BT-Drucksache 14/7174

a) GE Brandt-Elsweiler, Riemann-Hanewinckel, Meyer (Ulm) weiterer Abg. SPD, sowie der Abg. Schewe-Gerigk, Beck (Köln), Altmann (Aurich), weiterer Abg. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -14/5958- Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der rechtlichen und sozialen Situation der Prostituierten b) GE der Abg. Schenk, Kenzler, Jelpke, weiterer Abg. PDS -14/4456- Entw. eines Ges. zur beruflichen Gleichstellung von Prostituierten und anderer sexuell Dienstleistender

Vom 17. Oktober 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/7174
14. Wahlperiode 17. 10. 2001

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Anni Brandt-Elsweier, Christel
Riemann-Hanewinckel, Dr. Jürgen Meyer (Ulm), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Volker
Beck (Köln), Gila Altmann (Aurich), weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 14/5958 –

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der rechtlichen und sozialen
Situation der Prostituierten

b) zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Christina Schenk, Dr. Evelyn
Kenzler, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS
– Drucksache 14/4456 –

Entwurf eines Gesetzes zur beruflichen Gleichstellung von Prostituierten und
anderer sexuell Dienstleistender

A. Problem
a) In Deutschland gehen ca. 400 000 Personen – überwiegend Frauen – der

Prostitution nach. Diese ist zwar rechtlich keine verbotene Tätigkeit, die
Vereinbarungen zwischen Prostituierten und ihren Kunden gelten jedoch als
sittenwidrig und damit nach § 138 BGB als nichtig und sind somit auch nicht
juristisch durchsetzbar. Prostituierte haben keinen Zugang zur gesetzlichen
Krankenversicherung und Arbeitslosenversicherung und in der Regel auch
nicht zur Rentenversicherung. Strafrechtlich führt das Herstellen günstiger
Arbeitsbedingungen für Prostituierte bislang zur Erfüllung des Tatbestandes
der Förderung der Prostitution nach § 180a StGB. Der Entwurf will diese
Benachteiligungen aufheben und einen durchsetzbaren zivilrechtlichen
Anspruch für die Prostituierten schaffen, einen Zugang zu den gesetzlichen
Sozialversicherungssystemen eröffnen und die erleichterte Schaffung eines
angemessenen Arbeitsumfeldes durch Änderung des StGB ermöglichen.

b) Der Gesetzentwurf soll die Diskriminierung der Personen beseitigen, die
sexuelle Dienstleistungen erbringen. Prostitution soll in das Dienstvertrags-

Drucksache 14/7174 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

recht des BGB eingeordnet werden. Mit dieser Einordnung werde verdeut-
licht, dass der Gesetzgeber die Verträge über sexuelle Dienstleistungen – die-
ser Begriff wird als Oberbegriff für Leistungen mit und ohne körperlichen
Kontakt verwendet – nicht für sittenwidrig hält. Im Strafrecht sollen die Tat-
bestände der Förderung der Prostitution und der Zuhälterei gestrichen wer-
den. Die bislang verbotene Werbung soll erlaubt sein. Weitere Änderungen
arbeitsrechtlicher Art folgen aus der bisher nicht vorgenommenen Anerken-
nung als Beruf.

B. Lösung
Zu a)
Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 14/5958 in der aufgrund der
Ausschussberatungen geänderten Fassung mit den Stimmen der Frak-
tionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und einer Stimme der PDS
gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU und einer Enthaltung der
Fraktion der PDS gefasst.
Annahme eines Entschließungsantrages der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und PDS gegen die Stimmen der Frak-
tion der CDU/CSU gefasst.
Annahme eines Entschließungsantrages der Fraktion der FDP mit den
Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und
PDS gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU gefasst.
Zu b)
Ablehnung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 14/4456 mit den Stimmen
der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU/CSU und FDP
gegen die Stimmen der Fraktion der PDS gefasst.

C. Alternativen
Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 14/4456 und Ablehnung des
Gesetzentwurfs auf Drucksache 14/5958.

D. Kosten
zu a)
Nach den Angaben des Gesetzentwurfs entstehen für Bund und Länder keine
Mehrkosten.
Zu b)
Der Gesetzentwurf geht davon aus, dass es Einsparungen im Zusammenhang
mit entfallenden Strafverfahren und Mehreinnahmen durch Lohnsteueraufkom-
men geben wird.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/7174

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
1. den Gesetzentwurf auf Drucksache 14/5958 in der aus der anliegenden

Zusammenstellung ersichtlichen Fassung anzunehmen;
2. folgende Entschließung anzunehmen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. über die Auswirkungen der neuen Rechtslage auf Grund dieses Gesetzes

nach Ablauf von 3 Jahren zu berichten;
2. imBenehmenmit denBundesländern zu überprüfen, inwieweit die §§ 119,

120 Ordnungswidrigkeitengesetz im Lichte der Abschaffung der Sitten-
widrigkeit der Prostitution notwendig sind;

3. den Gesetzentwurf auf Drucksache 14/4456 abzulehnen.

Berlin, den 17. Oktober 2001

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Christel Riemann-Hanewinckel
Vorsitzender

Ilse Falk
Berichterstatterin

Irmingard Schewe-Gerigk
Berichterstatterin

Anni Brandt-Elsweier
Berichterstatterin

Ina Lenke
Berichterstatterin

Christina Schenk
Berichterstatterin

Drucksache 14/7174 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

En twu r f


Be s c h l ü s s e d e s 1 3 . Au s s c h u s s e s


Zusammenstellung
des Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der rechtlichen und
sozialen Situation der Prostituierten
– Drucksache 14/5958 –
mit den Beschlüssen des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (13. Ausschuss)

Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der
Rechtsverhältnisse von Prostituierten

(Prostitutionsgesetz – ProstG)
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse von
Prostituierten (Prostitutionsgesetz – ProstG)

§ 1
u n v e r ä n d e r t

§ 2
u n v e r ä n d e r t

§ 3
Bei Prostituierten steht das eingeschränkte Weisungs-

recht im Rahmen einer abhängigen Tätigkeit der An-
nahme einer Beschäftigung im Sinne des Sozialversiche-
rungsrechts nicht entgegen.

