BT-Drucksache 14/7394

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -14/6853, 14/7336- Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes und anderer Vorschriften (5. HRGÄnG)

Vom 8. November 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/7394
14. Wahlperiode 08. 11. 2001

Änderungsantrag
der AbgeordnetenMaritta Böttcher, Dr. Heinrich Fink, PiaMaier, AngelaMarquardt,
Gustav-Adolf Schur und der Fraktion der PDS

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 14/6853, 14/7336 –

Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes
und anderer Vorschriften (5. HRGÄndG)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Artikel 1 – Hochschulrahmengesetz – wird wie folgt geändert:
1. Nummer 8 wird wie folgt gefasst:

„Nach § 20 wird folgender § 21 eingefügt:
⤠21

Doktorandinnen und Doktoranden
(1) Personen, die eine Doktorarbeit anfertigen, sind nach Maßgabe des

Landesrechts Doktorandinnen und Doktoranden der Hochschule, an der sie
promovieren wollen.
(2) Die Hochschulen gewährleisten die wissenschaftliche Betreuung und

Qualifikation ihrer Doktorandinnen und Doktoranden. Das Landesrecht sieht
vor, dass Doktorandinnen und Doktoranden Lehrveranstaltungen anbieten
können. Die Promotion darf nicht von der Abhaltung von Lehrveranstaltun-
gen abhängig gemacht werden.
(3) Das Landesrecht stellt sicher, dass Doktorandinnen und Doktoranden

einer Hochschule Einrichtungen anderer Hochschulen im Geltungsbereich
dieses Gesetzes nutzen können.‘“

2. Nummer 20 wird wie folgt geändert
a) 1. Nummer 20 Buchstabe a wird gestrichen.

2. Die Buchstaben b bis d werden zu a bis c.
b) In Nummer 20 wird Buchstabe c (b neu) wie folgt gefasst:

„Nach Satz 3 wird folgender Satz eingefügt:
‚Doktorandinnen und Doktoranden gehören, soweit sie ein Hochschul-
studium abgeschlossen haben, mitgliedschaftsrechtlich zur Gruppe der
akademischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.‘“

3. In Nummer 24 § 44 Abs. 2 wird nach Satz 4 folgender Satz 5 angefügt:
„Die Habilitation ist abgeschafft.“

Drucksache 14/7394 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

4. In Nummer 27 § 47 wird Satz 4 gestrichen.
5. Die Nummer 28 wird wie folgt gefasst:

㤠48 wird wie folgt gefasst:
⤠48

Dienstrechtliche Stellung der Juniorprofessorinnen
und Juniorprofessoren

(1) Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren werden für die Dauer von
sechs Jahren eingestellt oder zu Beamtinnen oder Beamten auf Zeit ernannt.
Eine Verlängerung ist abgesehen von den Fällen des § 50 Abs. 3 unzulässig;
dies gilt auch für die erneute Einstellung als Juniorprofessorin oder Junior-
professor. Ein Eintritt in den Ruhestand mit Ablauf der Dienstzeit ist ausge-
schlossen.
(2) Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren können im Anschluss an

eine Juniorprofessur auf eine Professur übernommenworden, wenn sie in die-
ser Zeit nachgewiesen haben, dass sie für eine Tätigkeit als Hochschullehrerin
oder Hochschullehrer geeignet sind. Die Fähigkeit wird durch eine interne
und externe Evaluation festgestellt. Positiv evaluierten Juniorprofessorinnen
und Juniorprofessoren soll bis zur Übernahme oder Berufung in eine Profes-
sur eine unbefristete Beschäftigung als wissenschaftliche Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter angeboten werden. § 45 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(3) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, gelten für die Juniorpro-

fessorinnen und Juniorprofessoren, die zu Beamtinnen oder Beamten auf Zeit
ernannt werden, die Vorschriften für Beamtinnen und Beamte auf Lebenszeit
entsprechend.‘“

6. In der Nummer 33 § 53 Abs. 1 werden die Sätze 3 und 4 wie folgt gefasst:
„Soweit wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Hoch-
schullehrerin oder einem Hochschullehrer zugeordnet sind, sind letztere
weisungsbefugt. Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern soll
die Gelegenheit zur selbständigen Wahrnehmung von Aufgaben in For-
schung und Lehre gegeben werden.“

