BT-Drucksache 14/7507

Verbesserung der Arzneimittelsicherheit

Vom 13. November 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/7507
14. Wahlperiode 13. 11. 2001

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katherina Reiche, Annette Widmann-Mauz, Wolfgang Lohmann
(Lüdenscheid), Dr. Wolf Bauer, Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Dr. Hans Georg Faust,
Ulf Fink, Hubert Hüppe, Dr. Harald Kahl, Eva-Maria Kors, Hans-Peter Repnik,
Aribert Wolf, Wolfgang Zöller und der Fraktion der CDU/CSU

Verbesserung der Arzneimittelsicherheit

In den letzten Jahrzehnten wurden zahlreiche neue Arzneimittel entwickelt, die
erstmals die effektive medikamentöse Therapie einer Vielzahl von zuvor nicht
behandelbaren Krankheiten ermöglichen. Ein gravierendes Problem stellen die
unerwünschten Nebenwirkungen der Arzneimittel dar. So erklärte das Bundes-
ministerium für Gesundheit (BMG) im September 2001, dass seit 1998 104
Verdachtsfälle von unerwünschten Nebenwirkungen durch das Medikament
Viagra offiziell gemeldet worden sind. Bei 20 bis 50 % der Patienten, die mit
Betablockern, Antidepressiva und Statinen behandelt werden, zeigen sich nach
einer Studie des Dr. Magarete Fischer-Bosch Instituts für klinische Pharma-
kologie keine oder nur unzureichende therapeutische Effekte. Über die Zahl der
Patienten, die jedes Jahr in Deutschland an Arzneimittelnebenwirkungen ster-
ben, gibt es sehr unterschiedliche Schätzungen. Zudem haben europäische
Studien gezeigt, dass 3 bis 17 % der Krankenhausaufenthalte auf Arzneimittel-
nebenwirkungen zurückzuführen sind. Jeder Mensch reagiert aufgrund seiner
genetischen Konstitution anders auf Medikamente. So können Enzyme und
Eiweiße den Abbau eines Arzneimittels im Körper entscheidend beeinflussen.
Das neue Forschungsgebiet der Pharmakogenetik versucht, aus dem individuel-
len Erbgut eines Patienten Rückschlüsse auf die Wirksamkeit eines Arznei-
mittels und/oder das Auftreten schwerer Nebenwirkungen zu ziehen. Erste vor-
läufige Ergebnisse sprechen dafür, dass hierdurch künftig gravierende Neben-
wirkungen sowie Therapieversager vermieden werden könnten. Ein erstes Arz-
neimittel gegen Brustkrebs, bei dem mittels eines speziellen Tests diejenigen
Patienten ermittelt werden, bei denen es wirksam ist, wurde im Jahr 2000 zuge-
lassen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Bundesregierung:
1. Wie viele Arzneimittel mussten seit 1990 wegen schwerer oder tödlicher

Nebenwirkungen nach der Markteinführung zurückgezogen werden?
2. Welche konkreten Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um künftig die

Ansprechrate von Arzneimitteln zu verbessern bzw. schwere Nebenwirkun-
gen einzudämmen?

3. Inwiefern werden diesbezügliche pharmakogenetische Forschungsarbeiten
von der Bundesregierung finanziell gefördert?

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4. Befürwortet die Bundesregierung die Einführung von kostengünstigen
pharmakogenetischen Genotypisierungsverfahren?
a) Wenn ja, von wem sollen diese vorgenommen werden und von wem

werden die Kosten für eine entsprechende Diagnostik übernommen?
b) Wenn nein, mit welcher sachlichen Begründung lehnt die Bundesregie-

rung die Einführung derartiger Verfahren ab?
5. Sieht die Bundesregierung über den gegenwärtigen Stand hinaus einen

Regelungsbedarf im Umgang mit Gentests, wenn ja, welche rechtlichen
Regelungen erwägt sie hier?

6. Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeit im Rahmen einer opti-
mierten Arzneimitteltherapie, die pharmakogenetische Diagnostik früh-
zeitig, analog anderer Laboruntersuchungen, in der klinischen Routine ein-
zusetzen?

7. Sieht die Bundesregierung die Möglichkeit, den Patienten über den Arznei-
mittelbeipackzettel hinaus Zugang zu umfangreicheren Fachinformationen
über Nebenwirkungen zu geben und damit auch den Verbraucherschutz zu
stärken?

8. Sieht die Bundesregierung in der elektronischen Vernetzung zwischen
Krankenkassen, Ärzten und Apothekern ein geeignetes Instrument, um
künftig Fehlentwicklungen und Gefahren der Medikamenteneinnahme
schnell zu erkennen und zu verhindern?

9. Ist es beabsichtigt, auf dem Arzneimittelpass auch den Genotyp der
Enzyme, die Medikamente abbauen, einzutragen?

10. Wie beurteilt die Bundesregierung die Meldepraxis der Ärzteschaft an die
pharmazeutische Industrie und an das Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte (BfArM) hinsichtlich Nebenwirkungen?
Hält sie die derzeitigen rechtlichen Regelungen für ausreichend oder sieht
sie gesetzgeberischen Handlungsbedarf?
Wenn ja, welchen?

11. Hält die Bundesregierung die pharmakologischen Kenntnisse, die im Rah-
men der ärztlichen Ausbildung vermittelt werden, für angemessen, um
Arzneimittelrisiken adäquat einschätzen zu können?

12. Wie beurteilt die Bundesregierung den Informationsaustausch bezüglich
Nebenwirkungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten und zwischen den Mit-
gliedstaaten und der europäischen Zulassungsbehörde in London?

13. Ist beabsichtigt die Anwendung des Arzneimittelpasses europaweit zu
ermöglichen?

Berlin, den 13. November 2001
Katherina Reiche
Annette Widmann-Mauz
Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid)
Dr. Wolf Bauer
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink

Hubert Hüppe
Dr. Harald Kahl
Eva-Maria Kors
Hans-Peter Repnik
Aribert Wolf
Wolfgang Zöller
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

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