BT-Drucksache 14/7204

Aufnahme von Flüchtlingen aus Afghanistan

Vom 17. Oktober 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/7204
14. Wahlperiode 17. 10. 2001

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Aufnahme von Flüchtlingen aus Afghanistan

Der Rat der Europäischen Union (Inneres und Justiz) hat auf seiner Sitzung am
20. September 2001 in Nr. 30 der Schlussfolgerungen (Ratsdokument SN 3926/
6/01 REV 6) beschlossen, unverzüglich die Anwendung des Systems des „vor-
übergehenden Schutzes“ für Flüchtlinge aus Afghanistan und der Nachbar-
region prüfen zu lassen. Nach Artikel 5 Abs. 2 der Richtlinie 2001/55/EG des
Rates vom 20. Juli 2001 (ABlEG Nr. L 212 vom 07/08/2001 S. 12) kann der
vorübergehende Schutz eingeleitet werden, wenn dies in Anbetracht der Situa-
tion, des Umfangs der Bevölkerungsbewegungen, der Zweckmäßigkeit an-
gesichts möglicher Soforthilfemaßnahmen und Maßnahmen vor Ort bzw.
angesichts der Tatsache, dass diese nicht ausreichen, gerechtfertigt ist. Nach
Artikel 5 Abs. 3 können gegebenenfalls die Bestimmungen der Geschäfts-
ordnung des Rates für Notfälle zur Anwendung kommen. Im innerdeutschen
Recht ist für solche Fälle § 32a Ausländergesetz (AuslG) anwendbar.
Die genannten Voraussetzungen sind im Fall der Menschen aus Afghanistan,
die vor den Bombardements fliehen, erfüllt: Die Lage der Zivilbevölkerung in
Afghanistan ist katastrophal. Besonders trifft dies für die Flüchtlinge zu, die
vor den Bomben der USA und Großbritanniens die Städte und Dörfer verlassen
haben und nun in der Region umherirren. Die Nachbarländer schließen ihre
Grenzen, und die Flüchtlingslager sind hoffnungslos überfüllt. Es gibt Berichte
über Hunger, Krankheiten, Todesfälle.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Bundesregierung:
1.

a) Wie steht die Bundesregierung zu der Forderung, sofort Flüchtlinge aus
Afghanistan in der Europäischen Union und in Deutschland unter An-
wendung der in der Einleitung genannten Richtlinie bzw. des § 32a
AuslG aufzunehmen, nicht zuletzt um auch die Nachbarstaaten und die
überfüllten Flüchtlingslager zu entlasten?
Wenn die Bundesregierung hierfür keine Notwendigkeit sieht, warum
nicht?

b) Wird die Bundesregierung entsprechende Schritte innerhalb der Europäi-
schen Union unternehmen, um rasch einen Ratsbeschluss im Sinne der
genannten Richtlinie herbeizuführen und erforderlichenfalls das Ent-
scheidungsprozedere zu beschleunigen?
Wenn ja, welche Schritte hat die Bundesregierung bereits unternommen,
und mit welchen weiteren Schritten ist wann zu rechnen?
Wenn nein, warum nicht?

Drucksache 14/7204 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
c) Wird die Bundesregierung entsprechende Schritte unternehmen, um mit
den Ländern kurzfristig eine Einigung im Sinne des § 32a Abs. 1 Satz 1
AuslG herbeizuführen?
Wenn ja, welche Schritte hat die Bundesregierung bereits unternommen,
und mit welchen weiteren Schritten ist wann zu rechnen?
Wenn nein, warum nicht?

2. Wird die Bundesregierung Schritte unternehmen, um die Nachbarstaaten
Afghanistans dazu zu bringen, ihre Grenzen für die Flüchtlinge zu öffnen
und der sich aus internationalem Recht (Flüchtlingskonvention und Men-
schenrechtspakten) ergebenden unmittelbaren Pflicht eines jeden Staates,
Not leidenden Menschen zumindest vorübergehend Schutz und Aufnahme
zu gewähren, zu entsprechen?
Wenn ja, welche Schritte hat die Bundesregierung bereits unternommen,
und mit welchen weiteren Schritten ist wann zu rechnen?
Wenn nein, warum nicht?

3. Wird die Bundesregierung die freiwilligen Leistungen an das Flüchtlings-
hilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) erhöhen, um die massive Un-
terfinanzierung des UNHCR, die Presseberichten zufolge dazu führt, dass
weltweit durchschnittlich nur 40 US-Dollar pro Jahr und Flüchtling zur Ver-
fügung stehen, sofort zu beenden?
Wenn ja, in welchem Umfang werden die Leistungen erhöht?
Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 17. Oktober 2001
Ulla Jelpke
Roland Claus und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.