BT-Drucksache 14/719

Satzungsänderung bei der Strahlenschutzkommission (SSK) und bei der Reaktorsicherheitskommission (RSK) und Neubesetzungen, auch beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS)

Vom 31. März 1999


Deutscher Bundestag: Drucksache 14/719 vom 31.03.1999

Kleine Anfrage der Fraktion der F.D.P. Satzungsänderung bei der
Strahlenschutzkommission und bei der Reaktorsicherheitskommission und
Neubesetzungen, auch beim Bundesamt für Strahlenschutz =

31.03.1999 - 719

14/719

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgit Homburger, Ulrike Flach und der Fraktion der
F.D.P.
Satzungsänderung bei der Strahlenschutzkommission und bei der
Reaktorsicherheitskommission und Neubesetzungen, auch beim Bundesamt
für Strahlenschutz

Die gemeinsame Satzung der Reaktorsicherheitskommission und der
Strahlenschutzkommission vom 29. Januar 1990 wurde durch zwei neue
Satzungen am 22. Dezember 1998 abgelöst. Die Mitgliederstärke der
Kommissionen wurde reduziert, die Veröffentlichungspflicht für
Empfehlungen der Kommissionen ist in eine "Kannbestimmung" umgewandelt
worden, und der Fachgebietekatalog der Kommissionen wurde geändert.
Ferner wurden die Kommissionen vom Bundesminister für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit, Jürgen Trittin, neu besetzt. Die
Befürchtung eines Eingriffs in die wissenschaftliche Arbeit im
allgemeinen und die Arbeit der Kommissionen insbesondere wächst. Die
Befürchtung wird verstärkt, wenn man den Blick auf die Änderung der
Veröffentlichungspflicht in eine "Kannbestimmung" richtet. In diesem
Zusammenhang hat Erwin Lindauer, früheres Mitglied der
Reaktorsicherheitskommission, gegenüber der FAZ vom 15. März 1999
geäußert, daß die Strahlenschutzkommission nur noch als ein Instrument
des Ausstiegs zu verstehen sei. Aus internationalen Fachkreisen ist
schon jetzt zu hören, daß Deutschland das bisherige hohe Ansehen im
Bereich des Strahlenschutzes und der Reaktorsicherheit sehr rasch zu
verlieren droht. Dies wundert nicht, denn Bundesminister Jürgen Trittin
hat zum Präsidenten des Bundesamtes für Strahlenschutz einen
Fachfremden, Diplom-Ingenieur für Architektur und Städtebau, Wolfram
König, ernannt. Mit der Benennung eines Fachfremden zum Präsidenten
eines so wichtigen Amtes wie des Bundesamtes für Strahlenschutz wird
das Vertrauen in diese Einrichtung nachhaltig gestört. Ruft man sich
den von Bundesminister Jürgen Trittin angeordneten Löschungsauftrag von
Publikationen im Internet an das Bundesamt für Strahlenschutz in
Erinnerung, so wirkt dies im Zusammenhang mit den
Personalentscheidungen verstärkend in Richtung Vertrauensverlust.
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Aufgaben haben aus Sicht der Bundesregierung die
Kommissionen für Reaktorsicherheit und Strahlenschutz?
2. Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß -- solange
Kernkraftwerke zur Stromversorgung in Deutschland genutzt werden --
Sicherheitsfragen im Vordergrund stehen und die höchstmögliche
Sicherheit für Kernkraftwerke gewährleistet werden muß?
3. Hält es die Bundesregierung für nötig, dabei von unabhängigen und
kompetenten Wissenschaftlern und Fachgremien beraten zu werden?
4. Zählt die Bundesregierung die Reaktorsicherheitskommission und die
Strahlenschutzkommission zu diesen Fachgremien?
5. Warum wurde in den Satzungen eine Reduzierung der Mitglieder der