7. In der Nummer 37 § 57a Abs. 1 werden die Sätze 2 und 3 wie folgt formu-
liert:
„Durch Tarifvertrag können abweichende Regelungen vereinbart werden.
Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebun-
dene Vertragsparteien die Anwendung der tarifvertraglichen Regelungen
vereinbaren.“

8. Nummer 39 Buchstabe a wird wie folgt formuliert:
„In Absatz 1 wird nach Satz 6 folgender Satz 7 eingefügt:
‚Innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten des Fünften Gesetzes zur Än-
derung des Hochschulrahmengesetzes vom ... [einsetzen: Ausfertigungsda-
tum und Fundstelle des Änderungsgesetzes] sind den Vorschriften des Arti-
kels 1 dieses Gesetzes entsprechende Landesgesetze mit den Maßgaben zu
erlassen, dass das Regelerfordernis der Juniorprofessur in § 44 Abs. 2 Satz 1
ab dem 1. Januar 2010 zu erfüllen ist, § 44 Abs. 2 Satz 3 nicht für Prüfungs-
verfahren gilt, die vor dem 1. Januar 2010 beendet worden sind, und § 44
Satz 5 keine Anwendung findet auf beim In-Kraft-Treten der Landesgesetze
vorhandene wissenschaftliche und künstlerische Assistentinnen und Assis-
tenten sowie auf Personen, die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Lan-
desgesetzes mit der Vorbereitung einer Habilitationsschrift befasst sind, die
vor dem 1. Januar 2010 beendet worden sind; die Maßgabe zu § 44 Abs. 2
Satz 3 gilt nicht in Bezug auf Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren.‘“

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/7394

II. Nach Artikel 8 wird folgender Artikel 8a aufgenommen:
„Artikel 8a

Fünftes Buch des Sozialgesetzbuchs
Das Fünfte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB V) vom 20. Dezember 1988
(BGBl. I S. 2477), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 1999
(BGBl. I S. 2626) wird wie folgt geändert:
In § 5 wird nach Abs. 9 folgender Abs. 10 angefügt:
‚(4b) Als Student im Sinne des Abs. 1 Nr. 9 gelten Doktorandinnen und Dok-

toranden im Sinne des § 21 Abs. 1 Hochschulrahmengesetz in Verbindung mit
den dazu ergangenen landesrechtlichenRegelungen, die an einer staatlichen oder
staatlich anerkannten Hochschule promovieren, im Umfang von weiteren 6 Se-
mestern auch nach Vollendung des 30. Lebensjahres.‘“

Berlin, den 7. November 2001
Maritta Böttcher
Dr. Heinrich Fink
Angela Marquardt
Gustav-Adolf Schur
Roland Claus und Fraktion

Begründung

Zu I
Die im Gesetzentwurf vorgesehene Aufnahme eines neuen Paragrafen „Dokto-
randinnen und Doktoranden“ ist grundsätzlich zu begrüßen, weist aber in der
Ausgestaltung eine Reihe an Defiziten auf: Konkrete Verbesserungen für den
sozialversicherungsrechtlichen Status von nicht in einem Beschäftigungsver-
hältnis befindlichen Doktorandinnen und Doktoranden bringt die Vorschrift
nicht. Für die angestrebten Verbesserungen der Betreuungssituation und kör-
perschaftlichen Mitbestimmungsrechte der Doktorandinnen und Doktoranden
ist die vorgelegte Formulierung zu vage. Ein obligatorisches Angebot an Dok-
torandenstudien sowie die „Einschreibung“ der Doktorandinnen und Doktoran-
den – offensichtlich als Studierende – enthält überdies die Gefahr einer Ver-
schulung der Doktorandenausbildung.
An Stelle der bundesrechtlich vorgesehenen „Einschreibung“ sollte es dem Lan-
desrecht vorbehalten bleiben, das Verfahren der Begründung des Doktorandensta-
tus zu regeln. Dies entspricht dem Anspruch des Gesetzgebers, bundesrechtliche
Vorgaben abzubauen. Eine Beschränkung des Doktorandenstatus auf Personen,
die nicht bereits in einem Beschäftigungsverhältnis zur Hochschule stehen bzw.
als Studentin oder Student eingeschrieben sind, ist nicht erforderlich. Lediglich
bei den Mitgliedschaftsrechten (§ 37) ist entsprechend zu differenzieren.
Die Betreuungsverpflichtung sollte für die Hochschulen verbindlich sein. Zu-
gleich sollten die Hochschulen zur Qualifizierung ihrer Doktorandinnen und
Doktoranden verpflichtet werden. Der Begriff der Qualifikation ist dabei auf die
Einstellungsvoraussetzungen nach § 47 bzw. die Aufgabenstellung nach § 43 be-
zogen. Das Instrument der „forschungsorientierten Studien“ wird zu Gunsten der
Zielbeschreibung „Qualifikation“ ersetzt. Darüber hinaus wird den Doktorandin-
nen und Doktoranden dieMöglichkeit eingeräumt, Lehrerfahrungen zu erwerben.

