BT-Drucksache 14/7588

Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung

Vom 23. November 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/7588
14. Wahlperiode 23. 11. 2001

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Kersten Naumann, Dr. Ruth Fuchs, Eva-Maria
Bulling-Schröter und der Fraktion der PDS

Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung

Ein erklärtes Ziel der neuen Agrarpolitik ist u. a. der vorbeugende Verbraucher-
schutz und die Focussierung auf qualitative Fragen. Diese richten sich insbe-
sondere auf die Lebensmittelsicherheit, aber auch vom Verbraucher wahrge-
nommene subjektive wie ethische Qualitätsmerkmale.
Im Grundsatzpapier des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung
und Landwirtschaft (BMVEL) mit dem Titel „Vertrauen durch Veränderung –
Arbeitsplan nachhaltige Landwirtschaft“ wird eingeschätzt: „Antibiotika oder
Wachstumshormone … werden in Futtermitteln von jedem Einzelnen als An-
griff auf seine Gesundheit und damit auf sein Leben wahrgenommen“.
Die Bundesregierung setzt sich nach ihren Aussagen in Brüssel für ein EU-wei-
tes Verbot von Fütterungsantibiotika ein. Darüber hinaus soll daran gearbeitet
werden, einen freiwilligen Verzicht der Futtermittelwirtschaft auf den Einsatz
von antibiotischen Leistungsförderern umzusetzen.
Dagegen erscheinen im Tierärzteblatt und in der Bauernzeitung 2-seitige An-
zeigen der Firma Pharmacia zu einem hochwirksamen Breitspektrumantibioti-
kum, auf das Landwirte nicht verzichten und Tierärzte nicht ignorieren sollten.
In der Anzeige heißt es: „Das starke, schnell wirkende Antibiotikum mit brei-
tem Anwendungsspektrum bei Infektionen beim Milchvieh, bringt einen ein-
maligen wirtschaftlichen Vorteil, den kein anderes injizierbares Antibiotikum
zu bieten hat: Kein Milchverlust. … Bei ordnungsgemäßer Anwendung besteht
nämlich kein Risiko unzulässiger Rückstände in der Milch …“. Aus dem Kon-
text der Anzeige geht hervor, dass jedes Jahr in Deutschland ca. 98 Mio. Liter
Milch durch Infektionen weggeschüttet werden.

Wir fragen deshalb die Bundesregierung:
1. Zählt das Breitspektrumantibiotikum „Excenel RTU“ zu den Fütterungsanti-

biotika und/oder direkt oder möglicherweise indirekt zu den Leistungsför-
derern?

2. Wird der darin verwendete Wirkstoff auch in der Humanmedizin verwendet?
3. Da das Mittel als vom Tierarzt verschreibungspflichtig deklariert ist, kann es

dennoch vom Landwirt ohne Beisein eines Veterinärs „nach Belieben“ inji-
ziert werden?

4. Bei welchen Tierarten und welchen Krankheiten kann das Mittel eingesetzt
werden?

Drucksache 14/7588 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
5. Zählt die Anwendung des benannten Antibiotikas zur gesundheitlichen
Prävention bei Rindern, bei Milchkühen, bei Schweinen?

6. Kann das Breitspektrumantibiotikum während der gesamten Laktationszeit
angewendet werden – möglicherweise auch, wenn noch keine Infektionen
vorliegen?

7. Wie groß ist die in der Landwirtschaft aufgrund von Infektionen bei Milch-
kühen jährlich nicht verwendbare Menge an Milch und/oder Tankmilch?

8. Stimmt die Aussage „Über 4 Millionen Kühe sind bereits mit ,Excenel
RTU‘ erfolgreich behandelt worden und kein Glas Milch wurde dadurch
vernichtet“?

9. Gibt es veterinärmedizinische und/oder produktionstechnische Alternati-
ven zur Anwendung dieses Breitspektrumantibiotikums?

10. Gesetzt den Fall, Antibiotikaeinsatz kann nach dem Anspruch der Bundes-
regierung „auf das unumgängliche Maß reduziert“ werden, würde dieses
und weitere Mittel unter diese Reduktion fallen?

11. Bestehen gesundheitliche Risiken für den Verzehr von Fleisch und Milch?
12. Aus welchen Gründen wird für essbare Teile eine Wartezeit angegeben,

z. B. bei Rind 8 Tage, bei Schwein 5 Tage, bei Milch aber 0 Tage?
13. Laufen diesbezüglich als Beitrag zur Risikominderung in der Human-

medizin weitere wissenschaftliche Untersuchungen?
14. Ist die Bundesregierung der Meinung, dass ein freiwilliger Verzicht der

Futtermittelwirtschaft gemeinsam mit dem landwirtschaftlichen Berufs-
stand zu einem breitem Verzicht auf den Einsatz von antibiotischen Leis-
tungsförderern und Fütterungsarzneimitteln führt?

15. Ist die Bundesregierung der Meinung, dass die Gruppe der in Frage 14 be-
nannten Hersteller und Anwender, die freiwillig auf Antibiotikaeinsatz ver-
zichten sollen, auf die Pharmaindustrie und/oder Berufsstand der Tierärzte-
schaft erweitert werden müsste?

16. Welche politischen Möglichkeiten der Kontrolle und flankierender Maß-
nahmen sieht die Bundesregierung, um den Einsatz von Antibiotika in der
Tierhaltung insgesamt zu minimieren?

Berlin, den 12. November 2001
Kersten Naumann
Dr. Ruth Fuchs
Eva-Maria Bulling-Schröter
Roland Claus und Fraktion

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