Artikel 2
Änderung des Strafgesetzbuches (StGB)

Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung
vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geän-
dert durch …, wird wie folgt geändert:
1. In der Inhaltsübersicht werden die Angaben zu

§ 180a wie folgt gefasst : „180a Ausbeutung von Pros-
tituierten“

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der
rechtlichen und sozialen Situation der

Prostituierten
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

§ 1
Sind sexuelle Handlungen gegen ein vorher vereinbartes

Entgelt vorgenommen worden, so begründet diese Verein-
barung eine rechtswirksame Forderung. Das Gleiche gilt,
wenn sich eine Person, insbesondere im Rahmen eines
Beschäftigungsverhältnisses, für die Erbringung derartiger
Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt für eine
bestimmte Zeitdauer bereithält.

§ 2
Die Forderung kann nicht abgetreten und nur im eigenen

Namen geltend gemacht werden. Gegen eine Forderung
gemäß § 1 Satz 1 kann nur die vollständige, gegen eine
Forderung nach § 1 Satz 2 auch die teilweise Nichterfül-
lung, soweit sie die vereinbarte Zeitdauer betrifft, einge-
wendet werden. Weitere Einwendungen oder Einreden sind
ausgeschlossen.

Artikel 2
Änderung des Strafgesetzbuches (StGB)

Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntma-
chung vom 10. März 1987 (BGBl. I S. 945), zuletzt geän-
dert durch …, wird wie folgt geändert:

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/7174

En twu r f B e s c h l ü s s e d e s 1 3 . Au s s c h u s s e s
2. § 180a wird wie folgt geändert:
2.1 u n v e r ä n d e r t

2.2 Absatz 1 wird wie folgt geändert:
a) Die Angabe „1.“ wird gestrichen.
b) Nach den Wörtern „in persönlicher oder wirt-

schaftlicher Abhängigkeit gehalten werden“ wird
das Wort „oder“ durch ein Komma ersetzt.

c) Nummer 2 wird aufgehoben.
3. § 181a wird wie folgt neu gefasst:

„Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit
Geldstrafe wird bestraft, wer die persönliche oder
wirtschaftliche Bewegungsfreiheit einer anderen Per-
son dadurch beeinträchtigt, dass er gewerbsmäßig
die Prostitutionsausübung der anderen Person durch
Vermittlung sexuellen Verkehrs fördert und im Hin-
blick darauf Beziehungen zu ihr unterhält, die über
den Einzelfall hinausgehen.“

Artikel 3
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2002 in Kraft.

§ 180a
Die Überschrift wird wie folgt gefasst: „Ausbeutung von

Prostituierten“.
Absatz 1 Ziffer 2 wird ersatzlos gestrichen.

Artikel 3
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am … in Kraft.

Drucksache 14/7174 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Ilse Falk, Irmingard Schewe-Gerigk, Anni Brandt-
Elsweier, Ina Lenke und Christina Schenk

A. Allgemeiner Teil
I. Überweisung
a) Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN auf Drucksache 14/5958
Der Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN – Drucksache 14/5958 – wurde in der 168.
Sitzung des Deutschen Bundestages am 11. Mai 2001 an
den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
zur federführenden Beratung und an den Innenausschuss,
den Rechtsausschuss, den Ausschuss für Arbeit und Sozial-
ordnung und den Ausschuss für Gesundheit zur Mitbera-
tung überwiesen.
b) Gesetzentwurf der Fraktion der PDS auf Drucksache

14/4456
Der Gesetzentwurf der Fraktion der PDS auf Drucksache
14/4456 wurde in der 143. Sitzung des Deutschen Bundes-
tages am 18. Januar 2001 an den Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend zur federführenden Beratung
und an den Rechtsausschuss, den Ausschuss für Arbeit und
Sozialordnung und den Ausschuss für Gesundheit zur Mit-
beratung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen
a) Gesetzentwurf auf Drucksache 14/5958
Der Gesetzentwurf soll die Benachteiligung von Prostituier-
ten beseitigen. Dies erfolgt durch die Klarstellung, dass das
Entgelt für die Dienste der Prostituierten wirksam verein-
bart werden kann. Bislang wurden die Vereinbarungen, die
Prostituierte mit ihren Kunden treffen, nach überwiegender
Rechtsprechung als sittenwidrig und damit nach § 138 BGB
als nichtig angesehen. Damit war Prostituierten auch die
gerichtliche Durchsetzung von Ansprüchen nicht möglich.
Den Prostituierten soll zudem der Zugang zu den Sozialver-
sicherungssystemen ermöglicht werden. Das geltende Straf-
recht sanktioniert bereits die Schaffung günstiger Arbeits-
bedingungen als Förderung der Prostitution, was durch den
Entwurf geändert werden soll.
b) Gesetzentwurf auf Drucksache 14/4456
Der vorliegende Gesetzentwurf will die rechtliche Diskrimi-
nierung von Personen, die sexuelle Dienstleistungen erbrin-
gen, beseitigen. Er enthält insbesondere Änderungen im
Bereich des Zivilrechts und des Strafrechts. Mit der zivil-
rechtlichen Einordnung der Vereinbarungen Prostituierte/
Kunde unter das Dienstvertragsrecht soll klargestellt wer-
den, dass der Gesetzgeber die Verträge nicht für sittenwidrig
hält. Der Entwurf lässt die Strafvorschriften, die dem Min-
derjährigenschutz dienen, unberührt. Eine Änderung des
Ordnungswidrigkeitenrechts soll die bislang verbotene Wer-
bung für Prostitution ermöglichen. Im Ausländergesetz soll
§ 46 Nr. 3 (Ausweisung wegen Verstoßes gegen Vorschrif-
ten gegen Erwerbsunzucht) gestrichen werden.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

