BT-Drucksache 14/6948

Mit dem 6. EU-Forschungsrahmenprogramm 2002 bis 2006 den europäischen Forschungsraum stärken

Vom 24. September 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/6948
14. Wahlperiode 24. 09. 2001

Antrag
der Abgeordneten Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen), Thomas Rachel, Ilse Aigner,
Dr. Maria Böhmer, Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land), Norbert Hauser (Bonn),
Dr.-Ing. Rainer Jork, Steffen Kampeter, Werner Lensing, Erich Maaß
(Wilhelmshaven), Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn), Hans-Peter Repnik,
Heinz Schemken, Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke), Dr. Erika Schuchardt,
Bärbel Sothmann, Angelika Volquartz, Heinz Wiese (Ehingen)
und der Fraktion der CDU/CSU

Mit dem 6. EU-Forschungsrahmenprogramm 2002 bis 2006 den europäischen
Forschungsraum stärken

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Auf dem Europäischen Rat von Lissabon im März 2000 haben sich die Mit-
gliedstaaten auf die Schaffung eines Europäischen Forschungsraums als zentra-
les Element beim Aufbau einer europäischen Wissensgesellschaft verständigt.
Europa hat sich dabei zum Ziel gesetzt, bis 2010 die USA und Japan als füh-
rende Forschungsregion zu überrunden.
Die EU-Forschungspolitik wird seit 1984 durch so genannte Rahmenpro-
gramme ausgestaltet. Derzeit wird über das 6. Forschungsrahmenprogramm
(6. FRP), das im Sommer 2002 beschlossen werden soll, zwischen der Kom-
mission und den Mitgliedstaaten einerseits und dem Europäischen Parlament
andererseits verhandelt. Bisher liegt ein Vorschlag der Kommission vom
Februar 2001 vor, der inzwischen durch weitere Kommissionsdokumente
konkretisiert wurde.
Der Deutsche Bundestag begrüßt den Kommissionsvorschlag für das 6. FRP in
seiner Gesamtausrichtung. Darin wird erneut der anwendungs- und problem-
orientierte Forschungsansatz – wie er bereits unter maßgeblichem Einfluss der
damaligen unionsgeführten Bundesregierung für das 5. FRP eingeführt wurde –
gegenüber dem technologielastigen Ansatz der Vorgängerprogramme fortge-
schrieben.
Der Deutsche Bundestag unterstützt die vorgeschlagene inhaltliche Konzentra-
tion auf sieben vorrangige Forschungsbereiche, in denen ein Vorgehen auf
europäischer Ebene den größten Mehrwert bieten kann. Dagegen sind die Ziele
der so genannten 8. Priorität (Maßnahmen zur „Planung im Vorgriff auf den
künftigen Wissenschafts- und Technologiebedarf der EU“) viel zu vage formu-
liert und bedürfen dringend einer Präzisierung, wenn sie die Zustimmung der
Mitgliedstaaten finden sollen.
Der Deutsche Bundestag unterstützt, dass der für kleine und mittlere Unterneh-
men (KMU) vorgesehene Anteil bei der Durchführung der vorrangigen For-

