BT-Drucksache 14/7560

Beurteilung des "Witikobundes" und des "Witikobriefes" durch die Bundesregierung

Vom 20. November 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/7560
14. Wahlperiode 20. 11. 2001

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Beurteilung des „Witikobundes“ und des „Witikobriefes“ durch die
Bundesregierung

Die Bundesregierung wurde bereits in der 13. Legislaturperiode im Rahmen
einiger Kleiner Anfragen zu verfassungsschutzrelevanten Erkenntnissen über
den Antisemitismus und Rechtsextremismus des „Witikobundes“ um Auskunft
gebeten.
Dabei wurden trotz konkreter Hinweise und Schilderung der von der damaligen
Gruppe der PDS als rechtsextremistisch, revanchistisch, geschichtsrevisionis-
tisch und antisemitisch bewerteten Bestrebungen und Bezüge vieler Autoren
im „Witikobrief“ keinerlei Konsequenzen gezogen. Dagegen hieß es lapidar,
dass keine eindeutigen Erkenntnisse vorlägen. Hinzugefügt hat die Bundes-
regierung damals, dass „laufend geprüft“ werde, ob „sich solche Erkenntnisse
verdichten“. Zur Neubewertung soll daher auf die Antworten der Bundesregie-
rung auf die Kleinen Anfragen der damaligen Gruppe der PDS in den Bundes-
tagsdrucksachen 13/1461, 13/1483, 13/2020 verwiesen werden. Es sollte betont
werden, dass an der Aktualität dieser damaligen Beurteilungen heute keinerlei
Abstriche zu machen sind.
Die heutige Verbandspolitik, Öffentlichkeitsarbeit und personelle Struktur
unterstreicht weiterhin den Vorwurf der rechtsextremen Durchsetzung des
„Witikobundes“.
Nachdem der Vertriebenenverband „Landsmannschaft Ostpreußen“ seine
eigene Jugendorganisation, die „Junge Landsmannschaft Ostpreußen“, wegen
rechtsextremistischer Umtriebe am 29. Januar 2000 ausschloss, referierte der
Bundesvorsitzende des „Witikobundes“ H. R. Ü. beim Bundestreffen der „Jun-
gen Landsmannschaft Ostpreußen“ in Thüringen vom 17. bis 19. November
2000. Auf der Homepage der „Jungen Landsmannschaft Ostpreußen Mecklen-
burg-Vorpommern“ (JLO) ist zu lesen:
„Die JLO wird auch künftig mit Nachdruck für die Interessen Ostpreußens,
aber auch anderer deutscher Vertreibungsgebiete und der ihnen entstammenden
Menschen eintreten. Da wir den Ausgang unseres Ringens um das Vertrauen
der Delegierten der Ostpreußischen Landesvertretung nicht absehen können,
haben wir in weiser Voraussicht – vorbehaltlich der Zustimmung der JLO-
Bundesversammlung – ein Kooperationsabkommen mit dem in der sudeten-
deutschen Volksgruppe wurzelnden und unter dem Dach der Sudetendeut-
schen Landsmannschaft wirkenden Witikobund e.V. geschlossen.“ (Quelle:
http://www.jlomeckpomm.de/)
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Hat die Bundesregierung, basierend auf dem genannten Material der

Kleinen Anfragen, inzwischen eine Neubewertung über die Aktivitäten des
„Witikobundes“ vorgenommen, und wenn ja, wie sieht diese aus?

Drucksache 14/7560 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
2. Werden Ausgaben des „Witikobriefes“ vom Bundesamt für Verfassungs-
schutz (BfV) auf Anhaltspunkte für rechtsextreme Bestrebungen ausge-
wertet, und wenn ja,
a) seit wann und
b) zu welchen Ergebnissen ist man dabei bisher gekommen?

3. Welche Voraussetzungen müssen nach den §§ 3 und 4 Bundesverfassungs-
schutzgesetz (BVerfSchG) gegeben sein, um den „Witikobund“ beobach-
ten zu dürfen, und ist die Bundesregierung der Auffassung, dass diese
Schwelle für diese Beobachtungen niedrig gesetzt ist?

4. Würde es schon ausreichen, wenn aus dem „Witikobund“ bzw. seiner
Zeitung dem „Witikobrief“ häufig und immer wieder Äußerungen und Ver-
haltensweisen bekannt würden, die dem Anschein nach gegen die freiheit-
liche demokratische Grundordnung gerichtet sind?

5. Hat die Bundesregierung neue verfassungsschutzrelevante Erkenntnisse
hinsichtlich der Aktivitäten des „Witikobundes“, und wenn ja, welche?

6. Ist der „Witikobund e. V.“ aus Mitteln des Bundeshaushaltes (ggf. auch
über die Bundeszentrale für politische Bildung, den Bund der Vertriebenen,
die Sudetendeutsche Landsmannschaft oder Einrichtungen der Vertriebe-
nenverbände) seit 1995 bezuschusst worden (bitte detailliert nach Jahren
und Aktivitäten auflisten)?

7. Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, ob NS-Verbrechen durch
Autoren des „Witikobriefes“ geleugnet oder relativiert wurden, und wenn
ja, welche?

8. Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, ob die rechtsextreme Propa-
gandaformel der „Kriegsschuldlüge“ durch den „Witikobund“ und den
„Witikobrief“ verbreitet wird bzw. wurde, und wenn ja, welche?

9. Gab es nach Kenntnis der Bundesregierung antisemitische Äußerungen
durch den „Witikobrief“?

10. Welche verfassungsschutzrelevanten Kenntnisse hat die Bundesregierung
über eine Zusammenarbeit bzw. einen Kontakt zwischen dem „Witiko-
bund“ und rechtsextremen Parteien bzw. Verbänden?

11. Welche verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse hat die Bundesregie-
rung über eine Zusammenarbeit zwischen dem „Witikobund“ und der
„Jungen Landsmannschaft Ostpreußen“?

12. Welche verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse hat die Bundesregie-
rung über eine tatsächliche oder versuchte Durchdringung des „Witiko-
bundes“ durch Mitglieder der NPD?

13. Welche politischen und haushaltsrechtlichen Konsequenzen zieht die Bun-
desregierung aus der Tatsache, dass der „Witikobund“ bis heute in die
Sudetendeutsche Landsmannschaft eingebunden ist?

Berlin, den 14. November 2001
Ulla Jelpke
Roland Claus und Fraktion

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