Drucksache 14/7394 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Die Bildung von Graduiertenkollegs und andere Formen der Herausbildung
von Forschungsschwerpunkten bringen es mit sich, dass für viele Doktorandin-
nen und Doktoranden Wohnort und Hochschulstandort auseinander fallen. Da-
rüber hinaus sind viele Doktorandinnen und Doktoranden darauf angewiesen,
Forschungsreisen zu unternehmen. Dies darf aber nicht zum Nachteil der Dok-
torandinnen und Doktoranden sein und zur Verzögerung ihrer Arbeit führen. Es
sollte daher für Doktorandinnen und Doktoranden ein bundesweiter Zugang zu
Hochschuleinrichtungen und ihrer Infrastruktur (Bibliotheken, Internet) ge-
währleistet werden.

Zu 2
a) Die korporationsrechtliche Gleichstellung der neuen Juniorprofessorinnen

und Juniorprofessoren mit den Professorinnen und Professoren darf nicht
durch neue Differenzierungen innerhalb einer einheitlichen Mitglieder-
gruppe der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer entwertet werden.
Schon gar keinen Grund gibt es für eine Differenzierung der Mitwirkung in-
nerhalb der anderen Mitgliedergruppen. Durch die Einhaltung des Homo-
genitätsprinzips ist gewährleistet, dass die Gruppen in einer mit dem Grund-
gesetz zu vereinbarenden Weise zusammengesetzt sind.

b) Der Gesetzgeber strebt mit dem neuen § 21 einen bundeseinheitlichen Sta-
tus für Doktorandinnen und Doktoranden an. Daher sollte auch eine bundes-
einheitliche Zuordnung zu einer Mitgliedergruppe erfolgen. Nach Tätigkeit
und Qualifikation sind die Doktorandinnen und Doktoranden der Gruppe der
akademischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zuzuordnen.

Zu 3
Der Gesetzentwurf sieht zwar die Habilitation als Einstellungsvoraussetzung
für Professorinnen und Professoren nicht mehr vor, verzichtet aber, anders als
im Konzept „Hochschuldienstrechts für das 21. Jahrhundert“ des Bundesminis-
teriums für Bildung und Forschung (BMBF) vom September 2000 vorgesehen,
auf eine Abschaffung des Habilitationsrechts der Universitäten. Es wird vorge-
schrieben, dass die für eine Berufung verlangten zusätzlichen wissenschaft-
lichen Leistungen „in der Regel“ im Rahmen einer Juniorprofessur erbracht
werden. In jedem Fall „sollen“ sie, auch soweit sie nicht im Rahmen einer Juni-
orprofessur erbracht werden, nicht Gegenstand eines Prüfungsverfahrens sein.
Diese Normen stellen in der Tat eine weitgehende Entwertung der Habilitation
für die Hochschullehrerlaufbahn dar. Allerdings können sie nicht verbindlich
ausschließen, dass nach Maßgabe entsprechender landeshochschulrechtlicher
Ausgestaltung an Universitäten von Juniorprofessorinnen und Juniorprofesso-
ren weiterhin stillschweigend erwartet wird, dass sie sich zusätzlich habilitie-
ren. Die Abhängigkeit der Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaft-
ler von ihren akademischen Lehrerinnen und Lehrern bliebe unter diesen
Umständen bestehen. Diesem Problem sollte durch eine verbindliche und bun-
deseinheitliche Abschaffung der Habilitation abgeholfen werden.
Zur weiteren Begründung wird auf das BMBF-Konzept vom 21. September
2000 verwiesen (S. 12 f.), der sich die Antragstellerinnen und Antragsteller an-
schließen:
„Über den Wegfall der Habilitation als Einstellungsvoraussetzung für Professo-
ren hinaus stellt sich die Frage der Abschaffung des Habilitationsrechts, um zu
verhindern, dass in Berufungsverfahren in den traditionellen Habilitationsfä-
chern nur habilitierte Bewerber auf Berufungslistenplätze gesetzt werden und
damit die Habilitation in den betreffenden Fächern de facto Einstellungsvoraus-
setzung bleibt.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/7394