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schungsthemen gegenüber dem 5. FRP von 10 % auf 15 % angehoben werden
soll.
Der Vorschlag der Kommission, die thematischen Prioritäten, Vorsorgefor-
schung, KMU-Sondermaßnahmen und internationale Zusammenarbeit in
einem einzigen spezifischen Programm durchzuführen, ist nicht praktikabel
und verhindert eine fundierte Mitsprachemöglichkeit der Mitgliedstaaten.
Bei der Durchführung des Programms sieht der Vorschlag der Kommission für
die zukünftige Forschungsförderung – abweichend von der bisherigen bewähr-
ten Praxis – nur noch drei Instrumente vor: Exzellenzzentren, integrierte Pro-
jekte und Maßnahmen gemäß Artikel 169 EU-Vertrag. Die damit verbundene
Abschaffung bewährter Fördermechanismen birgt die Gefahr, dass bestehende
Forschungskooperationen auseinanderbrechen. Vor allem aber ist zu befürch-
ten, dass durch die Konzentration auf Großprojekte in der vorgeschlagenen
Form für die Hochschulen nur noch die Rolle eines untergeordneten Partners
übrig bleibt. Dies steht aber im Gegensatz zu dem Ziel, im europäischen For-
schungsraum alle Forschungskapazitäten einzubeziehen. Auch die Beteiligung
von KMU erscheint problematisch.
Ferner würden die neuen Instrumente aufwändige Verwaltungsstrukturen erfor-
dern; Hochschulen und kleine Projektpartner wären nicht mehr in der Lage, die
Federführung zu übernehmen.
Der Vorschlag der Kommission zum Rahmenprogramm Euratom ist hinsicht-
lich der inhaltlichen Schwerpunkte zu begrüßen. Die Kernenergie muss weiter-
hin einen wichtigen Beitrag zur Energieerzeugung in Europa leisten, um die
Mitgliedstaaten von Stromimporten unabhängig zu machen und die euro-
päischen Verpflichtungen im Rahmen des Kyoto-Protokolls einhalten zu kön-
nen. Um ein Höchstmaß an Sicherheit und Strahlenschutz sowohl beim Betrieb
von Kernkraftwerken als auch bei der Lagerung radioaktiver Abfälle gerade in
den Beitrittsstaaten zu gewährleisten, ist die Weiterentwicklung von Sicher-
heitsstandards eine europäische Aufgabe.
Nicht akzeptabel ist aus deutscher Sicht die erhebliche Mittelkürzung für die
Forschungen zur kontrollierten Kernfusion (von bisher 788 Mio. Euro auf dem-
nächst 700 Mio. Euro). Da im Programmzeitraum mit dem Baubeginn für den
Internationalen Thermonuklearen Versuchsreaktor (ITER) zu rechnen ist,
würde für bereits laufende Projekte weniger Geld zur Verfügung stehen. Von
den Kürzungen wären deutsche Vorhaben besonders betroffen.
Der Deutsche Bundestag begrüßt grundsätzlich den von der Kommission vor-
geschlagenen Budgetrahmen in Höhe von 17,5 Mrd. Euro und insbesondere die
vorgesehene Verdoppelung der Finanzmittel zur Stärkung der Mobilität der
Forscher innerhalb Europas. Unabhängig davon ist die Feststellung des For-
schungskommissars vom Frühjahr diesen Jahres, dass im Jahr 2010 in Europa
500 000 Forscher fehlen werden, Besorgnis erregend. Für dieses Problem zeigt
der Kommissionsvorschlag keine Lösungsmöglichkeiten auf.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
l bei den Verhandlungen über die Ausgestaltung des 6. FRP mit der Kommis-

sion und den Mitgliedstaaten vorrangig auf folgende Änderungen des von
der Kommission vorgelegten Entwurfs hinzuwirken:
1. Bei der Durchführung der Forschungsförderung in den prioritären

Themenbereichen sollen nicht ausschließlich die neuen Instrumente
(Exzellenznetze, integrierte Projekte, Maßnahmen nach Artikel 169 EU-
Vertrag) eingesetzt werden. Vielmehr sind diese zunächst zu erproben.
Daneben ist die bewährte Projektförderung beizubehalten. Mit den neuen
Instrumenten sollen vor allem langfristige Forschungsarbeiten aufgegrif-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/6948

fen werden. Dabei ist die Beteiligung kleinerer innovativer Arbeits-
gruppen zu gewährleisten. Die Mitgliedstaaten sind bei der Überwachung
der Auswahlverfahren zu beteiligen. Die Durchführungsbestimmungen
für die Erprobung der neuen Instrumente sind so auszugestalten, dass
sie nicht zu höherem bürokratischen Aufwand bei den Projektpartnern
führen.

2. Die von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen zur „Planung im
Vorgriff auf den künftigen Wissenschafts- und Technologiebedarf der
EU“ (sog. 8. Priorität) bedürfen der Definition klarer wissenschaftlicher
und technologischer Ziele und der Festlegung von Prioritäten. Ferner
sollten die Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung und Mittelvergabe
durch einen Programmausschuss beteiligt werden.

3. Für die Projektnehmer müssen klare und unbürokratische Beteiligungs-
regeln erarbeitet werden. Der Verwaltungsaufwand ist auf das unabding-
bar Notwendige zu begrenzen.

4. Bei der Evaluierung muss sichergestellt werden, dass diese ausschließ-
lich durch externe Sachverständige erfolgt.

5. Die Mittel für den Bereich Kernfusionsforschung sind mindestens auf
den im derzeitigen Rahmenprogramm Euratom bereitstehenden Betrag
von 788 Mio. Euro anzuheben;

l alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um sicher zu stellen, dass die Beschluss-
fassung über das 6. FRP im Juni 2002 erfolgen kann, damit ein lückenloser
Übergang vom 5. auf das 6. Forschungsrahmenprogramm gewährleistet ist;

l gemeinsam mit den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission eine Stra-
tegie zu entwickeln, um Europa für Forscher aus außereuropäischen Staaten
attraktiver zu machen und diese durch geeignete Maßnahmen in das 6. FRP
zu integrieren.

Berlin, den 24. September 2001
Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen)
Thomas Rachel
Ilse Aigner
Dr. Maria Böhmer
Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)
Norbert Hauser (Bonn)
Dr.-Ing. Rainer Jork
Steffen Kampeter
Werner Lensing
Erich Maaß (Wilhelmshaven)
Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn)
Hans-Peter Repnik
Heinz Schemken
Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke)
Dr. Erika Schuchardt
Bärbel Sothmann
Angelika Volquartz
Heinz Wiese (Ehingen)
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

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