a) Gesetzentwurf auf Drucksache 14/5958
Der Innenausschuss hat die Vorlage in seiner 63. Sitzung
am 27. Juni 2001 beraten und mit den Stimmen der Fraktio-
nen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP bei
Stimmenthaltung der Fraktionen der CDU/CSU und PDS
die Annahme des Gesetzentwurfs empfohlen.
Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 100. Sitzung
am 17. Oktober 2001 beraten. Der Rechtsausschuss emp-
fiehlt mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN, FDP und einer Vertreterin der Fraktion der
PDS gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU bei
Enthaltung einer Vertreterin der Fraktion der PDS, den
Gesetzentwurf in der Fassung des Änderungsantrages der
Koalitionsfraktionen anzunehmen.
Der Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zu Arti-
kel 1 des Gesetzentwurfs (s. Anlage zum Bericht) wurde
gegen die Stimmen von drei Vertretern der Fraktion der
CDU/CSU mit den Stimmen der Fraktionen SPD, der ande-
ren Vertreter der Fraktionen CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, FDP und PDS abgelehnt.
Der Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zu
Artikel 2 des Gesetzentwurfs (s. Anlage zum Bericht)
wurde gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU mit
den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, FDP und PDS abgelehnt.
Der Entschließungsantrag der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS90/DIEGRÜNEN (Ausschussdrucksache 14/729
des Familienausschusses) wurde mit den Stimmen der Frak-
tionenSPD,BÜNDNIS90/DIEGRÜNEN,FDPundPDSge-
gen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU angenommen.
Der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung hat die Vor-
lage in seiner 104. Sitzung am 17. Oktober 2001 beraten. Der
Ausschuss empfiehlt mit den Stimmen der Mitglieder der
Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und
PDS gegen die Stimmen der Mitglieder der Fraktion der
CDU/CSU die Annahme des Gesetzentwurfs in der Fassung
des Änderungsantrages der Koalition. Der Ausschuss emp-
fiehlt außerdem die Annahme des Entschließungsantrages
der Koalition mit den Stimmen der Mitglieder der Frak-
tionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und PDS
gegen die Stimmen der Mitglieder der Fraktion der CDU/
CSU.
Der Ausschuss für Gesundheit hat die Vorlage in seiner
110. Sitzung am 17. Oktober beraten und empfohlen, den
Gesetzentwurf anzunehmen. Der Beschluss wurde mit den
Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
FDP und PDS gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/
CSU gefasst.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 7 – Drucksache 14/7174

b) Gesetzentwurf auf Drucksache 14/4456
Der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung hat die Vor-
lage in seiner 104. Sitzung am 17. Oktober 2001 beraten
und mit den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP gegen die Stimmen
der Fraktion der PDS empfohlen, den Gesetzentwurf ab-
zulehnen
DerRechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 100. Sitzung
am 17. Oktober 2001 beraten. Der Rechtsausschuss emp-
fiehlt mit den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP gegen die Stimmen
der Fraktion der PDS den Gesetzentwurf abzulehnen.
Der Ausschuss für Gesundheit hat die Vorlage in seiner
110. Sitzung am 17. Oktober 2001 beraten und empfohlen,
den Gesetzentwurf abzulehnen. Der Beschluss wurde mit
den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tion der PDS gefasst.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend

1. Anhörung
Der federführende Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend hat in seiner 64. Sitzung am 16. Mai
2001 die Durchführung einer öffentlichen Anhörung von
Sachverständigen zu den Gesetzentwürfen auf Drucksachen
14/5958 und 14/4456 beschlossen, die am 20. Juni 2001 als
69. Sitzung stattfand.
Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Wort-
protokoll der 69. Sitzung am 20. Juni 2001 und die als Aus-
schussdrucksache verteilten Stellungnahmen der Sachver-
ständigen verwiesen.
2. Abstimmungsergebnis
a) Gesetzentwurf auf Drucksache 14/5958
Der federführende Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend hat den Gesetzentwurf in seiner 76. Sitzung am
17. Oktober 2001 behandelt.
Der Ausschuss hat die Annahme des Gesetzentwurfs auf
Drucksache 14/5958 in der aus der vorstehend abgedruckten
Zusammenstellung ersichtlichen Fassung beschlossen.
Der Beschluss wurde mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und einer Stimme der
PDS gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU und
einer Enthaltung der Fraktion der PDS gefasst.
Der Ausschuss hat dabei mehrheitlich einen Änderungsan-
trag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Ausschussdrucksache 14/728 – angenommen.
Folgende wesentliche Änderungen sind dabei eingeflossen:
Es erfolgt eine Klarstellung, dass ein eingeschränktes Wei-
sungsrecht der Annahme eins Beschäftigungsverhältnisses
im Sinne des Sozialversicherungsrechts nicht entgegensteht.
Ferner wird klargestellt, dass die gewerbsmäßige Vermitt-
lung sexuellen Verkehrs nur dann strafbar ist, wenn sie die
persönliche oder wirtschaftliche Bewegungsfreiheit beein-
trächtigt.

