BT-Drucksache 14/7655

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -14/7259, 14/7608- Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplanes des ERP-Sondervermögens für das Jahr 2002 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 2002)

Vom 28. November 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/7655
14. Wahlperiode 28. 11. 2001

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Rolf Kutzmutz, Dr. Christa Luft, Ursula Lötzer, Uwe Hiksch,
Gerhard Jüttemann und der Fraktion der PDS

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 14/7259, 14/7608 –

Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans
des ERP-Sondervermögens für das Jahr 2002 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 2002)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
1. Auch die hinsichtlich Arbeitsplatz-Effekten und Wettbewerbskonformität

grundsätzlich positive Evaluierung der ERP-Förderung durch die Prognos
AG kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich diese Förderkulisse offen-
sichtlich in einer Krise befindet. Betrugen die Kreditzusagen im Jahr 1994
noch 16,4 Mrd. DM, so schrumpften sie bis 1998 auf 12,9 Mrd. DM. Seit-
dem gingen sie in freien Fall über: 1999 wurden nur noch 11,5 Mrd., in 2000
lediglich 10,1 Mrd. DM ausgereicht und bis Ende September wurden die be-
reits schlechten Werte des Vorjahreszeitraums in Ostdeutschland nochmals
um 23,2 % und in Westdeutschland um 32,6 % unterschritten. Dabei muss
noch berücksichtigt werden, dass 1997 das Eigenkapitalhilfe-Programm aus
dem Bundeshaushalt zusätzlich in die ERP-Förderkulisse verlagert wurde,
wo es allein rund 20 % des ausgereichten Kreditvolumens ausmacht. Beson-
ders dramatisch ist der Zusammenbruch der Förderung in Ostdeutschland:
Wurden dort 1994 noch 11 Mrd. DM ausgereicht, so waren es 2000 nur noch
3 Mrd. DM. Solch langfristiger Rückgang kann nicht länger mit konjunktu-
rellen Entwicklungen oder gar – auf Ostdeutschland bezogen – einer „Nor-
malisierung“ des Gründungsgeschehens und der Mittelstandsentwicklung
erklärt werden, wie es die Bundesregierung nach wie vor tut. Vielmehr sig-
nalisiert die sinkende Nachfrage, dass offensichtlich das Angebot nicht mehr
stimmt – weder im Existenzgründungs- noch im Mittelstands- oder im Um-
welt-Bereich. Kreditfinanzierung über durchleitende Banken taugt offenbar
nicht mehr als Hauptinstrument zur Sicherung und Schaffung neuer Arbeits-
plätze sowie Existenzgründungen. Hausbanken erweisen sich zunehmend
als Barriere denn als Eingangstür zu effektiver Wirtschaftsförderung. Neue
Instrumente, wie eine unmittelbare, aber atypische stille Beteiligung anstelle
der bisher propagierten Beteiligungsförderung Dritter oder die Unterstüt-
zung von Mitarbeiterbeteiligungen, müssen offensiv erprobt werden. Der
Bundestag bedauert, dass im ERP-Wirtschaftsplan 2002 zur Erprobung
neuer Förderansätze nur 10 Mio. Euro (= 0,26 % aller geplanten Finanzie-

Drucksache 14/7655 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

rungshilfen zur Leistungssteigerung mittelständischer Unternehmen) bereit-
gestellt werden.

2. Der Deutsche Bundestag sieht die Fortführung der Programme zur Mobili-
sierung von Beteiligungskapital für kleine Technologieunternehmen (BTU)
im Risiko des ERP-Sondervermögens als äußerst gefährlich an. Bekanntlich
haben die Risikoabschätzungen des Bundeshaushaltes, der diese Förderung
bis 2000 gewährte, dramatisch versagt: Dort waren für 2000 nur 30,5 Mio.
Euro zur Deckung von Ausfällen geplant – dann flossen 49,5 Mio. Euro ab.
Für 2001 waren zwar 45 Mio. Euro geplant, aber bis Ende Oktober mussten
schon 184 Mio. Euro verausgabt werden. Vor diesem Hintergrund muss die
Abgabe von Garantieverpflichtungen von bis zu einer Mrd. Euro im ERP-
Haushalt 2002 für Ausfälle neu gewährter Förderungen als ernsthafte Be-
drohung für das gesetzliche Substanzerhaltungsgebot dieses Sonderver-
mögens angesehen werden. Bekanntlich hat bereits die seit 1997 nicht mehr
vom Bundeshaushalt, sondern vom ERP zu gewährende Eigenkapitalhilfe
die Ausfallrisiken deutlich erhöht. Der Trend, dass sich der Bund immer
mehr aus aktiver Wirtschaftsförderung zurückzieht, muss endlich gestoppt
werden. Denn auch das ERP-Sondervermögen hat nur zwei Alternativen:
Entweder es riskiert seinen Bestand oder Förderung wird nur noch so rest-
riktiv gewährt, dass sie diesen Namen nicht mehr verdient. Bis Ende Sep-
tember 2001 betrug das Volumen der BTU-Zusagen jedenfalls nur 48,4 %
des Vorjahreszeitraumes.

