BT-Drucksache 14/7150

Umfang und bisherige Ergebnisse der nach den Anschlägen vom 11. September 2001 angelaufenen bundesweiten Rasterfahndung

Vom 16. Oktober 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/7150
14. Wahlperiode 16. 10. 2001

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Umfang und bisherige Ergebnisse der nach den Anschlägen vom
11. September 2001 angelaufenen bundesweiten Rasterfahndung

Auf Beschluss der Innenministerkonferenz ist Anfang Oktober eine bundes-
weite Rasterfahndung nach mutmaßlichen Verdächtigten im Zusammenhang
mit den Anschlägen von New York und Washington am 11. September 2001
angelaufen.
In mehreren Bundesländern waren schon vor diesem Beschluss landesweite
Rasterfahndungen angelaufen. Über das Ausmaß der seither laufenden Fahn-
dungsmaßnahmen, die dabei angewendeten Raster, die Zahl der Betroffenen,
die Zahl der durch die bisherigen Fahndungsmaßnahmen zum engeren Kreis
möglicher Verdächtiger gerechneten Personen, die darauf basierenden weiteren
polizeilichen Maßnahmen gegen solche Personen sowie schließlich über das
Ausmaß der bei dieser bundesweiten Fahndung erhobenen und abgeglichenen
Daten und den Umgang mit diesen Daten gibt es widersprüchliche Berichte in
der Presse, aber bisher kaum amtliche Auskünfte.
Gleichzeitig gibt es schon jetzt erhebliche Proteste von Betroffenen, z. B. Stu-
dierendenvertretungen mehrerer Hochschulen, und Bedenken von Daten-
schutzbeauftragten und Menschenrechtsgruppen über die nach deren Ansicht
mit dieser Rasterfahndung verbundene pauschale Diffamierung und Verdächti-
gung von großen Menschengruppen, insbesondere von Personen islamischen
Glaubens bzw. aus islamischen Ländern.
Gleichzeitig gibt es offenbar zahlreiche Probleme. So zitiert die „Berliner Mor-
genpost“ am 11. Oktober 2001 den Brandenburger Verfassungsschutzleiter,
dessen Dienst nun ausgebaut werden soll, mit den Worten: „,Wir haben ein Re-
krutierungsproblem‘. Das Profil der künftigen Mitarbeiter gleicht den per Ras-
terfahndung Gesuchten. Vorsicht sei also geboten: Dringend benötigt werden
nämlich Muttersprachler aus arabischen Ländern, die in den letzten Jahren
Auslandsaufenthalte oder ein Studium in den Ländern unternommen haben.“

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche konkreten Verdachtsmomente gegen welche Personen bzw. Perso-

nengruppen liegen der Regierung bzw. den Polizeien von Bund und Ländern
im Zusammenhang mit den Anschlägen vom 11. September 2001 derzeit
vor?

2. Von wem stammen diese Verdachtsmomente und Vorwürfe und wann wur-
den sie übermittelt?

Drucksache 14/7150 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

3. Wurden diese Verdachtsmomente bzw. Vorwürfe über
a) Interpol
b) Europol
c) andere Stellen (und wenn ja, welche)
übermittelt?

4. Ist irgendeines der derzeit vorliegenden Verdachtsmomente bzw. Vorwürfe
von irgendeinem Gericht bisher überprüft worden?
Wenn ja, welches und von welchem Gericht wurden die Verdachtsmo-
mente bzw. Vorwürfe geprüft?

5. Welche genauen Suchkriterien für die bundesweite Rasterfahndung sind
Ende September zwischen den Innenministern von Bund und Ländern für
die kurz darauf angelaufene bundesweite Rasterfahndung vereinbart wor-
den (falls in den einzelnen Ländern nach unterschiedlichen Suchkriterien
gefahndet wird, bitte für jedes Bundesland einzeln aufführen)?

6. Welche Dateien mit wie vielen Personendaten insgesamt werden bei dieser
Suche von welchen Stellen bei Polizei und/oder Geheimdiensten gesam-
melt und miteinander abgeglichen (bitte Angaben für jedes Bundesland
einzeln)?

7. Wie viele Personen werden damit in der ersten Stufe der Rasterfahndung
überprüft (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)?