Der Ausschuss hat ferner eine Entschließung der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN- Ausschussdruck-
sache 14/729 – angenommen, mit der die Bundesregierung
aufgefordert wird, über die Auswirkung der neuen Rechts-
lage nach drei Jahren zu berichten.
Der Beschluss wurde mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und PDS gegen die
Stimmen der Fraktion der CDU/CSU gefasst.
Außerdem hat der Ausschuss eine Entschließungsantrag der
Fraktion der FDP – Ausschussdrucksache 14/750 – ange-
nommen, mit der die Bundesregierung aufgefordert wird,
mit den Ländern zu prüfen, ob die §§ 119, 120 OwiG im
Lichte der Abschaffung der Sittenwidrigkeit notwendig
sind.
Der Beschluss wurde mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und PDS gegen die
Stimmen der Fraktion der CDU/CSU gefasst.
Keine Mehrheit im Ausschuss fanden die Anträge der Frak-
tion der CDU/CSU – Ausschussdrucksachen 14/747 und
14/748 – (s. Anlage zum Bericht), die mit den Stimmen der
Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und
PDS gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU abge-
lehnt wurden.
Ebenfalls keine Mehrheit fand ein Antrag der Fraktion der
FDP – Ausschussdrucksache 14/749 – (s. Anlage zum Be-
richt) der mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN und CDU/CSU gegen die Stimmen der
Fraktionen der FDP und PDS abgelehnt wurde.
b) Gesetzentwurf auf Drucksache 14/4456
Der Ausschuss hat beschlossen, den Gesetzentwurf auf
Drucksache 14/4456 abzulehnen.
Der Beschluss wurde mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktion der PDS gefasst.
3. Inhalt der Ausschussberatungen
Seitens der Fraktion der SPD wurde erklärt, dieser Gesetz-
entwurf bedeute einen Schritt nach vorn in der Geschichte
der Rechtspolitik und verfolge im Wesentlichen vier Ziele.
Zivilrechtlich solle die Prostituierte einen einklagbaren An-
spruch auf das Entgelt bekommen. Die Schaffung eines an-
gemessenen Arbeitsumfeldes für Prostituierte solle künftig
nicht mehr zu strafrechtlichen Konsequenzen führen. Drit-
tens solle Prostituierten der Zugang zur Sozialversicherung
eröffnet werden, viertens solle klargestellt werden, dass
Umschulungsmaßnahmen für ausstiegswillige Prostituierte
bereits nach dem Arbeitsförderungsgesetz möglich sind.
Entsprechend beinhalte der Gesetzentwurf eine zivilrechtli-
che Regelung, wonach die Vereinbarung der Prostituierten
über die Erbringung sexueller Handlungen als einseitig ver-
pflichtender Vertrag angesehen werde, durch den die Prosti-
tuierten nach der Handlung auch einen klagbaren Rechts-
anspruch auf Zahlung des Entgeltes erhalte, da die
Vereinbarung nicht mehr gegen die guten Sitten verstoße.
Die Prostituierten erhalten über ihre eigentliche Tätigkeit
und nicht nur über Scheinberufe einen Anspruch auf Pflicht-
versicherung in der gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-
und Rentenversicherung. Erfasst würden dabei sowohl die

Drucksache 14/7174 – 8 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

selbständig Tätigen als auch die im Bordell Arbeitenden.
Die wirksame Forderung sei nicht abtretbar und der Freier
könne gegenüber der Forderung nur die vollständige Nicht-
erfüllung einwenden. Weitere Einwendungen seien ausge-
schlossen. Im Strafrecht werde § 180a Ziffer. 2 StGB gestri-
chen, was bedeute, dass die Schaffung angemessener
Arbeitsbedingungen nicht mehr sanktioniert werde. Prosti-
tuierten werde damit die Möglichkeit eingeräumt, rechtlich
abgesichert und unter angemessenen Bedingungen zu arbei-
ten. Die Änderung stelle klar, dass ein Bordellbesitzer, der
Prostituierte sozialversicherungspflichtig beschäftigt, sich
nicht strafbar macht. Wichtig sei aber, dass die Ausbeutung
und unzumutbare Beeinflussung der Betroffenen bei der
Ausübung strafbar bleibe und der Schutz von Minderjähri-
gen weiterhin gewährleistet sei. Im Sozialversicherungs-
bzw. Arbeitsrecht seien ausdrückliche Regelungen nicht
notwendig. Zum Änderungsantrag wurde erläutert, die
Sachverständigenanhörung habe ergeben, dass das ein-
geschränkte Weisungsrecht der Annahme eines sozialversi-
cherungspflichtigen Verhältnisses entgegen stehen könne,
weshalb durch den Änderungsantrag eine Klarstellung vor-
genommen werde. Auch im Strafrecht sei eine weitere Klar-
stellung nötig geworden: § 181a StGB habe man dahin
gehend geändert, dass die Strafbarkeit nur dann gegeben
sei, wenn die persönliche oder wirtschafltiche Bewegungs-
freiheit einer anderen Person dadurch beeinträchtigt wird,
dass der Täter gewerbsmäßig die Prostitutionsausübung
durch die Vermittlung sexuellen Verkehr fördert und im
Hinblick darauf Beziehungen zu ihr unterhält, die über den
Einzelfall hinausgehen. Auch diese Änderung gehe auf das
Ergebnis der Anhörung zurück, da die Sachverständigen
mehrheitlich befürchteten, dass nach der alten Fassung auch
die reine Vermittlung freiwilligen sexuellen Verkehrs straf-
bar sei und damit einer Anmeldung der Prostituierten zur
Sozialversicherung entgegenstehen könne. Sobald jedoch
ein Aspekt der Unfreiwilligkeit – z. B. die Wegnahme des
Passes – hinzukomme, bleibe die Vermittlung strafbar. Mit
dem Entschließungsantrag werde vorgeschlagen, die Aus-
wirkungen der neu geschaffenen Rechtslage einer Prüfung
zu unterziehen, weshalb die Bundesregierung aufgefordert
werde, nach drei Jahren hierüber zu berichten.
Auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wertete
den Gesetzentwurf als großen Durchbruch. Man mache da-
mit Schluss mit der Doppelmoral, wonach eine Million
Männer täglich Prostituierte aufsuchen und als ganz nor-
male Bürger betrachtet werden, während die Prostituierten
als Bürgerinnen zweiter Klasse angesehen werden, die
Pflichten haben, aber keine Rechte. Mit den jetzigen Be-
stimmungen werde klargestellt, dass der Zugang zur Sozial-
versicherung offen ist und dass freiwillige Prostiution nicht
mehr strafbar sei. Auch könne kein Gericht mehr die Prosti-
tution als sittenwirdig bewerten. Auch BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN unterstrich, dass man die Strafbarkeit von Bor-
dellbetreibern, die Prostituierte sozialversicherungspflich-
tig beschäftigen, beenden wolle. Die Ausbeutung bleibe
aber strafbar. Man begrüße, dass auch die CDU/CSU im
Änderungsantrag sich für den sozialen Schutz der Prostitu-
ierten einsetze, aber da nach dortiger Auffassung die Be-
wertung als sittenwidrig aufrechterhalten werden solle,
könne man dem Antrag nicht zustimmen. Das Anliegen des
Änderungsantrages der FDP sei bereits erfüllt durch den
Änderungsantrag der Koalition. Dem Entschließungsantrag