3. Der Deutsche Bundestag nimmt zur Kenntnis, dass die Bundesregierung mit
der im Wirtschaftsplan 2002 verfügten Einstellung des 1996 aufgelegten
ERP-Ausbildungsplätzeprogrammes den Offenbarungseid einer die Wirt-
schaft aus ihrer Verantwortung entlassenden Qualifizierungspolitik leistet.
Statt den Rückzug der Unternehmen aus eigenen Ausbildungsanstrengungen
– und damit auch aus entsprechenden Förderkrediten – durch immer größere
eigene Bundesinitiativen sowie Zuschuss-Programme auf Kosten aller Steu-
erzahlerinnen und Steuerzahler weiter zu begünstigen, sollte eher eine Aus-
bildungsplatzumlage für nichtausbildende Betriebe, flankiert durch ergän-
zende Fördermöglichkeiten – wie das bekanntlich nicht an Hausbankmittel
gebundene ERP-Ausbildungsplätzeprogramm – in Angriff genommen wer-
den.

4. Der Deutsche Bundestag registriert mit Verwunderung, dass die Bundes-
regierung einerseits „uneingeschränkte Solidarität“ mit den USA beschwört,
andererseits zur selben Zeit für die finanzielle Unterstützung des größten
deutschen Unternehmens in der technologischen Auseinandersetzung mit
seinem US-Konkurrenten ausgerechnet auf jene Gelder zurückgreift, die als
US-amerikanische Marshallplan-Hilfe einst den Wiederaufbau eines Teils
von Deutschland überhaupt erst ermöglichten. Auch wirft es ein bezeichnen-
des Licht auf den Charakter der Mittelstandspolitik der Bundesregierung,
dass über eine Mrd. Euro als Kredit für die Entwicklungskosten des
Airbus 380 an die Tochter von DaimlerChrysler dem Fonds der Existenz-
gründer- und Mittelstandsförderung entnommen werden. Es handelt sich
dabei zwar nicht um eine ERP-Förderung. Rund ein Drittel der seit Jahren
schrumpfenden Liquidität dieses Sondervermögens – von 4 Mrd. Euro 1998
auf 2,8 Mrd. Euro in 2000 – wird damit aber langfristig bei einem Unter-
nehmen angelegt, das mit vielem, gewiss aber nichts mit Mittelstand zu tun
hat. Anders als bei den sonst üblichen Bankguthaben werden so die Spiel-
räume des ERP-Sondervermögens, auf wirtschaftspolitisch wünschenswerte
kurzfristige deutliche Steigerung der Nachfrage nach Fördermitteln tatsäch-
lich reagieren zu können, nachhaltig eingeschränkt. Mit der inzwischen ge-
währten umfassenden Bürgschaft des Bundes für diesen Kredit gegenüber
dem ERP-Sondervermögen ist mittlerweile auch das Hauptargument für

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/7655

diese Konstruktion entfallen, nämlich den Bundeshaushalt zwecks Einhal-
tung der Stabilitätskriterien von diesem Kredit zu entlasten.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
– umgehend und in größerem Umfang als bisher geplant neue Instrumente der

Mittelstandsförderung im Rahmen des ERP zu erproben, insbesondere die
gegenüber dem Unterausschuss des Bundestages am 7. November 2001
angekündigten Modelle atypische stille Beteiligung und Mitarbeiterbeteili-
gung, sowie weitere nicht auf dem Hausbanken-Prinzip beruhende Förder-
instrumente;

– die Rückführung der BTU-Förderung in die Verantwortung des Bundeshaus-
haltes vorzubereiten;

– die erforderlichen Rahmenbedingungen für eine Wiederaufnahme des ERP-
Ausbildungsplatzprogrammes zu schaffen;

– den bedingt rückzahlbaren Kredit zur Entwicklung des Airbus 380 nicht aus
dem ERP-Sondervermögen, sondern aus Einzelplan 32 des Bundeshaus-
haltes bereitzustellen.

Berlin, den 28. November 2001
Rolf Kutzmutz
Dr. Christa Luft
Ursula Lötzer
Uwe Hiksch
Gerhard Jüttemann
Roland Claus und Fraktion

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