8. Wie viele der in der Antwort auf Frage 7 genannten Personen sind:
– Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit
– Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit, darunter

a) aus anderen EU-Ländern
b) aus NATO-Staaten außerhalb der EU
c) aus anderen OECD-Staaten außerhalb der NATO
d) aus arabischen Ländern
e) aus anderen Ländern mit mehrheitlich islamischer Bevölkerung
f) aus anderen Staaten der Dritten Welt

(bitte auch hier Angaben je Bundesland)?
9. Wie viele der in der ersten Stufe der Rasterfahndung überprüften Personen

sind
a) anerkannte Flüchtlinge
b) Flüchtlinge, deren Asylantrag noch nicht rechtskräftig entschieden ist
c) Flüchtlinge, die trotz Ablehnung ihres Asylantrags hier geduldet wer-

den, weil sie z. B. wegen Krieg oder Bürgerkrieg oder aus anderen
Gründen nicht abgeschoben werden können?

10. Wie viele der in der Antwort auf Frage 7 genannten Personen sind inzwi-
schen überprüft worden (bitte nach Bundesländern und nach den in den
Fragen 8 und 9 genannten Personengruppen aufschlüsseln)?

11. Wie viele der überprüften Personen werden bereits nach dieser ersten
Überprüfung als „unverdächtig“ eingestuft und damit nicht weiter über-
prüft (bitte nach Bundesländern und nach den in den Fragen 8 und 9 abge-
fragten Personengruppen aufschlüsseln)?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/7150

12. Wie viele Straf- und Ermittlungsverfahren sind bisher aufgrund der Ergeb-
nisse der Rasterfahndung eingeleitet worden?
Wie viele davon standen mit dem Verdacht auf terroristische Straftaten
a) in einem Zusammenhang
b) in keinerlei Zusammenhang?

13. Wie lange wird sich die erste Überprüfung aller in der Antwort auf Frage 7
genannten Personen voraussichtlich noch hinziehen (bitte nach Bundeslän-
dern aufschlüsseln)?

14. Welche weiteren Überprüfungen sind gegen Personen beabsichtigt, die bei
der ersten Stufe der Rasterfahndung noch nicht als „unverdächtig“ einge-
stuft wurden (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)?

15. Wie viele Personen erhielten im Rahmen der Rasterfahndung bisher
a) Polizeibesuche zu Hause oder in ihrem unmittelbaren Wohnumfeld
b) Polizeibesuche bzw. Anrufe von Polizeistellen an ihrem Arbeitsplatz

bzw. bei ihrer Firma, an ihrer Schule bzw. Hochschule oder bei ver-
gleichbaren Einrichtungen, an denen sie sich tagsüber zur Arbeit, zu
Studien- oder Forschungszwecken aufhalten

(bitte nach Bundesländern und nach den in den Fragen 8 und 9 genannten
Personengruppen aufschlüsseln)?

16. Wie viele solcher Polizeibesuche bzw. polizeilichen Anrufe am Arbeitsort,
im Wohnumfeld, am Studienplatz usw. sind in den nächsten Monaten nach
dem bisherigen Verlauf der Rasterfahndung zu erwarten (bitte nach Bun-
desländern und nach den in den Fragen 8 und 9 genannten Personengrup-
pen aufschlüsseln)?

17. In welchem Stadium werden welche der in der Rasterfahndung überprüften
Personen auf welche Weise unterrichtet, dass sie einer Rasterfahndung aus-
gesetzt waren und welche Ergebnisse diese Rasterfahndung erbracht hat
(bitte nach Bundesländern und nach den in den Fragen 8 und 9 genannten
Personengruppen aufschlüsseln)?

18. Welche Rechtsmittel haben Betroffene, um sich gegen eine solche Raster-
fahndung zu wehren (ggf. nach Bundesland aufschlüsseln)?

19. Wann sollen die gegenwärtigen Maßnahmen der Rasterfahndung abge-
schlossen werden (ggf. nach Bundesland aufschlüsseln)?

20. Was geschieht nach Abschluss der derzeitigen Fahndung mit den dabei er-
hobenen Daten?

21. Wie lange werden die jetzt erhobenen Daten bei Polizei und/oder Geheim-
diensten gespeichert?
Wo genau erfolgt diese Speicherung?

22. Welche Rechtsmittel haben Unschuldige, um sich gegen diese Speicherung
ihrer Daten zu wehren?

23. Wer überprüft, ob die bei den gegenwärtigen Fahndungsmaßnahmen erho-
benen Daten von Unschuldigen bzw. unverdächtigen Personen nach Ab-
schluss der Fahndung wieder vernichtet werden?

Berlin, den 15. Oktober 2001
Ulla Jelpke
Roland Claus und Fraktion

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