der FDP, der die Bundesregierung bitte, mit den Ländern zu
prüfen, ob die §§ 119, 120 OWiG – Werbeverbote – abge-
schafft werden können, stimme man zu. Man habe davon
abgesehen, dies in den Gesetzentwurf aufzunehmen, da die
Zuständigkeit der Länder tangiert und eine Mehrheit im
Bundesrat fraglich gewesen sei.
Die Fraktion der CDU/CSU erklärte, man habe gehofft,
dass nach der Vertagung intensive Beratungen stattfinden
würden, da man in der Zielsetzung – Verbesserung der
rechtlichen und sozialen Situtation der Prostituierten –
einig sei. Diese Beratungen hätten aber nicht stattgefunden
und die Koalition habe die Kritik der Sachverständigen, die
Anlass für notwendige Neuformulierungen sei, nicht be-
rücksichtigt. Der Änderungsantrag der Koalition – Aus-
schussdrucksache 14/728 – setze nicht an den inhaltlichen
und technischen Mängeln an, sondern ergänze sie lediglich
um weitere. Der Gesetzentwurf bleibe unklar und wieder-
sprüchlich. Er erfasse nach wie vor nicht die besonders
hilfsbedürftigen Gruppen wie z. B. ausländische Prostitu-
ierte oder Minderjährige. Auch Selbständige kämen zu
kurz. Die Aufhebung des Verdikts der Sittenwidrigkeit sei
auch nach Auffassung der Sachverständigen nicht nötig
oder geeignet, um die Ziele zu erreichen. Der Gesetzent-
wurf gehe von falschen Voraussetzungen aus. Auch das gel-
tende Recht stelle Prostituierte nicht rechtlos, gezahltes
Entgelt dürfe behalten und könne nicht zurückgefordert
werden. Das Strafrecht schütze vor der gewaltsamen Weg-
nahme des Erhaltenen. Eine Verhandlung über Schlecht-
leistung oder offene Forderungen vor Gericht sei problema-
tisch. Das Gesetz wolle besonders geartete Vertragsverhält-
nisse sowohl zum Kunden als auch zum Bordellbetreiber
konstruieren, was im Ansatz falsch und außerdem unzu-
länglich durchgeführt sei. Tatsächlich werde dadurch, dass
nach dem Wortlaut des Gesetzentwurfs rechsverbindliche
„Forderungen“ – und nicht nur „Geldleistungsforderungen“
begründet werden, auch eine wirksame Forderung auf Vor-
nahme der sexuellen Handlung begründet. Unklar bliebe
auch, ob der Anspruch auf Geld nach oder vor Durchfüh-
rung der sexuellen Handlung entstehe. Da dies Auswirkun-
gen auf die Beweislast habe, seien Streitigkeiten vorpro-
grammiert. Die Fiktion einer einseitig verpflichtenden
Rechtsbeziehung für ein de facto auf Gegenseitigkeit aus-
gelegtes Verhältnis halte wohl auch einer verfassungsrecht-
lichen Prüfung kaum stand. Bei dieser Konstruktion lasse
sich schließlich wohl kein Arbeitgeber finden, der einen
Arbeitsvertrag eingehen wolle. Beim Zugang zur Sozialver-
sicherung sei eine Formulierung erforderlich, nach der
Sittenwidrigkeit der Sozialversicherung nicht entgegen
steht, statt der komplizierten Formulierung des Antrages der
Koalition. Die CDU/CSU halte das Anbieten des eigenen
Körpers nach wie vor nicht für vereinbar mit dem Men-
schenbild des Grundgesetzes und halte es deshalb für wohl
begründet, weiterhin an der Sittenwidrigkeit festzuhalten.
Mit dem Antrag – Ausschussdrucksache 14/748 – fordere
sie die Beibehaltung des § 180a Abs. 1 Nr. 2 StGB, da die
Norm in ihrer heutigen Ausgestaltung zu Recht als Kern-
stück gegen die Förderung der Prostitution angesehen
werde. Die Schaffung guter Arbeitsbedigungen wolle man
auch nicht verhindern, das sei aber auch über eine Klarstel-
lung zu erreichen, statt mit dieser Streichung. Daher sei man
dagegen. Auch die Änderung zu § 181a StGB Abs. 2 lehne
man ab, da sie im Ergebnis eine Aufteilung zwischen guten