Bei Beibehaltung des Habilitationsrechtes würde ein Fehler wiederholt werden,
der bereits mit dem Hochschulrahmengesetz von 1976 begangen wurde. Da-
mals wurde der zu selbständiger Forschung und Lehre berechtigte Hochschul-
assistent geschaffen, ohne die Habilitation aufzugeben. In der Praxis wurde die
gesetzliche Regelung dadurch unterlaufen, dass nur wenige Hochschulassisten-
ten berufen wurden und der Hochschullehrernachwuchs überwiegend aus den
abhängig Beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeitern gewonnen wurde, die
sich habilitiert hatten.
Die wesentlichen Ziele der Reform – frühere Selbständigkeit und Unabhängig-
keit des wissenschaftlichen Nachwuchses, Erhöhung des Frauenanteils in der
Professorenschaft und internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Per-
sonalstruktur – würden bei Beibehaltung der Habilitation gefährdet.
Zur Sicherung des Erfolges der Reformbemühungen muss daher das Habilita-
tionsrecht abgeschafft werden. Vorhandene Habilitanden können das Habilita-
tionsverfahren zu Ende führen.“

Zu 4
Zwar enthält der Gesetzentwurf der Bundesregierung keine unmittelbaren Al-
tersgrenzen für Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren, aber es wird ver-
langt, dass deren vorausgegangene Promotions- und Beschäftigungsphase (als
wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder wissenschaftliche
Hilfskräfte) zusammen nicht mehr als 6 Jahre (in der Medizin: 9 Jahre) betra-
gen sollen. Der in der Anhörung des Bundestagsausschusses für Bildung und
Forschung am 24. September gegebenen Einschätzung der Bundeskonferenzen
der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen und Forschungs-
einrichtungen (BuKoF), dass es sich dabei um „indirekte Altersgrenzen“ han-
delt, ist zuzustimmen.
Der Zugang zu Juniorprofessuren darf aber weder durch direkte noch durch in-
direkte Altersgrenzen beschränkt werden. Andernfalls würden Wissenschaft-
lerinnen und Wissenschaftler mit kreativen biografischen Umwegen außerhalb
der Wissenschaftslaufbahn sowie speziell Frauen, die nach wie vor überwie-
gend die mit Familiengründung und Kindererziehung verbundenen Lasten tra-
gen, strukturell diskriminiert. Auf den vorgesehenen § 47 Satz 4 ist daher zu
verzichten.

