BT-Drucksache 14/6976

Studie zur Verbreitung rechtsextremen Denkens in der Bundesrepublik Deutschland

Vom 25. September 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/6976
14. Wahlperiode 25. 09. 2001

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Studie zur Verbreitung rechtsextremen Denkens in der
Bundesrepublik Deutschland

Im März 2001 nahm der Deutsche Bundestag den gemeinsamen Antrag der
Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und PDS „Gegen Rechts-
extremismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Gewalt“ (Drucksache
14/5456) an und forderte die Bundesregierung auf „[…], wissenschaftliche
Forschungsvorhaben im Bereich der Bekämpfung von Rechtsextremismus,
Fremdenfeindlichkeit und Gewalt zu unterstützen.
Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine empirische Studie zur Verbrei-
tung rechtsextremen Denkens in der Bundesrepublik Deutschland in Auftrag zu
geben, die der in den Jahren 1979/1980 für das Bundeskanzleramt angefer-
tigten ,1. Empirische Grundlagenstudie zur Verbreitung rechtsextremen Den-
kens in der Bundesrepublik Deutschland‘ vergleichbar ist.“
Die als Sinus-Studie bekannt gewordene Untersuchung aus den Jahren 1979/
1980 lieferte damals bestürzende Ergebnisse:
13 Prozent der Wähler, also mehr als fünf Millionen Deutsche, verfügten über
ein „geschlossen rechtsextremes Weltbild“. Sehr ernst zu nehmen waren auch
die in der Studie ermittelten Anteile an der Bevölkerung, die zwar nicht direkt
als rechtsextrem gelten können, deren stark entwickelte autoritäre Denkmuster
innerhalb eines rechtskonservativen Weltbildes sich aber als „Meinungs-
brücken“ zum Rechtsextremismus erweisen könnten. 37 Prozent der bundes-
deutschen Wähler konnten 1980 dieser Gruppe zugerechnet werden, bei der
eine zukünftige Hinwendung zum Rechtsextremismus nicht ausgeschlossen
werden konnte.
Erschreckend war auch die breite Zustimmung zu der Auffassung „Wir sollten
streng darauf achten, dass wir das Deutschtum reinhalten und Völkermischung
unterbinden“. 36 Prozent der Befragten teilten damals diese Auffassung ganz
oder teilweise.
Ein weiteres Ergebnis der damaligen Studie war, dass die Gruppe der über
40-Jährigen 21 Prozent des rechtsextremistischen Einstellungspotentials stell-
ten.
Um wirksame Strategien gegen den aktuellen Rechtsextremismus erarbeiten zu
können, ist ein genaues Bild über das tatsächliche rechtsextremistische Poten-
tial, über latent rechtsextremistische Einstellungen, über Denkmuster und Ver-
haltensweisen in der Bevölkerung, z. B. in den sog. Angstzonen, unerlässlich.
Eine umfassende empirische Grundlagenstudie zur Verbreitung rechtsextremen
Denkens in der Bundesrepublik Deutschland zwanzig Jahre nach Erscheinen
der letzten vergleichbaren Studie ist daher dringend geboten.

Drucksache 14/6976 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Hat die Bundesregierung inzwischen eine empirische Studie zur Verbreitung

rechtsextremen Denkens in der Bundesrepublik Deutschland in Auftrag ge-
geben?
a) Wenn ja, wann?
b) An wen bzw. welche Institution wurde der Auftrag vergeben?
c) Welche Fragestellungen sollen in der Studie bearbeitet werden?
d) Wann ist mit der Fertigstellung der Studie zu rechnen?
e) Wenn nein, wann will die Bundesregierung der Aufforderung des Deut-

schen Bundestages nachkommen?
2. Auf welche Weise unterstützt die Bundesregierung wissenschaftliche For-

schungsvorhaben im Bereich der Bekämpfung von Rechtsextremismus,
Fremdenfeindlichkeit und Gewalt?
a) In welcher Höhe stehen derzeit für die Unterstützung solcher wissen-

schaftlicher Forschungsvorhaben Finanzmittel aus dem Bundeshaushalt
zur Verfügung?

b) In welcher Höhe müssen nach Erkenntnis der Bundesregierung im Bun-
deshaushalt 2002 Mittel für die Unterstützung wissenschaftlicher For-
schungsvorhaben im Bereich der Bekämpfung von Rechtsextremismus,
Fremdenfeindlichkeit und Gewalt bereitgestellt werden?

c) Welche wissenschaftlichen Forschungsvorhaben im Bereich der Be-
kämpfung von Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt
unterstützt die Bundesregierung derzeit und welche dieser Forschungs-
vorhaben sind bereits abgeschlossen (bitte einzeln auflisten)?

d) Für welche wissenschaftlichen Forschungsvorhaben im Bereich der Be-
kämpfung von Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt
liegen der Bundesregierung Anträge auf Unterstützung vor und welche
davon wird sie tatsächlich unterstützen (bitte einzeln auflisten)?

Berlin, den 20. September 2001
Ulla Jelpke
Roland Claus und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.