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 9 – Drucksache 14/7174

und schlechten Zuhältern bedeute und es unklar sei, wie die
Begriffe – persönliche und wirtschaftliche Bewegungsfrei-
heit – auszulegen seien. Gesetze sollten jedoch Klarheit
schaffen. Es sei ausgesprochen unbefriedigend, dass die
Klärung der tatsächlichen Rechte vor Gericht auf dem Rü-
cken der Prostituierten ausgetragen werde, die diese geltend
machen müssten.
Die Fraktion der FDP erklärte, dass grundsätzlich eine
Entdiskriminierung der Prostitution angestrebt sei und teil-
weise auch erreicht werde. Allerdings gebe es nur für eine
kleine Gruppe von Prostituierten Änderungen, was die
CDU/CSU zu Recht kritisiere. Damit sei die Fraktion der
CDU/CSU auch aufgerufen, ihrerseits Änderungen vorzu-
schlagen und damit weitere Gruppen einzubeziehen. Der
Gesetzentwurf mache jedoch nicht Schluss mit der Doppel-
moral, wie von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN behauptet, da
zwar in einzelnen Vorschriften etwas geändert werde, aber
keine andere Gesamtsituation geschaffen werde. Zur Ab-
schaffung der Sittenwidrigkeit wurde betont, der Gesetzge-
ber schaffe damit keinen „unmoralischen“ Zustand, sondern
fördere die beabsichtigte Entdiskriminierung dieser Tätig-
keit. Zu bemängeln sei jedoch, dass die Koalition sich nicht
auch für die Aufhebung der Werbeverbote im OWiG und
die Abschaffung der Sperrgebietsverordnung stark gemacht
und mit den Ländern diskutiert habe. Man freue sich über
die angekündigte Zustimmung der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN zum Entschließungsantrag der FDP. Die
dort enthaltene Forderung nach Überprüfung der Möglich-
keit zur Abschaffung der Werbeverbote für Prostitution sei
nur konsequent. Man könne nicht auf der einen Seite die
Sittenwidrigkeit abschaffen und auf der anderen Seite die
Grauzone beibehalten und Werbung verbieten. Man müsse
auch diesen Bereich gesetzlich klar regeln. Interessenver-
bände der Prostituierten wie Hydra hätten ebenfalls be-
klagt, dass Zeitungsverlage angesichts der Rechtslage über-
höhte Preise fordern.
Die Fraktion der PDS erklärte, zum Gesetzentwurf der
PDS, mit diesem würde die bis heute praktizierte rechtliche
Diskriminierung von Personen, die sexuelle Dienstleistungen
erbringen, vollständig beseitigt. Hierzu habe man Änderun-
gen im Zivilrecht und im Strafrecht vorgeschlagen. Prostitu-
tion solle im Dienstvertragsrecht eingeordnet werden; Son-
derregelungen seien nur da vorgesehen, wo sie durch die
Besonderheiten des Berufsbildes erforderlich seien. Die
Strafrechtsnormen – insbesondere §§ 181a und 180a –
möchte man komplett streichen, da es keinen Grund gebe,
Prostituierte anders oder in besonderer Weise gegenüber an-
deren Berufstätigen zu behandeln. Schutz vor Gewalt, Nöti-
gung etc. sei bereits durch die allgemeinen Regelungen im
StGB gegeben. Zum Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßte die PDS die Absicht
der Koalition, dass Prostituierte nun Arbeitsverträge ab-
schließen können und Bordellbetreiber/innen sich nicht län-
ger strafbar machen, wenn sie gute Arbeitsbedingungen
schaffen. Als grundsätzliche Kritikpunkte wurden genannt,
dass Prostitution durch die Regelung in einem eigenen Ge-
setz eine Sonderstellung behalte. Kritik würdig sei auch die
Konstruktion des einseitig verpflichtenden Vertrages, mit der
die Rechte von Arbeitgeber/innen unverhältnismäßig be-
schnitten würden. Das Werbeverbot und die Sperrgebiets-
verordnung blieben zu Unrecht unangetastet, was eine
wesentliche Einschränkung der Rahmenbedingungen der

Berufsausübung bedeute. Weiterhin sei das Abtretungsverbot
in der Praxis eine rechtliche Schlechterstellung und es fehle
schließlich eine notwendige Änderung im Ausländergesetz.
Der Entwurf sei also der kleinstmögliche Schritt auf dem
Weg zur vollständigen Entdiskriminierung der Prostituierten.

B. Besonderer Teil
I. Zum Artikelgesetz
Vor Artikel 1 wird die Bezeichnung des neuen Gesetzes
eingefügt:
„Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse von Prostitu-
ierten“ (Prostitutionsgesetz – ProstG)
Begründung
Redaktionelle Änderung, formale Ergänzung.

II. Zu Artikel 1
1. Es wird ein neuer § 3 eingefügt:

§ 3
„Bei Prostituierten steht das eingeschränkte Weisungsrecht
im Rahmen einer abhängigen Tätigkeit der Annahme einer
Beschäftigung im Sinne des Sozialversicherungsrechts nicht
entgegen.“
Begründung
Im Rahmen der öffentlichen Anhörung des Ausschusses
Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 20. Juni 2001 zu
diesem Gesetzentwurf wurde von Seiten einiger Sachver-
ständiger die Befürchtung geäußert, dass das vom Gesetzge-
ber gewollte eingeschränkte Direktionsrecht der Annahme
eines Beschäftigungsverhältnisses entgegenstehen könnte.
Um diese Interpretationsmöglichkeit auszuschließen, enthält
der neue § 3 dahingehend eine Klarstellung, dass in den Fäl-
len der betrieblichen Eingliederung von Prostituierten ein
eingeschränktes Direktionsrecht nicht dem Zustandekom-
men eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhält-
nisses entgegensteht.

