um ihre private Altersvorsorge planbar zu machen, müssen die Beam-
tinnen und Beamten eigene Berechnungen ihrer zu erwartenden Versorgung
anstellen können.

7. Die Bildung von Versorgungsrücklagen ist auszuweiten, um die Zukunfts-
sicherheit der Versorgung zu stärken. Sämtliche Einsparungen aus den ver-
minderten Versorgungsanpassungen müssen in Rücklagen fließen, die kon-
trollierbar nicht sachfremd ausgegeben werden dürfen. Der Gesetzentwurf
sieht hingegen vor, lediglich 50 Prozent der eingesparten Gelder in Rückla-
gen fließen zu lassen. Es ist gegenüber den Beamtinnen und Beamten nicht
vertretbar, dass die andere Hälfte der eingesparten Mittel, wie bereits getä-
tigte Sonderleistungen für Rücklagen, nicht angespart werden, sondern ver-
sickern.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/7700

8. Die Quotelung der Ausbildungszeiten ist mittelbar frauendiskriminierend.
Sie darf keinen Eingang in das Gesetz finden.

9. Die Hinterbliebenenversorgung darf aus Gründen des Vertrauensschutzes
und aus verfassungsrechtlichen Bedenken, hinsichtlich eines möglichen
Verstoßes gegen das Alimentationsprinzip, nicht pauschal abgesenkt wer-
den.

10. Das Beamtenrecht muss vereinfacht werden und die im Entwurf angelegte
weitere Verkomplizierung ist zu heilen, um Transparenz für die Betroffe-
nen zu gewährleisten.

Berlin, den 28. November 2001
Petra Pau
Ulla Jelpke
Roland Claus und Fraktion

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