Zu 5
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, dass Juniorprofessorinnen
und Juniorprofessoren als Beamtinnen und Beamte auf Zeit beschäftigt werden.
Die Begründung eines Angestelltenverhältnisses ist zwar ebenfalls möglich,
aber rechtssystematisch erscheint diese Möglichkeit eher als Ausnahmefall.
Dies stellt, ebenso wie die gegenwärtige Beschäftigung von wissenschaftlichen
Assistentinnen und Assistenten als Beamtinnen und Beamte auf Zeit, einen
Missbrauch dieses Instruments dar, das ursprünglich für die Beschäftigung von
politischen Wahlbeamtinnen und -beamten, z. B. in den Kommunen, vorgese-
hen war. Nach Ablauf ihrer Beschäftigungsdauer drohen Juniorprofessorinnen
und Juniorprofessoren ebenso wie derzeit wissenschaftliche Assistentinnen und
Assistenten durch die Maschen des sozialen Netzes zu fallen, da sie keine sozi-
alversicherungsrechtlichen Ansprüche erworben haben. Darüber hinaus wider-
spricht die rahmenrechtliche Vorgabe dem Anspruch der Bundesregierung, den
Ländern zu überlassen, ob sie Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer als
Beamtinnen und Beamte oder als Angestellte beschäftigen. Den Ländern ist da-
her in § 48 Abs. 1 die Möglichkeit zu geben, Juniorprofessorinnen und Junior-
professoren als Angestellte zu beschäftigen. Als Folgeänderung kann § 48
Abs. 3 des Gesetzentwurfs entfallen.

Drucksache 14/7394 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht außerdem nach drei Jahren eine
Zwischenevaluierung der Tätigkeit der Juniorprofessorinnen und Juniorprofes-
soren vor, von der die Verlängerung des Beschäftigungsverhältnisses abhängig
gemacht wird. Diese Zwischenevaluierung, die bereits nach zwei Jahren begin-
nen müsste, bringt neue Abhängigkeiten und eine Überlastung der Juniorpro-
fessorinnen und Juniorprofessoren mit sich, da sie sich am Ende ihrer Tätigkeit
einer abermaligen Bewertung ihrer Tätigkeit stellen müssen, von welcher der
Übergang auf eine Professur abhängt. Zudem sind neue Abhängigkeiten zu be-
fürchten, die mit der Schaffung der Juniorprofessur vermieden werden sollten.
Von der Zwischenevaluierung soll daher abgesehen werden und von Anfang an
eine Beschäftigung im Umfang von sechs Jahren vorgesehen werden.
Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene Ausgestaltung der Ju-
niorprofessur bleibt hinter weiter gehenden Forderungen zurück, die darauf
abzielen, bereits nach dem entscheidenden wissenschaftlichen Qualifikations-
nachweis der Promotion eine Entscheidung über einen grundsätzlich dauer-
haften Verbleib an den Hochschulen vorzusehen: Weiterhin sollen promovierte
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über einen Zeitraum von sechs
Jahren, d. h. in der Regel weit ins vierte Lebensjahrzehnt hinein, in Ungewiss-
heit über ihre beruflichen Perspektiven gehalten werden. Es ist also auch in
Zukunft durchaus möglich, dass auch hochqualifizierte Juniorprofessorinnen
und -professoren wieder aus dem Wissenschaftssystem ausscheiden müssen
und sich in derselben Weise wie heute große Teile des habilitierten Hochschul-
lehrernachwuchses in einer beruflichen Sackgasse wiederfinden.
Durch die Neufassung von § 48 Abs. 2 HRG sollen daher die Grundlagen für
ein „tenure-track“-System nach angelsächsischem Vorbild geschaffen werden.
Das „tenure-track“-System ermöglicht es geeigneten Personen, auf der Grund-
lage eines Begutachtungsverfahrens an derselben Institution auf Dauer be-
schäftigt zu werden, an der die vorhergehende Qualifikationsstufe besetzt
wurde. Kommt es zu keiner Berufung oder Übernahme auf eine Professur, sind
die positiv evaluierten Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren als wissen-
schaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter zu beschäftigen.
Mangelnde Planbarkeit der wissenschaftlichen Karriere ist ein wesentliches
Hindernis, das in besonderem Maße Frauen vor dem Weg zu einer Hochschul-
professur zurückschrecken lässt. Da Frauen häufiger als Männer die private Le-
benssituation in ihre Lebensplanung einbeziehen müssen, wirken sich soziale
Unsicherheit, zeitliche Unüberschaubarkeit und hohes berufliches Risiko der
bisherigen wissenschaftlichen Qualifizierung für sie gravierender aus. Auch
mit der neuen Juniorprofessur besteht weiterhin ein hohes berufliches Risiko,
nach Ablauf der Tätigkeit auf einer Juniorprofessur keine Berufung auf eine
Lebenszeitprofessur erhalten zu haben und damit im Alter von ca. 40 Jahren
hochqualifiziert, aber erwerbslos zu sein. Das „tenure-track“-System ist ein
brauchbares Instrument, um eine wissenschaftliche Karriere planbar zu
machen. Zugleich würde mit einem „tenure-track“-System dem Weggang ins
Ausland gerade von hochqualifizierten Nachwuchswissenschaftlerinnen und
-wissenschaftlern begegnet, die am deutschen Wissenschaftssystem u. a. auch
die mangelnde Planbarkeit von wissenschaftlichen Karrieren kritisieren.
Ein „Nadelöhr“ nach der Promotion und bei der Auswahl für die entscheiden-
den Nachwuchsstellen, die zu einer Professur führen, erscheint im Interesse so-
wohl eines wissenschaftsadäquaten und ökonomischen Umgangs mit personel-
len Ressourcen als auch der inviduellen Lebensplanung sinnvoller, als ein
Ausscheiden von hoch qualifizierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-
lern erst im Alter von ca. 40 Jahren.
§ 48 Abs. 3 entspricht § 48 Abs. 2 des Gesetzentwurfs.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 7 – Drucksache 14/7394