III. Zu Artikel 2 – Änderung des
Strafgesetzbuches

Artikel 2 wird wie folgt neu gefasst:
Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung
vom 13. November 1998 (BGBI. S. 3322), zuletzt geändert
durch …, wird wie folgt geändert:
1. In der Inhaltsübersicht werden die Angaben zu

§ 180a wie folgt gefasst:
„180a Ausbeutung von Prostituierten“

2. § 180a Abs. 1 wird wie folgt geändert:
a) Die Angabe „1.“ wird gestrichen.
b) Nach den Wörtern „in persönlicher oder wirtschaft-

licher Abhängigkeit gehalten werden“ wird das Wort
„oder“ durch ein Komma ersetzt.

c) Die Nummer 2 wird aufgehoben.

Drucksache 14/7174 – 10 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Begründung
Redaktionelle Änderung, formale Ergänzung
3. § 181a Abs. 2 wird wie folgt neu gefasst:

„Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geld-
strafe wird bestraft, wer die persönliche oder wirtschaft-
liche Bewegungsfreiheit einer anderen Person dadurch
beeinträchtigt, dass er gewerbsmäßig die Prostitutions-
ausübung der anderen Person durch Vermittlung sexuel-
len Verkehrs fördert und im Hinblick darauf Beziehun-
gen zu ihr unterhält, die über den Einzelfall
hinausgehen.“

Begründung
Im Rahmen der öffentlichen Anhörung des Ausschusses Fa-
milie, Senioren, Frauen und Jugend am 20.06.2001 zu die-
sem Gesetzentwurf wurde von Seiten einer Mehrheit der
Sachverständigen die Befürchtung geäußert, dass § 181a
Abs. 2 StGB auch die reine Vermittlung sexuellen Verkehrs
unter Strafe stellen und somit einer Anmeldung der Prosti-
tuierten in die Sozialversicherungen entgegenstehen könnte.

Um dieser Auslegungsmöglichkeit entgegenzuwirken, wird
eine Klarstellung im § 181a Absatz 2 StGB von Seiten des
Gesetzgebers für erforderlich gehalten.
Durch die Neufassung wird verdeutlicht, dass eine gewerbs-
mäßige Vermittlung sexuellen Verkehrs, welche lediglich
den Anreiz zur Fortführung einer freiwillig ausgeübten se-
xuellen Handlung schafft, mangels einer – bereits abstrak-
ten – Gefährdung des geschützten Rechtsgutes nicht tatbe-
standsmäßig ist.
Die durch § 181a Absatz 2 StGB unter Strafe gestellte För-
derung der Prostitutionsausübung bezweckt – ebenso wie
die Regelung des Absatz 1 – den Schutz der wirtschaftlichen
und persönlichen Bewegungsfreiheit Prostituierter und ist
daher restriktiv zu interpretieren .

IV. Zu Artikel 3
Artikel 3 wird wie folgt neu gefasst:
„Das Gesetz tritt am 1. Januar 2002 in Kraft.“
Begründung
Ergänzung der Regelung des Inkrafttretens.

Berlin, den 17. Oktober 2001

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Anni Brandt-Elsweier
Berichterstatterin

Ilse Falk
Berichterstatterin

Christina Schenk
Berichterstatterin

Irmingard Schewe-Gerigk
Berichterstatterin

Ina Lenke
Berichterstatterin

Drucksache 14/7174 – 11 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Anlage zum Bericht
Keine Mehrheit im Ausschuss fanden folgende Anträge:

l Anträge der Fraktion der CDU/CSU
Ausschussdrucksache 14/747
Zu Artikel 1 (Änderung des Sozialgesetzbuches

(SGB) Viertes Buch IV – Gemeinsame
Vorschriften für die Sozialversicherung)

Artikel 1 wird wie folgt neu gefasst:
§ 7 Abs. 1 SGB IV wird um folgenden Satz 2 ergänzt:
„Die Sittenwidrigkeit der Beschäftigung steht der Sozialver-
sicherungspflicht nicht entgegen.“
Begründung
Nur wenn zweifelsfrei ein abhängiges Beschäftigungsver-
hältnis von Prostituierten im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV
vorliegt, haben diese in der Sozialversicherung die gleichen
Rechte und Pflichten wie alle übrigen abhängig beschäftig-
ten Arbeitnehmer auch. Das Sozialversicherungsrecht ist
wertneutral. Der 12. Senat des Bundessozialgerichtes hat in
seinem Urteil vom 10. August 2000 (B 12 KR 21/98 R) fest-
gestellt, dass selbst dann ein abhängiges Beschäftigungs-
verhältnis vorliegt, wenn der Dienst-/Arbeitsvertrag wegen
Sittenwidrigkeit nichtig wäre. Es ist insoweit insbesondere
auf den Zweck der Sozialversicherung abzustellen, wonach
derjenige, der aus nichtselbständiger Arbeit Einnahmen er-
zielt, diese nach dem System der Sozialversicherung jeden-
falls zum Teil kraft Gesetzes zur Eigenvorsorge verwenden
soll.
Der Einzelne erwirbt somit Ansprüche aus der Versiche-
rung, damit er bei Ausfall seiner Einnahmen aus der Er-
werbstätigkeit nicht auf staatliche Hilfe angewiesen ist.
Diesen Zielen wird dann umfassender Rechnung getragen,
wenn auch bei sittenwidrigen Tätigkeiten, z. B. mit sexuel-
lem Bezug; eine versicherungs- und beitragspflichtige
Beschäftigung angenommen wird.