Kommissionen vorgenommen?
6. Was waren die Beweggründe, eine satzungsmäßige Gewichteverlagerung
zwischen den Kommissionen, durch die unterschiedliche Reduzierung der
Zahl der Mitglieder, vorzunehmen?
7. Warum wurde die Veröffentlichungspflicht, die die alte Satzung in
§ 11 Abs. 3 für die Empfehlungen der Kommission durch den Bundeminister
Jürgen Trittin im Bundesanzeiger statuierte, gestrichen und durch
folgende "Kannbestimmung" ersetzt: "Die Empfehlungen und Stellungnahmen
der Kommission werden mit den Begründungen den Länderbehörden zur
Kenntnis gegeben und auf Anfrage zur Verfügung gestellt. Das
Bundesministerium kann sie im Bundesanzeiger veröffentlichen."?
8. Welche Gründe gibt es dafür, daß die Bundesregierung eine
vollständige Veröffentlichung vermeidet?
9. Wie will die Bundesregierung die umfassende und unabhängige
Information der Öffentlichkeit zukünftig gewährleisten?
10. Hat der neu eingeführte § 17 der neuen Satzungen, der die
Erstellung eines jährlichen Tätigkeitsberichtes vorsieht, zur Folge,
daß zukünftig nur noch dieser Bericht veröffentlicht wird?
11. Warum wurde in der Satzung der Reaktorsicherheitskommission die
Benennung der Fachgebiete, die in der Kommission vertreten sein sollen,
gestrichen und ersetzt durch die Formulierung: "Um eine ausgewogene
Beratung sicherzustellen, soll die Reaktorsicherheitskommission so
besetzt sein, daß die gesamte Bandbreite der nach dem Stand der
Wissenschaft und Technik vertretbaren Anschauungen repräsentiert ist."?
12. Sind die bisher in der Reaktorsicherheitskommission durch
Wissenschaftler vertretenen Fachgebiete auch nach der Neufassung der
Satzung alle wieder vertreten, und wenn nein, warum nicht?
13. Warum wurde im Gegensatz dazu bei der Strahlenschutzkommission die
Liste der Fachgebiete beibehalten?
14. Warum wurden bei der Kommission für Strahlenschutz die angegebenen
Fachgebiete von elf auf sieben Fachgebiete gekürzt?
15. Warum wurden die Fachgebiete erheblich verändert und folgende
Fachgebiete in der Satzung der Strahlenschutzkommission ganz
gestrichen: Biophysik, Radiochemie, Radiologie und Nuklearmedizin,
Strahlengenetik, Strahlenphysik und Strahlenmeßtechnik?
16. Warum wurden folgende Fachgebiete neu aufgenommen: Strahlenrisiko
und Notfallschutz, und warum wurde die Strahlenschutzmedizin durch die
Strahlenmedizin ersetzt?
17. Nach welchen Kriterien wurden die Mitglieder der Kommissionen
ausgewählt?
18. Kann mit der Reduzierung der Mitglieder, der Neuzusammensetzung
und der Abschaffung der Fachgebietszuordnungen eine unabhängige und
fachlich fundierte Beratung bei der Reaktorsicherheit gewährleistet
werden?
19. Aus welchen Gründen traut die Bundesregierung Dipl.-Ing. Wolfram
König zu, eine Bundesoberbehörde mit knapp 670 Mitarbeitern an neun
verschiedenen Standorten zu leiten, obwohl er keine berufliche und
wissenschaftliche Ausbildung im Strahlenschutz und auf diesem
Fachgebiet keine anerkannte Kompetenz besitzt?
20. Hat die Bundesregierung bedacht, daß es bei der Besetzung dieser
Präsidentenstelle nicht um die Untermauerung des Ausstiegs aus der
Kernenergie geht, sondern darum, eine kompetente Beratung in Fragen des
Strahlenschutzes sicherzustellen?
Bonn, den 31. März 1999
Birgit Homburger
Ulrike Flach
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

31.03.1999 nnnn

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