Zu 6
Die erheblichen Leistungssteigerungen der Hochschulen trotz stagnierender fi-
nanzieller Ausstattung sind nur möglich gewesen, weil inzwischen über 50 %
der Leistungen in Lehre und Forschung von wissenschaftlichen Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeitern erbracht werden. Ein Gesetz, dass die Leistungsfähigkeit
der deutschen Hochschulen im internationalen Vergleich anheben soll, sollte
die selbständige und eigenverantwortliche Erbringung wissenschaftlicher
Dienstleistungen als den Sollzustand definieren.

Zu 7
Die Bundesregierung missachtet nach wie vor das Grundrecht der Tarifautono-
mie im Wissenschaftsbereich: Die Arbeitsbedingungen des wissenschaftlichen
Personals in Bezug auf die Befristung von Arbeitsverträgen werden nicht tarif-
vertraglich geregelt, sondern einseitig staatlich oktroyiert. Der Regelungsbe-
reich, der den Tarifpartnern in § 57a Abs. 3 zugestanden werden soll, betrifft
nur einen kleinen isolierten Teilaspekt des gesamten Regelungsbereichs.
Die §§ 57a bis 57f, deren Aufnahme ins Hochschulrahmengesetz 1985 äußerst
umstritten war und bis heute geblieben ist, können daher auch in der vom Ge-
setzentwurf vorgesehenen modifizierten Form nur unter den Umständen erhal-
ten bleiben, dass eine uneingeschränkte Öffnung der Tarifsperre normiert wird,
die die Tarifpartner zur Verabredung abweichender Tarifverträge ermächtigt.

Zu 8
Mit dieser Übergangsregelungen wird im Hinblick auf die in Nummer 3 vorge-
sehene Abschaffung der Habilitation den berechtigten Interessen jetziger Habi-
litandinnen und Habilitanden Rechnung getragen.

Zu II
Die Forderung nach Schaffung eines Doktorandenstatus im Hochschulrahmen-
gesetz zielte ursprünglich auf eine Absicherung der Promovierenden im Krank-
heitsfall ab. Im vorliegenden Gesetzentwurf fehlt jedoch eine entsprechende
Regelung. Es wird daher die Einbeziehung der Doktorandinnen und Doktoran-
den in den Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung beantragt. Die Not-
wendigkeit der Absicherung von Promovierenden gegen Erkrankungen ist all-
gemein anerkannt.
Es wird daher eine Ergänzung in § 5 SGB V vorgeschlagen, die subsidiär (§ 5
Abs. 7 und § 10 Abs. 1 Nr. 2 SGB V) und zeitlich befristet Krankenversiche-
rungsschutz bietet. Systematisch bietet sich eine begriffliche Gleichstellung der
Doktorandinnen und Doktoranden mit den Studenten im Sinne des SGB V an,
um Folgeänderungen zu vermeiden. Soweit eine Promotion vor dem Hoch-
schulabschluss betrieben wird, bleibt es bei der Anwendung von § 5 Abs. 1
Nr. 9 SGB V.

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