Ausschussdrucksache 14/748
Zu Artikel 2 (Änderung des Strafgesetzbuches (StGB))
Artikel 2 wird ersatzlos gestrichen.
Begründung
Es soll § 180a Abs. 1 Nr. 2 Strafgesetzbuch (StGB) ersatz-
los gestrichen werden. Damit würde eine Norm, die in
ihrer heutigen Ausgestaltung durch den Gesetzgeber zu
Recht als Kernstück der Strafvorschriften gegen die Förde-
rung der Prostitution angesehen worden ist (siehe etwa
Protokoll über die 5. Sitzung des Sonderausschusses für
die Strafrechtsreform [7. Wahlperiode], S. 59), in erheb-
lichem Maße beschnitten. Den Strafverfolgungsbehörden
würde ein wichtiges Instrument aus der Hand geschlagen,
um gegen die Ausbeutung von Prostituierten durch die
Bordell- und Zuhälterszene vorzugehen. Von den Betrei-
bern einschlägiger Einrichtungen würde der Druck der
Strafverfolgung genommen. Es spricht alles dafür, dass die

Betroffenen die neu geschaffenen Freiräume weidlich aus-
nutzen würden, und zwar in der Breite der Fälle nicht zu-
gunsten der Prostituierten, sondern zur Maximierung eige-
ner Gewinne. Eine Einschränkung der Strafbarkeit nach
§ 180a Abs. 1 Nr. 2 StGB müsste zudem von der Bordell-
und Zuhälterszene als Signal dahingehend gewertet wer-
den, der Staat habe vor der Szene kapituliert, obwohl
er sonst regelmäßig von deren Affinität zur Organisierten
Kriminalität ausgeht (etwa in Ziff. 2.3 der Gemeinsamen
Richtlinien über die Zusammenarbeit von Staatsanwalt-
schaft und Polizei bei der Verfolgung der Organisierten
Kriminalität).
Der Sonderausschuss für die Strafrechtsreform (7. Wahlpe-
riode) hatte sich der Auffassung angeschlossen, es bedürfe
eines leichteren nachweisbaren Auffangtatbestandes im
Vorfeld feststellbarer Abhängigkeiten des in §§ 181a, 240
StGB bezeichneten Grades. Wörtlich heißt es in dem Be-
richt:
„Allerdings ist in der Praxis der Nachweis derartiger Ab-
hängigkeiten besonders schwierig und in vielen Fällen un-
möglich. Für sich allein könnte diese umfassende und
damit verhältnismäßig allgemein gehaltene Formel ihren
Zweck nicht erfüllen. Es muss deshalb – in Nummer 2 –
zusätzlich der Weg beschritten werden, typische Verhal-
tensweisen, hinter denen sich derartige Abhängigkeiten re-
gelmäßig verbergen, herauszuarbeiten und zu pönalisie-
ren. Nach den vorhandenen Erkenntnissen gehören zu die-
sen Verhaltensweisen prostitutionsfördernde Maßnahmen,
die über das bloße Gewähren von Wohnung, Unterkunft
oder Aufenthalt und die damit üblicherweise verbundenen
Nebenleistungen hinausgehen.“ (Bundestagsdrucksache
7/514, S. 9).
Diese Einschätzung ist weiterhin ohne jede Einschränkung
zutreffend. Die Vorschrift des § 180a Abs. 1 Nr. 2 StGB, die
von Verfassungswegen nicht zu beanstanden ist (BVerfG
NJW 1993, 1911), hat sich in der Auslegung der Recht-
sprechung grundsätzlich auch bewährt und wird – unge-
achtet der naturgegebenen Schwierigkeiten der Strafverfol-
gung in diesem Bereich – den von ihr verfolgten Zielen im
wesentlichen gerecht. Überzeugende Gründe für die vorge-
sehene Streichung des § 180a Abs. 1 Nr. 2 StGB sind we-
der in dem Entwurf dargetan noch sind sie sonst ersicht-
lich.
Soweit in der Entwurfsbegründung ausgeführt wird, dass
§ 180a Abs. 1 Nr. 2 StGB der Schaffung günstiger „Arbeits-
bedingungen“, also hygienischer und menschenwürdiger
Verhältnisse entgegenstehe, könnte dem durch eine klarstel-
lende Änderung der Vorschrift Rechnung getragen werden.
Allerdings hat die Praxis der Strafverfolgung die behaupte-
ten Schwierigkeiten bei der Anwendung des § 180a Abs. 1
Nr. 2 StGB bislang im wesentlichen gut gelöst, ohne dass es
einer Einschränkung der Strafbarkeitsvoraussetzungen be-
durft hätte. Hingegen besteht nach wie vor ein dringendes
Bedürfnis, diejenigen Handlungen, die auch der Gesetzge-
ber vor Augen hatte, weiterhin mit Strafe zu bedrohen. Die
in dem Entwurf vorgesehene Streichung des § 180a Abs. 1
Nr. 2 StGB, einer Vorschrift, die gerade dem Schutz vor Be-
einträchtigungen der persönlichen und wirtschaftlichen Un-
abhängigkeit von Prostituierten dient, ist hingegen gänzlich
inakzeptabel.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 12 – Drucksache 14/7174

l Änderungsantrag der Fraktion der FDP
Ausschussdrucksache 14/749
Zu Artikel 2 (§ 181a Strafgesetzbuch)
Artikel 2 wird wie folgt ergänzt:
2a) § 181a Abs. 2 wird ersatzlos gestrichen.
2b) § 181a Abs. 3 wird Abs. 2 und wie folgt formuliert:

„Ebenso wird bestraft, wer die in Abs. 1 genannten
Handlungen gegenüber seinem Ehegatten vornimmt.“

Begründung
Mit dem Gesetzentwurf soll die Situation der Prostituier-
ten verbessert und insbesondere das Verdikt der Sittenwid-
rigkeit aufgehoben werden. § 181a Abs. 2 stellt ähnlich wie
§ 180a StGB nur eine fördernde Handlung unter Strafe.
Bei einer Fortgeltung dieses Straftatbestandes würde sich
das Arbeitsumfeld der Prostitution z. B. in Bordellbetrie-
ben aus Furcht vor einer möglichen Strafbarkeit der Bor-
dellbetreiber nach § 181a II StGB nicht wesentlich verbes-
sern.

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